Brenz, Johannes - Die zweite Predigt. Auslegung des zweiten Gebots.
Nun habt ihr im nächst Vorhergehenden gehört, wie ihr das erste Gebot verstehen sollt, darin wir lernen, wie unser Herz gegen Gott stehen soll: darum folgt jetzt hernach das zweite Gebot, das also lautet:
Du sollst den Namen des Herrn, Deines Gottes, nicht unnützlich führen.
Dieses Gebot, meine lieben Kinder, lehrt uns, wie wir uns mit den Worten gegen Gott verhalten sollen, nämlich also, daß wir den Namen des Herrn und alles dessen, was man von Gott Gutes sagt, nicht vergeblich oder zu unnützen Dingen brauchen sollen, sondern allein, wenn es Gott zu Lob und Ehre und unserem Nächsten zu Nutze kommt, auf daß Jedermann an unsern Worten merke, daß wir Gott in unserem Herzen herrlich und groß halten, fürchten und lieb haben; denn dadurch werden andere Leute auch gereizt, den Namen Gottes zu ehren. Wenn wir aber leichtfertig mit dem Namen Gottes umgehen, so ärgern sich andere Leute darüber, lernen es von uns, und werden auch böse: so sind wir denn an ihrer Sünde schuldig. Nun spricht aber Christus im Evangelio Matth. 18,6.: Es wäre besser, daß ein Mensch ertränkt würde, denn daß er Aergerniß gibt: darum, meine lieben Kinder, nehmt es zu Herzen, merkt es, und mißbraucht den Namen Gottes nicht.
Es heißt aber nicht allein das der Name Gottes, wenn man Gott den Vater oder den Herrn Christum nennt, sondern alles das, was man von Gott Gutes sagt und sagen soll. Gleich wie man sonst in der Gemeine zu reden pflegt, und spricht: Der Mann hat einen guten Namen, das ist, man sagt viel Gutes von ihm, oder, der hat einen bösen Namen, das ist, es geht ein böses Geschrei über ihn: also auch heißt das Gottes Name, was man von ihm Gutes sagt, wie, daß er gerecht, wahrhaftig, barmherzig und gütig sey.
Nun merkt mit Fleiß, meine lieben Kinder, daß der Herr nicht spricht: Du sollst den Namen des Herrn, deines Gottes, ganz und gar nicht führen, gebrauchen oder nennen, sondern er spricht allein: Du sollst ihn nicht vergeblich führen; denn der Herr kann es wohl leiden, und steht es gerne, daß wir seinen Namen führen und nennen, wenn es nur nicht unnützlich und vergeblich geschieht, sondern Gott zu Ehren, und uns oder unserem Nächsten zu Gute kommt.
Darum sollt ihr auch fleißig lernen, und merken, in welchen Stücken man Gottes Namen vergeblich führet, auf daß ihr euch davor hüten könnt, und nicht sündiget.
Es wird aber der Name Gottes in vielen Stücken unnützlich und vergeblich genannt.
Zum Ersten. Wenn man etwas einen Gott nennet, oder wie einen Gott ehret, lobt und preiset, das doch nicht Gott ist, wie die Heiden vor Zeiten gethan haben, die da die Sonne, den Mond und die Sterne, auch etliche Menschen, wie Könige und Tyrannen, Götter nannten; auch wie die Juden thaten, die das goldene Kalb anbeteten, und sprachen 2 Mos. 32,4.: Das ist der Gott, der uns aus dem Aegyptenland geführt hat. Das ist, meine lieben Kinder, eine solche große Sünde, daß Gott, der Herr, im alten Testament geboten hat 5 Mos. 13,16., wenn es ein Mensch thut, so soll man ihn erwürgen, und wenn es eine ganze Stadt thut, so soll man sie zerstören, verbrennen, und alles umbringen, was darin ist. Darum sollen wir uns auch fleißig vor dieser Sünde hüten: es wird uns sonst Gott gewiß an Leib und Seele hart strafen.
Zum Andern. Man nennt Gottes Namen unnützlich und vergeblich, wenn man bei seinem Namen unrecht und falsch schwöret, es sey gleich vor Gericht oder in täglichen Geschäften; auch wenn die Obrigkeit unnöthige und leichtfertige Eide aufleget, der man wohl gerathen könnte. Darum sollt ihr euch fleißig davor hüten, und für euch selbst aus böser Gewohnheit nicht schwören, sondern ihr sollt thun, wie uns der Herr Christus lehret; denn er spricht Matth. 5,37.: Euere Rede sey Ja, Ja; Nein, Nein. Wenn ihr aber je schwören müßt, daß die Obrigkeit es euch auferlegt, so schwöret nicht unrecht, sondern sagt die Wahrheit, und haltet treulich, was ihr zugesagt und geschworen habt. Und wenn ihr ins Regiment kommt, und wenn ihr alt werdet, so gebt nicht Ursache, daß man leichtfertige und unnöthige Eide schwören muß; denn was man mit unnöthigen Eidschwören sündiget, das sündiget die Obrigkeit, die es auflegt, und nicht die Unterthanen, die aus Noth gehorsam seyn müssen um des Gewissens willen, Röm. 13,5.
Zum Dritten. Man nennt den Namen Gottes unnützlich und vergeblich, wenn man damit flucht: welches Laster zu dieser Zeit sehr über Hand genommen hat, also daß jetzt nicht allein die Männer und jungen Gesellen, sondern auch die Weiber und Jungfrauen, ja auch die jungen Kinder aufs Allergräulichste fluchen, nicht allein wenn sie zürnen, sondern auch wenn sie guter Dinge sind. So fluchen sie ohne alle Noth, gleich als wäre es eine Tugend und Wohlstand, so es doch eine solche grosse Sünde vor Gott, und eine solche Schande vor der Welt ist, daß es Niemand genug sagen kann. Denn der Heilige Paulus spricht Philipp. 2,10: Es beugen sich im Namen des Herrn alle Kniee, Himmlische, irdische und höllische, das ist, es ehren nicht allein die Engel und die Menschen unsern Herrn und Gott, Jesum Christum, sondern auch die Teufel in der Hölle erschrecken ob seinem Namen, und müssen ihm Ehre erbieten, und sich gegen ihn neigen, wenn sie ihn nennen hören.
So bedenkt nun, meine lieben Kinder, ob nicht die Leute, die so gräulich fluchen, ärger und verstockter seyen, denn der Teufel selbst, dieweil sie dem Namen Gottes keine Ehre geben, nicht davor erschrecken, ihre Kniee nicht beugen, sondern fluchen bei Gottes Namen, bei seinem Leiben, bei seiner Marter, bei seinen Wunden, bei seiner Kraft, und andere grosse, gräuliche Flüche, die ein Christ auch nicht nennen soll; und wünschen dazu ihrem Nächsten in solchem Fluchen alles Unglück, das sie erdenken können, so sie doch den Nächsten lieb haben sollen als sich selbst. Dazu ist das auch überaus unchristlich, daß der Name Gottes zum Fluchen gemißbraucht werden soll, so man doch allein damit segnen, und je Einer dem Andern alles Gute damit wünschen soll.
Darum sollt ihr nicht zweifeln, wenn ihr einen Menschen also fluchen höret, und den Namen Gottes so lästerlich mißbrauchen, er ist im selben Fall blinder und ärger, denn der Teufel selbst; denn der Teufel fürchtet sich vor dem Namen Gottes und neigt sich, und darf selbst nicht also toben und fluchen mit dem Namen Gottes. Darum hat auch David von solchen Leuten recht und wohl gesagt Psalm 5,10.: Ihr Schlund ist ein offenes Grab. Denn gleichwie der Todten Gestank aus einem offnen Grab Zeugniß gibt, daß ein stinkendes Aas darinnen liegt, also geben die gräulichen Früchte, die aus des Menschen Rachen gehen, auch Zeugniß, daß eine todte, gottlose Seele darin stecke.
Darum, meine lieben Kinder, hütet euch mit allem Fleiß, daß ihr nicht fluchen lernt, und gewöhnet, ja wenn ihr andere Leute fluchen Höret, so flieht davon, und bedenkt, ich möchte des Fluchens auch gewöhnen, wenn ich zuhörete: so wäre ich dann auch ärger, denn der Teufel.
Zum Vierten. Man nennt Gottes Namen unnützlich und vergeblich, wenn man unnütze, leichtfertige, lächerliche Fabeln und Mährlein von Gott und von göttlichen Dingen schwatzet, und das Wort Gottes dazu mißbraucht, und einen lächerlichen Scherz und Gespötte darauß macht; denn es wird Gott dadurch verunehret, und kommt sein Wort in Verachtung: das bringt dann Aergerniß und Schaden am Glauben.
Zum Fünften. Man nennt Gottes Namen unnützlich und vergeblich, wenn man Zauberei damit treiben will. Das ist nicht allein Sünde, sondern auch eine grosse mächtige Thorheit; denn das sollt ihr Kinder für gewiß halten, daß es nichts mit der Zauberei ist, sondern es ist eitel Betrug und Lügen, die von bösen Buben erdacht sind, einfältige Leute zu narren und zu äffen, wie das viele Leute mit ihrem Schaden erfahren haben. Darum hütet euch davor, glaubt nicht daran, lernet es nicht, und fürchtet euch nicht davor: es ist nichts, denn daß der Teufel dadurch grosse Sünde anrichtet, daß man Gottes Namen mißbraucht, in mancherlei Aberglauben fällt, und Eines dem Andern verdächtig wird, daraus dann Feindschaft, Zorn, Neid, Haß, Afterrede und alles Uebel entsteht: das gefällt dann dem Teufel wohl. Aber Gott hat es verboten und gesprochen: Man soll die Zauberer nicht leben lassen.
So fürchtet nun den Herrn, meine lieben Kinder, und mißbraucht seinen heiligen göttlichen Namen nicht, treibt nicht Abgötterei, schwöret nicht falsch, scheltet und flucht nicht, schwatzet nicht leichtfertig von göttlichen Dingen, treibt keine Zauberei; denn Gott, der Herr, hat bei dem Gebote besonders gedroht, er wolle es nicht ungestraft lassen. Darum hat Moses hinzugesetzt: Der Herr wird den nicht für unschuldig halten, der seinen Namen vergeblich führet. Das sollt ihr Kinder nicht verachten, ihr sollt auch nicht gedenken, ei, es schadet nicht, es sind nur Worte, es ist mein Ernst nicht, es geht nicht von Herzen, und dergleichen. Nein, bei Leibe gedenkt nicht also, sondern hütet euch mit Fleiß, daß ihr den Namen Gottes nicht unnützlich brauchet, weder im Scherz noch im Ernst, denn er ist heilig, und soll aufs Allerehrlichste und Heiligste gehalten werden. Wer es aber nicht thut, den will der Herr nicht für unschuldig halten oder seyn lassen, sondern er will ihn ernstlich strafen. Wenn aber der Herr straft, so schickt er Krankheit, Sterben, Theuerung, Armuth, Krieg, böse schädliche Thiere, Räuberei und Mörderei und dergleichen, damit er unsere Sünde bezahlt. Darum sollen wir seinen Zorn fürchten, und seinen Namen nicht mißbrauchen.
Wir können aber seinen Namen wohl brauchen zum Guten, wir sind es schuldig zu thun. Das sollt ihr, meine lieben Kinder, fleißig merken. es wird aber sein Name vornehmlich in dreien Stücken wohl gebraucht, nämlich im Anrufen, Bekennen und Danksagen: darum sind wir auch schuldig den Namen Gottes in diesen dreien Stücken immerdar zu gebrauchen.
Zum Ersten. Wir sollen ihn anrufen in allerlei Noth und Anliegen, und unsere Zuflucht nicht zur Zauberei und andern unordentlichen Dingen nehmen; denn es spricht der Herr Psalm 50,15.: Rufe mich an zur Zeit der Noth, so will ich dich erhören; und du wirst meinen Namen preisen. Da höret ihr Kinder, daß es Gott der Herr von uns haben will, daß wir ihn anrufen sollen, und sonst Niemanden; und sollen das thun in der Zeit der Noth, wann es uns übel gehet. Darum soll auch Niemand verzagen oder verzweifeln, es gehe ihm so übel, als es immer wolle, sondern soll den Herrn anrufen, der ihm helfen kann und will, es sey die Noth so groß, als sie immer wolle; darum spricht er auch: Ich will sich erhören.
Das sollt ihr Kinder fleißig merken, daß ihr schuldig seyd zu beten, und Sünde thut, wenn ihr nicht betet. Darum sollt ihr das Vater unser lernen, und täglich beten; denn das Gebot lehrt und treibt uns zu beten, dieweil es befiehlt, man soll Gottes Namen nicht unnützlich, sondern nützlich brauchen. Es wird aber der Name Gottes nirgends nützlicher gebraucht, denn wenn man betet. Darum wer nicht betet, der hält das andere Gebot nicht: das wird dann der Herr nicht ungestraft lassen.
Zum Andern. Wir sollen den Namen Gottes bekennen, das ist, wir sollen unsern Glauben, und alles, was wir von Gott und unserm Herrn Jesu Christo Gutes wissen, frei bekennen und nicht verleugnen, wenn man uns schon darum feind wird und verfolgen will. Denn es hat uns Christus im Evangelium getröstet und gesprochen Matth. 10,28.: Fürchtet die nicht, die den Leib tödten können und die Seele nicht; und abermale spricht er Luc. 12,7.: Es wird nicht ein Haar von eurem Haupt fallen ohne den Willen eures Vaters im Himmel. Darum sollen wir keck seyn, und uns nicht erschrecken lassen, sondern Gottes Wort und unsern Glauben bekennen, und andere Leute auch unterrichten und lehren, ein Jeder nach seinem Beruf, auf daß alle Menschen zur Erkenntniß der Wahrheit kommen; und wenn wir es nicht thun, so thun wir Sünde, und werden darum verdammt werden; denn der Herr Christus spricht Marc. 8,38. Luc. 18,8.: Wer mich bekennet vor den Menschen, den will ich auch bekennen vor meinem Vater im Himmel; wer sich aber meiner schämet vor den Menschen, dessen will ich mich auch schämen vor meinem Vater im Himmel.
Zum Dritten. Wir sollen den Namen Gottes preisen, und ihm für alle Wohlthat, die er uns erzeigt hat, und noch täglich erzeigt, Lob und Dank sagen; wie der Herr spricht: Rufe mich an in der Zeit der Noth, so will ich dich erhören; und so wirst du dann meinen Namen preisen. Da hört ihr, meine lieben Kinder, daß unser Herr uns darum erhöret, und alles Gute thut, daß wir ihn darum Loben und Preisen sollen. Darum wenn wir beten wollen, sollen wir auch Gott danken, und ihn loben und preisen für die Güter, die er uns vorhin gegeben hat, so erhört er uns desto lieber, und wird auch unser Glaube gestärkt, wenn wir bedenken, wie uns Gott vorhin oft erhört und geholfen habe, so daß wir nicht zweifeln, er werde uns auch jetzt erhören. Darum spricht David, Psal. 18,4.: Ich will den Herrn anrufen mit Loben, so wird er mich von meinen Feinden erlösen. Das sollt nun ihr, meine lieben Kinder, auch lernen und gewöhnen, daß ihr Gott zum Ersten Lob und Preis sagt für alle seine Wohlthat, und darnach betet und Gott anruft in eurem Anliegen, so wird Gott desto williger zu erhören, und euer Glaube desto stärker; denn wer beten will, der soll glauben, daß sein Gebet erhöret werde.
Also sollt ihr nun dieß Gebot verstehen, daß ihr den Namen des Herrn nicht vergeblich führet, das ist, daß ihr ihn nicht zur Abgötterei braucht, nicht schwöret, nicht fluchet, nicht unnütze Fabeln von Gott schwätzet, nicht Zauberei treibet; denn Gott läßt es wahrlich nicht ungestraft, sondern ihr sollt den Namen des Herrn nützlich brauchen zu der Ehre Gottes und Besserung des Nächsten, mit Anrufen, Bekennen und Preisen. Denn das ist die Meinung und der rechte Verstand dieses andern Gebotes, daß wir Gott, den Herrn, über alle Dinge fürchten und lieben sollen, daß wir mit seinem Namen nicht Abgötterei treiben, noch schwören, fluchen, spotten, zaubern, oder lügen und trügen, sondern denselbigen in allen Nöthen anrufen, bitten, bekennen, loben und danken.
Darum, meine lieben Kinder, merkt es mit Fleiß, und wenn man euch fragt: Wie verstehst du das andere Gebot? so sollt ihr also antworten: Wir sollen Gott den Herrn über alle Dinge fürchten und lieben, daß wir mit seinem Namen nicht Abgötterei treiben noch schwören, fluchen, spotten, zaubern oder lügen und trügen, sondern denselben in allen Nöthen anrufen, bitten, bekennen, loben und danken.