Christian I., Kurfürst von Sachsen - Auslegung des heiligen Vaterunsers, gebetsweise.
Ach du allmächtiger, gnädiger, gütiger Gott und Vater, der du allenthalben um und bei uns bist, Alles schaffest, erhältst und beschirmest, und aller Dinge Macht hast: du verachtest nicht, wenn wir dich um etwas bitten, und willst uns auch geben, was wir bedürfen.
1. So bitten wir dich nun, du wollest uns nach deiner Barmherzigkeit ansehen und Gnade verleihen, daß dein heiliger Name unter uns und in aller Welt geheiliget und recht erkannt werde, durch reine und rechtschaffene Lehre deines Wortes, wie durch brünstige Liebe unsers Lebens. Wollest gnädiglich abwenden alle falsche Lehre und böses Leben, wodurch dein werther Name geschändet und gelästert wird. Gieb, daß wir deinen Namen loben, wenn du uns Gnade und Barmherzigkeit beweisest, und ihn anrufen im Leiden und Sterben.
2. Daß auch dein Reich zu uns komme, daß du uns regierest durch deinen heiligen Geist und uns fromm machest; denn wenn wir von dir verlassen sind, so fallen wir in alle Sünde, Laster und Unfall. Gieb auch Gnade, auf daß alle Sünder, Verblendete und vom Teufel in sein Reich Gefangene zur Erkenntniß des rechten Glaubens an Jesum Christum, deinen lieben Sohn, gebracht und die Zahl der Christen groß gemacht werde.
3. Gieb uns auch, Vater, deinen heiligen Geist, der uns stärke, daß wir deinen Willen mit Geduld ertragen mögen, thun und leiden, beides im Guten und im Bösen, allezeit unsern Willen brechen, opfern und tödten, und uns nicht über dich erzürnen, ob uns schon dünkt, es geschehe uns etwas Anderes, als wir gern wollen. Wir möchten wohl lieber, daß es uns allewege nach unserm Willen ginge und daß wir ohne Kreuz wären; aber, Herr Gott, schaffe deinen Willen an uns und gieb uns Gehorsam und Geduld.
4. Gieb uns auch unser tägliches Brod; behüte uns vor Geiz und Sorge des Bauches, und laß uns alles guten zu dir versehen. Gieb uns alles, was wir bedürfen zu diesem zeitlichen Leben: Verstand im Regimente, Gesundheit, Andern zu dienen, kluge, vernünftige Fürsten und Herren, Friede und Einigkeit, daß wir mit unsern Ehegemahlen, Kindern und ganzem Hausgesinde haben, was du versprochen hast: Trachtet am ersten nach dem Reiche Gottes, so wird euch das Andere auch zufallen.
5. Vergieb uns auch unsere Schuld, daß wir ein sicheres, fröhliches Gewissen vor dir haben und unser Herz vor keiner Sünde sich mehr fürchten noch erschrecken müsse. Rechne uns die alte Schuld nicht vor, sondern schweige dazu und bedecke sie im Himmel. Wir wollen gerne allen auf Erden, die uns beleidigen, von Herzen verzeihen und friedlich mit ihnen sein. Denn so wir vergeben, so willst du uns auch vergeben, wie du uns versprochen hast.
6. Führe uns nicht in Anfechtung; laß uns nicht fallen, wenn wir versucht werden, sondern hilf uns durch deinen Geist das Fleisch zwingen, die Welt mit ihrem Wesen verachten und den Teufel, der uns in alle Schande zu bringen begehrt, mit all seinen Tücken überwinden. Schütze und schirme uns, lieber Vater, wenn wir von unsern Feinden zeitlich und ewig angefochten werden, und laß uns nicht sinken; denn wir vermögen uns mit unsern Kräften nicht zu beschirmen, darum behüte du uns.
7. Und zuletzt erlöse uns von allem Uebel, von aller Noth und Widerwärtigkeit des Leibes und der Seele, leiblich und geistlich, zeitlich und ewig. Behüte uns vor schändlicher Armuth, vor weltlichem Schimpf, vor Aussatz und Pestilentz, vor allem Unglück und Uebel. Amen. Das ist, ich glaube ungezweifelt, es sei Ja und erhöret im Himmel, wie uns Christus zugesagt hat: Was ihr bittet, glaubet nur, daß ihr es empfangen werdet, so soll es geschehen.