Luther, Martin - Predigt am 15. Sonntag nach Trinitatis
Matthäus 6,24-34
Niemand kann zwei Herren dienen. Entweder er wird einen hassen und den anderen lieben, oder wird einem anhangen und den anderen verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon. Darum sage ich euch: Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet; auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr, denn die Speise? Und der Leib mehr, denn die Kleidung? Sehet die Vögel unter den Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheune; und euer Himmlische Vater nähret sie doch. Seid ihr denn nicht viel mehr, denn sie? Wer ist unter euch, der seiner Länge eine Elle zusetzen möge, ob er gleich darum sorget? Und warum sorget ihr für die Kleidung? Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen; sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, daß auch Salomon in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist, als derselbigen eins. So denn Gott das Gras auf den Felde also kleidet, daß doch heute stehet und morgen in den Ofen geworfen wird; sollte er das nicht viel mehr euch tun, o ihr Kleingläubigen? Darum sollt ihr nicht sagen : Was werden wir essen? Was werden wir trinken? Womit werden wir uns kleiden? Nach solchem allen trachten die Heiden. Denn euer himmlischer Vater weiß, daß ihr das alles bedürfet. Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und seiner Gerechtigkeit; so wird euch solches alles zufallen. Darum sorget nicht für den anderen Morgen; denn der morgende Tag wird daß seine Sorgen. Es ist genug, daß ein jeglicher Tag seine eigene Plage habe.
Das ist ein reiches Evangelium und lange Predigt wieder den Geiz; dem ist unser Herr Gott darum besonders feind, daß sonst kein Laster ist, welches das Evangelium mehr hindert und den Christen mehr Schaden tut. Und dennoch sehen wir, daß die ganze Welt darin ersoffen ist. Denn jeder Mann besorgt Tag und Nacht, wie er wolle ernähret werden. Und fördert das den Geiz besonders, daß keiner sich an dem genügen läßt, daß ihm Gott gönnt und gegeben hat; alle wollen sie mehr haben. Wenn Gott ein schönes Haus beschert hat, der wollte gern ein Schloß haben; hat er ein Schloß, so wollte er gern ein Dorf haben, und sofort an: niemand läßt sich genügen, jeder Mann wollte gern noch höher kommen und mehr haben. Sonst, wo der Geiz und Stolz nicht wäre, hätten wir alle genug, und würde kein solch Sorgen, scharren und kratzen unter den Leuten sein. Solchem unchristlichen Wesen wollte der Herr gern wehren mit dieser Predigt, macht es deswegen sehr heftig. «Niemand,» spricht er, «kann zwei Herren dienen; er wird entweder einen hassen, und den anderen lieben; oder einem anhangen, und den anderen verachten.» Da sieht man, daß der Herr Sorge hat, der Mammon hindere seinen Dienst.
Darum ist es nicht ein Evangelium für das junge Volk. Denn dasselbe hat die Gnade, Gott habe Lob, daß sie lieber Kirschen essen, denn Geld zählen, ihnen ist auch mehr an einem schönen Apfel, denn an einem Geldstück gelegen, fragen nicht danach, was das Korn kostet, denn sie sind in ihrem Herzen sicher und gewiß, sie werden zu essen finden.
Es geht aber diese Predigt besonders auf die Hausväter und die in den Ämtern sitzen; und am allermeisten auf die Prediger, denen es in der Welt übel geht, deren etliche durch Armut gezwungen werden, daß sie denken müssen, wie sie sich und ihr Weib und Kinder ernähren wollen. Diese tröstet der Herr hier, will ihnen solche Sorge nehmen, und sagt: Sie sollen doch die Vögel ansehen: weil Gott dieselben so reichlich versorgt, so werde ihnen ja auch ihr Lohn werden, daß sie nicht des Hungers Sterben müssen.
Das also diese Predigt die Jugend nicht angeht, denn dieselbe geht in den Gedanken daher, daß Küche und Keller bereits voll sind, und lassen andere Sorgen. Aber wir alten Narren haben das Unglück besonderen an uns, daß wir für den Bauch Sorgen und immerdar fürchten, wir müssen Hungers Sterben.
Weil es aber unser lieber Herr Christus so knapp abschlägt, man könne nicht zugleich Gott und dem Mammon dienen, will es vonnöten sein, daß wir wohl lernen, was da heiße, Gott dienen.
Dem gemeinen Gebrauch nach in der Welt heißt «dienen» anderes nichts, denn tun, was man befohlen hat. Daß es gleich so viel gesagt ist: Ich diene meinem Herrn, als wenn man spräche: Ich tue, was mir mein Herr befiehlt. In das also der Dienst nicht auf die bloße Person, sondern auf das Wort und Befehl geordnet ist. Denn Herren und Frauen im Haus dürfen das Gesinde nicht dazu halten, daß sie essen und trinken; sie können es wohl. Da aber mögen sie zusehen, wie sie das tun und ausrichten, daß sie ihnen befohlen haben. Wo nun ein Knecht ein Schalk ist, und läßt seines Herrn Wort und Befehl anstehen, und richtet aus, was ihn andere sagen, daß heißt dem rechten Herrn nicht dienen.
Auf diese Weise müssen wir hier vom Gottesdienst auch reden: daß Gott dienen anderes nicht heißt, denn hören, was er sagt, und dasselbige gern und mit Fleiß tun. Was heißt aber Gott? Vor allen Dingen heißt er, man soll Christum hören und das liebe Evangelium annehmen. Das ist der einige, rechte, wohlgefällige Dienst, den wir Gott können tun; denn da steht sein Befehl vor Augen.
Nach demselben befiehlt Gott, daß die Kinder Vater und Mutter ehren, die Eltern ihre Kindern nähren, ziehen und lehren sollen; daß ein Weib ihren Mann lieb haben und den Haushalt warten, und dagegen der Mann sie nähren und schützen soll. Wo nun die Kinder ihren Vater und Mutter ehren, mit demselben dienen sie Gott. Denn da steht Gottes Befehl, daß sie es tun sollen. Also Knechte und Mägde im Hause, wenn sie mit Fleiß tun, was ihnen befohlen ist, dienen sie in dem nicht allein ihrer Herrschaft, sondern Gott im Himmel; denn da steht sein Wort, das fordert solches von ihnen.
Also fortan in anderen Ständen auch, könnte ein jeglicher in Gottes Befehl und Dienst gehen, wenn wir es nur lernen wollten, was da heiße, Gott dienen. Denn wie gesagt, der Gottesdienst steht nicht am Werk, sondern im Wort und Befehl Gottes. Es hat ein großes Ansehen vor der Welt, daß sich ein Mönch allem enthält und geht in ein Kloster, führt da ein strenges und hartes Leben, fastet, wacht, betet. Da mangelt es am Werk nicht; es mangelt aber am Befehl, daß Gott solches ihn nicht geheißen hat; darum kann es für keinen Gottesdienst gerühmt werden. Wiederum ist es ein sehr geringes Ding anzusehen, daß eine Magd im Haus kocht, spült, kehrt und andere Hausarbeit tut. Aber weil Gottes Befehl da ist, so kann solch geringes Werk anders nicht denn ein Gottesdienst gerühmt werden, und übertrifft weit aller Menschen und Nonnen Heiligkeit und hartes Leben. Denn dort ist kein Befehl Gottes; hier aber ist Gottes Befehl, daß man Vater und Mutter ehren und zur Haushaltung helfen soll.
Also heißt es durchaus Gott gedient, wo man tut, was Gott befohlen hat, und läßt, was Gott verboten hat. Und möchte also die ganze Welt voll Gottesdienstes sein: nicht allein in der Kirche, sondern auch im Hause, in der Küche, im Keller, in der Werkstatt, auf dem Felde, bei Bürgern und Bauern, wenn wir uns nur recht wollten dahin schicken. Denn gewiß ist es, daß Gott nicht allein das Kirchen- und Weltregiment, sondern auch das Hausregiment geordnet und erhalten haben will. Darum wer dazu dient, Vater und Mutter erstlich, danach die Kinder, und letztlich das Gesinde und Nachbarn, alle miteinander dienen sie Gott; denn es ist sein Wille und Befehl.
Da könnte als dann eine arme Dienstmagd erstlich die Freude im Herzen haben, und sagen: ich koche jetzt, ich mache das Bett, ich kehre das Haus, wer hat es mich geheißen? Es hat mich mein Herr und meine Frau geheißen. Wer hat nun ihnen solche Macht über mich gegeben? Es hat Gott getan. Ei, so muß es wahr sein, daß ich nicht allein ihnen, sondern auch Gott im Himmel diene, und daß Gott einen Gefallen daran habe. Wie kann ich denn seliger sein? Ist doch genau so viel, als wenn ich Gott im Himmel selbst sollte kochen.
Also könnte ein Mensch bei aller seiner Mühe und Arbeit fröhlich und guter Dinge sein, und würde ihm nichts sauer werden, wenn er sich also in seinem Dienst und Beruf schickte. Aber da wehrt der Teufel mit Händen und Füßen, daß man zu der Freude nicht komme, sondern jedermann einen Unwillen habe an dem, daß er tun soll und ihm befohlen ist; daß nur den Leuten keine Liebe dazu geschehe, und Gott kein Dienst.
Wenn es um Geld zu kaufen wäre, daß einer könnte in den Stand kommen, da er gewiß wüßte, daß er Gott darinnen diente; meinst du nicht, wir würden alles darum geben, daß wir es haben? Was hat allein das tolle Mönchs -und Nonnenvolk getan, um der Hoffnung Willen, daß sie dachten, sie wollten Gott dienen? Aber wie ich oben auch gesagt habe, es hat ihnen daran gefehlt, da alles an liegt. Denn so du fragt, wer sie habe geheißen in das Kloster laufen, ist es ihnen unmöglich, daß sie es sagen könnten, Gott habe es ihnen befohlen; sondern wenn sie die Wahrheit bekennen wollen, so müssen sie sagen, sie haben es dafür gehalten, man könne Gott so dienen. Aber das danke Ihnen der leidige Teufel. Denn das ist ebenso ein Ding, als wenn ich meine Magd hieße ein Feuer machen, und sie wollte dafür die Stube kehren. Mit solchen Dienst würde sie mir keinen Gefallen tun, ich würde es ihr nicht danken; besonders wenn sie solches noch verteidigen und rühmen wollte: Ei, Herr, es kommt mich das Stube kehren auch sauer an. Ich würde wohl sagen, wer hat dich so etwas geheißen? Du solltest mir jetzt die Stube gewärmt haben; dieses habe ich dir gesagt, und nicht die Stube kehren.
So eine Meinung haben die Mönche und Nonnen: die rühmen Gottesdienst, und Gott hat sie es doch nicht geheißen. Darum, willst du Gott recht dienen, so bleibe in deinem Beruf und Stand, er sei so gering er ist; und höre zuerst auf Gottes Wort in der Kirche, danach auf deiner Obrigkeit, Herrschaft oder Eltern Wort, und folge. Das heißt Gott recht gedient.
Darum soll ein jeglicher für seine Person, in was für einen Stand er ist, fleißig lernen und wohl merken, was da heiße, Gott dienen, nämlich, tun, was Gott befiehlt durch Prediger, durch Vater und Mutter, durch Herren und Frauen im Haus. Tust du daß, so kann dein Herz gegen Gott sicher sein, und wird deine Arbeit oder Dienst dir nicht sauer noch schwer werden; denn du weißt, daß Gott einen Gefallen daran hat und daß es ihm gedient heißt. Und es ist eben soviel, was du in deinem Hause tust, als wenn du es unseren Herrn Gott oben im Himmel getan hättest.
Das ist denn der schönste und beste Schmuck, da ein Mensch mit geschmückt ist, über aller anderen Kreaturen, die doch auch im Gehorsam Gottes daher gehen. Denn da sehen wir, daß Sonne und Mond, die Erde und alle Kreaturen in Gottes Ordnung und Gehorsam einher gehen, und das ausrichten, daß sie Gott geheißen hat. Die Sonne gibt aller Welt Licht des Tages, der Mond des Nachts, das Erdreich bringt jährlich allerlei Früchte. Also das Wasser auch. Was hat das für einen Befehl? Was soll es tun? Es soll Fische bringen, sagt Gott im ersten Buch Mose. Das tut es auch überall, wo nur die Leute durch ihre Sünde nicht selbst Gottes Segen aufhalten und seinen Befehl hindern. Also alle andere Kreaturen gehen daher in dem schönsten Schmuck, das ist, im Dienst Gottes. Christus spricht hier, daß auch Salomon nicht so schön geschmückt sei gewesen in all seiner Herrlichkeit, als ein Blümlein auf dem Felde. Was ist sein Befehl? Anderes nicht, denn das es soll da stehen, lieblich sehen, wohl riechen, und sich ansehen und brauchen lassen. So nun Gott solches an einem Blümlein so hoch lobt, was meinst du wohl, daß es an einem Menschen für ein Schmuck ist, wenn er erfunden wird im Befehl und Gehorsam Gottes?
Eine Magd, die sich zum Tanz schmückt, das ist Weltschmuck. Wer es aber recht urteilen will, der muß sagen: Es ist ein Dreck gegen den Schmuck, wenn sie in ihrem Amt und Beruf geht, wartet der Kinder, der Küche, des Hauses, und tut, was ihr zu tun befohlen ist. Denn also rühmt der 45. Psalm die Christen, und spricht in Vers 10.: «in deinem Schmuck gehen daher der Könige Töchter.» Was kann das für ein Schmuck sein, weil wir wissen, daß die Christen auf Erden Arm, Elend und verachtet sind? Es ist ein geistlicher Schmuck, und heißt nicht Silber, Perlen, Samt oder goldene Stücke, sondern der Befehl unseres Herrn Gottes. Solcher Schmuck leuchtet schöner denn die Sonne; denn es ist Gottes Schmuck. Also wer in unseres Herrn Gottes Befehl recht geht, der geht in unseres Herrn Gottes eigenem Schmuck.
Wenn ich des Kaisers Schmuck anhätte oder eine junge schöne Frau im Schmuck der Königin von Frankreich einherginge, das wär ein herrlich und köstliches Ding vor der Welt, da jedermann das Maul darüber aufsperret. Aber in der Wahrheit ist es nichts gegen diesen geistlichen Schmuck, wenn ein Weib daher geht im Gehorsam gegen Gott, hat ihren Ehemann lieb und wert, und zieht ihre Kindlein fein und wohl, und ist im Haushalten ordentlich und fleißig gegen solchen Schmuck sind Perlen, Samt und goldene Stücke wie ein alter, zerrissener, geflickter Bettlersmantel. Denn es ist ein Schmuck, der Gottes Wort und Befehl hat und in Gottes Gehorsam geht.
Das ist nun die rechte Krone und schöne goldene Kette, wie Salomon redet Sprüche 1, und spricht Vers 8 und 9: «Mein Sohn, gehorche der Zucht deines Vaters, und verlassen nicht das Gebot danach Mutter; denn solches ist ein schöner Schmuck deinem Haupt, und eine Kette an deinem Halse.»
Hier auf Erden scheint dieser Gehorsam nichts besonderes zu sein. Aber in jenem Leben, da wird es scheinen, wenn Gott sagen wird und rühmen: Mein Kind, kommt her, du bist ein gehorsames Kind, eine treue Magd, ein frommer Knecht gewesen. Da wird man sehen, daß der Gehorsam gegen Gott und sein Wort, auch in solchen geringen Ständen, mehr zieret, denn aller Welt Schmuck.
Das sei von dem ersten Stück gesagt, daß ihr lernet, was da heiße, Gott dienen, und euch des Mammons Dienst an solchem nicht hindern lasset. Nun wollen wir den Trost besehen, und lernen, wie wir uns des Geizes erwehren sollen.
Erstlich spricht der Herr: «Niemand kann zwei Herren dienen.» Nennt zwei Herren; der eine heißt Gott, das ist der rechte Herr, dem wir zu dienen schuldig sind. Der andere Herr heißt Mammon, das ist nicht der rechte Herr; darum will Christus, daß wir ihm nicht dienen sollen. Wie man aber Gott diene, haben wir gehört.
Was aber heiße, dem Mammon dienen, deutet der Herr hier selbst, nämlich, für das Leben sorgen, was man essen und trinken wolle, und für den Leib sorgen, wie man sich kleiden wolle. Und stellt die ganze Predigt dahin, daß wir solche Sorge sollen gar fallen lassen; denn es ist nicht allein eine vergebliche Sorge, der wir nicht bedürfen und nichts damit ausrichten können, sondern es hindert auch solche Sorge den rechten Gottesdienst. Darum soll man sich davor hüten, und sich dahin gewöhnen, daß man Gott diene, und wissen, daß er weiß, was wir bedürfen, will uns auch schaffen und gern geben, wenn wir es nur bei ihm suchen.
Zu solchem Vertrauen haben wir einen großen Vorteil, daß wir sehen, daß Gott bereits, ohne unsere Vorsorge, uns gegeben hat Leib und Leben. Da lasse nun alle Welt über urteilen. Ist es nicht wahr, wenn alles Essen auf einem Haufen da wäre, es wäre dir nicht so lieb als dein Leben? Also ist dein Leib dir lieber denn alle Kleidung. Sind wir denn nicht heillose, undankbare Leute, da Gott billig sollte über zürnen? Bekennen müssen wir, daß er uns das meiste und größte bereits von sich selbst und ungebeten gegeben hat, und wollen ihm doch nicht trauen, daß er uns werde das Geringere auch geben. Es sollte ja einem reichen Mann weh tun, wenn er dir tausend Gulden geschenkt hätte, daß du nicht so viel wolltest von ihm denken, daß er dir auch ein paar Schuhe schenken würde. Eben also tun wir in der Wahrheit gegen unseren Herrn Gott im Himmel, wenn wir für Essen und Trinken sorgen; obwohl er bereits das größte und meiste geschenkt hat. Wie aber solches Mißtrauen ihm nicht gefällt, da mögen wir drüber nachdenken.
Gleich nun wie wir an und selbst, an unserem Leib und Leben, an Augen, Ohren, Händen, Füßen und allen unseren Gliedmaßen lernen und bekennen müssen, Gott sei gnädig, er habe uns viel die geben und gütlich getan: also stellt der Herr uns auch anderer Kreaturen Beispiel vor, daß wir daran lernen sollen, Gott trauen und nicht sorgen.
Denn da fliegen die Vögel vor unseren Augen, uns zu kleinen Ehren, daß wir wohl möchten unseren Hut gegen sie heben, und sagen: Mein lieber Herr Dr., ich muß bekennen, daß ich die Kunst nicht kann, die du kannst. Du schläfst die Nacht über in deinem Nest ohne alle Sorge; am Morgen stehst du wieder auf, bist fröhlich und guter Dinge, setzt dich auf eine Blume, und singst, lobst und dankst Gott; danach suchst du deine Nahrung und findest sie. Pfui, was habe ich alter Narr gelernt, daß sich es nicht so tue, der ich doch so viel Grund dazu hätte. Kann der Vogel sein Sorgen lassen, und hält sich in solchem Fall, wie ein lebendiger Heiliger, und hat dennoch weder Acker noch Scheune, weder Kasten noch Keller, er singt, lobt Gott, ist fröhlich und guter Dinge; denn er weiß, daß er einen hat, der für alles sorgt; dieser heißt unser Vater im Himmel: warum tun wir es denn nicht auch, die wir den Vorteil haben, daß wir können arbeiten, das Feld bauen, die Früchte sammeln, und wenn eine Not kommt behalten? Dennoch können wir das schändliche Sorgen nicht lassen.
Darum sollten wir dieses Beispiel von den Vögeln nicht vergessen. Sie sind ohne alle Sorge, fröhlich und guter Dinge. Und warum wollten sie auch sorgen? Sie haben einen reichen Küchenmeister und Kellner, der heißt der Vater im Himmel, der hat eine Küche, die so groß als die ganze Welt ist. Darum, sie fliegen hin, wo sie wollen, so finden Sie die Küche wohl bestellt. Dieser himmlische Vater, sagte Christus hier, will unser Küchenmeister und Kellner auch gerne sein, wenn wir es nur glauben könnten.
Aber wir erfahren leider, daß die ganze Welt ist ein Haufe verzweifelter Geizhälse, die Gott nicht trauen, Gott nicht dienen, sondern dem Mammon; und gehen nur damit um, wie sie viel Geld sammeln mögen. Gelingt es ihnen, daß sie es bekommen, so sind sie guter Dinge. Gelingt es ihnen nicht, so sind sie traurig und bekümmert und sorgen Tag und Nacht. Ist es aber nicht wahr, wenn du schon das Haus voll Geld hättest, und das Haus wäre auch noch golden, und die Elbe oder der Rhein Flüsse mit Gold und wäre dein eigenen: was könnte solches dir helfen, wenn sonst nichts, kein Korn, kein Bier, kein Wein, kein Wasser da wäre? Du wirst ja das Gold nicht fressen.
Das mag doch ein schändlicher Mammonsdienst heißen, dessen auch die Heiden verspottet haben, und eine Geschichte gemacht von einem reichen König, der war so geizig, daß er wünschte, daß alles, was er anrührte, zu Gold würde. Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt, wie er begehrt hatte: Griff er seinen Rock, Tisch, Bänke, Bett, Türe an, wurde alles sobald zu Gold, das Messer über dem Tisch, das Brot und Trinken auch. Aber er mußte zuletzt des Hungers dabei Sterben, der Geizhals, da er hatte wohl gewünscht. Darum fluche dem Geiz, und fliehe ihn, wer da kann; denn man wird ja weder Silber noch Gold essen. Dennoch ist die Welt so blind und toll, wenn sie essen und Trinken hat, daß sie noch Gold und Geld haben will. Gerade als bedürfte sie dessen nicht, daß Gott gibt, und müßte das haben, daß er nicht gibt.
Wer nun ein Christ ist, der bedenke besser, und lasse sich den Geiz nicht überkommenen; sondern lerne Gott trauen, der an uns und der ganzen Kreatur sich schon mehr als bewiesen hat, daß er für uns sorgen und uns keinen Mangel leiden lassen will. Wie denn der Psalter auch besonders rühmt von den jungen Raben, daß Gott ihnen ihre Speise und Nahrung schaffe, obwohl die alten Raben sie im Nest verlassen und nicht mehr zu ihnen kommen. Denn das ist Gottes Ordnung für und für, wo er das Leben gibt, daß er auch schafft, daß man es erhalten können. Und so er solches dem Vieh tut, wieviel mehr will er es den Menschen, und besonders seinen Christen tun! Welchen er nicht allein Leib und Leben, sondern auch seinen eingeborenen Sohn gegeben hat, daß sie nicht allein zeitlich, sondern in Ewigkeit Leben sollen. Das wollte der Herr gerne, daß wir es lernen, und den schändlichen Unglauben, welchen der Geiz erregt, fallen lassen.
Denn was richten wir damit aus, wenn wir uns schon zu Tode sorgen? Ein sehr närrisches Ding wäre es, wenn ein kleines Männlein sich in einen Winkel setzen, und da sein Lebtag sorgen und gedenken wollte, wie es könnte größer werden. Meinst du nicht, alle Welt würde darüber Spotten und ihn für einen großen Narren halten? Eben so, spricht Christus, tut die Welt, wenn sie sorgt, wie sie Geld und Gut könne zu Wege bringen; es wird sich keiner reich sorgen. Es liegt ganz und gar an dem, ob Gott seinen Segen gebe, und nicht am Sorgen. Ist der Segen Gottes da, so hat mans; ist er nicht da, ob man es schon hat, so wird man es doch nicht genießen noch erhalten können, wie die Beispiele vor Augen sind.
Das sollte ja auch eine Ursache sein, die uns zum Glauben reizen und bewegen sollte: daß die Sorge nicht allein den Glauben hinderte und wieder Gott ist; sondern sie tut uns wehe und plagt uns, und wir richten dennoch nichts damit aus. Das heißt den Geiz, die Sorge und dem Mißglauben (denn wo eins ist, der ist auch das andere) redlich gelobt; das so wir nur unserer Vernunft gebrauchen wollten, wenn wir solchen Untugenden feind werden und uns davor hüten sollten.
Aber der Herr will es bei dem nicht bleiben lassen, und heißt uns, wir sollen doch die Augen auftun, wenn wir auf dem Feld oder in einem Garten sind, und die Blumen ansehen; da werden wir auch einen trefflichen Dr. finden, der uns gern die höchste Kunst lehren wollte, daß wir Gott trauen und uns alles Gute zu ihm versehen könnten. Denn da stehen Blumen in vielen Farben, auf das schönste geschmückt, daß kein Kaiser noch König ihnen im Schmuck gleich ist. Denn solcher Schmuck aller ist ein totes Ding. Eine Blume aber hat seine Farbe und Schöne, daß es ein natürlich, lebendig Ding ist. Und hat diese Meinung nicht, daß es ohne Grund so wachse. Hier steht es, daß Christus sagt: Gott kleidet das Gras auf dem Felde also.
Eben wie er oben sagt: Die Vögel finden ihre Nahrung nicht ohne Grund, sondern Gott der Vater im Himmel schafft sie ihnen, und ordnete es, daß ein jeder Vogel seine Pfunde habe und ernähret werde. Also geht es mit dem Blumen auch, wie man sieht. Denn wo es nicht Gottes besondere Ordnung und Schöpfung wäre, würde das nie sein können, daß eines dem anderen so gleich wäre, gleiche Farbe, Blätter, Anzahl der Blätter, und vieles mehr. So nun Gott solchen Fleiß auf das Gras legt, daß nur darum steht, daß man es sehen und das Vieh sein genießen soll: ist es nicht Sünde und Schande, daß wir noch zweifeln, ob auch Gott uns Kleidung schaffen wolle?
Denn eben wie wir einen Vorteil haben vor den Vögeln, wir bauen daß Feld, wir ernten, wir füllen die Scheune und Keller, und können uns einen Vorrat, zum wenigsten auf einen Tag, schaffen; da die Vögel solches nicht haben, und dennoch ernähret werden: also, spricht der Herr, haben wir auch einen Vorteil der Kleidung wegen. Da baut man so viel Leinen, Flachs, Hanf; man zieht so viel Schafe; es ist überall in allen Häusern so viel Vorrat: wie kann denn ein Mensch so ohne Glauben sein, daß er nicht hoffen will, ihm sollte auch ein Teil daraus werden, besonders wenn er mit der Arbeit weiter anhält?
Denn wir müssen hier einen Unterschied machen. Die Arbeit ist nicht allein nicht verboten, sondern auch zum höchsten geboten; und also geboten, daß man allen Fleiß und Sorge darauf legen, und nicht unfleißig, faul noch unachtsam damit sein soll. Aber sorgen, wie wir Essen, Trinken, Kleidung und anderes bekommen müssen, das ist zum höchsten verboten. Denn solcher Sorge ist ein Zeichen, daß wir das Vertrauen zu Gott nicht haben, daß er uns erhalten will. Darum wird Gott am höchsten damit gelästert.
Daß es also beides bei einander sein und bleiben muß. Das erste, daß du mit allem Fleiß deiner Arbeit nachgehst. Denn solches hat Gott den Menschen im Paradies befohlen: wollte er Essen, daß er auch arbeiten soll. Das andere, daß du auch ein Christ bist und glaubst. Glauben aber heißt Gott trauen, der sei unser Vater, er wisse, was wir bedürfen, und er werde uns dasselbe gern widerfahren lassen. Mit solchem Glauben kann sich die Sorge nicht vertragen; sondern sobald das Sorgen angeht, so wankt der Glaube, ja, es ist aus mit ihm.
Darum verbietet es der Herr, und sagt kurz: Sorget nicht: arbeiten sollt ihr, das ist euer Befehl; und laßt mich sorgen; denn solches ist mein Amt, daß ich euer Vater bin, und ich kann mit meiner Fürsorge etwas ausrichten; ihr könnt nichts damit ausrichten. Darum laßt es bleiben; oder wo ihr es nicht wollt bleiben lassen, so wisset, daß ihr meine Diener nicht seid; ihr seid des Mammons Diener; den liebt ihr, mich aber hasset ihr; dem hängt ihr an, mich aber verachtet ihr. Wie man denn öffentlich an der Welt Beispiel sieht. Ja wohl, wenn mancher diese Stunde zehn oder 20 Gulden zu gewinnen wüßte, daß er solchen Gewinn vergesse, oder ein wenig verzöge, und ginge zuvor zur Predigt? Geld gewinnen ist ihm aber wichtiger, und denkt, die Predigt hören könne er wohl zur anderen Zeit bekommen. Nun ist es aber wahr, was man Gottes Wort tut, daß hat man Gott getan. Wer es verachtet und Geld lieber hat, der hat Gott verachtet und haßt Gott. Da mache nur niemand keine Glosse, der Text ist zu rein, daß man nicht vorüber kann.
Darum ist das eine Christenpredigt, daß dieselben nicht sorgen noch sagen sollen: «Was werden wir Essen? Was werden wir Trinken? Womit wollen wir uns kleiden?.» Die Heiden, spricht der Herr, trachten nach solchem, die es nicht wissen noch glauben, daß sie im Himmel einen Vater haben. Ihr aber habt einen Vater im Himmel, der euch Leib und leben, ja, auch seinen Sohn gegeben hat, der weiß, was ihr bedürfet. Wie könnt ihr ihn aber so für unbarmherzig und hart halten, daß er es euch nicht geben, und des Hungers Sterben und verderben wollte? Darum tut, wie ihr es seht, daß eure Kinder gegen euch tun: sie legen sich des Nachts nieder, und schlafen ohne alle Sorge; sie kümmern sich um nichts, wenn sie morgens ein Stück Brot oder Suppe nehmen wollen; denn sie wissen, daß Vater und Mutter für dasselbe sorgt. Also tut ihr auch, lieben Kindlein, spricht Christus hier, gegen euren Vater im Himmel, so soll es keine Not haben. Allein, sorget nicht; denn das wäre ein Zeichen, daß ihr euch eures Vaters im Himmel nicht tröstet; sonst würde ihr alle Sorge fallen lassen und alles Gute hoffen
Deswegen beschließt der Herr dieser Predigt also, und spricht: «Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes, und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch das andere alles zufallen.» Das ist eine nötige Lehre und treffliche Verheißung. Die Welt fragt und trachtet nach ihrem Reich, da muß man Geld und Gut haben, welches alles ungewiß und unbeständig ist. Dagegen hat Gott ein anderes Reich, das ist ein ewiges Reich, dem sollen wir Christen nach trachten. Solches Reich, sagt Christus, sei inwendig in uns. Und heißt anderes nicht, denn das Wort hören und glauben, das ist, Gott von Herzen vertrauen und für einen Vater halten. Wo solcher Glauben ist, da wohnt Gott, und folgt sobald die Gerechtigkeit, das ist, Vergebung der Sünden. Das, spricht Christus, laßt euer erstes sein, haltet euch zum Wort, hört es mit Fleiß, übt euch damit und glaubt.
Wenn ihr also Gottes Reich und Gerechtigkeit am ersten gesucht habt, so seid zufrieden, und tue ein jeder in seinem Stande, was er soll; denn Christen sollen nicht müßig gehen, sondern arbeiten: alsdann sollen es euch alles zufallen. Dann kann Gott so fromm und gnädig sein, daß er den bösen Buben alles genug gibt, die nicht allein ihm nicht dienen, sondern auch sein Wort noch verfolgen und lästern, und ihm alle Schande und Unehre tun, wie könnte es möglich sein, daß er euch lassen sollte, die hier ihn lieb habt, sein Wort gern hört und fördert, und alle euer Vertrauen auf ihn setzt? Also lehrt der Herr, daß wir und sollen an das Wort halten, glauben und fromm sein, und alle Sorge fallen lassen; so will Gott uns alles genug geben.
Aber was geschieht? Der meiste Teil geht hin, und achtet Gottes Wort nicht, geht lieber dem Saufen und Spiel nach und zum Tanz, denn in die Kirche zur Predigt. Solche Unart bringt allerlei Sünde mit. Das nun Glück dabei sollte sein, und Gott nicht mit Krankheit, Armut und allerlei Unrat solches strafen sollte, das ist nicht möglich. Danach ist eine andere Unart dabei, daß der meiste Teil auch mit der Arbeit sehr nachlässig, faul und unachtsam ist; oder wo sie arbeiten sie es sich sauer werden lassen. Es ist kein Maß mit dem Schlemmen, Spielen und anderem, daß man auf einen Feiertag alles durchbringt, was man die ganze Woche erarbeitet hat. Beides will unser Herr Gott verboten haben, daß man nicht müßig gehen soll und auch nicht verschwenden, sondern was man erarbeitet, fein zu Rat halten soll.
Daher spricht der Herr: «die Vögel ernten nicht, und sammeln nicht in ihre Scheunen.» Als sollte er sagen: Ihr tut beides, und sollt auch beides tun, daß ihr arbeitet, und danach den Gewinn hinter euch legt und auf die Not behaltet. Wer es aber nicht tun will, was kann Gott dazu, daß weder Glück noch Heil da ist? Du magst deinem ruchlosen, und unchristlichen Leben, deinem Faulenzen und deinem Verschwenden die Schuld geben, und Gott nicht, der gern geben wollte, wenn du nur ein Christ sein, daß Wort hören, glauben, die Sorge fallen lassen und arbeiten wolltest. Wie er hier sagt: Euch soll es alles zufallen. Aber du willst nicht. Wenn du solltest zur Predigt gehen, so liegst du im Bette und faulenzt, oder gehst spazieren, oder dem Saufen nach. Wenn du arbeiten sollst, tust du auch so. Muß doch ein Vogel arbeiten und nach seiner Weide ausfliegen. Unser Herr Gott, der es nähren will, der will ihm die Speise nicht ins Nest werfen. Also tue du ihm auch, sei gottesfürchtig, und mit deiner Arbeit fleißig, und lasse Gott für das übrige sorgen, wie er dir deine Nahrung schaffen werde. Doch, wie oben gemeldet, daß du auch nicht geizig bist, und dich genügen läßt; denn dasselbe will Gott auch nicht leiden.
Das ist die Lehre aus dem heutigen Evangelium. Unser lieber Herr Gott gebe durch Christum seinen Heiligen Geist, daß wir uns daraus bessern und frömmer werden, Amen