Hollaz, David - Die gebahnte Pilgerstraße - Von der Armuth des Geistes.
Mel. Ich liebe Dich herzlich etc.
1. Mein Heiland, der ruft uns: Kommt zu mir ihr Armen, und lasset mich über euch reichlich erbarmen! Ach möchten wir alle als Arme doch kommen! wir würden zu Gnaden gewiß angenommen.
2. Wie wenige sind doch wohl Arme zu nennen, die ihren Erbmangel und Schaden recht kennen! wie viele hingegen sind reich in den Dingen, die weder Gewißheit noch Seligkeit bringen.
3. Wie viele gefall’n sich in eigenen Wegen! die sie doch nicht fördern zum bleibenden Segen! sie sind mit sich selbsten in allem zufrieden, und bleiben vom Glauben und Gnade geschieden.
4. Die können’s kaum hören, geschweige denn kommen; es sei denn das eigene Gerechtsein benommen. So lange sie immer vom Eigenen träumen, so müssen sie schlafend die Gnade versäumen.
5. Viel and’re bemüh’n sich mit allerlei Sachen, und pflegen’s bald so, und bald anders zu machen. Sie suchen und denken noch etwas zu finden, um sich aus der Angst und der Unruhe zu winden.
6. Gelingt’s! so ist wieder was eigenes fertig! dabei sind sie stündlich der Gnade gewärtig. 1) Das dauert ein wenig, nach einigen Stunden, ist alle gemachte Ruh‘ wieder verschwunden!
7. Des Armseins und Bettelns pflegt man sich zu schämen, daß man so die Gnade umsonst sollte nehmen. Nur Arme die wagen’s mit Beugung und Flehen, ohn‘ Umweg zum Gnadenstuhl selber zu gehen.
8. Kein‘ and’re, als Arme begehren zu hören, die Predigt von Jesu, und selige Lehren, die kriegen Vergebung und seliges Leben; es wird ihnen alles umsonsten gegeben!
9. Die Lahmen, Mühseligen, Kranken und Blinden, und die sich im Herzen so elend befinden, die sollen im Glauben zu Jesu hineilen, Er wird sie mit Freuden aufnehmen und heilen!
10. Ich Armer, ich hör‘ das, ich seh‘ es von ferne: ich komme zum Heiland mit andern gar gerne! ich höre die Armen von Gnade so singen; ich seh‘ sie so herzlich in’s Himmelreich dringen.
11. Wer mit will verfluche die Sünden und Träber. Er werde recht arm und so komm er zum Geber! da kriegt man Vergebung, den Himmel, das Leben, das will Er aus bloßem Erbarmen uns geben.