Hus, Jan - Am Sonntag Rogate.
Joh. 16,23-30.
In dem heutigen Evangelium ist uns die Gewissheit gegeben, dass unsre Bitten erhört werden sollen, wenn wir recht bitten. Und sollen wir daher dieses heilige Evangelium mit großer Freude hören. Das sagt der heilige Augustin: Die Worte unsers Herrn Jesu Christi, die ihr soeben vernommen habt, müsst ihr, geliebte Brüder, mit größter Freude aufnehmen; denn je eifriger und vertrauensvoller ihr selbe aufnehmt, mit desto größerer Freude wird auch euer Herz erfüllt und beruhigt werden. Und was kann es Tröstlicheres geben, als was der Herr heute sagt: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben.
Hierbei muss man erwägen, wer, auf welche Weise, was, in wessen Namen und wen man bitten solle, damit man erhört werde. Wer soll denn bitten? Ein Gerechter. Wie? Auf rechte Weise. Was? Eine gute Sache. In wessen Namen? Im Namen Jesu Christi. Wen soll man bitten? Gott den Vater.
Wer seine also Bitte einrichtet, dem wird ohne Zweifel der himmlische Vater geben, was er ihn bittet. Sollte aber jemand daran zweifeln, der höre nur den Eidschwur Christi: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben. Weißt du doch, wer da unter Eidesschwur verheißt, dass unsre Bitten erhört werden; es ist Christus, wahrer Gott und wahrer Mensch, welcher spricht: Wahrlich, das heißt, so wahr ich Gott bin; wahrlich, so wahr ich Mensch bin. O, wie würde man sich freuen, wenn ein großer König oder der Papst, der oft lügt, unter Eidschwur etwas versprechen würde; wie sehr würde man bitten, dass es geschehe, wenn uns der König ein Dorf, eine Burg oder ein Pferd, oder wenn uns der Papst ein Bistum oder eine Pfründe versprechen würde, wiewohl er mit einem Atemzuge dahin sein kann, bevor er gibt, was er versprochen. Und siehe, hier verspricht der König der ganzen Welt und der oberste Bischof, der weder jemanden betrügen noch sterben kann, und der auch die Macht hat zu geben, was immer der Mensch Gutes bitten kann; und die Menschen bitten diesen König und Bischof nicht so eifrig, wie sie sterbliche Lügner bitten, denen sie auch eifriger denn Gott dienen. Sehen kann's, wer da nur will, wie so viele demütig sind, wenn sie einen König oder Papst um etwas bitten; sie denken dabei weder an etwas andres, noch sehen sie sich anderswohin um, und sind auch sehr bedacht, dass sie mit keinem einzigen Worte fehlen und gar nichts sagen oder tun, was etwa missfallen könnte. Bitten sie aber Gott den Vater, so wissen sie oft selbst nicht, was sie sagen, denn sie denken meistens an etwas andres und beschäftigen sich mit fremdartigen Gegenständen, ja, sie denken mehr an Unzucht, Liebschaften und vergängliches Gut, als an Gott den Herrn, darum sie auch nichts empfangen, weil sie nicht recht bitten. Wer demnach will erhört werden, der muss sich so zum Gebet anschicken, wie ich bereits gesagt habe.
Man muss vor allem sehen, ob man ein Jünger Christi ist, nämlich aus der Zahl derjenigen, zu denen gesagt ward: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben. Denn die Jünger, zu denen dieses gesagt ward, vertreten die Stelle aller wahren Christen. Wer also Christo dem Herrn nachfolgt in Geduld, Demut und sonstigen Tugenden, der ist sein Jünger, wie er selbst sagt Joh. 15,14: Ihr seid meine Freunde, so ihr tut, was ich euch gebiete. Darum mögen Unzüchtige, Ehebrecher, Hochmütige, Fresser, Trunkenbolde und Heuchler, die aus des Teufels Schule sind und sich Christi Jünger heißen, bitten, sie werden nicht erhört werden. Und allen diesen, und darunter vorzüglich den Priestern und Meistern sagt Christus Matth. 15,7.8.9: Ihr Heuchler, es hat wohl Jesaia von euch geweissagt und gesprochen: Dies Volk naht sich zu mir mit seinem Munde und ehrt mich mit seinen Lippen, aber ihr Herz ist ferne von mir; aber vergeblich dienen sie mir, dieweil sie lehren solche Lehren, die nichts denn Menschengebote sind. Daraus seht ihr, dass der Mensch, der Gott bitten und von ihm erhört werden will, seine Gebote halten und folglich Glauben, Hoffnung und Liebe haben muss.
Zum zweiten muss man recht bitten; und recht bittet derjenige, der fromm lebt und solche Dinge bittet, die ihm zum Heile gereichen. Um einige Dinge soll man fort bitten, ohne diese Bedingung oder ohne die Worte: „Wenn es dein Wille ist;“ und solche Dinge sind die, welche Christus in das „Vaterunser“ gefasst hat, welche die Heiligung des Namens Gottes, die Ankunft des Himmelreichs und die Erfüllung des göttlichen Willens betreffen. Um andre Dinge soll man mit der Bedingung bitten: „Wenn es dein Wille ist,“ oder „dein Wille geschehe“. Mit dieser Bedingung betete Christus Matth. 26,39: Mein Vater, ist es möglich, so gehe dieser Kelch von mir; doch nicht wie ich will, sondern wie du willst. Denn er wusste wohl, dass er leiden sollte, und dass sein Vater seinen Willen nicht ändern würde; auch wollte er selbst seinen Willen darin nicht ändern, sondern uns bloß belehren, dass wir also bitten. Denn wir wissen nicht, was Gott tun will und in unsern verschiedenartigen Anliegen uns zum besten beschlossen hat. Daher sollen wir in vielen Dingen diese Bedingung beifügen, denn sie ist uns heilsam, und sollen allezeit, wenn wir um Gesundheit, Frieden, unsre leiblichen Bedürfnisse oder um Regen bitten, stets in unserm Herzen hinzusetzen, dass uns Gott diese Güter in Gnaden verleihen wolle, wenn sie zu unserm Heile gereichen; sonst aber nicht, wenn sie uns nämlich daran hindern sollten.
Hieraus ersieht man auch zum dritten, um was man bitten solle, nämlich um das, was uns zur ewigen Seligkeit behilflich ist. Denn die ewige Seligkeit ist das größte Gut, daran jedermann am meisten gelegen sein soll. Und da Vergebung der Sünden und Wachstum in allerhand Tugenden uns am meisten zur Erlangung der ewigen Seligkeit behilflich ist, so sollen wir auch um beides Gott sehr eifrig bitten, nicht aber darum, dass wir Herren und reich werden und in der Welt angesehen, damit uns nicht die Worte Christi zugerufen werden Matth. 20, 22: Ihr wisst nicht, was ihr bittet.
Zum vierten sollen wir bedenken, in wessen Namen wir bitten sollen, nämlich in Jesu Christi Namen; denn er sagt selbst: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, so wird er es euch geben. Darum beschließen wir auch alle unsre Gebete zum himmlischen Vater mit den Worten: Erhöre uns durch Jesum Christum, unsern Herrn. Aber man muss wissen, dass Christi menschliche Natur gemeint ist, wenn man bittet, dass uns Gott durch Jesum Christum erhören möge; denn Christi menschliche Natur hilft uns am meisten, dass Gott unsre Bitten hört. Darum sagt auch unser Herr Jesus: Was ihr bitten werdet in meinem Namen, das heißt, in Jesu Namen, welcher Name so viel bedeutet wie Heiland oder Erlöser. Daher sagt auch der heilige Augustin, dass man in Jesu Namen nicht bitte, wenn man etwas bitte, was gegen das Heil unsrer Seele ist; woraus auch zu ersehen ist, dass niemand recht bittet, der um etwas bittet, was ihm in der Erreichung der ewigen Seligkeit hinderlich sein kann. Und es gibt gar viele, die böse bitten, wie diejenigen, so um Pfründen, Einnahmen, um weltliche Erhöhung und um Rache wider ihre Feinde bitten, ja sogar um Rachenahme wider diejenigen, die sie zum Heile führen und sie gerne ewig selig sehen möchten. Hierin fehlen auch viele Mütter, die Gott um Ehren und irdische Güter für ihre Kinder bitten. Und von solchen Müttern sagt der heilige Chrysostomus: Sie bitten um Würden und Reichtum für ihre Kinder, aber sie bitten nicht um Gott für sie, das heißt, sie bitten nicht, dass Gott sich selbst ihnen geben möge.
Zum fünften sollen wir den Vater bitten oder alles vom Vater; denn Christus sagt: So ihr den Vater, das heißt, Gott etwas bitten werdet. Der Name „Vater“ bezeichnet hier nach der Erklärung des heiligen Augustin die heilige Dreieinigkeit, also nicht allein Gott den Vater, sondern auch den Sohn und heiligen Geist, und so auch im Gebete des Herrn, wenn wir bitten: „Vaterunser.“ Denn jede dieser drei heiligen Personen ist unser himmlischer Vater, der uns erschaffen hat, und wenn Christus sagt: So ihr den Vater bitten werdet, so versteht er Gott in drei heiligen Personen. Auch Christus ist als Mensch von den drei heiligen Personen erschaffen und ist folglich ein Sohn aller drei Personen, wie jeder andre erschaffene Mensch; weil er aber Sohn Gottes und die zweite göttliche Person ist, so hat er nur einen einzigen Vater, dessen er so oft in den Evangelien Erwähnung tut. Man kann aber auch ohne Verletzung der Erklärung des heiligen Augustin unter dem Worte „Vater“ hier und weiterhin in unserm heutigen Evangelium bloß die erste göttliche Person oder den Vater Jesu Christi verstehen.
So sehen wir aus dem bisher Gesagten, wer, auf welche Weise, was, in wessen Namen und wen man bitten solle, damit Gott unsre Bitten erhöre. Und man wird gewiss nach dem Eidschwur Jesu erhört werden, welcher sagt: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: So ihr den Vater, das ist Gott oder die heilige Dreieinigkeit, etwas, was zum ewigen Heile nützlich ist, oder unmittelbar um das ewige Heil selbst bitten werdet in meinem Namen, das wird er euch geben.
er liebe Heiland wollte nicht sagen: So ihr mich etwas bitten werdet, und hat auch nirgends also gesagt; damit wollte er uns ein Beispiel geben, dass wir uns allezeit mit unsern Anliegen und Gebeten an Gott wenden. Auch sollen wir danach uns selbst nicht viel bitten lassen von unsern Mitmenschen. Und in beiden Stücken wird von unsern heutigen Christen viel und oft gefehlt. Denn die einen wenden sich mit ihren Gebeten mehr an die Heiligen, als an Gott, oder sie verfassen und richten ihre Gebete nur an die Heiligen, wobei sie an Gott gar nicht mehr zu denken scheinen; die andern aber gefallen sich in lauter Menschenanbetung, und das wollen auch die Götter dieser Welt von ihnen haben, die sich selbst dafür ausgeben, wie Päpste, Kardinäle und unsre Prälaten, welche befehlen, dass andre Leute vor ihnen auf die Knie niederfallen, sie anbeten und sie viel bitten. So haben freilich die Apostel und andre Heilige nicht getan; sie ließen das gar nicht zu, dass andre vor ihnen niederfielen, und ermahnten das Volk, eifrig zu Gott zu beten, denn sie waren von Christo gelehrt, welcher sagt: So ihr den Vater etwas bitten werdet in meinem Namen, das wird er euch geben.
Bisher habt ihr nichts gebeten in meinem Namen; die Apostel haben nämlich aus Unwissenheit und wegen großer Traurigkeit Gott den Vater in Jesu Namen nicht gebeten, wie der heilige Beda sagt: Sie haben zu der Zeit im Namen ihres Heilandes Gott um nichts gebeten, denn sie hatten ihn persönlich bei sich gehabt und wurden um so weniger zu den unsichtbaren Gaben ihres Heiles erhoben. So der heilige Beda.
Darum sagt der Heiland weiter, dass seine Jünger bitten sollten, damit sie zu himmlischen Gütern erhoben würden: Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei. Die Worte können zum bessern Verständnis so zusammengefasst werden. Bittet, dass eure Freude vollkommen sei, und ihr nehmt. Der heilige Beda meint, dass die Gläubigen, wenn sie eifrig darum bitten, dass ihre Freude vollkommen sei, endlich in der angeführten Weise vollkommene Freude nehmen im Himmel; so werden nur die Auserwählten mit ihren Bitten um himmlische Freuden erhört, und das ganz gewiss, da Christus spricht: Bittet, so werdet ihr nehmen. Und auf diese Gewissheit bezieht sich, was Johannes in seinem ersten Briefe 3,21.22 sagt: Wir haben eine Freudigkeit zu Gott; und was wir bitten, werden wir von ihm nehmen, denn wir halten seine Gebote und tun, was vor ihm gefällig ist. - Das ist also Gottes Gebot, dass wir bitten, damit unsre Freude vollkommen sei, und damit wir alles das nehmen, was uns zur Erlangung dieser Freude behilflich sein könnte. Aber nur die Auserwählten werden zu der vollkommenen Freude gelangen, und ist diese Rede Christi an sie allein gerichtet. Darum sagt auch einer aus der Schar dieser Auserwählten, der Liebling und Jünger des Herrn, der heilige Johannes, in seinem ersten Briefe 5, 14: Und das ist die Freudigkeit, die wir haben zu ihm, dass, so wir etwas bitten nach seinem Willen, so hört er uns.
Daraus erkennen wir auch, warum Gott der Menschen Bitten nicht hört.
Erstens wohl darum nicht, weil die Bösen nicht würdig sind, dass sie erhört werden, und so werden auch die Bösen der vollkommenen Freude nie teilhaftig werden.
Zum zweiten werden auch oft die Guten nicht erhört, weil sie oft um Dinge bitten, die ihnen zur ewigen Seligkeit nicht behilflich sind. So hat der Apostel Paulus dreimal zum Herrn gefleht, damit die fleischliche Versuchung von ihm weichen möchte; aber der Herr hat ihn nicht erhört, denn diese Versuchung war ihm zur Erlangung der ewigen Seligkeit sehr heilsam. Darum sagt auch der heilige Beda: Der Apostel (Paulus) bat nicht in Jesu Namen, denn er wollte keine Versuchung, die ihm zur Bewahrung der Demut beigegeben war und ohne welche er nicht demütig und auch nicht selig geworden wäre. Und hierher gehören auch seine eignen Worte 2. Kor. 12,7: Und auf dass ich mich nicht der hohen Offenbarung überhebe, ist mir gegeben ein Pfahl ins Fleisch, nämlich des Satans Engel, der mich mit Fäusten schlage, auf dass ich mich nicht überhebe. Also war es ihm gut, dass ihn Gott darin nicht erhörte. Auch haben die Heiligen oft für andre gebeten und wurden nicht erhört, weil die nicht würdig waren, für welche sie baten. So ging es dem Propheten Samuel, der für Saul zu Gott betete, und zu dem Gott sprach: Wie lange trägst du Leid um Saul, den ich verworfen habe, dass er nicht König sei über Israel? Auch erhört oft Gott unser Gebet nicht gleich und entfernt sich von uns, bis seine Gnadenzeit kommt. So hat er es mit der Heidin getan, die ihm nachlief und ihn bat, dass er ihre Tochter vom Teufel befreien möchte. Das tut Gott oft darum, weil er uns in Geduld üben will, dass wir von unserm Gebet nicht ablassen. Darum sagt auch jetzt Christus: Bittet, so werdet ihr nehmen, damit eure Freude vollkommen sei; bittet demütig und beständig, und ihr werdet Gnade nehmen in diesem Leben, damit eure Freude vollkommen sei in der ewigen Seligkeit. Um dies soll jeder Christ vor allen Dingen bitten, nicht aber um vergängliches Gut, um Ehre oder gar um Rache.
Die Jünger hatten ungleich größere Liebe zu Christo nach seiner Himmelfahrt, denn früher, weil sie ihn besser kannten. Dies sah Christus voraus, und so spricht er zu ihnen, dass er nach seiner Himmelfahrt mit ihnen wie mit innigeren Freunden ganz deutlich sprechen werde, und nicht mehr in Gleichnissen, wie er bis dahin mit ihnen gesprochen. Und so sagt er weiter: Solches habe ich zu euch durch Sprichwort oder in Gleichnissen geredet. Es kommt aber die Zeit, nämlich nach meiner Himmelfahrt und der Herabkunft des heiligen Geistes, dass ich nicht mehr durch Sprichwort mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. Und so geschah es auch, indem Christus der Herr seine Jünger über die heilige Dreieinigkeit und über andre Geheimnisse zum Heile der heiligen Kirche belehrte.
Der Herr sagt weiter: An demselbigen Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und so geschah es auch; die Apostel baten nicht mehr um unnütze leibliche Dinge, sondern um geistige Güter in Christi Namen. Sie tauften auch gleich in Jesu Christi Namen, damit dieser Name bekannt gemacht und gepriesen würde. Darum schließt auch die heilige Kirche alle ihre Gebete mit den Worten: Durch Jesum Christum, unsern Herrn.
Er sagt weiter: Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; das heißt, ich sage euch nicht umsonst, als wenn es nicht geschehen sollte, dass ich als Mensch den Vater für euch bitten werde. Daraus möge jeder treue Knecht Christi ersehen, dass wir einen treuen Priester haben, welcher uns selbst versprochen hat, dass er für uns Gott den Vater bitten werde, und es ist ebenso gewiss, dass ihn der Vater erhört, wenn er für uns bittet, und dass der Vater auch jeden Menschen liebt, der Christum lieb hat.
Darum sagt er auch gleich darauf: Denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, darum dass ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. Christus bestätigt hiermit den Glauben der Jünger, dass er von Gott durch ewige Zeugung ausgegangen ist, und wir ersehen hieraus, dass Gott der Vater Gott den Sohn, die zweite göttliche Person, von Ewigkeit her zeugt. Christus der Herr ging auch in der Zeit als Mensch vom Vater aus und wurde als solcher von der heiligen Dreieinigkeit erschaffen. Und er kam auf die Welt, nahm die menschliche Natur an im Leibe der Jungfrau Maria, wurde geboren und wandelte unter uns auf dieser Welt. Er verließ abermals die Welt und wandelt nicht mehr leiblich auf der Welt und kehrte bei seiner Himmelfahrt wieder zurück zum Vater. Daher sagt er: Ich bin vom Vater ausgegangen und gekommen in die Welt; wiederum verlasse ich die Welt und gehe zum Vater. Das darf man also nicht etwa so verstehen, als ob Christus als Gott und Sohn sich vom Vater entfernt und von ihm weggegangen wäre; denn als Gott ist er ja überall und kann sich nirgends hin entfernen; denn wenn dies überhaupt möglich wäre, so wäre er ja nicht allgegenwärtig, sondern unvollkommen. Sein Ausgang vom Vater ist seine Zeugung vom Vater und seine Ankunft auf dieser Welt ist seine Menschwerdung. Darum müssen wir uns stets seine Menschwerdung vorstellen, wenn gesagt wird, dass Christus vom Himmel herabgekommen ist; aber er hat sich aus dem Himmel nicht gerührt. Seiner menschlichen Natur nach wandelte er auf der Welt, und seine Seele stieg in die Hölle hinab und kam aus der Hölle wieder auf die Welt. Er stand von den Toten auf und fuhr von der Welt in den Himmel hinauf.
Das Evangelium sagt zum Schlusse: Sprechen zu ihm seine Jünger: Siehe, nun redest du frei heraus und sagst kein Sprichwort. Damit wollten sie eigentlich sagen: Du sprichst nun deutlich zu uns, wiewohl wir noch nicht hinlänglich vorbereitet sind; wenn aber die Zeit kommen wird, wirst du noch deutlicher sprechen, weil wir auch besser dazu vorbereitet sein werden. Du sprichst bereits zu uns, bevor wir dich fragen. Nun wissen wir, dass du alle Dinge weißt und bedarfst nicht, dass dich jemand frage, das heißt, mit irgend was versuche. Und da die Jünger also zu dem Herrn redeten, so ist es gewiss, dass sie seine Gottheit besser denn vordem erkannten. Deshalb sprechen sie auch: Darum glauben wir, dass du von Gott ausgegangen bist, nicht etwa wie ein andrer Mensch, sondern durch einen Ausgang, der über alle andern weit erhaben ist, weil ja auch alle Heiligen aus Gnaden von Gott kommen. So sagt die Schrift von Johannes dem Täufer Joh. 1,6: Es ward ein Mensch von Gott gesandt, der hieß Johannes. Auch Christus ging aus Gnaden von Gott aus als Mensch, und dann durch seine Empfängnis vom heiligen Geiste, aber vordem ist er, wie wir bereits erwähnten, durch seine ewige Zeugung vom Vater ausgegangen. Lasst uns also glauben, dass Christus von Gott ausgegangen ist um unsers Heils willen, er möge uns auch gnädigst dazu verhelfen zu seinem Lob in Ewigkeit. Amen.