Mayfart, Johann Matthäus - Himmlisches Jerusalem - XIII. Von den überschwänglichen Gütern und Reichtümern des ewigen Lebens.

Mayfart, Johann Matthäus - Himmlisches Jerusalem - XIII. Von den überschwänglichen Gütern und Reichtümern des ewigen Lebens.

Hast du Freuden dieses Lebens verloren, so hast du einen glücklichen Handel gemacht, denn das ist der beste Wechsel, ein gering Ding verlieren und viel größere gewinnen, ein gering Ding weggeben und für dasselbe viel größere einnehmen. (Tertullian.)

Dem König Salomo hatte Gott nicht allein die Weisheit, sondern auch so viel Macht und Reichtum verliehen, wie kein König vor ihm besessen, noch irgend einer nach ihm besitzen wird. Seine Reichtümer waren so groß, dass sie alle Schätze des reichsten Königs neun Mal überwogen.

Welch einen unermesslichen Reichtum entfaltete er beim Bau des Tempels! Dazu hatte ihm sein Vater David hinterlassen hundert tausend Zentner Gold und tausend Mal tausend Zentner Silber (1 Chron. 30,4.) und außerdem noch 3000 Zentner Gold und 7000 Zentner Silber (1 Chron. 30,4.); jeglicher Zentner zu 18.000 Talern gerechnet. Dazu hatten beigesteuert die Fürsten und Obersten des Volkes fünf tausend Zentner Gold und zehn tausend Zentner Silber, und anderes Erz und Metall in ungeheurer Menge (1 Chron. 39,7.). Und Hiram, König zu Tyrus, hatte geschickt hundert und zwanzig Zentner Gold (1 Kön. 9,24.) und endlich hatte Salomo selbst von seinem Eigenen unzählbare Summen beigesteuert. Er empfing jährlich eine Steuer von 666 Zentnern Gold aus den Stämmen Israels (1 Kön. 10,14.). Hundert und zwanzig Zentner Gold hatte ihm die Königin von Saba verehrt (1 Kön. 10,10.). Vier hundert und fünfzig Zentner Gold brachte ihm die Schifffahrt aus Ophir (2 Chron. 8,18.), und ungezählte ungeheure Summen brachte ihm der jährliche Tribut an Gold, Silber, Edelsteinen und anderen Geschenken, welche die ausländischen Könige ihm zinsten. Es war des Silbers zu Jerusalem soviel wie der Steine (2 Chron. 9,27.) und die Menge des Goldes so groß, dass man das Silber nichts rechnete (2 Chron. 9,20.). Wie sehr wird sich aber die auserwählte Seele über die Reichtümer des himmlischen Jerusalems verwundern, da solche irdische Güter nur abbilden die weit kostbareren und überschwänglicheren Schätze des ewigen Lebens. Wie wird sich also die auserwählte Seele verwundern, wann sie nun bei ihrem triumphierenden Einzug in Wirklichkeit schaut, was sie zuvor in ihrer Andacht nur dunkel geahnt, wovon sie in den höchsten Gütern dieser Welt nur undeutliche und wertlose Bilder geschaut. Die irdische Welt ist nämlich nichts anders als ein Kramladen; denn wie Handelsleute gar viele und stattliche Waren in ihren Läden haben, so sehen wir in dieser Welt den Glanz der Sonne, die Hörner des Mondes, die Klarheit der Himmel, den Unterschied der Tiere, die Manchfaltigkeit der Vögel, die Höhe der Berge, die Fruchtbarkeit der Tale, das Blinken der Metalle, das Strahlen der Edelsteine. Wie aber Handelsleute eine bloße Form in Papier oder nur einen geringen und schlechten Teil der Waren aushängen, um den Vorübergehenden Lust zu machen, in das Gewölbe einzutreten und zu kaufen: so hat Gott der Herr in dem großen Kramladen dieser Welt all diese irdischen Dinge vorgestellt zum Zeichen der herrlichen Waren, welche in der Schatzkammer des himmlischen Jerusalems verborgen liegen; und will uns damit reizen und locken, dass wir doch solche Dinge nicht verächtlich anschauen, sondern näher treten und endlich gar hineingehen.

Ist im Reiche dieser Welt wenig Gesundheit und viel Schwachheit, im Reiche der Hölle aber Schwachheit ohne Gesundheit, so ist im Reiche des Himmels ohne alle Schwachheit ewige Gesundheit. Im Reiche dieser Welt ist geringe Genüge und großer Hunger; im Reich der Hölle ein großer Hunger und keine Genüge; im Reiche des Himmels ohne allen Hunger eine ewige Genüge. In dem Reiche dieser Welt ist ein kleiner Notbehelf und großer Mangel; im Reich der Hölle ein großer Mangel und gar kein Notbehelf; im Reich des Himmels ohne allen Mangel nicht etwa ein ewiger Notbehelf, sondern Überfluss. - Im Reiche dieser Welt ist geringe Ehre und große Schmach; in dem Reich der Hölle große Schmach und keine Ehre; im Reich des Himmels ohne alle Schmach eine ewige Ehre. Im Reiche dieser Welt ist wenig Friede und viel Streit; im Reiche der Hölle großer Streit und kein Friede; im Reiche des Himmels ohne allen Streit ein ewiger Friede. Im Reiche dieser Welt ist geringe Glückseligkeit und große Widerwärtigkeit; im Reiche der Hölle große Widerwärtigkeit und keine Glückseligkeit; im Reich des Himmels aber ohne alle Widerwärtigkeit eine ewige Seligkeit. Im Reiche dieser Welt ist eine geringe Herrlichkeit und große Schande; im Reiche der Hölle große Schande und keine Herrlichkeit; im Reiche des Himmels ohne alle Schande eine ewige Herrlichkeit. Im Reiche dieser Welt ist eine kleine Gewalt und große Ohnmacht; im Reich der Hölle große Ohnmacht und keine Gewalt; im Reich des Himmels ohne alle Ohnmacht eine ewige Gewalt. Im Reiche dieser Welt ist ein kurzes Leben und schneller Tod; im Reich der Hölle ein steter Tod und kein Leben; im Reich des Himmels ohne allen Tod ein ewiges Leben. - Im Reich dieser Welt ist wenig Gutes und viel Böses; im Reich der Hölle alles Böse und kein Gutes; im Reiche des Himmels aber ohne alles Böse das ewige Gut.

Fürwahr diese Welt kennt nur Notdürftigkeit und keinen Überfluss; denn sollten dieser Welt Güter, Gewalt und Glückseligkeit zu gleichen Teilen verteilt werden, wie einen geringen Teil würde jeder bekommen! Denn wie viel sind der Armen, wie wenig der Reichen! Wie viel der Untertanen, wie wenig der Herrscher! Wie viel der Elenden, wie wenig der Glückseligen! Und wie schnell fährt das Glück der Glücklichen dahin! Wo sind die Gewaltigen der großen Babel, und wo Sidons reiche Kaufleute? Lasst sie herweisen all ihre Schätze und auflegen all ihre prunkenden Güter! Sind sie nicht allzumal des Rostes und der Motten Fraß, der Diebe und der Räuber Beute? Sind sie nicht gar nichtig und für gar nichts zu schätzen gegen die Schätze des himmlischen Jerusalems, die keine Flamme verzehren, kein Meer verschlingen, keine Zeit verderben, kein Räuber stehlen, kein Unglück vermindern, noch irgend eine andere Not entwenden kann! Und sollte sich die auserwählte Seele bei ihrem triumphierenden Einzuge nicht gar sehr verwundern über solche Güter und aufs höchste erfreuen?

Die Geschichtsschreiber wissen nicht, wie sie die Feder genugsam füllen und die Worte schärfen sollen, wenn sie von der Glückseligkeit der Stadt Rom berichten, wie die Bürger an zeitlichen Gütern so wohl gesegnet gewesen, dass ein einziger auf seine Kosten allein 24,000 Mann zu Ross und zu Fuß ins Feld zu stellen und Jahr und Tag gegen den Feind zu halten vermochte. Was ist aber das gegen die Macht eines einigen Bürgers des himmlischen Jerusalems, da doch ein einziger Engel in einer Nacht in dem Heer der Assyrer 180.000 blutdürftige Krieger erschlug (2 Chron. 32.). Ist hier einer edel: der Krieg kann ihn zum Sklaven machen. Ist einer schön: ein Fieber kann ihn verunstalten. Ist einer reich: Unglück kann ihn arm machen. Ist einer stark: das Alter kann ihn schwach machen. Ist einer geehrt: der Neid kann ihn in Schmach bringen. Die himmlischen Güter aber, zu denen die Seele bei ihrem triumphierenden Einzug gelanget, kann kein Jahr enden, kein Feind nehmen, kein Neider absprechen, kein Unfall verderben.

In Summa die Welt, darin wir leben, ist schier eine Erzbettlerin. Von dem Meere empfäht sie das Wasser, von der Luft den Odem, den Regen von den Wolken, das Licht von den Sternen, den Schatten von den Felsen und Bäumen, die Kleider von den Gewächsen und Tieren, den Unterhalt von allen. Der Himmel ist ihr Ernährer und Wohltäter. Im Winter streut er den Schnee, im Sommer sendet er die Hitze, im Frühling den Tau, im Herbst den Regen, uns arme Würmer zu erhalten. Das Himmlische Jerusalem aber hat Reichtümer und Güter in überschwänglicher Fülle und unendlicher Dauer.

Herr Jesu! Zweierlei bitte ich von Dir, das wollest Du mir nicht weigern, ehe denn ich sterbe: Armut und Reichtum gib mir nicht, lass mich mein bescheiden Teil dahinnehmen; dort aber wollest Du mich mit Deinen Gütern und Gaben mildiglich und ewiglich erfüllen. Amen.

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