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Calvin, Jean - Buße und Glaube

Calvin, Jean - Buße und Glaube

Nunmehr gilt es, genauer zu erwägen, wie dieser Glaube beschaffen sein muß, durch welchen die, die zu Kindern Gottes angenommen sind, in den Besitz des Himmelreichs gelangen. Denn es versteht sich von selbst, daß ein so großes Ding nicht irgendeine Meinung, ja nicht einmal eine Überzeugung ausrichten kann. Je schlimmer nun die Täuschungen sind, denen sich heute viele über die Natur des Glaubens hingeben, desto sorgfältiger und genauer müssen wir sein wahres Wesen erforschen, sehr viele verstehen unter dem Glauben nichts anderes, als eine äußerliche Zustimmung zu den evangelischen Geschichten. Nicht in Unwissenheit, sondern in Erkenntnis besteht der Glaube; und zwar handelt es sich nicht bloß um Erkenntnis Gottes, sondern des göttlichen Willens. Auch macht es uns nicht selig, daß wir bereitwillig als wahr annehmen, was die Kirche zu glauben vorstellt, oder daß wir ihr das Forschen und Denken überlassen, sondern daß wir auf Grund der in Christo vollzogenen Versöhnung Gott als unsern gnädigen Vater erkennen, und daß wir Christus als unsere Gerechtigkeit, Heiligung und unser Leben ergreifen. Durch solche Erkenntnis, nicht durch Unterwerfung unseres Verstandes werden wir den Eintritt ins Himmelreich gewinnen.

Wir haben noch auseinanderzusetzen, daß die Buße aus zwei Stücken besteht, nämlich aus der Abtötung des Fleisches und der Erneuerung durch den Geist. Das drücken die Propheten in Rücksicht auf das fleischliche Verständnis des Volkes schlicht und einfach, aber doch deutlich aus: laß ab vom Bösen und tue Gutes. Denn wenn sie das Volk vor der Bosheit warnen, so wollen sie dem Fleisch das von Bosheit und Verkehrtheit erfüllt ist ganz und gar den Todesstoß versetzen. Welch ein schweres und unerschwingliches Ding, dass wir uns selbst ausziehen und die angeborene Art fahren lassen sollen. Denn erst dann ist das Fleisch wahrhaft getötet, wenn alles ausgetilgt ward, was wir von uns selbst haben. Weil die ganze Sinnesrichtung des Fleisches Feindschaft wider Gott ist, so ist der erste Schritt zum Gehorsam gegen Gottes Gesetz die Verleugnung unserer Natur, darnach wachsen die Früchte, an denen man die Erneuerung erkennt: Gerechtigkeit, Gericht und Barmherzigkeit. Denn eine pünktliche Befolgung solcher äußeren Pflichten wäre nicht genug, wenn nicht Gemüt und Herz vorher Gerechtigkeit, Urteil und Gnade erworben haben. Dies geschieht, wenn Gottes Geist uns mit seiner Heiligkeit durchströmt und uns neue Gedanken und Triebe eingibt.

Die hiermit beschriebene Abtötung und Erneuerung gewinnen wir kraft der Gemeinschaft Christi. Treten wir wahrhaft in die Gemeinschaft seines Todes, so wird durch seine Kraft der alte Mensch gekreuzigt, und der Leib der Sünde stirbt, so daß die Verkehrung der alten Natur nicht mehr die Oberhand hat. Stehen wir in der Gemeinschaft seiner Auferstehung, so werden wir durch sie zu einem neuen Leben erweckt, wie es der Gerechtigkeit Gottes entspricht. Ich kann also mit einem Wort die Buße als die Wiedergeburt beschreiben, die den Zweck hat, das Bild Gottes in uns wiederherzustellen, welches durch Adams Übertretung beschmutzt und so gut wie ausgetilgt war.

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