Calvin, Jean - An Herzog Christoph von Württemberg.

Nr. 225 (C. R. – 994)

Calvin, Jean - An Herzog Christoph von Württemberg.

Widmung des Kommentars zu den kleinen Paulusbriefen.

Dass ich als ein dir Unbekannter, erlauchtester Fürst, es wage, diese meine Arbeit dir zu widmen, diese Tat des Vertrauens bedarf einiger Entschuldigung, damit sie nicht etwa als zu kühn verurteilt wird. Doch kann diese Entschuldigung ebenso kurz sein, als sie leicht und rasch zur Hand ist. Es war nämlich vor kurzem der treue und in mancherlei Erfahrungen bewährte Diener Christi Pierre Toussaint hier, dem du die Verwaltung der Kirche zu Montbeliard nach deines Vaters, des durchlauchtigsten Fürsten, Vorgang anvertraut hast. Der sprach so überaus rühmend von dir, dass mich ein solcher Preis deiner Tüchtigkeit zu der Äußerung veranlasste, ich hätte etwas in Händen, das ich bald veröffentlichen und gerne dir widmen würde, wenn ich wüsste, dass eine solche Huldigung dir nicht unlieb wäre. Da forderte er mich nicht nur dazu auf, es zu tun, sondern er gab mir fast das Versprechen, ich brauche nicht zu fürchten, dass meine Huldigung deine Billigung nicht finden könne. Nun weißt du, ausgezeichnetster Fürst, was mir Mut gab zu meinem Wagnis. Zwei Gründe aber hatte ich auch, die mich dazu trieben. Wenngleich du von dir aus schon ganz bereit und eifrig bist, fortzufahren auf dem rechten Wege, so dachte ich doch, es sei kein überflüssiges Anspornen, wenn ich dich namentlich einlüde zum Studium einer Lektüre, die dich nicht wenig bestärken kann. Denn diese Hilfe, die die meisten Fürsten heute entbehren, ist dir von Gott zu Teil geworden, dass du, von Kind auf wohl unterrichtet in der lateinischen Sprache, keine Mühe hast, gute, fromme Bücher zu lesen. Und wenn es je eine Zeit gab, da Trost aus der heiligen Schrift nötig war, so lässt das gegenwärtige Elend der Kirche, ja das noch größere und furchtbarere, das zu drohen scheint, selbst dem heldenhaftesten Herzen nicht andres übrig. Will also jemand unbesiegt bleiben bis zuletzt, so verlasse er sich ganz auf diese Stütze. Will jemand festen Schutz haben, so lerne er sich in dieses Asyl zu begeben. Nun wirst du, vortrefflichster Fürst, in den vier Briefen, die ich dir hier mit meiner Auslegung darbiete, viele Trostgründe finden, die für unsere Zeit passen, die ich jetzt hier nicht behandeln will, weil sie, jeder an seinem Ort, und dazu noch besser, hervortreten.

Ich komme zum zweiten Grund, der mich, wie gesagt, antrieb, dir mein Werk zu widmen. Nämlich, in dieser Verwirrung aller Verhältnisse, die die einen erschüttert, die andern ganz darnieder wirft, bist du in deinem Sinn wunderbar gleichmäßig und ruhig geblieben, und zugleich ungemein standhaft in allen Stürmen. So ist es nach meiner Meinung der ganzen Kirche von großem Nutzen, wenn in dir, wie in einem klaren Spiegel, allen ein Vorbild zur Nachahmung gezeigt wird. Denn obschon der Gottessohn allen den Seinigen das Gesetz gegeben hat, lieber unter seiner Kreuzesfahne zu streiten, als weltlich zu triumphieren, so findet man doch sehr wenige, die zu solchem Kriegsdienst bereit sind. Umso nötiger ist es, dass durch ein so seltenes Beispiel, wie man es an dir sieht, alle ermuntert werden und ihre Schwachheit überwinden lernen.

Über meine Kommentare will ich nur soviel sagen, dass vielleicht mehr in ihnen enthalten ist, als ich, ohne unbescheiden zu sein, sagen darf. Doch darüber bildest du dir besser dein Urteil selbst, wenn du sie liesest. Lebwohl, erlauchtester Fürst. Der Herr Jesus erhalte dich lange kräftig für dich und seine Kirche und leite dich mit seinem Geist.

Genf, 1. Februar 1548.

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