Harms, Claus - Am zweiten Ostertage 1834.

Harms, Claus - Am zweiten Ostertage 1834.

Ges. 287. Erschienen ist der Siegestag rc.

Lobredet Gott. Ihr saget's, geliebte Christen, einer dem andern und singet's euch zu: Lobsinget Gott! So höre ich mir zurufen an dieser Stätte, mir und allen, welche an diesem Feste Amtspflegen: Lobredet Gott. Ob freilich auch der Gesang eine andre Weise als die Rede hat und er das Lob höher als sie trägt, braucht sie, die Rede, doch nicht stumm zu bleiben deshalb, wahrlich nicht. Ihr Feld, welches sie durchschreitet, ist größer als das des Gesanges: Ein Grund; was er in den Mund leget, muß sie vor- oder nachdeuten vielfältig: ein zweiter Grund; und ein dritter: ist der Gesang ein Segler, so ist die Rede sein Ruder und selbst, was er trägt, bringet meistentheils sie ihm zu. Folge daher auf das Lobsingen ein Lobreden.

Um was und wegen weß wir Gott loben an diesem Feste, das braucht vor denen, die einigermaßen Christen sind, nicht einmal am Anfang des Festes kund gemacht zu werden, wieviel weniger da, wohin wir gekommen sind mit der Feier, zum Schlusse. Es möchte aber den einen und andern Fremdling in Israel, in der Christenheit, geben, der es nicht wüßte oder der leichtes Gemüths nicht daran dächte, oder - ja, die mögen in einiger Anzahl vorhanden sein - der, in den Unglauben eingeschult und eingekircht, wo es auch gewesen ist, bei sich dafür hielte, man habe längst aufgehört von Christi Auferstehung als von einer wirklich geschehenen Begebenheit zu predigen, und predige von andern Dingen, von unsrer Unsterblichkeit, vom Wiedersehn, vom Sieg des Rechts über das Unrecht und Solches. Darum werde es ausgesprochen: Christus, der am Kreuze einmal Gestorbene, ist am dritten Tage nachher wirklich wieder lebendig geworden; am Morgen, da er von dem Tode auferstanden, ist er im Garten gegangen, hat, ein Erkannter, mit einer Bekannten gesprochen und selbiges Tags noch zwei andere von seinen Jüngern gesprochen, mit ihnen geredet, darnach mit seinen Jüngern allen geredet, hat gegessen und getrunken mit ihnen, und ist zuletzt einer Zahl von fünfhundert beisammen erschienen. Das ist Osterfeier bei uns, die Auferstehung Christi, in Lobsingen und Lobreden vor Gott, dessen die That ist, der dies Wunder gethan und gleichsam zur Einfassung desselben mit nichts Geringerm, als mit Wundern, dies Wunder umgeben hat, mit Engelserscheinungen und Engelreden, wie bei Christi Geburt, so bei seiner Auferstehung und wieder, als er gen Himmel fuhr, was uns erinnert an das Ende jener Versuchung, darin Christus wider den Teufel so wohl bestand, wie geschrieben steht: Da traten die Engel zu ihm und dieneten ihm. Wir loben Gott, dessen die That ist, die nicht allein wundersam ist, sondern eine That ist wie eine Thür, durch welche der Heiland mit allem uns erworbenen Heil bei der ganzen Menschheit auf Erden eingegangen ist bis auf diesen Tag, daß wir sagen: Kein auferstandner Christus, dann auch kein gekreuzigter Christus, gar kein Christus, kein Evangelium, keine Bibel, keine Predigt, kein Sacrament und von alle dem nichts in Lehre und Kraft, wodurch wir aus der Finsterniß zum Licht und von der Gewalt des Satans zu Gott geführt werden, Leben und Heiligung und dereinst das Erbe der Kinder Gottes empfahn. Dafür loben wir Gott und seine mit seiner Allmacht und Herrschaft bekleidete Gnade, den Glauben befestigend an das, was er gethan, und den Glauben bei uns fruchtbar machend zu allerlei gutem Werk. Hört, sprech' ich's aus, was Zwiefaches insonderheit der Osterpredigt Geschäft ist, und unter seinem segnenden Dabeisein der jetzt zu haltenden Predigt Geschäft sein soll, - zu welcher wir beide, Redender und Hörende, uns noch mehr als durch dies Einleitungswort geschehen ist, ermuntern wollen durch das uralte Lied, das noch unverlorne und theure Erinnerungen weckende Osterlied, 285:
Christ ist erstanden
Von der Marter alle.
Deß sollen wir alle froh sein;
Christus will unser Trost sein.
Gott sei uns gnädig!

Wie der Vogel sich auf einen Zweig setzt, wenn er seine Stimme erheben will, die Regel ist's, so hat die Rede eine Schriftstelle gesucht, von wo aus sie anheben will. Diese Schriftstelle ist

Luc. 24, 36-47. Da sie aber davon redeten, trat er selbst, Jesus, mitten unter sie, und sprach zu ihnen: Friede sei mit euch! Sie erschraken aber, und fürchteten sich; meineten, sie sähen einen Geist. Und er sprach zu ihnen: Was seid ihr so erschrocken? Und warum kommen solche Gedanken in eure Herzen? Sehet meine Hände, und meine Füße, Ich bin es selber; fühlet mich, und sehet; denn ein Geist hat nicht Fleisch und Bein, wie ihr sehet, daß ich habe. Und da er das sagte, zeigte er ihnen Hände und Füße. Da sie aber noch nicht glaubten vor Freuden, und sich Verwunderten, sprach er zu ihnen: Habt ihr hier etwas zu essen? Und sie legten ihm vor ein Stück vom gebratenen Fisch, und Honigseim. Und er nahm es, und aß vor ihnen. Er aber sprach zu ihnen: Das sind die Reben, die ich zu euch sagte, da ich noch bei euch war; denn es muß alles erfüllet werden, was von mir geschrieben ist im Gesetz Mosis, in den Propheten, und in den Psalmen. Da öffnete er ihnen das Verständniß, daß sie die Schrift verstanden. Und sprach zu ihnen: Also ist es geschrieben, und also mußte Christus leiden, und auferstehen von den Todten am dritten Lage, und predigen lassen in seinem Namen Buße und Vergebung der Sünden unter allen Völkern und anheben zu Jerusalem.

Ihr seid deß alles Zeugen, spricht der Herr. Das sind sie redlich gewesen und haben wiederum Zeugen gezeugt unter denen, welche durch ihr Wort an Christum gläubig geworden sind, in welcher Herz und auf welcher Lippen die Botschaft steht nach Verschiedenheit der Tage und Feste verschieden lautend, am Osterfest die: der Herr ist wahrhaftig auferstanden, sie ist's, mit der seiner Zeugen einer, ich, in dieser Versammlung hier steht, angefaßt selber von Ostern und das Osterwerk wieder anfassend nach meinem Theil, das zwiefache Werk der Osterpredigt.

Das eine: Die Auferstehung Christi als wirklich geschehen den Hörern gewiß zu machen, das andre: Die Gewißheit von derselben bei den Gläubigen fruchtbar zu machen.

1.

Ob denn anzunehmen verstattet sei, daß unter denjenigen, die doch kommen zum Osterfest, Ungläubige oder Zweifler sich vorfinden? Auf diese, was wir das erste Osterwerk nennen, muß es ja mit den Beweisen abgesehen sein? Höret mein freimüthiges Ja hierauf; es giebt, es giebt, wenn nicht allenthalben, - doch, wo wären sie zu unsrer Zeit nicht? - bei uns giebt es deren, welche zweifeln, ob, und welche nicht glauben, daß Jesus von einem wirklichen Tode wirklich auferstanden sei. Darum sollt ihr - was freilich unter andern Umständen ein Ungehöriges und Ungebührliches wäre, ja, ein Beleidigendes, und womit man einer Christenversammlung eine Schmach anthäte - unter den sich findenden Umständen für nützlich und nöthig halten, für eine Obliegenheit derer, welchen am Osterfest die Rede in den Versammlungen gegeben ist: Christi wirkliche, wahrhaftige Auferstehung zu vertheidigen, zu beweisen. O theure Gemeinde, sprech' ich zu Gegenwärtigen und Abwesenden, du bedarfst es sehr, daß deine Prediger wie den Gekreuzigten auch den Auferstandenen vor dir bezeugen, dem Unglauben wehren und ersticken die Zweifel. Sei mit ihrem Worte der Herr und stärk' es! Muß es aber nicht den Gläubigen selber auch eine wohlthuende, angenehme Wahrnehmung sein, wenn sie bei solcher Gelegenheit sehn, auf wie guten Gründen ihr Glaube ruht? So sehet denn nun alle miteinander diese aufgewiesenen Glaubensgründe. Das ist der erste, auf de n ich weise: Er selbst hat vor seinem Tode gesagt, daß er am dritten Tage wieder auferstehen würde, und er selbst hat nach seiner Auferstehung gesagt, hören wir es ja auch in dem verlesenen Texte, daß er wieder lebe, er, derselbe, der gestorben gewesen sei: ich bin's selber, fühlt mich! wobei er ihnen seine Hände und Füße zeigt, und führt noch weitern Beweis, indem er vor ihnen von einem Fische und Honigseim isset. Darum, soll Jemand, der so von sich redet, etwas werth bleiben überhaupt, muß ich stark rathen, auch dies sein Wort wahr bleiben zu lassen, das er hier und vielerwärts von seiner wirklich erfolgten Auferstehung selbst sagt. Er hat's selbst gesagt: Ich führe euch weiter an den aufgedeckten Gründen vorüber, theure Christen. Christus erinnert daran, was früher über sein Leiden und Sterben und Wiederaufstehen von Gott gesagt worden sei. Oder hätten Moses und die Propheten und David aus sich geschrieben, ungetrieben, ungeleitet von dem heiligen Geiste? Aber die haben, und nicht wie es uns vorkommen will, in schwankender Auslegung, sondern wie Christus selbst die Schrift ausgelegt hat, von Christi Tod und Auferstehung geweissagt. Darum, wenn Gott durch den Mund dieser Männer Wahrheit gesprochen, so ist die Auferstehung eine wirkliche gewesen von einem wirklichen Tode. Und die Männer, durch welche uns die Auferstehung Christi berichtet wird, die Christus in unserm Text seine Zeugen nennt, was wollen wir von denen sagen? etwa, daß sie leichtgläubig gewesen seien? Das kann doch nur sagen, wer nichts in den Evangelien gelesen hat und wer auch nicht einmal im täglichen Leben von dem Einen Jünger gehört hat, der allen Schwergläubigen seinen Namen gegeben hat, dem das Sehen nicht genug war, dem das Hören nicht genug war, der seine Hand erst in des Herrn Seite und seine Finger erst in die Nägelmaale legen wollte, sie legte und nun erst glaubete. Weiter-denn wir nehmen nicht aus dem Mangel, sondern aus dem Reichthum an Gründen - die sofortige Verkündigung: Christus ist auferstanden, in derselben Stadt, da er gekreuzigt und vor denjenigen Männern sogar, auf deren Anstiften Christus gekreuzigt war, durch deren Vorsorge das Grab bewacht und des Grabes 'stein versiegelt worden war. Es vergingen nicht Jahrzehnte, nicht Jahre, sondern nach einigen Wochen, Tagen schon, standen die Zeugen mit diesem Zeugniß und gewannen kraft desselben Gläubige aus allerlei Volk aus dem Himmel. Wir nennen es in der ersten gehaltenen Predigt, Apostg. 2, den Nerv des Beweises, daß Jesus der Christ sei, das zweimal Hervortretende: Gott hat Jesum von den Todten erweckt, deß sind wir Alle Zeugen. Wir kehren uns zu den damals Gläubigwerdenden und fragen nach den Vorteilen, die sie davon hatten, daß sie glaubeten? Silber und Gold wurden ihnen nicht geboten, sondern Schmach und viel Trübsal; - fragen nach der Furcht vor Schaden, der sie damit entgingen: ja, es befiel sie allerdings eine Furcht, aber diese war's, daß sie fürchteten, erfunden zu werden als die wider Gott stritten, Apostg. 5, wenn sie ein solches Gotteszeugniß, wie die Auferstehung verwürfen, eine Furcht, von der man Vielen unsrer Zeit etwas zu wünschen große Ursache hat. Kein auferstandner Christus, kein gekreuzigter Christus, gar keiner. Daher sagen wir: Wenn nichts geschrieben stände von Christi Auferstehung, und es hätte der göttlichen Weisheit gefallen, anstatt durch Christi Erweckung von den Todten irgendwie anders eben so stark Jesum als den Christ zu beglaubigen, dann möchten wir, um zu glauben, der erfolgten Auferstehung nicht bedürftig sein, nun aber behaupten wir: die ganze Kirche Christi steht, wie man früher Kirchen bauete über der Märtyrer Gräbern, der ganze Tempel Christi steht über dem Grabe in Josephs Garten, darin der Herr lag, lag, aber das am dritten Tage leer ward, da der Herr den Todten darin wieder lebendig machte und ihn sehen ließ vierzig Tage lang, bis er von der Erde aufgehoben ward in den Himmel. Ja, verrückt diese Stelle Jemand, baut die Kirche Christi anders worüber, so ist's Sandgrund, der keinen Schauer Regen verträgt, oder einen rieselnden Bach nicht; der Bau stürzt zusammen, während er jetzt, stehend da er steht, Felsgrund unter sich hat, nämlich die bezeugte Verkündigung: Christus ist von den Todten auferstanden nach seiner Vorhersage und nach dem Probezeichen, das er selbst zu geben versprochen hatte. Das allerdings müssen wir zugestehn, es kann nach Manchem gefragt werden, worauf wir nicht antworten können, und Einwürfe können gemacht werden, die wir nicht bei Seite zu schaffen vermögen, allein wie aller Glaube, soll der auch an Christi Auferstehung eine Tugend sein, d. h. von einer guten Gesinnung begleitet und aus Gehorsam sich fügend, nachdem genug bewiesen ist, um glauben zu können dem, der nur will oder der auch wirklich und ganz will. Sprecht, sollte ich nicht wohl unter euch Einen herausfinden können, bei dem des Nichtglaubens Grund sein Nichtglaubenwollen ist? Hörst du mich? Du sagst: Ich kann nicht! ich sage: Du willst nicht. Diese Alle können nicht zwischen dir und mir entscheiden, wer Recht hat; ich rufe Gott über dich an, entscheide der zwischen uns beiden, ob nicht ein Nichtwollen in dir sei, dem du fälschlich den Namen Nichtkönnen giebst, unwissentlich oder wissentlich.

2.

Fassen wir jetzt das andre Osterwerk an, das den Predigten an diesem Feste zugewiesen ist. Das eine war: die Auferstehung Christi den Hörern gewiß zumachen; dies andre ist: die Gewißheit von demselben bei den Gläubigen fruchtbar zu machen. Hatte vorhin das Wort sich doch eigentlich nur mit Einigen unter euch beschäftigt - das allein war freilich nicht seine Absicht-, jetzt rechnet es auf euer aller eigenes und eigenstes Dabeisein. Denn ich hole, was ich diesem Augenblicke sage, aus meinem Busen heraus. Wer hat den Glauben, daß Christus von den Todten auferstanden sei, in sich so fruchtbar, als derselbige wohl sein könnte? Gott weiß, daß ich diesen Glauben habe, doch sag' ich es vor ihm mit Beschämung: Du weißt auch, o Herzenskundiger, wie wenig immer noch von diesem Glauben mein Sein durchdrungen und mein äußeres Leben gestaltet wird. Es sollte ja nunmehr, da ich diesen Glauben schon so lange Zeit habe, kein Punkt übrig sein, und kein Pünktlein in mir und an mir, da seine Kraft nicht hüpfete, kein Tag vergehen, da er nicht Blüth' oder Frucht brächte; - und es fehlt. Sträflicher muß ich ja dieserhalb vor deinen Augen sein, als es viele Andre sind, da mir es gegeben ward, mit dem theuren Wort umzugehn, Jesum zu erkennen, ihn und die Kraft seiner Auferstehung, - wie der Apostel diese Kraft vor den Philippern rühmt und sich daran stärkt, - damit ich entgegenkomme, Christo ähnlich im Tode, in der Auferstehung vom Tode. Gehalten von so mancher Binde, laß mich, o Herr, freieren Gang erlangen auch durch meine Feier deiner Auferstehung, durch meine Predigt an diesem Feste und durch dies Gebet in der Predigt. So ward gestern gebetet; o Gott, so heute wieder. Aber ich soll nicht sowohl beten, wie predigen und zunächst in eurer Sache, ihr Osternhaltenden. Ob es einen Gläubigen gebe, dem die Auferstehung Christi ganz gewiß ist, und diese Gewißheit trüge doch keine Frucht bei ihm? Sprecht ihr die Antwort aus, ich wag's nicht.

Anstatt dessen will ich sagen, was die Frucht dieses Glaubens sein sollte. Hört mich es vorzählen. Die eine Frucht ist die, daß wir einen lebendigen Christum bekommen anstatt des tobten, den, welchen Gott verherrlicht hat durch diese That an ihm und hat es der Welt gewiesen, wie werth er in seinen Augen geachtet sei, den er auch nicht auf der Erde hat bleiben lassen, sondern hat ihn aufgenommen in die Herrlichkeit, die er gehabt hatte ehedem, und nun wieder eingenommen hat, sitzend zur Rechten Gottes, mit seinem Worte alle Dinge tragend, einst über Todte und Lebendige Gericht haltend, und offenbar machend, was im Finstern verborgen ist, je nachdem sein Spruch fällt zu Einigen sagend: Kommet her, ihr Gesegneten meines Vaters, zu Andern: Gehet hinweg von mir, ihr Verfluchten. So thut er, so wird er thun; und deswegen ist es zu glauben auf sein Wort. Das ist die Kraft seiner Auferstehung, die uns diesen lebendigen Christum giebt. Ich nenne eine andere Frucht und drücke mich nach der Aehnlichkeit des eben gebrauchten Wortes aus: daß wir einen todten Christum bekommen. Einen todten Christum, zu verstehn, daß wir nicht meinen, Christus sei geboren, um zu leben, um zu lehren, um ein Beispiel zu sein hierin und darin, was alles theils eine Bedingung nur ist seines Werks und theils eine Begleitung; sondern er ist nach eigner Erklärung dazu geboren und auf die Welt gekommen, daß er die Wahrheit zeugen soll. - Welche? Was hat er gebracht, das man nicht schon wußte, das nicht sein Volk schon mit den heiligen Schriften in Händen hielt, das nicht jeder verständige Mann selber hierüber und darüber an den Tag zu geben weiß? Hat er so etwas vorgetragen? Sagt's; denn ich weiß es nicht, wofern es nicht das ist und in Gemäßheit der alttestamentlichen Weissagungen, auf die er selbst verweiset, daß er stürbe, sein Leben zu einem Schuldopfer gäbe, seine Seele arbeiten ließe unter der Last fremder Sünden, die er trüge, gerecht machte die, so es nicht sind und Samen bekäme auf die Art, die Starken zum Raube und eine große Menge zur Beute, dich, mich, uns auch zu seiner Beute, uns das Leben gebend durch seinen Tod, uns theilhaft machend seines Fleisches und Blutes, daß wir leben! Ja, wenn der Herr sich Joh. 6 darstellt als sich, den Lebensbaum, schneidend in so viele Reiser als Menschen sind und alle zu einem edlen Gewächs machend, als sein Blut vergießend, davon ein Tropfen auf jede Seel' fällt, das da dringt durch alle Adern zu einem neuen Leben: das nenne ich in dem Verstande dieser Rede den todten Christum. Ich wüßte doch nicht, wie anders wir den hätten bekommen sollen, bekommen können, als eben durch diese seine Wiedererweckung von den Todten, durch sie, die uns alles sein Wort von seinem Tode wahr macht und durch den Glauben daran sein Wort nebst ihm in dem Worte faßbar, aufnehmbar. Christus hätte zehnmal können sterben, in Jerusalem, in Corinth, in Rom und wo, aber, wenn nirgends wieder gesehn als der von den Todten Erstandene, so hätte das nirgends gefruchtet, Samen gehabt, in seinen Tod hinein keine Seele gezogen auf der Erde. Lassen wir uns durch die Kraft seiner Auferstehung in seinen Tod ziehen, so ist dieses eine fruchtbare Gewißheit von dieser Begebenheit. Ich nenne noch eine dritte Frucht, diese, daß wir selbst fruchtbar werden als ein reiner, bearbeiteter, gepflügter und geeggeter Boden durch vielmal uns demüthigende innere Erfahrungen, besäet mit dem heiligen Gottes Wort, von welchem bald dieses, bald jenes in uns aufschießt und in guten Werken heranwächst, theils an uns selbst, theils an Andern gethan und beides in Einem, nicht Sommer und Winter habend, wie der Acker, sondern allezeit Samen und Frucht schaffend. Also ist unser Leben ein neues, im Leiden, im Sterben und daher auch in seiner Auferstehung Christo ähnliches. Darum soll sie, die Auferstehung, uns nicht sowohl ein Gleichniß sein: wie er, so wir, sondern eine Ursach': weil er, darum wir. Maria von Magdala wollte wissen, wo man den Herrn hingelegt hätte; wir wissen es und sagen: wir haben ihn in uns gelegt, da er jedoch nicht als in einem Grabe liegt, sondern als in einem Tempel wohnt, auf einem Thron sitzet, über alles, was in und an uns ist, regieret, in dem Maaße in uns der Glaube wohnet, daß er von den Todten auferstanden ist. - Habe ich durch solche Betrachtung, frage ich, es erreicht, euch die Auferstehung des Herrn zu einer fruchtbaren Gewißheit zu machen? - Sie hat es gethan. Das sage ich im ehrenden Vertrauen zu der Versammlung, die mich anhört. Die fruchtbare Gewißheit von Christi Auferstehung, wie ich sie dargestellt habe, muß, muß die Gewißheit fruchtbar gemacht haben. Wie von der Tugend es jemand behauptet hat, sie brauche zu ihrer Empfehlung nichts als ihre Darstellung, ja, so meine ich, die Darstellung, was eine fruchtbare Gewißheit von Christi Auferstehung sei, macht allein schon diese Gewißheit, wo sie sich findet, fruchtbar; und ich will's nicht auf andre Weise versuchen.

Um so weniger, will ich dieses noch auf andre Art versuchen, weil dieser Predigt noch eins oblieget, das sie thun soll. Werde die so weit gehaltene auch als eine Bereitung auf das angesehn, was noch zu sagen ist. Zur Verhütung falscher Eide soll gepredigt werden in dieser Stunde und zwar nach Maßgabe des Bibelworts, 2. Mos. 20, 7: Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht mißbrauchen; denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht. Es enthält dieser Text das Verbot und einen Grund, weswegen dies Verbot zu halten sei. Kehren wir uns zu dem Verbot zuvörderst. Es giebt manche Arten des Mißbrauchs, schon das ist einer, und o, wie ist er so häufig, daß der heilige Name gebraucht wird als ein Aufrufungswort der Freude, des Schmerzes, des Erstaunens, Befremdens u. dgl., dabei an Gott, dessen Namen man nennt, auch nicht auf's Entfernteste gedacht wird. Ja wohl, es ist ein Mißbrauch; hierzu ist dieser Name viel zu gut. Wer sich's angewöhnt hat, der lege diese übte Gewohnheit ab; und ist's Jemand, der über Andre etwas zu sagen hat, der belasse auch Andre in dieser Gewohnheit nicht. Ferner ist's ein Mißbrauch, bei dem Namen Gottes etwas zu versichern, seinem Nein oder Ja mittelst desselben ein größeres Gewicht zu geben. Hier steigt schon die Sträflichkeit. Ist's Wahrheit und pflegst du mit Wahrheit umzugehn, wozu ist's denn nöthig? Ist's aber eine Unwahrheit, Mensch, was thust du denn? Um sichrer auf dem bösen Wege zu gehen, um glücklicher mit deinen lügenhaften Behauptungen zu sein, dazu nimmst du einen so heiligen Namen, lässest Gott einen Knecht des Teufels sein, der so spricht aus dir. Werde bang davor und enthalte dich des einen wie des andern. Besonders aber haben wir an den Mißbrauch zu denken, der bei Eiden stattfindet. Da wird uns die Zeit zum Bedacht gelassen, da werden uns ernste Vorstellungen zuvor gemacht, daß wir ja nicht schwören möchten, wenn die klare Gewißheit fehlt, oder der feste Vorsatz, das Begehrte und Versprochne zu thun. Es wird uns da das Theuerste genannt, dessen wir uns selbst wollen begeben, uns selbst verlustig sprechen, der Hülfe Gottes, seines Wortes, seines Evangeliums, hier zeitlich und dort ewiglich. Ich weiß doch keine Sünde, die so groß ist, als der Meineid, eben weil sie die Mutter wird andrer Sünden, schrecklich stark befruchtet in dem Augenblick des Schwörens, und weil sie der Bessrung einen so furchtbar starken Riegel vorschiebt. Ich sage nicht, daß der Riegel unverschieblich, unzerbrechlich sei; allein wer soll ihn zerbrechen oder verschieben? Wird der die Kraft haben, der Gott von sich gewiesen hat und sein heiliges Wort wissentlich und bedacht? Du sollst den Namen des Herrn deines Gottes nicht mißbrauchen. Die ihr dies Wort am Osterfest hört, o müßt ihr nicht an den denken, welchen der Jünger einer seinen Herrn und seinen Gott nennt? Mein Herr und mein Gott! ruft Thomas aus. Hat nicht jeder Gläubiggewordene auch einmal so gerufen: Christus, mein Herr und mein Gott! Was thut der Falschschwörende? Er mißbraucht diesen Namen gräulich. Christus soll nicht sein Herr mehr sein, Christus soll nicht sein Gott mehr sein; er will von dem nichts wissen, dem doch alles unter die Füße gethan ist, von ihm nichts haben, jetzt nicht, künftig nicht, der doch in seinen Händen alles hat und um deswillen der himmlische Vater den Bittenden ihr Flehn erhört; er will sich nicht kehren an den, welchen die Engel anbeten und vor dem sie ihre Kronen niederlegen. Seele, was thust du? Ich höre eine Saite schwingen, von dem an das ganze Instrument nichts andres als Mißtöne giebt, Ps. 109, von dem an auch dein Gebet eine Sünde ist. Christum schwörst du ab; wem zu? Christum ab! Ja, wenn du seine Gottheit ihm nähmest und den Scepter seiner Herrschaft entwändest!

Aber sein Stuhl ist fest gegründet und sein Scepter wankt nicht; so wenig als wir andern Alle kannst du ihm entfliehn und mußt, mußt ihm in die Hände fallen. Was wird er thun?

Des Textes zweiter Theil: Denn der Herr wird den nicht ungestraft lassen, der seinen Namen mißbraucht. Ist solche Strafe denn nicht abzuwenden? Ja, bei dem Allgütigen ist viel Vergebung, wie noch heute gesungen ist: Hier all' Sünd' vergeben werden, und wie man vormals sprach aus einem Gesange: Es ist keine Sünde so groß, Wer sich nur legt in Christi Schooß, Dem wird sie wohl vergeben. Nur ist es kein leichtes Werk, sich in Christi Schooß zu legen. Der Reuige muß erst den abgeschwornen Christum wieder haben, muß ihm so nahe kommen, daß er in dessen mildes Versöhnerauge schaut, an ihm muß alles brechen und sich biegen und kein Heil gesehen werden von den weinenden Augen, als bei dem allein, welchen Gott hat vorgestellet zu einem Gnadenstuhl, Röm. 4. Doch, ich rede ja nicht, um reuigen Falschschwörern den Weg zu zeigen, den sie zu gehen haben; - war' ein solcher unter euch, der komme zu mir zum Alleinsprechen mit mir. Sondern ich soll vor dem falschen Eide warnen und zwar mit der nicht zu umgehenden Sprache. O, da kann ich aber mit dem Text nicht auf der Erde bleiben. Anders war es zu jener Zeit, da Gott der Herr jenes Wort sprach. Da hatte er noch das ewige Leben nicht aufgeschlossen, da hatte er noch alles, Wohl- und Uebel ergehn, in dies enge Erdenleben beschlossen. Freilich, er hat sich des Strafens hier auch jetzt noch nicht begeben, er thut's auch jetzt noch an Hab' und Gut, an Gesundheit und Muth und wo immer der Mensch empfindlich ist. Doch später hat Gott eine Ewigkeit geoffenbart, und Christus hat uns die zwei verschiedenen Oerter gewiesen, Himmel und Hölle. Ob denn auf Erden auch ein Meineidiger ungestraft bleibt - es kann sein; aber Gottes Gerechtigkeit geht auf wollenen Füßen und schlägt mit eisernen Händen; der Frevler weiß nicht, wie bald sie ihn treffen kann -, wenn er auch hier von keinem Schlage getroffen wird, in Glück lebt und in Ehren stirbt: in großer Schande wird er erwachen und zu einem unbeschreiblichen Elende. Der schreckliche Spruch über ihn wird jede Warnung ihm härten, die er hier erhalten hat. Dazu gehört auch diese Predigt, diese letzte vom Meineid und die voraufgegangene, darin die wirkliche Auferstehung Jesu ihm gewiß gemacht und diese Gewißheit bei ihm fruchtbar zu machen gesucht ist, auf die ein Gesang gefolgt ist, der auch eine Warnung enthalten hat: „Wer von dem guten Wege weicht, wieviel kann der verlieren“, und eine schöne Ermahnung demnächst, Herz und Leben Gott zu weihen. Sprecht Alle: Wir wollen uns warnen lassen und uns ermahnen lassen. Amen.

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