Kohlbrügge, Hermann Friedrich - Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht missbrauchen
Gesang vor der Predigt.
Psalm 24, Vers 2-4.
Wer darf zum Herrn auf Zion gehn?
Wer dort an heilger Stätte stehn,
Wo man ihn auf dem Thron verehret?
Wer rein von Hand und Herzen ist,
Wer seines Bundes nicht vergisst,
Nie heuchelt, ihm nicht fälschlich schwöret
Der wird vom Herrn zu jeder Zeit
Viel Segen und Gerechtigkeit,
Vom Gotte seines Heils empfangen.
So ist des Jakobs fromm Geschlecht,
Das fraget stets nach licht und Recht
und bleibt an seiner Gnade hangen.
Ihr Pforten, hebt das Haupt empor.
Erweitert jedes enge Tor!
Der König kommt, er kommt mit Ehren.
Wer ist der Ehrenkönig dann?
Der Herr, dem Alles untertan,
Der Sieger furchtbar großer Heere.
Zwischen-Gesang.
Psalm 143, Vers 10.
Lehr mich mit deinen Kindern allen
Stets tun nach deinem Wohlgefallen,
Mein Gott, sieh mich in Gnaden an.
Mich führ', so lang ich hier muss wallen,
Dein guter Geist auf eb'ner Bahn.
Ich decke eine Sünde auf, welche mit uns so verwachsen ist, dass wir von ihrer Strafbarkeit und Gräulichkeit keinen Begriff mehr haben, und welche so allgemein verbreitet ist, sowohl unter hohen als niederen Ständen, dass fast Niemand mehr sie als Sünde achtet; eine Sünde, welche um sich frisst wie der Krebs, welche Alles auflöst, alles Bemühen um das Wohl von Kirche und Staat vereitelt und ungestraft an der Landes und des Volkes, der Städte und der Bürger Herzen zehrt. Morden, Stehlen und Rauben, Empörung wider den Staat, Ungehorsam wo pünktlicher Dienst erfordert wird, Ehebruch und Verleumdung seines Nächsten werden ans Licht gezogen und gestraft; aber eine Sünde, weit gefährlicher als der Wurm, der die Pfähle der Deiche zernagt, dass sie zuletzt keiner hohen Flut mehr Widerstand bieten können; eine Sünde, viel mehr verwüstend, viel mehr mit sich wegraffend und in den Abgrund ihrer Wellen hineinstürzend als die verheerendste Überschwemmung; eine Sünde, mehr den Tod und das Verberben herbeiführend als die Pestilenz in ihrer Wut, steckt in Aller Busen, wird selten anerkannt, meistens für unbedeutend gehalten und ungestraft genährt.
Ich decke diese Sünde auf, damit sie anerkannt werde; ich decke sie auf zum Heile, auf dass ein Jeglicher von uns sie unterlasse.
Oder sollen wir in dem Selbstbetrug stecken bleiben, dass, weil wir unter dem Evangelio, unter der Gnade leben, das Gesetz uns nicht mehr angehe? Freilich, es ist wohl unsre Art, die zehn Gebote den Kindern zu überlassen, als wären wir darüber hinaus; aber über die Gebote unseres souveränen Gottes kommen wir mit unserm Evangelio nicht hinaus. Sind wir wahrlich unter der Gnade, so erfüllen wir sie, wenn auch nicht wir, so doch die Gnade die mit uns ist in Christo Jesu; sie werden in uns erfüllt nach dem Geist, und zwar so, dass wir kein Gebot gegen uns haben.
Sind wir Übertreter der Gebote, so müssen sie uns vorgehalten werden, damit uns unsere Missetat aufgedeckt und wir überführt werden von unserer Sünde, damit wir zum Bekenntnisse kommen, dass wir den Fluch Gottes über uns gebracht und den ewigen Tod verdient haben. Wo solche Überführung durch Gottes Geist statt findet, da kommt ein Schrecken in die Gewissen, ein Gefühl von einer wahren Verlorenheit, eine Reue und göttliche Traurigkeit, welche Niemand gereut; da wird Einem um Trost bange. Nur so kommt man hinüber in den Bund der Gnade; nur so kommt eine wahrhaftige Bekehrung, ein aufrichtiger Glaube an Jesum Christum; nur so ein Einhergehen in den Geboten Gottes, nicht durch unsere Macht und Kraft sondern in dem Geist des Allmächtigen.
Die Sünde, welche ich aufdecke damit sie anerkannt werde, damit ein Jeder sich davon in Wahrheit abwende, ist die Sünde gegen das dritte Gebot, welches also lautet:
„Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen, denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.“
Dass die Sünde gegen dies Gebot überaus sündhaft, dass dies Gebot selbst, vor allen andern ein hohes und großes Gebot ist, ja der Inbegriff aller Gebote, so dass von dem Halten oder Nichthalten desselben die andern alle abhängig sind: das ersehen wir daraus, dass Gott hier so furchtbar droht, wer wolle den nicht „ungestraft lassen“, oder „nicht für unschuldig halten“, der dieses Gebot übertritt.
Zu dem zweiten Gebote gegen die Abgötterei setzt Gott hinzu: „Ich, der Herr, bin ein starker, eifriger Gott, der die Missetat der Väter heimsucht an den Kindern bis ins dritte und vierte Glied derer die mich hassen“; er sagt aber auch dabei: „tue Barmherzigkeit an viel Tausenden, die mich lieben und meine Gebote halten.“
Bei dem vierten Gebot gibt Gott die Ursache an, weshalb er den Ruhetag will gehalten haben. Das fünfte Gebot hat eine Verheißung. Das dritte Gebot allein hat eine Drohung; eine Drohung, die um so schrecklicher, da sie nur so allgemein sagt: „Gott wolle den Übertreter dieses Gebotes nicht für unschuldig halten“: wie wenn die Strafe so schwer wäre, dass sie nicht könnte benannt werden. Aber um so größer das Gebot ist, um so weniger wird es beachtet; die Drohung selbst beweist, wie gering es angeschlagen wird, da Gott sagen muss: „Ich will den Übertreter nicht ungestraft lassen“, „Ich will ihn nicht für unschuldig halten“; denn daraus erhellt, dass wir dieses Gebotes Übertretung für so gering halten, dass wir meinen, wir zögen deswegen uns keine Schuld zu, wir würden deswegen nicht gestraft.
Aber die Wahrheit ist's was unser Katechismus lehrt: „dass keine Sünde größer ist, noch Gott heftiger erzürnt, denn Lästerung seines Namens.“ Hält aber Gott so hart auf dieses Gebot, droht er so heftig um seinetwillen, oder um unseretwillen? Gewiss um seinetwillen; denn was ist seinem heiligen Wesen mehr zuwider, als Missbrauch seines Namens? Gewiss aber auch um unseretwillen; denn gibt es eine Sünde dieser gleich, dass wir den Namen missbrauchen dessen, der sich den Herrn, der sich unsern Gott nennt? Wir Müden können eigentlich den Namen des hohen Gottes nicht missbrauchen; denn er strahlt in dem unzugänglichen Lichte und ist uns Allen zu hehr und auch zu Herrlich dazu. Es gibt aber einen Namen, in welchem Gott sich uns offenbart hat, in welchem er sich zu uns hat herablassen wollen, in welchem er Wohnung unter uns genommen.
Es gibt einen Namen, welchen er auf uns gelegt, in welchem er uns umgibt und in welchem wir umschlungen sind mit ewigem Heil, mit Vergebung der Sünden, mit Leben, mit Seligkeit. Es gibt einen Namen, auf welchem wir stehen, in welchem der Herr unser und wir des Herrn geworden sind; einen Namen, welcher unsere Sünden, Tod und Verderben von uns nimmt und uns alle Schätze der Gnade und alle himmlischen Güter erteilt; einen Namen, welcher bedeckt all das Unsere, was wir von Adam her haben, welcher uns auf ewig errettet und von uns wehrt alle unsere Tobfeinde; einen Namen, welcher uns gleichsam ein Schloss und sichere Wehre ist, darin alle Tugenden und Vollkommenheiten Gottes uns zum ewigen Heile, zur sichern Durchhilfe vorhanden.
Das ist der Name, von dem wir Missbrauch machen können, und leider Missbrauch machen. Das ist der Name, welchen der Herr hier meint. Denn so spricht er in diesem Gebot: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen.“ Ihr seht, dass der Herr sich hier unsern Gott nennt; er sagt nicht: „den Namen des Herrn Gottes“, sondern „des Herrn, deines Gottes“.
Nicht möglich, möchten wir fast denken; sollten wir das missbrauchen, worin all unser Heil steht? Sollten die, welche zur See fahren, den einzigen Boden, der sie noch trägt, durchbohren? mit ihrem Schiff leichtsinnig auf die Klippen laufen? Oder sollten die, welche eine Belagerung aushalten, ihren Vorrat leichtsinnig verderben? Oder sollte der von heißem Durst Gequälte, wenn er Wasser findet, es mutwillig ausschütten? Oder kann Einer, der des Todes gewärtig, lange in Ketten und Banden lag, Spaß und Spott treiben mit dem Namen seines Befreiers, zumal, wenn er von ihm für einen teuren Preis ist losgekauft? „Nein, das kann er nicht!“ O, wäre es so! Aber zu den Millionen, die sich um Sinai lagerten, zu den Männern und Weibern, zu Jungen und Alten allerlei Ranges und Standes, zu den Fürsten und Adeligen, zu den Reichen und Mächtigen, wie zu den Dürftigen, den Niedrigen und den Rohen, redete Gott diese Worte; zu jedem Einzelnen von ihnen redete er sie: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht“. Und in diesem ewigbleibenden Gesetze redet Gott es heute zu dir, zu mir: „Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, nicht missbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen missbraucht.“ Gott sagt, dass er der Herr, dein Gott ist, und dass du seinen Namen missbrauchst. Er sagt nicht, dass du dich davor hüten sollst, er sagt dir, dass du es tust und dass du es lassen sollst.
Soll ich es beweisen, dass die ganze Welt, wenn man sie nach diesem Gebote richtet, vor Gott schuldig ist und dass unser Aller Mund gestopft wird?
Vernehmen wir nur, wie dieser Name missbraucht wird; vernehmen wir es, was der Geist mit diesem Gebot uns aufdeckt, uns lehrt, uns verbeut1), uns befiehlt! Was begehen wir, wenn wir in Bezug auf Gott, unsern Erretter, etwas aussagen oder ausrichten, wodurch er nicht geehrt, nicht erkannt wird als der Gott und Heiland, der er ist?
Ach, wie oft machen wir einen schlechten Gebrauch von dem Namen unseres Gottes! Wie oft nennen wir ihn ohne Nachdenken, ohne Ehrfurcht! wie oft ohne Zweck, ohne heiligen Anlass, so dass wir auch Anderen Ursache geben, den Namen nicht zu heiligen, der allein errettet! Wie oft wird dieser Name leichtsinnig auf die Lippen genommen, wie oft ruchlos ausgesprochen!
Der Herr, der sich unsern Gott nennen will, der seine Sonne über uns aufgehen lässt, der uns Speise und Obdach gibt, uns bekleidet, den Regen und die Winde, den Schnee und das Eis kommen lässt, und wenn nun Alles erstorben zu sein scheint, aus dem härtesten Holz am allerersten Keime hervorbrechen lässt: er schaut vom Himmel auf die Kinder der Menschen. Was sieht er, was vernimmt er? Soll ich hier beginnen mit dem eigentlichen Missbrauch seines Namens? soll ich reden von dem Fluchen und unnötigen Schwören, womit der Name Gottes gelästert wird? Soll ich reden davon, wie wir mit unserm Stillschweigen und Zusehen uns solcher Sünde teilhaftig machen? Wo ist der, der den Namen Gottes nicht missbraucht? Wo ist der, der es sich als Schuld anrechnet? Ist die Ehe gebrochen, ist gemordet, ist gestohlen worden, ist eine Lüge, eine Verleumdung da: welch' eine Bewegung, welch' eine Entrüstung alsbald in Aller Gemütern! Und Mancher kann sich die Hände waschen, da er äußerlich unschuldig ist an solchen Freveln: aber der Missbrauch des Namens Gottes, aber das „Gott!“ „mein Gott!“ das „Herr Je!“ sagen, aber das unnötige Bekräftigen seiner Äußerungen mit dem Namen Gottes, aber das Fluchen und Schwören, aber das Gottes Verdammnis über sich herbeirufen: ist es allein den Kriegsleuten, allein den Schiffern oder Fuhrleuten eigen? Ist es nicht vielmehr wahr, dass die Ersten, die Gebildetsten, die Mächtigen, die vornehmen, fast noch mehr diese gräuliche Sünde begehen, als die Ungebildeten? Ist es nicht vielmehr wahr, dass in allen Gesellschaften derer, die doch getauft sind, die zur Kirche, zum Abendmahl gehen und für fromm, gottesfürchtig und sittlich gelten wollen, dass von denen der Name des, durch den man den Atem einhaucht, missbraucht wird? Ist es nicht wahr, dass sie die Gottesworte, durch welche man lebt, gleichsam zur Schale und Platte machen, auf denen sie ihren Witz und Spott anbieten? O, wie liegen der traurigen Beweise so viele vor, dass der Mensch von Natur nichts anderes vermag, als den Namen seines Schöpfers und Wohltäters, seines Gottes und Vaters, fortwährend gering zu achten, zu verhöhnen, unter die Füße zu treten, und dann noch zu wähnen: er gehe unschuldig dabei aus! - Die Gewohnheit bei Verwunderung, im Schmerz, beim Schrecken, im Verdruss, oder beim Lachen und in allen Gesprächen, den Mund nicht auftun zu können, ohne den Namen seines Gottes zu missbrauchen, mag wohl eine üble heißen, wenn wir betrachten, wie Gott sie heimzusuchen droht und auch wirklich heimsucht! Bliebe es noch bei dem unnötigen Bekräftigen seiner Aussagen durch den Namen Gottes, bei dem unnötigen Schwören! Aber wo ist Anfang und Ende des Übertretene, dass man fälschlich schwört bei dem Namen Gottes, dass man schwört bei diesem Namen, ohne zu wissen, ob es wahr ist, oder mit Wissen, dass es nicht wahr ist, was man aussagt? Und gäben es nur nicht Christen, die das Wort des 15. Psalms nicht beachten: „Hat er geschworen zu seinem Schaden, er ändert es nicht“; - ach, dass es der Christen gibt, die den Eid mit Anrufung des Namen Gottes bloß für ein Mittel halten, um in ein Amt oder in die Verwaltung zu kommen; der Christen, die wähnen, ungestraft bei dem Herrn ihrem Gott schwören zu können, mit dem Vorbehalt im Herzen, dem Schwur nicht nachzukommen, sobald sie die Umstände für sich haben; der Christen, die Andere lehren es zu machen, oder es selbst machen, wie König Zedekia, wie wir Solches zugleich mit den Androhungen Gottes lesen Jerem. am 34,8-20: Dies ist das Wort, so von Herrn geschah zu Jeremia, nachdem der König Zedekia einen Bund gemacht hatte mit dem ganzen Volke zu Jerusalem, ein Freijahr auszurufen, dass ein jeglicher seinen Knecht und ein Jeglicher seine Magd, so Ebräer und Ebräerin wären, sollte frei geben, dass kein Jude den andern unter denselbigen leibeigen hielte. Da gehorchten alle Fürsten und alles Volk, die solchen Bund eingegangen waren, dass ein Jeglicher sollte seinen Knecht und seine Magd freigeben und sie nicht mehr leibeigen halten, und gaben sie los. Aber danach kehrten sie sich um und forderten die Knechte und Mägde wieder zu sich, die sie frei gegeben hatten, und zwangen sie, dass sie Knechte und Mägde sein mussten. Da geschah des Herrn Wort zu Jeremia vom Herrn, und sprach: „So spricht der Herr, der Gott Israels. Ich habe einen Bund gemacht mit euren Vätern, da ich sie aus Ägyptenland, aus dem Diensthause führte, und sprach: Wenn sieben Jahre um sind, so soll ein Jeglicher seinen Bruder, der ein Ebräer ist und sich ihm verkauft und sechs Jahre gedient hat, frei von sich lassen. Aber eure Väter gehorchten mir nicht, und neigten ihre Ohren nicht. So habt ihr euch heute bekehrt und getan, was mir wohl gefiel, dass ihr ein Freijahr ließt ausrufen, ein jeglicher seinem Nächsten, und habt des einen Bund gemacht vor mir im Hause, das nach meinem Namen genannt ist. Aber ihr seid umgeschlagen, und entheiligt meinen Namen: und ein jeglicher fordert seinen Knecht und seine Magd wieder, die ihr hattet frei gegeben, dass sie ihr selbst eigen wären, und zwingt sie nun, dass sie eure Knechte und Mägde sein müssen. Darum spricht der Herr also: Ihr gehorcht mir nicht, dass ihr ein Freijahr ausrieft, ein Jeglicher seinem Bruder und seinem Nächsten. Siehe, so rufe ich, spricht der Herr, euch ein Freijahr aus zum Schwert, zur Pestilenz, zum Hunger, und will euch in keinem Königreiche auf Erden bleiben lassen. Und will die Leute, so meinen Bund übertreten und die Worte des Bundes, den sie vor mir gemacht haben, nicht halten, so machen, wie das Kalb, das sie in zwei Stücke geteilt haben, und zwischen den Teilen hingegangen sind; nämlich die Fürsten Judas, die Fürsten Jerusalems, die Kämmerer, die Priester, und das ganze Volk im Lande, so zwischen des Kalbes Stücken hingegangen sind. Und will sie geben in ihrer Feinde Hand, und derer, die ihnen nach dem Leben stehen: dass ihre Leichname sollen den Vögeln unter dem Himmel und den Tieren auf Erden zur Speise werden“. -
Und Ezechiel 17, Vers 12-19. „Lieber, sprich zu dem ungehorsamen Hause: Wisst ihr nicht, was das ist? Und sprich: Siehe, es kam der König zu Babel gen Jerusalem und nahm ihren König und ihre Fürsten, und führte sie weg zu sich gen Babel. Und nahm von dem königlichen Samen und machte einen Bund mit ihm und nahm einen Eid von ihm; aber die Gewaltigen im Lande nahm er weg, damit das Königreich demütig bliebe und sich nicht erhöhe, auf dass sein Bund gehalten würde und bestände. Aber derselbe Same fiel von ihm ab und sandte seine Botschaft in Ägypten, dass man ihm Rosse und vieles Volk schicken sollte. Sollte es dem geraten? Sollte er davon kommen, der Solches tut? Und sollte der so den Bund bricht, davon kommen? So wahr ich lebe, spricht der Herr Herr: An dem Ort des Könige, der ihn zum Könige gesetzt hat, welches Eid er verachtet und welches Bund er gebrochen hat, da soll er sterben, nämlich zu Babel; auch wird ihm Pharao nicht beistehen im Kriege mit großem Heer und vielem Volk, wenn man die Schütte aufwerfen wird und die Bollwerke bauen, dass viele Leute umgebracht werden. Denn weil er den Eid verachtet und den Bund gebrochen hat, darauf er seine Hand gegeben hat, und solches Alles tut: wird er nicht davon kommen. Darum spricht der Herr Herr also: So wahr als ich lebe, so will ich meinen Eid, den er verachtet hat, und meinen Bund, den er gebrochen hat, auf seinen Kopf bringen“.
O, dass hierin ein jeglicher sich selbst kenne, und ein Jeglicher es auf sich selbst anwende, denn es gibt des Bundmachens viel im Namen Gottes und vor Gott, das in der nächsten Stunde gebrochen wird, ja dessen man ganz vergisst; auch gibt es des Wollens viel im Namen Gottes, den Hilflosen beizustehen, und wenn es zur Tat kommen soll, so gibt's ein Sauls- oder ein Kains-Opfer. In tausenderlei Gelegenheiten will der Mensch Gottes Ehre und Namen, und zieht die Hand ab, wenn er nicht selbst dabei Ehre einernten, wenn nicht sein eigener Name dabei gefeiert werden kann, wenn er nicht seinen eigenen Vorteil dabei findet.
Ist indes nichts so gewöhnlich, als dass man leichtfertig den Namen seines Gottes nennt in leichtfertigen Dingen, dass man unnütz und ohne dass die Obrigkeit und die Siebe des Nächsten es erfordert, schwört und sich allerlei Flüche bedient, als wollte man damit etwas Großes tun: allgemeiner, feiner doch ist der Missbrauch des Namens Gottes, der durch die ganze Welt geht, und tiefer steckt er, dass man sich nämlich des Namens und der Aussagen seines Gottes bedient, um loser Lehre Eingang zu verschaffen. Dieser Missbrauch hat einen so guten Schein, dass man ihn kaum als Sünde erkennt. Er erscheint nützlich, fromm, heilig, so dass Niemand drein zu reden wagt. Da will man die Lade Gottes aufrecht halten, das Evangelium verteidigen, das Wort in die vier Winde ausbreiten und mit dem Namen Gottes allerlei Werke der sogenannten Liebe in Gang bringen; da meint man, man tue Gott einen Dienst und der Grund ist doch kein anderer, alle Abgötterei und Feindschaft wider die wahre und klare Wahrheit. Und wie der Teufel in der Wüste, da er den Herrn versuchte, lässt man unter dem Schreien: Gottes Wort, Gottes Wort! So viel von dem Worte weg, als man für nötig hält, beutelt und beseitigt das gute Gebot, das man zum Leben und Heile hat, um sich selbst zu behaupten, seiner Eigenliebe zu schmeicheln oder seinen Beutel zu füllen, der Gewinnsucht, der Ungerechtigkeit, der Lust zur Unreinigkeit, der Liebe zur Welt und ihrem Dienst zu frönen.
Solches Missbrauche achtet sich aber Niemand fähig, bis Gott selbst es aufgedeckt, was aus den Pflanzen wird, die seine Hand nicht gepflanzt hat.
Der Aufrichtige bekennt solchen Missbrauch des Namens Gottes, für so weit er sich selbst dessen schuldig gemacht; er bekennt, dass er sich des Namens bedient hat, um sich selbst zu behaupten in seiner Eigengerechtigkeit, in feiner Liebe zu der Lust, in manchem verkehrten Wege. Doch nur von ihm ist es wahr, was Paulus von sich aussagte: „Ich habe es in Unwissenheit getan“. „Ach Herr, ich habe geirrt in vielen Umwegen!“
Es gibt noch einen andern Missbrauch des Namens Gottes. Mancher bekennt sich zu diesem Namen, sucht diesen Namen, aber er sitzt auf allerlei Verkehrtheit und Ungerechtigkeit fest und ist Ursache, dass Gottes Name von den Widersachern gelästert wird.
Sodann gibt es Manchen, der Alles zu haben scheint, was ein Bekehrter hat; der zu suchen scheint, was ein Bekehrter sucht: Mir aber hat das Vergängliche, das Irdische im Auge, das hat er gesucht mit dem Namen und nicht den Namen selbst. Das ist auch ein schrecklicher Missbrauch, worüber man vor Gott Rechenschaft ablegen muss.
Soll ich es bezeichnen, wie Mancher den Namen Gott ausspricht und des Herrn Wort zur Hand nimmt, daraus lernt und Andere lehrt, bloß um sich selbst zu behaupten, wie das samaritische Weib, bloß um die Pein des Gewissens, den inneren Unfrieden zu stillen, während dem er nicht loslassen will, was er loslassen sollte zur Errettung seiner Seele? Das ist auch ein Missbrauch des Namens Gottes; - und noch gräulicher ist der, welcher in unsrer Stadt so häufig gefunden wird, dass man die Gottseligen aufsucht, sich fromm gebärdet, die Einfältigen dadurch betrügt, und das Alles nur aus ganz andern Beweggründen, z. B. um ein Stück Geldes, weil man zu faul ist, um zu arbeiten, weil man das Verdiente in Liederlichkeit und in Trunk verschwendet, oder zu faul ist, um Gott anzurufen!
Da hat man wohl Glauben, Andere um ihr Geld und guten Ruf zu bringen, aber keinen Glauben zu dem, der den Elenden herrlich hilft und ruft die Dinge, welche nicht sind, als wären sie da. Und so versuchen wiederum Andere Gott, indem sie mit Hintenansetzung des Gesetzes Gottes aus Ehrgeiz getrieben, Dinge unternehmen, wie es heißt, zur Ehre des Namens Gottes; sie suchen aber nur ihren eigenen Namen, werden darüber zu Schanden und sind dann Ursache, dass der Name Gottes gelästert wird. Andere wiederum folgen ihrer Lust, wollen sich selbst nicht verleugnen, reden dabei von Vertrauen auf Gott, treiben üble Wirtschaft, bestärken ihr Tun mit Aberglauben und geben der Welt Anlass, Gottes Namen zu entheiligen, indem sie am Ende selbst mitmachen mit denen, gegen welche sie früher eiferten. Andere wiederum schreiben dem Namen ihres Gottes etwas Ungereimtes zu, ober lästern ihn im Herzen und mit dem Munde, weil es ihnen nicht nach Wunsch geht. Und wiederum Andere wollen doch behaupten, dass sie den Namen Gottes heiligen, obschon sie die vorige Welt wieder lieb gewonnen. Ich möchte noch allerlei Art Missbrauch des Namens Gottes aufdecken; aufdecken, wie man mit dem Worte der Treue und Gnade Gottes im Munde, seine Seele ersticken lässt in den Sorgen dieses Lebens, oder wie man betet, singt und die Lehre vernimmt ohne Herz und Andacht, oder wie man betet, lehrt und zeugt, mehr um von Andern als vollgültig angesehen zu werden, als mit gebeugten Knien des Herzens und in wahrhaftiger Demut und dem Gefühl seiner Unwürdigkeit vor Gott, mehr weil man sich selbst gefällt, als aus Liebe des Nächsten; aufdecken möchte ich, wie man mit dem Namen Gottes in dem Munde, des Gerechten Weg und Benehmen in Verdacht bringt, verurteilt und verdammt, mit dem Namen und dem Worte Gottes im Munde, über seinen gerechten Nächsten herfährt und ihn tötet mit seinen Lippen, so oft aus Eifer um Gott ohne Verstand, so oft aus Bosheit, aus Geiz, so oft angeregt durch die niedrigsten Leidenschaften; ich möchte aufdecken, wie man mit dem Namen Gottes im Munde, mit seinem Worte auf den Lippen, wetterwendisch sein kann, das Gebot kann fahren lassen, und um nicht in Gefahr zu geraten, „in Gottes Namen“ der Schlechtigkeit, der Ungerechtigkeit nachgibt und so über sich und Andere Gottes Drohung und Strafe herbeiführt, nach dem alten Sprichwort: „Alles Unglück beginnt in Gottes Namen“. Aber das Gebot ist weit, und das menschliche Herz ist ein trotziges und verzagtes Ding.
Wohl uns, wenn wir die Lehre, wenn wir die Bestrafung zu Herzen nehmen, wenn wir, wo Gott unsere unerkannten Sünden ins Licht stellt, hinschwindend vor Gottes Drohung und Strafe, verlegen und bekümmert fragen: „Wie wird dies Gebot erfüllt, wie gebrauche ich den Namen des Herrn meines Gottes recht, wie heilige ich ihn?“
Denn wie er die Übertretung dieses Gebotes von jeher gestraft hat, straft und strafen wird, vernehmen wir aus folgenden Aussagen. 3 Mose 24,10-16: „Es ging aber aus eines israelitischen Weibes Sohn, der eines ägyptischen Mannes Kind war, unter den Kindern Israel und zankte sich im Lager mit einem israelitischen Manne und lästerte den Namen und fluchte. Da brachten sie ihn zu Mose (seine Mutter aber hieß Selomith, eine Tochter Dibris, vom Stamme Dan) und legten ihn gefangen, bis ihnen klare Antwort würde durch den Mund des Herrn. Und der Herr redete mit Mose und sprach: Führe den Flucher hinaus vor das Lager und lass Alle, die es gehört haben, ihre Hände auf sein Haupt legen, und lass ihn die ganze Gemeine steinigen. Und sage den Kindern Israels: Welcher seinem Gott flucht, der soll seine Sünde tragen; welcher des Herrn Namen lästert, der soll des Todes sterben, die ganze Gemeine soll ihn steinigen; wie der Fremdling, so soll auch der Einheimische sein; wenn er den Namen lästert, so soll er sterben“.
Psalm 50,16-22: „Aber zum Gottlosen spricht Gott: Was verkündigst du meine Rechte, und nimmst meinen Bund in deinen Mund, so du doch Zucht hasst und wirfst meine Worte hinter dich? Wenn du einen Dieb siehst, so läufst du mit ihm und hast Gemeinschaft mit den Ehebrechern. Dein Maul lässt du Böses reden, und deine Zunge treibt Falschheit. Du sitzt und redest wider deinen Bruder; deiner Mutter Sohn verleumdest du. Das tust du, und ich schweige; da meinst du, ich werde sein gleich wie du; aber ich will dich strafen und will dir es unter Augen stellen. Merkt doch das, die ihr Gottes vergesst, dass ich nicht einmal hinreiße, und sei kein Retter mehr da!“
Sachar. 5,3 u. 4; „Und er sprach zu mir: Das ist der Fluch, welcher ausgeht über das ganze Land; denn alle Diebe werden nach diesem Briefe fromm gesprochen, und alle Meineidigen werden nach diesem Briefe fromm gesprochen. Aber ich will es hervorbringen, spricht bei Herr Zebaoth, dass es soll kommen über das Haus des Diebes, und über das Haus derer, die bei meinem Namen fälschlich schwören, und soll bleiben in ihrem Hause und soll es verzehren samt seinem Holz und Steinen“.
Maleachi 3,5: „Und ich will zu euch kommen und euch strafen, und will ein schneller Zeuge sein wider die Zauberer, Ehebrecher und Meineidigen, und wider die, so Gewalt und Unrecht tun den Tagelöhnern, Witwen und Waisen und den Fremdling drücken, und mich nicht fürchten, spricht der Herr Zebaoth“.
Dieses Gebot wird erfüllt wenn wir, wie der Katechismus lehrt: „den Namen Gottes anders nicht, denn, mit Furcht und Ehrerbietung gebrauchen, auf dass er von uns recht bekannt, angerufen und in allen unsern Worten und Werken gepriesen werde“. Das können wir aber von uns selbst so wenig tun, als wir es können bleiben lassen, unsers Gottes Namen zu missbrauchen. Das Gesetz ist geistlich, und das Wie seiner Erfüllung ist ein großes, aber geoffenbartes Geheimnis der Gottseligkeit. Auch in Bezug auf dies Gebot lasst uns es eingestehen, dass es durch uns muss erfüllt werden, so wir anders nicht wollen getroffen sein von des Herrn furchtbarer Drohung und Strafe. Gestehen wir es ein, dass wir Alle gehalten und verpflichtet sind, den Namen unsers Gottes nach seinem heiligen Willen und nicht anders zu gebrauchen: so kommt's mit uns zum Schreien: „Gehe nicht ins Gericht mit mir, sei mir gnädig!“ so kommt das Bedürfnis nach Versöhnung mit Gott in dem Blut Christi, das Verlangen nach Vergebung der Sünden, nach der Bekleidung mit der Gnade und der Gerechtigkeit Christi; so kommt durch die Liebe Gottes der Glaube, ein Sich-ergeben dem Herrn, ein Sich-verlassen auf den Bund seines Friedens, auf das ewig gültige Opfer Christi; so entsteht Kampf und Streit auch wider die Sünde gegen dies Gebot; in diesem Kampf und Streit ein Ächzen und Klagen: „Ich weiß nicht, was ich tue; das Böse liegt bei mir!“ Ein solcher Streit erweckt ein tiefes Gefühl von Ohnmacht, erweckt Ratlosigkeit; aber in dieser Ratlosigkeit lässt der Geist der Gnaden, des Glaubens und des Gebets Einen nicht stecken, sondern er treibt ihn rein von dem Gesetze ab, rein Christo zu, dass man an ihm seine Frucht bringe. Da ist es denn aus mit unserer Gerechtigkeit und unserm Ruhm, mit der Gerechtigkeit und dem Ruhm alles Fleisches. An und für sich ein Sünder, erfunden in Christo Jesu: was hat man da im Himmel und auf Erden noch sonst, als den Namen seines Heilandes, seines großen Gottes und Erretters? So ist denn der Glaube da; – und wo der Glaube ist, da wird der Name des Herrn und sein Wort allein geehrt von Predigern und Zuhörern, so dass nur Christus, nur seine Gnade und die Liebe Gottes recht bekannt, geehrt und gepriesen wird, in Gemeinschaft des Geistes. Wo aber der Glaube ist, wo Christus ist, da machen sich Sünde, Teufel und Welt auf, da kommt denn Not und Anfechtung allerlei Art; wo aber Not und Anfechtung ist, da ist auch alsbald das rechte Anrufen dieses Namens; wo das Anrufen ist, da wird dieser allein heilige Name, der schon in der heiligen Taufe auf uns gelegt worden, auch in allen unsern Worten und Werken gepriesen, so dass man herausfährt und predigt Gottes Gerechtigkeit trotz aller Feindschaft der Menschen, und lässt Gut, Leib und Leben, Weib, Kind, Haus und Hof, um dieses Namens willen. Gottes Freund, traun, ist aller Welt Feind, und wer den Namen des Herrn, seines Gottes heiligt, hat es zu gewarten, dass sein Name von allen als böse geschändet, verachtet und verworfen wird; denn Gottes Namen heiligen wir nicht wenn wir es bloß mit dem Munde tun, sondern wenn wir - und da gibt's Streit - Gottes freie Gnade, Namen und Ehre, und dass er uns allein selig gemacht nach seiner großen Barmherzigkeit, mit Tat, Handel und Wandel bekennen.
Das helfe uns unser erhöhter Heiland, der uns beten lehrte: „Dein Name werde geheiligt!“. und der sich selbst für uns geheiligt hat und uns seinen Geist erteilt, auf dass wir, geheiligt in Wahrheit, seinen Namen heiligen und recht gebrauchen gegen Teufel und Welt, recht gebrauchen gegen die Sünde, die in uns wohnt, ihn heiligen in aller Trübsal, in Not und Tod! Amen.
Schluss-Gesang.
Psalm 145, Vers 7: Wohl dem, der ganz sich seinem Gott ergibt, Der Herr schützt den mit Allmacht, der ihn liebt; Doch wehe dem, der seine Huld verschmäht, Der Herr vertilgt den, der ihm widersteht. Mein Mund soll Lob dem ew'gen König singen, Anbetend will ich ihm mein Opfer bringen. Ja, alles Fleisch lob' seinen heilgen Namen An jedem Ort und ewig. Amen! Amen!