11. Bericht Melanchthon's an Luther.
Wir sagen Euch großen Dank, daß Ihr unbeschwert uns Antwort ertheilet habt. Und wie wir von andern Dingen mündlich sprechen müssen, so will ich nur kurz erzählen, was hier passire. Nach Uebergabe unserer Confession sind dreierlei Meinung in der Versammlung der Fürsten auf die Bahn gekommen. Die erste war die allerhärteste, daß der Kaiser schlechthin alle Fürsten und Nationen anhalten sollte, dem Worms'schen Edikt nachzukommen. Die andere war etwas gelinder und ging dahin, daß unsere Confession redlichen, gelehrten und unparteiischen Männern zur Examination übergeben werden, und nachher der Kaiser einen Ausspruch thun sollte. Diese ließ sich auch König Ferdinand gefallen. Die dritte wird, wie es scheint, angenommen, daß uns die Widerlegung unserer Confession sollte vorgelesen werden; wobei aber der Kaiser sich vorbehält, daß wir seinem Urtheil die Sache überlassen, widrigen Falls sollen wir Alles lassen bis zur Berufung eines Synodi. Diese letztere Meinung ist noch nicht öffentlich bekannt, angesehen man uns noch nicht geantwortet; ich hoffen aber, sie solle künftigen Montag ausgerufen werden. Ich warte darauf mit großem Verlangen; denn ich habe aus der Erfahrung, wie der Legate Campegius gesinnet seie. Wofern der Erzbischof zu Mainz siehet, daß durch vieles Streiten Nichts auszurichten, so kommt er Morgen nicht in die Versammlung, wenn die Fürsten dieser Meinung beisielen. Es sind auch die Fürstlichen Räthe ausgeschlossen worden, von denen man einen gelindem Ausspruch vermuthete. Unter denen ist der Kanzler von Dresden. Hiermit habe ich Euch nicht nur die bisherigen Handlungen, sondern auch was noch zu erwarten steht, ohne allen Zusatz erzählet; denn ich sehe voraus, was für Bewegungen, was für ein betrübtes Spektakul die Meinung unserer Gegner anrichten wird. Der Bauer, den Ihr kennet, ist im Spiel oben an, und wird von einigen Heuchlern unter den Theologen verhetzt. Mehr kann ich nicht schreiben. Gehabt Euch wohl und bittet für uns. Den 8. Julii 1530.