Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (302).

Nr. 302 (C. R. – 1398)

Calvin, Jean - An Farel in Neuchatel (302).

Farel hatte in einem Brief Calvins Werke gelobt. Der genannte Henri ist Heinrich II. von Frankreich, „der andere Löwe“ Karl V. Es bestanden noch immer Schwierigkeiten zwischen Bern und Genf wegen Besteuerung waadtländischer Gebiete. Der Marschall de la Marche und der Herzog de Nemours erhoben Erbansprüche auf Neuchatel. Weggelassen eine unverständliche Zwischenbemerkung an Christophe Fabri.

Allerlei Nachrichten.

Ich habe nichts, dir deinen Brief nach Verdienst zu lohnen, nur, sobald mirs der Herr gibt, dass mein Kommentar zur Genesis bis zum dritten Kapitel fertig ist, will ich dir eine Probe davon zu versuchen geben; erstens damit du, falls meine Arbeit es wert ist, dir Freude zu machen, diese Frucht im voraus genießest, zweitens damit ich mich in der weiteren Behandlung des Textes nach deinem Urteil richten kann, wenn du findest, es sei etwas auszusetzen.

Mein Büchlein vom Ärgernis ist im Verhältnis zur unendlichen Fülle des Stoffes nicht nur kurz, sondern auch sehr knapp. Alles wird auf den Schlusssatz zurückgeführt, die Bösen hätten kein Recht, das Evangelium zu verlästern und verhasst zu machen unter dem Vorwand, es stifte Ärgernis; die Schwachen aber müssten gewappnet sein, durch treuen Glauben alles, was ihnen der Satan an Ärgernissen in den Weg werfe, zu überwinden; wenn einer sich dadurch vom rechten Wege abbringen lasse, oder daran Anstoß nehme, oder deswegen abfalle, so sei das eine Schuld, die nicht zu entschuldigen sei. Zugleich aber zeige ich, wie entsetzlich die Strafe Gottes für die bleibt, die Ärgernis geben.

Greife du indessen mit Glück jenes Ungeheuer an; ich baue darauf, dass du es schon getan hast. Wenn dir Viret über Henri ein wenig gute Hoffnung gemacht hat, so ist nichts daran. Täglich schwirren derartige Gerüchte umher; wir wollen ihnen also nicht mehr Glauben schenken, als sie verdienen. Es kann dir ein sicherer Beweis dafür sein, dass nichts an der Wildheit dieser Bestie gemildert ist, wie unsere Brüder von Tag zu Tag mehr bedrückt werden und nicht entfernt etwas von Erleichterung spüren. Der andere Löwe soll irgendetwas Großes planen. So müssen wir Gott bitten, er möge die Wut der beiden brechen, oder sie wenigstens wie bisher durch den gegenseitigen Zusammenstoß schwächen, dass sie weniger mächtig sind, Schaden anzurichten. Die Gefahr, aus der uns der Herr errettet hat, war mir nicht verborgen. Und an der Partei der Bösen lags nicht, dass unsere arme Stadt sich nicht sozusagen freiwillig ins Verderben stürzte. Aber weil ich gute Hoffnung auf Abhilfe hatte, so erschreckte es mich nicht so sehr. Die Steuerfrage wird mir, fürchte ich, neuen Hass zuziehen. Denn die Berner werden erfahren, dass ich und de Normandie zu Rat gezogen worden sind. Ich will aber lieber das auf mich nehmen, als die umkommen lassen, denen ich Rat geben muss. Eine freundschaftliche Mitteilung konnte ich nicht erreichen, so blieb mir nur übrig, ihnen den besten Weg sonst zu zeigen. - - -

Ich weiß nicht, ob du Butzers Brief an Viret gesandt hast. Übrigens siehst du daraus, dass der gute Mann jetzt an allzu großer Empfindlichkeit leidet. Ich werde bald in ruhigem Ton an ihn schreiben. Von den Zürchern will ich [ihm gegenüber] fortan ganz schweigen. Denn ich sehe, man erreicht doch nichts anderes, als dass er noch mehr verletzt wird. Denn darin hat das Wort des Terenz recht: wer im Unglück ist, empfindet alles als Kränkung. Er macht kein Hehl daraus, dass er glaubt, er sei von seinen alten Freunden vernachlässigt, da sie ihm so selten schreiben. Und vielleicht täuschte er sich darin nicht in Bezug auf Sturm, dessen Freundschaft er früher so sehr alles Vertrauen schenkte, dass er vielen andern um dieses einen willen Unrecht tat.

Nun lebt beide wohl, liebste Brüder. Der Herr sei stets mit Euch, leite und behüte Euch. Amen.

Genf, 18. August.

Sieben Tage später, als ich glaubte. Denn ich wollte Laternier den Brief nicht mitgeben, obwohl ich ihn schon bereit gelegt hatte. Als ich vergeblich versucht hatte, ihn mit seiner Frau auszusöhnen, entließ ich beide nicht ohne schweren Ärger.

Euer
Johannes Calvin.

De Normandie lässt Euch vielmals grüßen. Ebenso die andern Freunde. Wir haben eben einige Leute hier, die gar nicht unsere Freunde sind, der Marschall de la Marche, der Herzog de Nemours und eine allzu große Schar vom selben Teig. Doch gehen sie vor dem Essen wieder weg.

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