Loserth, Johann - Doktor Balthasar Hubmaier und die Anfänge der Wiedertaufe in Mähren - Fünftes Kapitel.

Loserth, Johann - Doktor Balthasar Hubmaier und die Anfänge der Wiedertaufe in Mähren - Fünftes Kapitel.

Hubmaier und die Wiedertaufe in Waldshut.

Die ständischen Gesandten zu Rheinfelden hatten nicht Unrecht, wenn sie in Hubmaiers Rückkehr nach Waldshut ein schlimmes Vorzeichen sahen.

Statt einer Förderung des friedlichen Ausgleichs musste dies Ereignis hemmend auf diesen einwirken; noch mehr: es war für die Stadt ein verhängnisvoller Moment, als Hubmaier am Abend Simonis und Judae (28. Oktober), vom Volke mit Jubel begrüßt, unter Trommelschlag, Pfeifen- und Hörnerklang, „gerade so, als ob er ein Kaiser wäre“, seinen Einzug hielt. Darf man eine Bemerkung Fabris hierher ziehen, so fand seine Rückkehr beim Rat keinen Anklang. Aber die Menge begehrte sie; sie war es, „die ihn von Hallau herabgeleitete“. Es sei das, sagt Fabri, deshalb geschehen, dass die Waldshuter nicht durch den Markgrafen beredet würden, ihren Fürsten zu gehorchen. Dem feierlichen Empfang schloss sich ein Festmahl in dem Kaufhaus an. Der Schweizer Zuzug beteiligte sich daran, und des Hauptmanns Spielleute „hofierten“, wofür ihnen Hubmaier einen Batzen schenkte. Die Waldshuter Bürgerschaft hatte bis zu diesem Augenblick Grund, gehobener Stimmung zu sein, denn die dringendsten Gefahren für die Stadt schienen beseitigt. Während die Freunde der alten Lehre ihre Lage in düsteren Farben schilderten, schöpften die Neuerer in allen benachbarten Städten die größten Hoffnungen. „Ich erwarte zuversichtlich“, schreibt Bucer (31. Oktober) an Zwingli, „dass das Beispiel der Waldshuter gar viele ermutigen werde. Mir ist die Sache wie ein Wunder. Wahrhaftig, der Herr hat die Demütigen erhoben“. Die Änderungen im Gottesdienste wurden nun vollends durchgeführt. Hubmaier selbst übernahm seine Pfarrstelle wieder. Sein Einkommen versteuerte er auf 200 Gulden. An der Verteidigung der Stadt nahm er wie jeder andere Bürger Anteil. Nach dem Berichte Küssenbergs „legte er seinen geistlichen Stand abseits, vertrat die Stelle eines Soldaten und hielt, mit dem Schwert umgürtet, am unteren Tor Wache. Er besaß, wie Fabri meldet, eine Hackenbüchse, einen Harnisch, eine Feuerbüchse und ein Schlachtschwert. „Er stand am Tor und sagte dem arbeitenden Volk: Es sei eine Schickung von Gott, dass sie an der Arbeit so gutwillig seien.“

Wie fest Hubmaier bisher noch unter dem Einfluss Zwinglis stand, sieht am man besten aus jenen Schlussreden, die er wohl noch in Schaffhausen verfasst hatte und nunmehr am 4. November in Zürich erscheinen ließ, und von denen gleichzeitig eine lateinische Übersetzung in den Druck kam. In beiden nennt er sich einen Bruder des Zwingli in Christo, was zweifellos auf die Übereinstimmung der beiderseitigen Lehren hindeuten soll. Hubmaier fordert seinen ehemaligen Lehrer „die Mücke den Elephanten“ zu einer Disputation heraus. Die Schlussreden bestehen aus 26 kurzen Sätzen, an deren Rand er die biblischen Beweisstellen anfügt. Sie lauten: Jeder Christ muss dem, der es verlangt, von seiner Hoffnung und danach auch von seinem Glauben Rechenschaft geben (1); denn nur den, welcher Christus vor den Menschen furchtlos bekennt, wird auch er vor seinem Vater bekennen (2). Mit dem Herzen glaubt man zur Gerechtigkeit, mit dem Mund aber geschieht das Bekenntnis zur Seligkeit (3). Wenn ihr den Glauben nicht habt, wie könnt ihr das verstehen: Ich habe geglaubt, daher habe ich gesprochen; wie werdet ihr dem glauben, den ihr nicht gehört habt? (4) Das Urteil, wer von zweien recht gesinnt sei, steht der Kirche zu, die im Wort Gottes empfangen, im Glauben geboren ist (5). Der Ordnung wegen und um Streit zu meiden, mögen drei oder vier Männer von der Gemeinde erwählt werden, sowie einstens Petrus und Paulus, Barnabas und Jakobus (6). Die Sendboten Christi haben Konzilien gehalten nicht um der Lehre des Glaubens willen, sondern um die Einigkeit unter den Brüdern aufrecht zu halten (7). Ihr Urteil geschehe nach dem „Richtscheit“ der Schrift (8). Ergründet daher die göttliche Schrift, nicht päpstliche Satzungen, nicht Konzilien, nicht Väter und Schulen, denn das Wort Christi wird alle Dinge richten (9). Es muss also Richter geben, die „gottesgelehrt und gottesgeistig“ sind (10). Sie sind es, wenn sie irdische Leidenschaft abtun und die Bibel ergründen (11). Das heißt aber nicht mit ungeistlichem Wortschwall bis zur Heiserkeit kämpfen, sondern dunklere Stellen der Schrift durch klare auslegen (12). Die das tun, sind gesegnet (13) und ihnen muss man gehorchen (14); ihr Urteil wird durch das Schweigen der Menge gebilligt (15). Zu hören ist die Kirche in den Dingen, die Ärgernis und brüderliche Liebe betreffen: im Span des Glaubens aber nur gemäß der Schrift (16). Es mögen wohl alle Menschen sonderlich lehren, damit jedermann lerne und alle Trost empfangen (17). Darum hat Gott den Geist der Wahrsagung den Propheten gegeben und er ist ein Lehrer nicht der Zertrennung, sondern des Friedens (18). Hütet Euch also vor falschen Propheten; sie verführen mit schmeichelnden Worten die Herzen der Unschuldigen, auf dass sie vom Papst empfangen zwölfmal hundert Dukaten (19). Wehe ihnen, sie sind Helis Söhne (20). In diesem Streit muss jeder lehren „gerüstet mit dem Harnisch“ des Heiligen Geistes (21) und die Weiber müssen schweigen und daheim von den Männern lernen (22). So aber die Männer aus Furcht zu Weibern werden, dann müssen diese Männertaten verrichten, wie Deborah „und Argula zu unseren Zeiten“ (23). Die Richter seien also rechte Theologen nicht „insulierte und mit Kapuzen versehene“, sondern die aus göttlicher Anweisung „den Brustlatz“ Aarons tragen (24). Die Gelehrten also sind zu hören; die Gelehrten sind die, die täglich das Buch der Gesetze lesen und Moses und die Propheten haben (25); die dies Buch nicht lesen, die dürfen auch nicht Richter sein (26).

Wo ist nun dieser Weise, dieser Schriftgelehrte? Wo der Disputierer dieser Welt? Ist es Eck? Er komme zu uns, jener ruhmreiche Herkules, aus Ingolstadt. So ich mich nicht täusche, wird er von „herculanischer“ Krankheit befallen, im „Handel des Glaubens“ Gefahr erdulden. Wenn er nun kommt, so wollen wir ihn loben.

Eck schenkte dieser Herausforderung keine Beachtung. Hubmaier warf sich nun mit größtem Eifer auf die Angelegenheiten der Stadt. Es gab keine Beratung, es kam kein Beschluss zustande, an dem er sich nicht beteiligt hätte. Seinem eigenen Geständnisse zufolge half er denen von Waldshut fleißig „raten“ und so wird man seinen Einfluss auch in den oben erzählten Verhandlungen gewahren, welche eine Versöhnung mit der Regierung bezweckten, zunächst aber resultatlos verliefen.

Eine Änderung in dem Verhältnis Hubmaiers zu den Schweizer Reformern Zwingli, Judä, Hofmeister und anderen trat in den letzten Wochen des Jahres 1524 ein als sich Hubmaier den Stürmern und Drängern in Zürich, Conrad Grebel, Felix Manz, Jörg vom Hause Jacob, genannt Blaurock oder der starke Jörg, Wilhelm Röublin in aus Rottenburg am Neckar und anderen anschloss - Männern, denen Zwingli weder auf kirchlichem noch auf sozialem Wege genug tat. „Diese rotteten sich,“ wie Bullinger sagt, „zusammen und hielten heimliche Gespräche; es gefiel ihnen nichts, was und wie man damals in der Reformation handelte; alles war ihnen zu wenig, zu kurz, nicht geistreich, hoch und vollkommen genug. Sie beschuldigten Zwingli, dass er nicht ernstlich mit dem Abtreten etlicher Personen dazu täte, und legten sich nun überall, wo sie nur konnten, gegen ihn. Sie verlangten von ihm, dass er sich von den Gottlosen sondere, eine reine Kirche und eine Gemeinde der rechten Kirche Gottes sammle. Zwingli wies solche „Rottierung“ zurück. Sie begannen daher ihre Sonderung auf andere Weise aufzurichten: sie schalten auf die Kindertaufe, die nicht von Gott, sondern von Nicolaus II. erfunden sei und vom Teufel herrühre. Die Wiedertaufe sollte diesen Leuten die Fahne sein, unter der sich die neue Kirche sammelte. Ihre Lehre hatten sie zweifellos aus Münzers Schriften gezogen; ihr Wortführer und Bannerträger wurde Hubmaier, der in eben diesen Tagen mit Münzer in persönliche Berührung gekommen war. Er galt nach dem Zeugnis seiner bisherigen Freunde. als Zwinglis guter Freund, bis Münzer ihn verdarb.“ In Hubmaiers Schriften freilich wird Münzer mit keinem Wort erwähnt, doch ist es zweifellos, dass dieser nicht bloß seine Parteigänger in der Schweiz, sondern auch Hubmaier stark beeinflusste, seit er in den ersten Septembertagen in Oberschwaben erschienen war. In Basel predigte Münzer über das zeitgemäße Thema: „Wo ungläubige Regenten, sei auch ein ungläubiges Volk. Das müsse anders werden.“ Von Basel aus zog Münzer in der Umgebung herum. Längere Zeit hielt er sich im Klettgau und Hegau auf. Acht Wochen lang verweilte er in Griessheim in der Gegend von Waldshut und wird von hier aus Hubmaier besucht haben. Im Klettgau und Hegau hat er seiner eigenen Aussage zufolge etliche Artikel aus dem Evangelium angegeben, wie man herrschen soll, „daraus fürder andere Artikel gemacht. Hätten ihn gern zu sich genommen, habe aber ihnen das gedankt. Die Empörung habe er an diesem Orte nicht gemacht. Seien bereits aufgestanden gewesen.“

Münzer pflanzte, wie Bullinger sagt, in Hubmaier die Wiedertaufe auf. Doch hatte dieser ohnehin schon die Überzeugung von der Verwerflichkeit der Kindertaufe in sich aufgenommen. Er wurde hierin also nur durch Münzer, Grebel und Genossen bestärkt. „In dem“, sagt Johannes Kessler, „ist (Cunrad Grebel) gen Waldshut komen zu dem doctorn Baltassarn Fridberger, und wiewol er nit ungelehrt, doch hat er sich in das widertouffen gentzlich versenken lassen, also dass er unternam, den wiedertouff mit öffentlichen geschriften zu verfechten, schutzen und schirmen.“

In Hubmaier suchten und fanden also die Schweizer Wiedertäufer ihren literarischen Vorkämpfer. Schon zu Anfang 1525 wusste Grebel, dass Hubmaier wider Zwingli der Taufe halben sei und werde wider ihn schreiben, wenn Zwingli nicht abstehe. „Inzwischen, sagt Kessler, fingen diese Leute an, die Lehre zu verbreiten, dass die Kindertaufe nicht aus Gott, sondern ohne Begründung in der Schrift durch den Papst aufgebracht und erdichtet wäre. Auf diesen Artikel drangen sie so nachdrücklich, dass all ihr Lehren und ihr Vortrag nichts anderes war, als ein Grübeln und Suchen, wie man die Kindertaufe abschaffen konnte. Und niemand wusste, wo sie hinaus wollten. Da man ihnen genau zusah, begehrten sie Gespräche zu halten mit den Dienern des Wortes zu Zürich. Hat eine ehrsame Obrigkeit zu Zürich das gutmütig zugegeben und ihnen zu einer Disputation verholfen.“ Sie wurde für den 17. Jänner angeordnet, kam aber nicht allen Freunden der Wiedertaufe erwünscht. Diese fürchteten nämlich die Überlegenheit Zwinglis.

Schreibe mir um Gotteswillen, lässt ihm Hubmaier sagen, von der Kindertaufe und wenn ich wider dich und Leo Judä gefehlt habe, verzeiht mir. Am 16. Jänner wendet er sich an Oekolampadius und klagt, dass dieser ihm offenbar auf eine frühere Anfrage wegen der Taufe nicht klar genug geantwortet: „Aber jetzt, sagt er, ist die Stunde da, in welcher ich öffentlich und auf den Dächern verkündige, was ich vorhin im Innern verschluckte. Der große Gott sei gepriesen, der diesen Geist der Freiheit mir und gleichermaßen auch meinen Zuhörern geschenkt hat. Ich hätte wahrlich die große Verwirrung und Tragödie gefürchtet, welche infolge dieser Angelegenheit bei dem bisher dreifach elend verführten Volk erregt worden ist. Eben jetzt - sagt er weiter - verhandeln die Gelehrten zu Zürich die Stellen der Schrift von der Kindertaufe, in welcher Zwingli und sein Leo uns völlig entgegengesetzt sind. Denn wir haben öffentlich gelehrt, dass die Kinder nicht zu taufen seien. Warum taufen wir die Kinder? Die Taufe ist nur ein bloßes Zeichen. Was streiten wir uns denn so sehr über ein Zeichen? Ein Zeichen wenigstens ist sie und ein Symbol, von Christus mit den schwerwiegendsten und ehrwürdigsten Worten eingesetzt, nämlich im Namen des Vaters, Sohnes und des Heiligen Geistes. Wer aber dieses Zeichen abschwächt oder missbraucht, der tut den Worten Christi Gewalt an. Die Bedeutung dieses Zeichens und Symbols, die Verpflichtung des Glaubens bis zum Tod unter der Hoffnung der Auferstehung zum künftigen Leben, ist übrigens mehr zu erwägen als das Zeichen selber. Aber diese bezeichnenden Dinge können doch auf Kinder nicht passen. Daher ist die Taufe der Kinder Laub ohne Wein (hedera sine vino). Eine Verpflichtung geschieht in der Taufe, was heutzutage das apostolische Symbol bezeugt, und eine Absage an den Satan und an allen Pomp bis in das Wasser, das heißt, bis in den Tod. Eine Verpflichtung geschieht im Abendmahl dahin, dass ich mich verbinde, Leib und Blut geradezu für Christus einzusetzen, wie er es für mich getan. Und so gaben wir das Gesetz und die Propheten. Deshalb meine ich, dass das Christentum niemals recht gedeihen wird, wenn nicht Taufe und Abendmahl zu ihrer ursprünglichen Reinheit zurückgerufen werden.“ Der Haupteinwand Hubmaiers ist somit, dass die Kinder nicht im Stande seien, die ihnen in der Taufe auferlegten Verpflichtungen zu übernehmen. Auf den letzteren liegt auch alles Gewicht, viel weniger auf dem Zeichen, dessen Vollziehung aber für Christen aus dem Grunde notwendig ist, weil sie auf einem ausdrücklichen Befehl Christi beruht. „Teuerster Bruder, fährt Hubmaier fort, hier hast du meine Meinung. Wenn ich irre, rufe mich zurück, denn ich wünsche nichts so sehr als widerrufen, alles tun, ja nichts abschlagen, wo ich von dir und den deinen aus Gottes Wort belehrt werde. Sonst beharre ich auf meiner Meinung, denn dazu nötigt mich die Einsetzung Christi, Wort, Glaube, Wahrheit, Urteil, Gewissen. Bezeuge die Wahrheit, du wirst mich auf keine Weise belügen. Ich bin Mensch und kann fallen - was menschlich ist. Ich verlange dann aber vom Herzen aufzustehen. Schreibe mir auch, ob die Verheißung Matth. XIX, 14: Lasset die Kleinen zu mir kommen, besonders auf die Kinder gehe? Dazu veranlasst mich das Wort Christi: „Denn solcher ist das Himmelreich,“ nicht „ihrer.“ Ich habe, fährt Hubmaier fort, durch einen Hauptmann unseres Zusages Briefe an Zwingli geschickt. Statt der Taufe lasse ich die Kirche zusammenkommen, führe das Kindlein ein, erkläre in deutscher Sprache das Evangelium: „Man brachte Kindlein dar;“ dann wird ihm der Name beigelegt, die ganze Gemeinde betet dann mit gebogenen Knien für das Kind, empfiehlt es Christus, dass er ihm gnädig sei. Sind aber die Eltern noch schwach und wollen durchaus, dass das Kind getauft werde, so taufe ich es und bin einstweilen schwach mit den Schwachen, bis sie besser unterrichtet sein werden. Im Wort aber weiche ich nicht im kleinsten Punkt. Ich habe 22 Schlussreden mit 64 Noten geschrieben, die du bald sehen wirst.“

Einen Auszug aus diesem Schreiben sandte Oekolampadius tags darauf an Zwingli und deutet an, wie man Hubmaier antworten solle; dies möge mit Zwinglis Worten geschehen: Es sei kein Gebot, des Glaubens wegen genau zu forschen, sondern die Erwachsenen sorgsam zu belehren und zu ermahnen. Wegen der Worte bei der Taufe habe man nicht so ängstlich zu sorgen. Es genügt vor Gott, eine neue Kreatur zu sein, vor der Kirche aber durch ein gewisses und heiliges Zeichen in die Gemeinschaft der Gläubigen eingereiht zu werden. An Hubmaier selbst schrieb Oekolampadius: Den Kindern werde, da sie in der Erbsünde seien, das Gebet der Kirche bei der Taufe nützen, durch den Glauben der Eltern seien sie in dem Himmel eingeschrieben. Seine Schlusssätze dürften in Basel kaum gedruckt werden; die Buchdrucker dürften einem Befehl des Rates zufolge nichts drucken, worüber die Zensoren nicht befragt wären, und diese dürften hierzu nicht geneigt sein.

In einem zweiten Schreiben meldet Oekolampadius im Sinne Zwinglis: Man dürfe nicht abergläubisch an der Taufformel hängen; die Apostel hätten auf den bloßen Namen Christi getauft. Auch bei Erwachsenen könne man nicht wissen, wen der Geist wahrhaft erleuchte. Die Kirche nehme das Bekenntnis der Eltern und Paten für die Kinder an; deren Glauben heiligt and diese, und deren Verpflichtung verbindet sie, da man sie für einen Teil der Eltern ansehe und sie in der Gewalt der Eltern stehen. Zwar sind mir keine Schriftstellen bekannt, welche zwingen die Kindertaufe zu behaupten, doch sehe ich nichts, was sie verbieten würde. Auch die Straßburger sind unserer Meinung.

Das Religionsgespräch über die Wiedertaufe hatte inzwischen mit dem Sieg Zwinglis über die Führer der Wiedertaufe Grebel, Manz und Röublin geendet, und schon tags darauf erkannte der große Rat, „dass man, unangesehen dieser Irrung, die Kinder, wenn sie geboren werden, taufen solle; auch sollen alle diejenigen, die ihre Kinder bisher ungetauft gelassen haben, sie innerhalb der nächsten 8 Tage taufen lassen. Wer dies nicht tun wolle, soll mit Weib und Kind und seinem Hab und Gut unserer Herren Stadt, Gericht und Gebiet räumen oder erwarten, was ihm weiter begegne. Die einheimischen Täufer wurden ermahnt, von ihren Vorhaben abzustehen und ruhig zu bleiben, weil sie ihre Sache nicht mit Gottes Wort hätten behaupten können. Die fremden Wiedertäufer Röublin, Brödlin und Hetzer wurden am 21. Jänner ausgewiesen. Sie gerieten nach Zollikon, allwo sie große Verwirrung anrichteten und ihre abgesonderte Kirche mit allem Trotz und Frevel aufrichteten.“ Eine Anzahl von ihnen hatte sich nach Waldshut gewendet. Zürich verlangte ihre Ausweisung. Schultheiß und Rat zu Waldshut antworteten (1. Feb.): Es seien dieser Tage wohl einige bei dem Doktor (Hubmaier) gewesen, von denen man aber nichts arges wisse; sie haben sich jedoch gestern wieder entfernt. Über den Zweck dieses Besuches kann kaum ein Zweifel obwalten: Am 2. Februar erschien „Balthazar Friedbergers zu Waldshut öffentliche Erbietung an alle christgläubige Menschen.“ „Wer da wolle, solle anzeigen, dass man die jungen Kinder taufen solle und das tun mit teutschen, hellen, klaren, einfältigen Schriften, den Tauf allein betreffend, ohn allen Zusatz.“

Balthazar Friedberger erbietet sich hinwiederum zu erweisen, dass der Kindertauff ein Werk sei, ohn allen Grund des göttlichen Worts, und das wolle er tun mit teutschen, hellen, klaren, einfältigen Schriften, den Tauf allein betreffend, ohn ´allen Zusatz.

Nun werde eine Bibel fünfzig oder hundert Jahre alt, als der rechte, ordentliche und wahrhaftige Richter inzwischen diese zween Artikel gelegt, aufgetan, mit bittendem, demütigen Geist verlesen und alsdann werde dieser Span nach dem Worte Gottes entschieden und endlich ausgesprochen. So bin ich wohl zufrieden, denn ich will immer Gott die Ehre geben und sein Wort allein Schiedsmann sein lassen, ihm will ich mich sowohl als meine Lehren unterworfen und ergeben haben. Die Wahrheit ist untödlich.

Es war ein verhängnisvoller Schritt, zu dem Hubmaier sich entschloss und durch sein Beispiel einen großen Teil der Waldshuter Bürgerschaft mitriss, hierdurch aber in der Stadt selbst gefährliche Entzweiung schuf; denn weder war jener Teil der Bürger, der an der alten Lehre hielt, geneigt, auf die Neuerungen einzugehen, noch folgten alle evangelisch Gesinnten Hubmaier auf den neuen Wegen. Was aber das Wichtigste war: dieser Schritt brachte ihn und die Stadt um die Sympathien der Schweizer Reformfreunde. Noch in seiner Schrift „Welche Ursache geben zum Aufruhr, welches die wahren Aufrührer sind, und wie man zu christlicher Einigkeit und Frieden kommen möge,“ einer Schrift, die gegen jene Schwärmer gerichtet ist, die bereits in Fahre 1523 gegen Zins und Zehnten eiferten und die Grundsätze einer zügellosen Freiheit verteidigten, hebt Zwingli rühmend das Beispiel der Waldshuter Nachbarn hervor: Seht, wie unsere lieben Nachbarn zu Waldshut so große Gefahr um Gotteswillen erleiden. Das kommt allein aus dem festen Glauben zu Gott. An den haben sie sich treulich gehalten; der hat sie bisher bewahrt und wird es auch weiter tun. Und nun fielen die Waldshuter selbst den von ihm so heftig getadelten „Schwärmern und Rottierern“ zu und finden wir Hubmaier in den Ideen eines Grebel und Manz gefangen. Es fragt sich, wie ist Hubmaier zu dieser Lehre und wie ist er durch sie in den unversöhnlichen Gegensatz zu den alten Schweizer Freunden gekommen? In dem Verhör, das er im nächsten Jahr in Zürich zu bestehen hatte, „wurde ihm auch vorgehalten, wie er doch hinter die Kindertaufe gekommen sei.“ Er antwortete, der Prior von Sion, Namens Ruggensperger, habe ihn zu einer ersten Messe (Primiz) nach St. Gallen geladen; er versprach mitzukommen, nur möge der Prior ihn zuvor nach Zürich begleiten, woselbst er Meister Ulrich sprechen wolle. Beide gingen, mit einem Empfehlungsschreiben Joachims von Watt ausgestattet, zu Zwingli, der sie freundlich aufnahm und für den nächsten Tag zu einem Imbiss einlud. Hierauf machten beide einen Spaziergang auf dem Graben. Hubmaier hatte eine Menge von Artikeln auf einer Tafel aufgezeichnet und insbesondere einen von der Kindertaufe, über die er sich mit Meister Ulrich besprechen wollte; also, heißt es in dem Verhör, „gab ihm dieser guten Bescheid, dass er damals wohl zufrieden war.“ Aus dem Verhör geht sonach hervor, dass Hubmaier schon seit, vielleicht schon vor dem Jahre 1523, in welchem dieser Besuch stattfand, sich eingehend mit der Frage der Kindertaufe beschäftigt hatte. Er gesteht, dass er sich mit dieser Unterredung nicht zufrieden gab und an Oekolampadius, an Leo Judä und Sebastian Hofmeister in Schaffhausen wandte. Der letztere scheint auf ihn einigen Einfluss genommen zu haben. Und habe ihm, sagt er in dem Verhör, Doktor Bastian insonderheit geschrieben, dass er zu Schaffhausen öffentlich vor dem Rate gestanden und da gesagt habe, dass Meister Ulrich in der Frage wegen der Kindertauf irre. Auch hätte genannter Doktor sein Kind nicht wollen taufen lassen: „Das habe ihn auch in den touff bracht, dass er so serr darin gekommen sei.“

In der Lehre, dass man die Kinder nicht taufen solle, meinte also Hubmaier, sich mit voller Übereinstimmung mit Zwingli zu befinden. In der Tat sagt Zwingli in seiner Schrift „Vom Touf, vom widertouf und vom Kindertouf“ (Opp. II, 1, 245): „Denn der Irrtum hat auch mich vor etwas Jahren verführt, dass ich meint, es wäre viel wäger, man taufte die Kindlein erst, so sie zu gutem Alter gekommen wären.“ Die Wiedertäufer hatten nicht so ganz Unrecht, wenn sie von sämtlichen Reformatoren in Zürich sagten: Sie wüssten wohl, dass die Kindertaufe nicht recht wäre, sie wollten es aber nicht sagen. Hubmaier zitiert in späterer Zeit gern Äußerungen seiner Schweizer Freunde, aus denen er ihre anfängliche Übereinstimmung in dieser Frage beweist. Hierher gehört die schon oben angezogene Stelle aus Hubmaiers „Gespräch auf Meister Ulrichs Zwinglens Taufbüchlein von dem Kindertauf“. „Ja“, erwidert Hubmaier auf das Geständnis Zwinglis: „Du hast es also gehalten, geschrieben und gepredigt an offentlicher Kanzel. Das haben viele hundert Menschen aus deinem Mund vernommen. Jetzt freilich werden diese Leute in deinen Augen Lügner sein, wenn sie dieser Tatsache erwähnen. Fürwahr, freventlich redest du, dass dir solche Meinung dein Lebenlang nicht ins Herz gekommen. Doch frag ich dich noch eins. Vor wie viel Jahren warst du noch dieser Meinung? Möchtest du dich doch erinnern, als du den Vicar Johannes Fabri zu Konstanz unter den Händen hattest und du dich berühmtest: Du hättest das Evangelium pur, klar und lauter fünf Jahre gepredigt.“ Und nun erinnert er ihn an ihre im Jahre 1523 um Philippi und Jacobi (1. Mai) zu Zürich am Graben stattgehabte Unterredung: „Da hast du mir recht geben, dass man die Kinder nicht taufen solle, ehe sie im Glauben unterrichtet seien. Es sei das vor Zeiten auch so gewesen.“ Er fährt dann weiter fort: „Aber du wollest in deinem Artikelbüchlein auch Meldung davon tun … im 18. Artikel von der Firmung, den lese man, da findet man klärlich dein Urteil. So hast du auch öffentlich bekannt in einem Büchlein „Von den aufrürigen Geistern Anno 1525 ausgegangen“, und am andern Blatt: Dass die, welche Kinder taufen, kein helles Wort für sich in der Schrift haben, welches ihnen die Verpflichtung zu taufen auferlegt. Ermesse nun, mein Zwingli, wie sich deine Worte, deine Schrift und Predigt zusammenreimen. Aber Gott möge dich erleuchten, auf dass du von deinen Gewalttaten wider viele fromme Leute abstehest.“ In diesem Sinne ruft Hubmaier Zwingli zu: „Mein Ulrich, mich wundert sehr, wer dich doch so sehr verzaubert habe, dass du ganz und gar nicht hörst und merkest auf die Wahrheit. Wie ist dir nun innerhalb zwei Jahren beschehen?“ In seiner Schrift, „der uralten und gar neuen Lehrer Urteil, dass man die Kinder nicht taufen solle (Nikolspurg 1526“) stellt er noch mehrere Äußerungen Zwinglis in diesem Sinne zusammen. Auch solche der anderen Reformatoren werden angeführt: von Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, Johannes Oekolampadius, Leo Judä zu Zürich, Doktor Sebastian Hofmeister zu Schaffhausen, den Prädikanten zu Straßburg, Christoph Hegendorf, Ludwig Hetzer und Cellarius. In Betracht kommen zunächst die bisherigen Schweizer Freunde Hubmaiers. Meister Leo Jud in Zürich schrieb ihm: Man hat kein klares Wort Gottes von der Taufe der Kinder. „Darüber, fügt er hinzu, habe ich seine eigene Handschrift. Und Doktor Bastian Hofmeister: Wir haben uns nicht geschämt vor dem Rat der Stadt Schaffhausen öffentlich Zeugnis abzulegen, dass unser Bruder Zwingli, wenn er nun wolle, dass die Kinder getauft werden, von dem Ziele abirre und nicht nach der Wahrheit des Evangeliums wandle. Wahrhaftig, ich habe nicht gezwungen werden können, meine Kinder taufen zu lassen. Wahrhaftig, darin handelst du christlich, dass du die wahre Taufe, die lange dahinten gelegen, wieder hervorführest. Darüber, sagt er, habe ich seine eigene Handschrift. Von Oekolampadius führt er die schon oben angezogene Stelle an und fügt dann noch eine Anzahl anderer Schriftstellen an. Cellarius antwortet ihm: Dass du mich ermahnst, dir unser Urteil über die Taufe und das Nachtmahl des Herrn zu eröffnen, will ich dir herzlich und kürzlich zu gefallen werden: es ist ein Gräuel vor dem Angesichte Gottes, dass man die jungen Kinder tauft - eine Taufe, die weder durch die Schrift noch durch das Beispiel der Apostel bezeugt ist. Erasmus, sagt er, zeigt öffentlich an, dass die Taufe für die im Glauben unterrichteten, nicht für die jungen Kinder eingesetzt sei. Luther habe vor 6 Jahren eine Predigt von der Messe gehalten, in welcher er im 17. Artikel anzeigt, dass Taufe und Nachtmahl nichts seien ohne vorhergehenden Glauben: Sie seien wie eine Scheide ohne Messer, wie ein Futteral ohne Kleinod und wie ein Reigen vor dem Wirtshaus ohne Wein.

Trotzdem das Religionsgespräch in Zürich nicht zugunsten der Wiedertäufer ausgefallen war und die Obrigkeit die geeigneten Schritte tat, der „Absonderung“ Herr zu werden, schritten sie auf den betretenen Wegen weiter. Zunächst wurde die Wiedertaufe, die bisher nur theoretisch erörtert wurde, tatsächlich vollzogen und das Abendmahl unter die Anhänger der Wiedertaufe ausgeteilt. Sie nahmen „die Taufe als Zeichen der Bekehrung und Versöhnung, zur Abwaschung und Nachlassung der Sünde, Brot und Wein vom Tische Gottes, als Zeichen der brüderlichen Liebe, bestimmt für jeden, der da glaube, dass ihn Gott mit seinem Sterben und seinem rosenfarbenen Blute erlöst hat. Die Getauften seien Knechte Gottes und ließen sich von keiner weltlichen Gewalt an dem hindern, was Gott ihnen eingebe. Der weltlichen Obrigkeit wollen sie nur insoweit gehorchen, als sie das Wort Gottes nicht davon abhalte. Auch die Lehre von der Gütergemeinschaft fand bereits ihre Vertreter. Unter diesen Umständen sah die Regierung sich genötigt mit schärferen Mitteln einzuschreiten. Am 7. März wurden zwei Mandate erlassen: Man habe sich eine Zeitlang mit sonderem Ernst beflissen, die verführten, irrigen Wiedertäufer von ihrem Irrsal abzustellen.

Da aber etliche gänzlich verstockt sind, wider Eid, Gelübde und Zusagen auf der Wiedertaufe beharren, so sind sie in Strafe und ins Gefängnis gekommen und ist des Rates ernstliches Gebot, dass sich niemand wiedertaufen lasse. Wer dies doch täte, würde unweigerlich ertränkt. In dem zweiten Mandat wird eine jede Vorschubleistung der Wiedertäufer und das Winkelpredigen mit derselben Strafe belegt. Am 20. März wurde ein abermaliges Gespräch mit den Wiedertäufern im Münster zu Zürich abgehalten, „in welchem sie nicht mehr mit Gottes Wort darbrachten, als sie in dem ersten getan.“ Der Rat vermahnte sie abzustehen, man werde hinfür solche schädliche Sonderung und Abtrennung nicht mehr leiden. Es wurden hierauf etliche im Gefängnis behalten, etliche „Ausländer vom Land verschickt“. Den in Narrenturm beim Prediger-Kirchhof Gefangenen, es waren 14 Männer und 7 Weiber, gelang es in der Nacht vom 5. April zu entkommen. Unter ihnen befanden sich Grebel, Manz und Blaurock. „Sie gaben vor, sie wären gleich wie die Apostel vom Engel Gottes hinausgeführt und befreit worden. Davon wurden die Einfältigen betrogen und nahm die Täuferei zu Gotzau und in der Herrschaft Grüningen sehr zu.“ Grebel flüchtete nach Schaffhausen zu Sebastian Hofmeister, der seine Ansichten von der Taufe nunmehr geändert hatte, und gab sich große Mühe, ihn auf seine Meinung von der Kindertaufe zu bringen; da ihm dies nicht gelang, stellte er ihm vor, dass Papsttum könne mit nichts besser niedergelegt werden, als mit der Kindertaufe. Er erzählte, wie die Gefangenen so wunderbar ausgekommen wären. Er selbst hätte einige Gesichte gesehen und Offenbarungen gehabt. Er schalt auf Zwingli und bezichtigte ihn des Ehebruche und anderer Laster. Auch Felix Manz traf in Schaffhausen ein; dieser habe erklärt, es solle keine Obrigkeit sein, auch solle man das Schwert nicht gebrauchen und dieser Dinge könnte man nicht besser abkommen, als wenn man die Kindertaufe abstelle; alle die, so sich wiedertaufen lassen, leben ohne Sünde und die, welche im Rate sitzen, seien keine Christen; auch wollten sie eine besondere Kirche und Versammlung aufrichten. Grebel kam Ende März nach St. Gallen, wohin die Leute aus dem Gebiete des Abtes und des Appenzeller Landes haufenweise strömten, sich taufen zu lassen. Anch Brödlin und Röublin trafen in Schaffhausen ein, wo sie noch Grebel vorfanden. Der erstere schreibt über diesen Besuch: „Ja, Doktor Sebastian ist einhellig mit uns gewesen der Taufe halber. Wir sind wiederum von Schaffhausen gegen Hallau gekommen. Am Tage darauf gingen der Wilhelm (Röublin) und der Merger nach Waldshut.“ Dieser Besuch Röublin's war für Hubmaiers spätere Geschicke entscheidend. Nach seiner Erbietung gegen die Kindertaufe hatte Hubmaier zunächst weitere Änderungen im Gottesdienste zu Waldshut vorgenommen: „Nachdem er,“ schreibt Rüssenberg, „die Messe noch eine Zeitlang deutsch gehalten hatte, gab er sie in der Fastenzeit ganz auf“. „Am Montage nach Judica (3. April) haben die Waldshuter in beiden Kirchen die Altäre hinausgetan, ausgenommen einen in der Sakristei der unteren Kirche.“

Am 7. April meldete die Stadt Laufenburg an Freiburg: Die von Waldshut wollen noch gar Ketzer werden, denn sie haben alle Altäre aus den Kirchen getan und sprechen: die Fleischbänke sollen nicht mehr da stehen, denn die Priester haben bisher ihren Gott darauf gemartert, zerhackt und zerhauen, haben ihren Gott also gelästert. Drum müssen diese Fleischbänke aus der Kirche. Zudem will der Doktor am Grünendonnerstag (13. April) das Nachtmahl mit einem ganzen Lamm geben und seinen Jüngern die Füße waschen. Inzwischen hatte Röublin in Waldshut eine eifrige Tätigteit für die Wiedertaufe entfaltet und eine Anzahl Waldshuter Bürger für seine Lehre gewonnen. Auch Hubmaier hatte die Wiedertaufe an sich vollziehen lassen und war somit auch äußerlich den Separatisten beigetreten. Nicht ohne Interesse sind die Angaben, die er das Jahr darauf in seinem Verhör zu Zürich machte: Wilhelm Röublin von Wytikon sei der Anfänger in der Wiedertaufe (zu Waldshut) gewesen. Denn als sich dieser in Waldshut aufhielt, kam er eines Tages zu ihm und teilte ihm die Eingebungen mit, die er von Gott habe. Und er nahm einige Bürger mit sich, führte sie in ein benachbartes Dörflein und taufte sie. Hierauf kamen sie insgesamt zu ihm, und fragten ihn, warum er denn diese Sache nicht auch in die Hand nehme. Da wies er sie ab und ließ es anstehen bis zu den nächstfolgenden Ostern. Nun unterließ er den Gebrauch, der zu Ostern geübt werde, das Taufwasser zu segnen. Hierauf erschien Wilhelm wieder und taufte ihn; mit ihm ließen sich bei 60 Personen taufen. Er selbst habe dann in den Ostertagen nach und nach über 300 Menschen aus einem Melkkübel getauft, der, mit Wasser angefüllt, vom Waldshuter Brunnen in die Kirche getragen und auf den Taufstein gestellt wurde. „Am Ostermontag haben sie das Nachtmahl in der oberen Kirche gessen, Nachmittags um ein Uhr hat Doktor Hubmaier ihnen das Hausbrot zerbrochen und ausgeteilt.“ Am Ostermontag und Dienstag hat er laut einem nach Freiburg abgesandten Bericht 70-80 Personen getauft und ihnen am Dienstag das Himmelsbrot gegeben und die Füße gewaschen. Und als er mit den jungen Weibern fertig war und an die alten Böcke kam, hat er gesagt, es solle nun ein anderer die Füße waschen. Von anderer Seite wurde gemeldet, dass er den Taufstein in den Rhein werfen ließ. Am 25. April brachen die Waldshuter die Ottilienkapelle ab. Wie in Waldshut ging es auch in den umliegenden Ortschaften zu. Auch in Klettgau machten Röublin und Brötlin Propaganda. An mehreren Orten hielten sie öffentliche Versammlungen ab, ohne von Schaffhausen irgendwie gehindert zu werden.

In der Zeit, da die Ottilienkapelle in Waldshut abgebrochen wurde, kam auch Grebel, einer Einladung Hubmaiers folgend, nach Waldshut, um dort über einige Lehrsätze Besprechungen zu halten. Unter den Waldshuter Wiedertäufern brachen übrigens bald im Anfang Streitigkeiten aus. Wir hören von einem Täufer, Jakob Groß, der aus Waldshut verbannt wurde.

In einem Verhör zu Straßburg, dem er sich im folgenden Jahr unterziehen musste, sagte er hierüber: „Er habe von Waldshut abscheiden müssen, weil er mit ihnen habe wollen zu den Bauern gegen Zell ziehen.“ „Er wolle auch nicht gegen die Obrigkeit sein und erkenne sie an. So ein Übeltäter vor die Obrigkeit komme, werde diese ihn wohl strafen und sich zu halten wissen. Er wolle wachen, hüten, Harnisch anlegen, einen Spieß in die Hand nehmen: Des sperre er sich gar nicht. Aber die Leute totzuschlagen, sei in keinem Gebote Gottes geschrieben.“

In Zürich schritt nicht bloß die Obrigkeit kräftig gegen die „Schwärmer“ ein, auch Zwingli suchte durch Lehre und Beispiel auf sie einzuwirken. Am 28. Mai unterzeichnete er die Vorrede zu seiner Schrift „Vom touf, vom widertouf und vom kindertouf“. Die Vorrede - sie ist an den Bürgermeister, den Rat und die Gemeinde zu St. Gallen gerichtet - erörtert die Ursachen des Entstehens dieser Schrift: es schmerze ihn zwar das Unwetter sehr, das in die Blüte des in St. Gallen aufwachsenden Evangeliums gefallen, aber es wundere ihn nicht. Der Feind tue es einmal nicht anders. Wo Gott sein Wort öffnet, streut der Feind den Samen der Zwietracht aus. Man sehe das auch jetzt bei dem verderblichen Streit über die Taufe. Leute, die vor dem, ehe noch die Wiedertaufe begann, laut schrien, man solle sich nicht an äußere Zeichen halten, zerrütten heute um solcher Zeichen willen den christlichen Frieden und schelten die, welche ihnen dareinreden, Ketzer und Antichristen, während ihr eigenes Vernehmen doch nichts anderes sei als Rottierung und Ketzerei. Er erzählt hierauf die Genesis der Rottierung, die Religionsgespräche und die Anfänge der Wiedertaufe in der Schweiz. Sollte es, sagt er, geschehen, dass ein jeder nach seinem Kopf anfangen dürfe, was er wolle, ohne die Kirche zu fragen, so gäbe es gar bald mehr Irrungen als Christen. Wenn die Täufer sagen: Die Kirche fasst keine Sünder, so offenbareu sie nur ihre Gleisnerei, dass sie sich selbst für sündlos halten, was ja die größte Sünde sei. Sind sie aber nicht reiner, warum sondern sie sich von uns: Sie tragen den Schein der Demut an sich, mit welchem der Teufel allezeit die Einfältigen betrogen hat. Ihre gleisnerische Demut wird all denen offenbar, die mit ihnen disputieren. Er verteidigt sich gegen den Vorwurf, dass die Obrigkeit auf seine Veranlassung hin so scharf gegen die Wiedertäufer auftrete: habe er doch in ihrem Beisein vor dem Rat die Bitte gestellt, man möge sie's nicht entgelten lassen, es sei besser sie im Land zu lassen als in die Verbannung zu schicken. Wir sind doch immer siegreich gewesen; ich habe keine Furcht vor einem Feind, wenn ich von vornherein weiß, dass er überwunden wird. Man könne mit ihnen nichts ausrichten: Bittet man sie freundlich, so nutzt es nichts; überwindet und überweist man sie des Irrtums, jo schelten sie, hetzen die Einfältigen mit äußerlichen Dingen auf dem Tauf oder der Gütergemeinschaft. Auf die Frage der Wiedertäufer, ob die Bibel etwa sage, dass man die Kinder taufen solle, stellt er die Gegenfrage, ob die Bibel etwa sage, dass man die Kinder nicht taufen solle. Und dann: da die Kindertaufe durch kein Gesetzt verboten ist, so ist sie keine Sünde.

Zwingli kommt nun zur Sache selbst. Den Inhalt seines Aufsatzes verzeichnet er in den Schlussreden, die er vor der Abhandlung in der Weise Hubmaiers anführt, folgendermaßen.

  1. Von der Taufe. Die Seele kann kein Element oder äußerliches Ding in dieser Welt reinigen; die Reinigung der Seele geschieht allein aus der Gnade Gottes. Daher folgt, dass die Taufe keine Sünden abzuschaffen vermag. Kann sie dies aber nicht und ist trotzdem von Gott eingesetzt, so muss sie ein Pflichtzeichen des Volkes Gottes sein und sonst nichts anderes.
  2. Von der Kindertaufe. „Die Christenkinder sind nicht weniger Gotteskinder als ihre Eltern, ebenso wie im Alten Testament. Wenn sie aber Gottes Kinder sind, wer will gegen ihre Wassertaufe sein“. Die Beschneidung im alten Bund ist des Zeichens halber gewesen, das was uns die Taufe ist. Wie nun jene den Kindern gegeben ist, so soll auch die Taufe den Kindern gegeben werden.
  3. Von der Wiedertaufe. Die Wiedertaufe hat keine Lehre, kein Beispiel oder Zeugnis aus Gottes Wort. Die sich wiedertaufen, kreuzigen Christus wiederum entweder aus „Eigenträchtigkeit“ oder aus Neuerungssucht.

Diese Schlussreden, sagt er, werde ich, so Gott will, beweisen mit so klarer Schrift, dass niemand etwas dagegen vermag. Daher mögen sich alle Widersacher darauf gefasst machen, dass ich ihnen nicht weichen und die Irrung nicht wachsen lassen will, dieweil ich lebe; denn ich weiß, dass die Kindertaufe dem christlichen Volk zum Guten dient und dass Gott sie nicht untergehen und die Wiedertaufe aufsteigen lassen wird.

Die Opposition gegen die „Rottierung“ der Wiedertäufer machte Zwingli zum Verteidiger der Kindertaufe. Die Wiedertäufer blieben übrigens die Antwort nicht lange schuldig. Ihr Wortführer war Hubmaier, der sich übrigens auch an der jüngsten Disputation, die am 5. Juni in der St. Martinskirche zu Basel stattfand und bei der Oekolampadius die Hauptrolle spielte, nicht beteiligte. Schon am 10. Juni wandte sich Hubmaier in einem Schreiben an den Rat der Stadt Zürich: Er habe, schreibt er Zwinglis Büchlein gelesen und habe nun auch eins auszuarbeiten begonnen, das heute oder morgen beendet sein werde. Er führe hierin den Nachweis, dass man die Kinder nicht taufen solle und bitte den Rat um Gottes und des Jüngsten Gerichtes willen um sicheres Geleit zu Meister Ulrich, er wolle mit diesem heimlich oder öffentlich, vor dem ganzen Rat oder einzelnen Abgeordneten disputieren und würde es gerne sehen, wenn auch Doktor Sebastian aus Schaffhausen anwesend wäre. Sollte ich, schreibt er, irren, so werde ich gerne widerrufen, irrt Meister Ulrich, so sollte er sich nicht schämen, vom Irrtum abzustehen, denn die Wahrheit wird doch zu allerletzt obsiegen. Er spricht zum Schluss die Hoffnung aus, dass er und Zwingli, sobald sie nur persönlich miteinander verkehren würden, bald der strittigen Sachen Herr werden.

Hubmaier beendete die angekündigte Schrift am 11. Juli. Sie führt den Titel: Von dem christenlichen Tauff der Gläubigen durch Balthasarn Hüebmör von Friedberg, yetz zu Waldshut außgangen. Die Wahrheit ist untödtlich MDXXV. Die Lieb freuet sich der Wahrheit. I. Cor. XIII. Cap.

In der Einleitung wendet sich Hubmaier an alle christgläubigen und gottseligen Menschen und verteidigt sich namentlich gegen den Vorwurf, als wollen die Täufer durch Rottierung und Sektiererei „die Obrigkeit abtilgen“ und ihr nicht gehorsam sein. Wenn man frage, warum sie sich wiedertaufen lassen, wiewohl man von einer Wiedertaufe nicht sprechen könne, so antworten sie, weil man nicht beweisen könne, dass sie schon getauft seien - sie halten nämlich die Kindertaufe für keine Taufe. Es sei ein Irrtum, wenn man von ihnen behaupte, dass sie nach der Taufe nicht mehr sündigen können. Mit einem Seitenblick auf Zwingli spricht er von denen, die gegen die Täufer toben und mit ihren Schriften die klaren und lauteren Bibelstellen über die Taufe verdunkeln. Von Interesse im Hinblick auf seine Stellung in Waldshut ist sein Bekenntnis, dass eine Obrigkeit sein solle, die das Schwert trage. „Der sollen und wollen wir gehorsam sein in allem, was nicht wider Gott ist“. Schon in der Einleitung betont er das Schriftprinzip mit aller Schärfe: Wenn ich auch, sagt er, zur Erklärung dunkler Schriften die Zungen oder Sprachen nicht verwerfe, so bedarf es doch zu den „Sonnenscheinlichen“ Worten weder Zungen und Lungen. Den eigentlichen Gegenstand behandelt er in sieben Kapiteln. Im ersten spricht er „von mancherlei Tauf und was dieselben seien:“ 1. Taufen im Wasser, 2. Taufen im Wasser zur Änderung des Lebens, 3. Taufen im Geist und Feuer, 4. Wiedergeboren werden aus Wasser und Geist, 5. Taufen im Wasser im Namen des Vaters, Sohnes und heiligen Geistes oder im Namen Christi. Taufen im Wasser ist den geständigen Sünder mit Wasser übergießen und ihn kraft seines eigenen Bekenntnisses unter die Zahl der Sünder aufnehmen. Bei der zweiten Art wird der Sünder auf ein neues Leben gemäß der Regel Christi verwiesen; bei der dritten wird er durch den Geist Gottes wiederum gesund. Wiedergeboren werden aus dem Wasser und Geist ist, wenn der Sünder aus Furcht und Schrecken, in die er durch das Bekenntnis seiner Sünden versetzt ist, durch Gottes Wort Trost und Arznei erhält. Taufen im Wasser im Namen des Vaters, Sohnes und Heiligen Geistes ist nichts anderes als ein öffentliches Bekenntnis und ein Zeugnis des inneren Glaubens und der Pflichten, mit denen der Mensch nach außen bezeugt, dass er ein sündiger Mensch sei und dabei glaubt, dass ihm Christus die Sünde durch seinen Tod verziehen.

Im zweiten Abschnitt handelt er von dem Amt Johannes des Täufers. Johannes hat erstlich zur Besserung des Lebens gepredigt, dann getauft, dann auf Christus gewiesen. Nach einer Abschweifung über die Frage, ob Christus auch getauft habe, die er mit nein beantwortet, schließt er, dass die Wassertaufe des Johannes nichts anderes ist, als ein öffentliches Zeugnis derart, dass er sich der Sünden schuldig fühlt. Im dritten Kapitel handelt er ausführlich von der Taufe des Johannes. In allen Schriften, die von der Taufe Johannis Meldung tun, müsse man auf folgende Ordnung der Worte, deren Sinn und Verständnis merken: Gehör, Wort, Änderung des Lebens oder Erkenntnis der Sünde, Taufe und Werke. Aus dieser Ordnung der Schriften werde man ersehen, ob Johannes Kinder getauft oder vielmehr die, denen er zuerst gepredigt und die ihn also gehört, ihre Sünden bekannt und Besserung des Lebens versprochen haben. Er erörtert, dass Johannes zwei Dinge geübt habe, predigen und taufen, er hat die, denen er zuvor gepredigt, getauft, dann zeigt Hubmaier die Stellen Luk. VII. Mark. I., und sagt, man bedarf doch eigentlich keiner weiteren Zeugnisse, freilich gebe es starte Riesen (Zwingli), die müssen also Jo. Jo. vor dem Sieg schreien. Nun merkst du, sagt er hinzu, einen handgreiflichen Unterschied zwischen beiden Arten der Taufe. Denn in Summa: Johannes führt seine Zuhörer zu Erkenntnis der Sünden, dann tauft er die Reuigen, weist sie zu Christus, welcher die Sünden verzeiht, endlich werden alle die, so an die Verzeihung glauben, durch die Apostel wiedergetauft und das ist die richtige Wiedertaufe, die Taufe des Johannes ist die Taufe schlechtweg, die Taufe Christi aber ist die rechte Wiedertaufe; das Kinderbad, das wir bisher für die rechte Taufe gehalten, ist keine Taufe, darum sagt man von uns grundlos, dass wir uns wiedertaufen lassen.

Im vierten Kapitel geht er auf die Frage vom Amt der Apostel ein. Sie sind ausgesandt, um zu predigen, den Glauben zu lehren und zu taufen. Die Taufe wird die remissio peccatorum (Apg. II.), die Verzeihung der Sünden, genannt. Wenn jemand glaubt, die Kinder auf einen künftigen Glauben zu taufen, so ist das spöttlich gehandelt. Denn es stimmt mit dem Befehle Christi: Lehrt alle Völker und danach tauft sie, nicht überein. Man weiß ja nicht, ob das des Kindes Wille späterhin sein werde. Es ist dasselbe, ein Kind auf den künftigen Glauben hin taufen und einen Reifen ausstecken auf künftigen Wein. Nun kommen sie, spricht Hubmaier weiter, mit „neuen Griffen“ und nennen die Kindertaufe ein „anheblich Zeichen,“ Wasserzeichen, Anhebung des Geistes Gottes, den sie also vorher nicht hatten? oder Anhebung des Glaubens? das kann man auch nicht sagen, denn das Wort wurde nicht verkündet, aus dem allein der Glaube herfließt. Oder Anhebung eines neuen Lebens? das kann wohl auch nicht sein, denn Kinder wissen nicht, was gut oder böse ist. Nun sagen sie: es ist eine Zeremonie, gleichsam als seien die Kinder in einen Orden aufgenommen worden. Wie aber die Mönchskutte allein nicht den Mönch ausmacht, so macht die Kindertaufe niemand zum Christen. Wenn man sagt, die Kinder seien auf den Glauben ihrer Eltern oder Paten getauft, so findet sich von solcher Taufe in der Bibel nichts. Christus spricht: Welcher selbst glaubt und getauft wird. Man muss sie erstens belehren und dann taufen. Er zählt zehn Ursachen auf, weshalb die Kindertaufe keine wahre sei; sie führen zumeist darauf zurück, dass die Lehre der Taufe vorausgehen muss.

Das fünfte Kapitel handelt von der Taufe Christi: „Hier bitt ich dich abermals, lieber Leser, dass du die nachfolgenden Schriften in Worten und Verstand dieser Ordnung wahrnehmest: Wort, Gehör, Glaube, Taufe und Werk. Aus dieser Ordnung ergründet man, ob man die jungen Kinder taufen soll.“ Er geht nun von der Stelle aus: Geht hin, lehrt alle Völker und taufet sie rc. Nur diese Wassertaufe, keine andere findet sich in der Schrift. „Da nun die Kinder nicht gelehrt werden können, so kann man sie auch nicht taufen. Das ist fest wie eine Mauer.“ Die Wassertaufe allein wäscht uns die Sünde nicht ab, sondern allein das Bewusstsein eines guten Gewissens. Jetzt fragt man Paten und Patinnen, sie sagen ja, während doch der Täufling selbst diese Antwort geben soll.

Im sechsten Kapitel werden etliche Fragen aufgelöst: ob die Kindertaufe in der Bibel verboten sei, eine Frage, die mit Ja beantwortet wird, da nur die Gläubigen zu taufen geboten sei. Auf den Einwurf, dass die Kindertaufe aber auch nicht verboten sei, erwiderte er, dann dürfe er auch seinen Hund oder Esel taufen, die Mädchen beschneiden lassen, junge Kinder zum Abendmahl führen usw. „Sagst du, Esel taufen ist verboten, da man nur Menschen taufen dürfe, so taufe Juden und Türken, und sagst du, man dürfe nur die Gläubigen taufen, ja warum taufst du dann die Kinder.“ Die zweite Frage lautet, ob man seit den Apostelzeiten die Kinder immer getauft habe oder nicht. Er antwortet, auch wenn die Kinder seit diesen Zeiten immer getauft worden wären, so sei das doch nicht recht gewesen, überdies ersehe man selbst aus den päpstlichen Dekreten, dass man schon vor tausend Jahren in dieser Angelegenheit viel gehandelt habe. Erst sei es Übung gewesen, nur zweimal des Jahres zu Ostern und zu Pfingsten zu taufen und auch nur die, welche den Glauben sprechen konnten. Dann „banden die Bäpste die Zeit an, welche Christus frei gelassen hatte.“ Hubmaier stützt sich auf die Dekretalen Non ratione, Duo tempora, Proprie in morte, Ante baptismum, Ante viginti, Baptizandos und Non liceat, in denen die Belehrung vor der Taufe verlangt wird. Lug an, sagt er, was dein Kind wisse, so man es fragt: Glaubst du rc. Später sei festgesetzt worden, dass die, welche sich taufen lassen wollen, ihre Namen „im Geschrift geben“, sich auch eine Zeit lang von Wein und Fleisch enthalten und sich am Grünendonnerstag oder Karfreitag dem Bischof oder Priester zeigen sollten. Auch habe man die im Glauben Unterrichteten jederzeit, wenn es Not tat, taufen dürfen. Siehst du, sagt er, wie die Päpste und Konzilien eins aufgerichtet und das andere niedergestoßen haben.

Wie steht es aber, lautet die dritte Frage, mit den ungetauften Kindern? Sind diese verdammt oder selig? Gott kann nach seiner Gnade die jungen Kinder, dieweil sie nichts Gutes oder Böses wissen, wohl selig machen; im Übrigen, sagt Hubmaier, bekenne ich meine Unwissenheit hierin und schäme mich ihrer auch nicht, da Gott hierüber nichts geoffenbart hat. Da kommen, führt er weiter aus, manche und reden von dem Glauben ihrer Väter und Mütter, in dem sie selig werden. Ja, wie oft geschieht es, dass Vater und Mutter „gute und böse Frucht bringen“: Abel und Kain, Esau und Jakob usw. Mit dem „eingegossenen“ Glauben brauche niemand zu prangen. Hierüber wisse man nichts Sicheres, da die Schrift davon nichts sage. Wenn man endlich meine, es sei den Kindern zu ihrem Seelenheile förderlich, wenn sie im Namen der Dreieinigkeit getauft werden, so zeige man nur, dass man nicht verstehe, was die Taufe sei. Man meine, wenn der Name gesprochen und das Wasser ausgeschüttet wird, so sei das eine Taufe; der Mensch muss sich vielmehr zuerst als Sünder bekennen, dann glauben, dass er Verzeihung erlangen werde durch Jesus Christus, endlich den Willen haben nach der Regel Christi zu leben; dann erst kann das Wasser über ihn ausgegossen werden und ist er getauft. „Das ist hell und gründlich von der Taufe geredet und nicht wie etliche 'taufen' für 'lehren' und somit ein x für ein u machen und die Taufe mehr verdunkeln als erklären udw.

Im siebten Kapitel gibt Hubmaier Lehren, wie ein jeder Christ ein Leben einrichten solle. Nachdem wir, sagt er, bisher viel Geschwätz, unnützen Tand, Menschensatzung und Lügen, Kindertaufe, Vigilien, Messen, Orgeln, Wallfahrten, Ablässe, Fegefeuer usw. als solche erkannt, so mögen wir gewarnt sein, dass wir in Zukunft unsere Prediger und ihre Lehre prüfen, ob sie in der Schrift begründet sei oder nicht. Prüft die Schriften, sie werden euch zeigen, wie ihr zu leben habt. Es ist nicht genug, dass euch die Pfarrer sagen, sie wollen ihr Leben für euer Seelenheil setzen. Ihr müsst dem Wort Gottes und nicht ihnen glauben, denn Gott allein ist wahrhaftig, die Menschen aber lügenhaft. Die Summe des christlichen Lebens aber ist erstlich, dass ihr euer Leben ändert und bessert. Hiezu gehört, dass wir Gottes Gesetz hören und besorgen, zweitens dass ihr die Sünden abtut, drittens nach der Regel Christi lebt, unter seinen Fähnlein kämpft und streitet und die Besserung eines Lebens auch äußerlich durch den „Empfang des Wassers“ bezeugt, viertens die Wirkungen des Geistes Gottes in euch lebendig werden lasst und endlich noch Gott für seine Gnaden dankbar beweist. Christus selbst hat das Gedächtnis seines Leidens in seinem letzten Nachtmahl eingesetzt, damit wir seiner nicht vergessen. Aus den betreffenden Bibelstellen ersehe man aber, dass Brot nichts anderes ist als Brot und Wein, wie jeder andere Wein, aber doch von Christus zu einer Ermahnung eingesetzt und zur Erinnerung, dass wir, so oft wir das Brot miteinander brechen, seines für uns am Kreuze gebrochenen Leibes eingedenk sein, der an denen ausgeteilt wird, so an ihn glauben und ihn in jenem Glauben genießen, der aus den genannten Worten fließt. „Hier greift man augenscheinlich, dass das Brot nit ist der Leib Christi, sondern allein eine Ermahnung desselben. De gleichen ist der Wein nit das Blut Christi, sondern auch nur allein ein Gedächtnis, dass er sein Blut vergossen und ausgeteilt habe am Kreuze allen Gläubigen zur Abwaschung unserer Sünden: sowie der Heis vor dem Wirtshause nit Wein, sondern ein Gedächtnis oder eine Ermahnung desselben. Dieser Guttaten sollen wir billig nit vergessen, sondern sie verkünden, aufrufen und darum bis in die Ewigkeit dankbar sein. Dessen ermahnt uns Paulus gar ernstlich, da er an die Korinther schreibt: So oft ihr das Brot esst (merkt, er nennt es Brot und es ist Brot) und den Kelch, das ist den Wein trinkt (merkt, es ist Wein was man trinkt), sollt ihr des Herrn Tod verkünden, bis er kommt (merkt, er spricht, bis er kommt). So hören wir wohl, dass er nicht da ist, sondern zu der Stunde des jüngsten Gerichtes kommen wird in seiner großen Majestät und Herrlichkeit, öffentlich wie der Blitz, der da leuchtet vom Orient bis zum Occident.“ „Aus diesem Nachtmahl haben wir bisher ein Berenmess gemacht mit brumlen, mumlen usw., aber nicht nach dem Willen Gottes und dabei dieselbe um großes Gut und Geld verkauft und wolltens auch fürder noch gern tun, dass es Gott geklagt sei.“ Welcher Mensch nun das Nachtmahl der Messen hält und das Leiden Christi im festen Glauben betrachtet, der wird Gott für diese Guttat danken und sich dem Willen Gottes ergeben, welcher will, dass wir gleich ihm Leib und Leben, Ehre, Gut und Blut für unsren Nächsten hingeben.“ Ich sage euch, ruft er zum Schlusse aus: „Wenn ihr den Reif hier auf Erden fürchtet, so wird der Schnee ewiger Kälte auf euch fallen; fürchtet ihr die Kosten, so werdet ihr gar ins Feuer fallen.“

Hubmaiers Schrift richtet ihre Spitzen gegen Zwingli, wenngleich dieser nicht bei Namen genannt ist. Man hat über sie in jüngster Zeit verhältnismäßig günstig geurteilt. Die Lektüre der Schrift „Vom Christlichen Tauf der Gläubigen“, sagt einer der berufensten Kenner dieser Dinge, lehrt deutlich, dass ein direkter Schriftbeweis für die Kindertaufe nicht ins Feld geführt werden kann. Gegenüber der Zwinglischen Sophistik gewährt es eine eigentümliche Befriedigung, zu sehen, wie klar, durchsichtig und harmonisch sich bei Hubmaier das reichlich gesammelte biblische Beweismaterial um seinen Taufbegriff gruppiert. Hiernach ist die rechte schriftmäßige Ordnung keine andere als diese: 1. Wort, 2. Gehör, 3. Glaube, 4. Taufe, 5. Werk. Und Hubmaier fügt einmal hinzu: Ich halt dafür, die Schrift sei auch ein Hercules, was ganz zu seiner Devise und dem Motto seiner Schriften passt: die Wahrheit ist untödtlich. Auf seine Seite hat sich dann auch in der Hauptsache die spätere wissenschaftliche Exegese geschlagen. Freilich ist, wie Usteri mit Recht bemerkt, die Schrift vom christlichen Tauf der Gläubigen keineswegs durchaus fachlich gehalten, vielmehr spiegelt sich in ihr das Unruhige und Eitle von Hubmaiers Charakter. „Hinter einer affektierten Demut, die er in den stärksten Ausdrücken zur Schau trägt, steht der reinste Übermut und bricht nur zu oft nicht nur in neckischer, sondern geradezu in roher Weise hervor.“

Hubmaiers Schrift verfehlte ihren Eindruck auf Freunde und Gegner nicht. In Basel war sie ziemlich stark verbreitet und bereits viel gelesen, ehe sie in die Hände des Oekolampadius gelangte. Er nannte sie eine Anmaßung und sandte sie an Zwingli, besorgt, dass sie auch diesem wie ihm selbst vorenthalten werden könnte. Oekolampadius wünscht, Zwingli möchte eine recht knappe Entgegnung auf diese Anmaßung Hubmaiers, des „Patrons der Anabaptisten“ schreiben; Haller meldet, so manche Leute. Capito in Straßburg, der den Ehrgeiz Hubmaiers schon früher erkannt und das Unglück, das er über Waldshut gebracht hat, beklagt, meint, eben diese Schicksalsschläge würden ihn aus seiner Verblendung reißen. Von Hubmaiers Beweisgründen gegen die Kindertaufe hält er im Übrigen nicht viel. In lebhafter Weise beklagt er dessen Vorgehen, das zur Zerrüttung und Vernichtung der kirchlichen Freiheit führen müsse. Viel schärfer sprach sich Zwingli selbst aus. In einem Schreiben an Vadian (vom 11. Oktober) kündigt er die Absicht an, sich gegen Hubmaier zu rüsten, der in allzu törichter Weise die Kindertaufe und die Taufe der Erwachsenen behandle und der hl. Schrift Gewalt antue. Es tat Eile dringend Not, denn schon waren Waldshuter Wiedertäufer auf Zürich'schem Gebiete erschienen und machten daselbst lebhafte Propaganda. Zwei von ihnen Ulrich Zeck und Jakob Groß wurden zu Grüningen gefangen. Zur Verantwortung gezogen, erklärten sie, die Wiedertaufe sei nicht wider Gott1). Auf die Frage, warum sie von Waldshut, wie sie sagten, vertrieben worden seien, erklärten sie, weil sie sich dem Beschlusse ihrer Herren, gegen den Feind zusammenzustoßen, nicht hätten fügen wollen. Sie seien wohl bereit gewesen, zu wachen und Schanzen zu errichten, Kosten und Steuern zu zahlen, wollten aber kein Gewehr tragen. Unter diesen Umständen hielt es der Rat von Zürich für angemessen, ein abermaliges Religionsgespräch Montag nach Allerheiligen (6. November) zu veranstalten: alle jene, die glauben, dass die Kindertaufe vom Teufel erdacht ist, sollten sich zu demselben einfinden. Auch Hubmaier wurde erwartet. Er hatte in der Tat die Absicht, in Zürich zu erscheinen. Seine Gegner erfuhren hiervon und dachten ihn zu fangen. Sie sammelten im Auftrag der Regenten von Ensisheim einen Zug von 300 Reisigen und etlich hundert Fußknechten. Als Hubmaier in Begleitung von 30 Männern aus Waldshut in dem Dorfe Lochringen übernachtete, wurden sie von den Reisigen angegriffen und zur Flucht nach Grießen genötigt, von wo Hubmaier samt seinen Genossen nach Waldshut zurückkehrte. An seiner Stelle fanden sich als Wortführer Grebel und Manz ein, gegen welche Zwingli, Judä und Großmann die Lehre von der Kindertaufe verfochten. Die Thesen, über die man disputierte, waren jene Schlussreden, die Zwingli seiner Schrift über die Taufe, Kinder- und Wiedertaufe angehängt hatte. Das Gespräch konnte nicht in der Ratsstube abgehalten werden, denn eine Rotte von Wiedertäufern drängte herein mit dem Rufe: „Sion, Sion, freue dich Jerusalem.“ Das Gedränge und der Lärm wurden so groß, dass der Rat die Verhandlungen in die Großmünsterkirche verlegte, Das Gespräch dauerte den sechsten, siebten und achten November. „Die Summe der besten Gründe beider Parteien wurde, wie Bullinger sagt, kurz verzeichnet in der Antwort, die Zwingli auf Hubmaiers Buch gegeben. Die öffentliche Meinung erkannte Zwingli den Sieg zu. Grebel, Manz, Blaurock und andere Führer der Täufer wurden vor den Rat beschieden und ermahnt, von ihrer Lehre, die als falsch erwiesen sei, abzustehen. Als diese Mahnung nicht verfing, wurden sie ins Gefängnis geführt. Nicht lange hernach, wurden sie mit dem Bedeuten freigelassen, dass man sie, wofern sie auf ihrer Trennung bestehen, aufs härteste strafen werde. Die Wiedertaufe und der Aufschub der Kindertaufe wurde neuerdings bei Strafe von einer Mark Silbers verboten.

Die Vorrede zu der Schrift wider Hubmaier „Über Doktor Balthazars Touffbüchlin, wahrhafte, gründliche Antwort durch Huldrychen Zwinglin“ ist vom 5. November datiert. Eben des Zwistes wegen, den Hubmaier mit seiner Neuerung bei den „armen Einfältigen“ erregt hatte, sah sich Zwingli genötigt, mit aller Schärfe, an vielen Stellen mit großer Härte wider ihn aufzutreten. Du sollst dich, schreibt er ihm, dessen von mir versehen, dass ich dein Schreiben unbeachtet gelassen hätte, würde ich nicht gesehen haben, dass die einfältigen Leute deine Possen der seltsamen Gebärden wegen zu fürchten beginnen. Da musste ich ihnen in voller Wahrheit sagen, dass du mit leerem Geschrei umgehst. Diese Leute werden nun sagen: Seht, wo sollen wir hin, wir armen Einfältigen. Der Herr Doktor zu Waldshut ist mit Zwingli im Streite, während wir doch der Hoffnung lebten, sie würden das Reich Israel wieder aufrichten. Ich - fährt Zwingli fort, habe immer geglaubt, er würde mich schützen bei der Wahrheit, wann andere wider mich schreiben, wann ich krank oder tot wäre. Da er nun mit solcher Vermessenheit und Lust gegen mich auftritt, so ziemt es mir nicht, den Kampf auszuschlagen. „Ich schreibe öffentlich ohne jeden Deckmantel gegen dein Buch, denn ich weiß, bei festen Christen wird das der Wahrheit geringen Nachteil, vielmehr bedeutende Förderung bringen. Ich hätte dir zugetraut, dass du eben so offen gegen mich aufgetreten wärest und bei deinen Stichelreden nicht meinen Namen verborgen hättest.“ Da du mich in deiner Schrift so offen schilderst, lange Stellen aus meinen Schriften und Reden hervorziehst, mich aber hierbei mit trügerischen Worten verdeckst, so kann ich wohl denken, dass es in deiner Absicht liegt, mich glimpflich zu behandeln. Es scheint mir kindisch zu sein, wollte ich eben so gegen dich vorgehen; gut christlich und freundlicher ist es, dich öffentlich zu nennen, so errege ich wenigstens bei sonst niemandem Argwohn gegen dich.

Nachdem er hiermit die Methode seines Vorgehens jener seines Gegners gegenüber gestellt, schüttet er die volle Schale seines Zornes gegen Hubmaier und Genossen aus. „Du sagst, sticheln diene nicht zur Sache, meidest das Sticheln aber so wenig, dass kein Punkt in deinem Buche ist, der nicht voll böser argwöhnischer Stichelreden wäre. Das magst du vor deinen Gläubigen, den täuferischen Gänsen verantworten, die hin und her gackern und nicht wissen wohin sie fliegen sollen. Den Gegenstand habe ich folgendermaßen vorgenommen: Im ersten Teile zeige ich dir an, wo und in welcher Weise du der Schrift Gewalt antust; deine Anwürfe übergehe ich, trotzdem ich der Ansicht bin, dass von meinen Feinden keiner so viel Gift wider mich ausgespritzt habe, als du. Im zweiten Teile führe ich den Beweis, auf welchem Grunde die Kindertaufe fußt. Er macht sich über Hubmaiers Rhetorik lustig; sie habe ihn verleitet die Feder in die Hand zu nehmen, es tut uns eitlen Narren so wohl, unsere Namen im Buchhandel zu finden, wie die Nesseln unter wohlriechenden Kräutern ungleich stolzer sind als diese. Lies samt deinen Baders (entschuldige) Taufgesellen diese Antwort und merke ein für allemal, dass die Christenkinder ebenso in der Kirche sind, wie die Judenkinder in ihrer; sind sie das, warum wollen wir ihnen das Bundeszeichen abschlagen? Euer Einwand, von der Kindertaufe stehe in der Bibel nichts, ist ein Fehler, denn ihr merkt nicht, dass da, wo von der Taufe gesprochen wird, kein Lehrsatz definiert, sondern eine einfache Historie erzählt wird, „wie man den Handel des Evangeliums oder Toufs anfänglich geführt habe.“ Lerne aber, was für ein Unterschied zwischen Beispielen der Geschichte und zwischen Satzungen sei. Hättest du dich übrigens wollen von der Schrift leiten lassen, warum fingst du die Wiedertaufe an, bevor du belehrt wurdest? Willst du weiter schreiben und streiten, so lasse deine Stichelreden, denn, sollte es solche geben, so könnte man dir das Lied singen „von der schönen Marien (in Regensburg) bis an die stolze Müllerin“. Schon in diesen Eingangsworten ist der Grundgedanke der ganzen Schrift Zwinglis enthalten, dass die Taufe, wie bei den Juden die Beschneidung, das Bundeszeichen der Christen sei. In der Widerlegung hält sich Zwingli ziemlich genau an die Schrift Hubmaiers, deren Argumente durch die entsprechenden Gegenbeweise widerlegt werden. Wenn sich Hubmaier gegen den Vorwurf der „Rottierung und Sektiererei“ verwahrt, oder dagegen, dass die Wiedertäufer der Obrigkeit nicht gehorchen, so erweist Zwingli aus den Anfängen der Wiedertäuferei in Zürich, dass diese tatsächlich eine Sekte sei, die in den „Winklen angehebt ze widertaufen“. Viele, fährt Zwingli fort, die bei uns wieder getauft sind, geben auf das Gebot ihrer Oberen, das göttlich ist, nichts. So kämpft Zwingli gegen Hubmaiers Definitionen vom Taufen im Wasser usw. Diese stammen sämtlich aus seinem eigenen Kopfe und sind in der Schrift nicht begründet: Denn wie willst du, sagt er, in der Schrift bewähren, Taufen im Wasser sei, den reuigen Sünder, der seine Sünden bekennt, in das Verzeichnis der Sünder aufnehmen. Der Unterschied zwischen der Taufe des Johannes und der christlichen Taufe gelte nicht; es gebe nicht zwei sondern nur eine Taufe.

Am meisten eifert Zwingli gegen Hubmaiers unablässiges Schreiben: Gschrift, Gschrift. Wie willst du mir anzeigen, dass der Täufer Johannes und die Apostel getauft wurden? Soll ich nun wie du „Gschrift Gschrift“ schreien. Und solchen unnützen Geschreies ist dein ganzes Buch voll. In dieser Weise nimmt er die einzelnen Kapitel der Schrift Hubmaiers durch, um dann im zweiten Teile seine Lehre von der Kinder- und der Wiedertaufe neuerdings vorzutragen: Dass die Taufe ein Pflichtzeichen sei, bewähre ich, sagt er, mit dieser Rechnung: Die Taufe ist der Christen Beschneidung (Kol. II, 11). Die Beschneidung ist ein Pflichtzeichen (Gen. XVII, 10): so folgt, dass auch die Taufe ein Pflichts-, Bundes- oder anhebliches Zeichen sei. Die Christenkinder sind im Testament mit ihren Eltern: so sind sie auch eine Kirche Gottes mit ihren Eltern und folglich Kinder Gottes. Daraus folgt, dass man ihnen (nach Act. X, 47) die äußere Taufe nicht versagen darf. Wofür sind nun deine närrischen Definitionen, mit denen du die Taufe durcheinander mischt und trüb machst? Die Wiedertaufe ist zur Teilung der Kirche und Zerrüttung der bestehenden Ordnung erdacht, die Kindertaufe ist dagegen eine Wurzel der Eintracht und ein helles, tröstliches Zeichen, dass unsere Kinder aus der Kraft des Testamentes gewiss Gottes sind.

Außer den sachlichen Argumenten, auf die hier nur in flüchtigen Zügen hingedeutet werden durfte, interessieren einzelne Angaben Zwinglis über Hubmaier selbst. Ihr seid, sagt er, eine Rotte, du bist selbst ein Rottierer: Du hast einmal das Abendmahl allen denen abgeschlagen, die nicht wieder getauft seien. Ich will gar der Alfangereien geschweigen, dass du deine Pfründe zurückgelegt und erklärt hast, du wollest allein von den Getauften wiedergewählt sein. Damit hast du das fromme Volk nur geteilt und in Gefahr gebracht.

Es lag nicht in Hubmaiers Natur, die Streitschrift Zwinglis unbeantwortet zu lassen, vielmehr „Hielt er vonnöten, dessen verführerisches Büchlein mit dem Stabe Jacobs, d. i. mit der evangelischen Kundschaft niederzuschlagen und aus dem Wege zu räumen, da dies Büchlein ein Stein des Anstoßes für gar viele fromme Seelen sei“. Zu dem Zwecke arbeitete er sein Gespräch auf Meister Ulrich Zwinglis Taufbüchlein aus, das er am 30. November vollendete. Es erschien erst im folgenden Jahre zu Nikolsburg in Mähren im Druck, denn mittlerweile war das Schicksal über Waldshut und seinen Prediger hereingebrochen, das beide seit länger als einem Jahre bedroht hatte, und seiner Tätigkeit daselbst ein Ende bereitete.

1)
Vgl. auch das Schreiben Bullingers (Simlers Sammlung II, 91–114): Da sy aber redent: die Apostel haben erst gelehrt und danach ein langes gesperr ufschlecht Dr. Filzhut von Waldshut, man soll denselben brauch behalten rc. erfindet sich, dass der Kindstouff zu den Aposteln zeiten angefangen, also auch vor 1300 jahren Origenes und vor 1100 jahren Augustinus geschrieben habend. Warum redet ir dann, dass der Papst Nicolaus eins aufgesetzt habe. Den Widertouff aber hat geuffnet der Erzketzer Novatianus.
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