Nr. 217 (C. R. – 975)
Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (217).
Die „eiteln Gerüchte“ beziehen sich auf die Gefahr durch den Kaiser. Perrin war am 29. November durch Ratsbeschluss aus der Haft entlassen worden, weil ihm nichts bewiesen werden konnte. Maigrets Prozess war noch unentschieden.
Über die schlimmen Verhältnisse in Genf.
Es wundert mich nicht, dass du ungehalten bist, in dieser Zeit so selten einen Brief von mir zu bekommen, und ich danke dir dafür. Denn ich sehe wohl, weshalb du in Sorge um uns bist. Du hörst täglich vieles, was dir teils herben Schmerz bereitet, teils dich allerlei befürchten lässt. Was geredet wird, ist ja fast nur eitles Geschwätz, jedoch im Innern der Stadt bedrängen uns schlimme Dinge, die aber so wenig laut werden, dass sie selbst in der Stadt nur wenigen bekannt sind. Die Bestie, die neulich durch Betrug der Wärter aus ihrem Käfig entwischt ist, schnaubt nichts als Drohungen. Wenn erst Maigret weggeräumt ist, den sie schon in ihrer Hand glauben, versprechen sie sich viel. Denn sie meinen, das werde ein Pfand dafür sein, dass sie ihre jetzt unterdrückte Freiheit wieder erlangen. Sicherlich ist die Lage so verworren, dass ich dran verzweifle, diese Kirche länger aufrecht halten zu können, wenigstens durch mein Wirken. Der Herr erhöre Euer stetes Gebet für uns. Der Bruder, der dir dies bringt, wird dir alles besser erzählen können. Lebwohl, bester Bruder. Grüße alle Brüder angelegentlich.
Genf, 14. Dezember 1547.
Dein
Johannes Calvin.