Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 34. Heraklit und Demokrit.

Beste, Wilhelm - Wegweiser zum inneren Frieden - 34. Heraklit und Demokrit.

Alle denkenden Menschen, selbst unter den Heiden, haben den Satz anerkannt, „dass wir mehr durch unsere Vorstellungen von den Dingen gequält werden, als von den Dingen selbst,“ und dass demnach ein Unglück immer nur so groß ist, wie groß wir es erachten. Hieraus folgt, dass der Christ der glücklichste Mensch ist; denn er weiß, dass „denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen.“1) Jedenfalls müsste man den Christen, wäre der Neid nicht Sünde, den beneidenswertesten unter den Sterblichen nennen. Wie beklagenswert muss jener griechische Weltweise Heraklit gewesen sein, der Alles, was geschah, für ein Unglück hielt und deshalb über Alles weinte! Aber was soll ich halten von Demokrit, der über Alles lachte? Soll ich dem Hippokrates Recht gegen, der, als man den für wahnsinnig gehaltenen ihm zur Heilung übergeben hatte, die Erklärung abgab: Dieser ist der klügste Mann der Welt! Nein, du bist noch weit entfernt, o Demokrit, von der Klugheit und auch von dem Glück der Kinder Gottes! Du lachst über Alles, also auch über die Sünde. Die Kinder Gottes weinen über die Sünde. Auch lachen sie nicht über das Unglück außer der Sünde, sondern sie beruhigen sich darüber, nachdem sie es gefühlt haben. So wäre denn doch Demokrit in der Tat glücklicher, als der Christ? Nein, sein Lachen macht sein Glück unmöglich; denn es macht sein Tun unmöglich, sein Tun der Liebe, ohne welches Niemand glücklich ist. Warum soll er Gutes tun, da ihm Alles gut dünkt, was geschieht! Sein Lachen muss ihm im Grunde sehr langweilig sein, und ich glaube noch das Beste vorauszusetzen, wenn ich vermute, dass es ihm mit seinem Lachen nicht Ernst ist. Lass mich immerhin, mein Heiland, den Schmerz der Erde fühlen, wie Du ihn gefühlt hast; ich werde dadurch nicht unglücklich sein. Ich werde schon glücklich sein, wenn Du mich die Wahrheit empfinden lässt, dass er ein Ende hat und eine friedsame Frucht der Gerechtigkeit. Tränen des Mitleids machten noch keine Seele unglücklich, Tränen der Buße sind die Vorboten der Seligkeit, aber Tränen des Unglaubens kommen aus rettungslos brennender Seele.

1)
Röm. 8, 28.
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