Spurgeon, Charles Haddon - Nach der Verheißung - Verfolgung ist eine Folge der Verheißung.

Spurgeon, Charles Haddon - Nach der Verheißung - Verfolgung ist eine Folge der Verheißung.

„**Wir aber, liebe Brüder, sind, Isaak nach, der Verheißung Kinder. Aber gleichwie zu der Zeit, der nach dem Fleische geboren war, verfolgte den, der nach dem Geiste geboren war, also geht es auch jetzt.“ Gal. 4, 28. 29.

Wenn Brüder so sehr verschieden sind wie Ismael und Isaak, so überrascht es uns nicht, wenn sie uneins werden und unfreundliche Gesinnungen gegen einander hegen. Ismael war älter als Isaak, und als die Zeit kam, wo Isaak entwöhnt wurde, sah seine Mutter Sara, dass der Sohn der Magd über ihr Kind spottete: so früh hatte die Verschiedenheit der Geburt und die Verschiedenheit der Stellung sich zu entfalten begonnen. Dies mag uns als ein Anzeichen dafür dienen, was wir erwarten können, wenn wir das Gott gegebene Leben besitzen und Erben nach der Verheißung sind. Die, welche unter der Knechtschaft des Gesetzes stehen, können nicht diejenigen lieben, welche durch das Evangelium frei geboren sind, und auf die eine oder die andre Art zeigen sie bald ihre Feindschaft.

Wir denken jetzt nicht an die Feindschaft zwischen der gottlosen Welt und der Kirche, sondern an die, welche zwischen Menschen, die eine bloß natürliche Religion haben, und denen, die von Gott geboren sind, besteht. Wir sprechen nicht von den Philistern, die Isaak gegenüber standen, sondern von seinem Bruder Ismael, der über ihn spottete. Der Widerstand der äußerlich Religiösen gegen die, welche von oben geboren sind und Gott im Geist und in der Wahrheit anbeten, ist der stärkste von allen. Viele teure Gotteskinder haben bitter zu leiden gehabt von dem grausamen Hass derer, die sich ihre Brüder nannten.

Wahrscheinlich war Neid der Beweggrund Ismaels; er konnte nicht ertragen, dass der Kleine den Vorrang vor ihm haben sollte. Er schien zu sagen: „Dies ist der Erbe, und deshalb hasse ich ihn.“ Vielleicht spottete er über Isaaks Erbrecht, und prahlte damit, dass er ein ebenso gutes Recht auf das Besitztum hätte, wie das Kind der Verheißung es nur haben könne. So neiden bloße Namenchristen den Gläubigen ihre Stellung, und halten sich für gerade ebenso gut wie die besten derjenigen, die da hoffen, durch die Gnade Gottes errettet zu werden. Sie selber verlangen nicht nach der Gnade Gottes, und doch können sie wie der Hund in der Krippe nicht ertragen, dass andre sie haben: sie beneiden die Heiligen um ihre Hoffnung, ihren Seelenfrieden und ihren Genuss der Gunst Gottes. Wenn einige von euch diese Erfahrung machen, so lasst euch dadurch nicht im geringsten überraschen.

Der Neid Ismaels zeigte sich am meisten bei dem großen Feste, das bei seines Bruders Entwöhnung gegeben ward; ebenso werden die, welche nur an Formen halten, wie der älteste Bruder im Gleichnis, am ärgerlichsten, wenn am meisten Ursache zur Freude über das geliebte Kind des Vaters vorhanden ist. Das Singen und der Reigen der echten Kinder Gottes sind Wermut und Galle für die stolzen, unechten Söhne. Wenn die volle Glaubensgewissheit vom Zweifel entwöhnt, und die heilige Freude von der Welt entwöhnt ist, dann höhnt der Fleischlich-Religiöse und nennt die Gottesfürchtigen wahnwitzig und fanatisch oder murrt mit verdrießlichem Sarkasmus: „Arme Narren? lasst sie in Ruhe; es ist eine Gesellschaft, die sich in trauriger Täuschung befindet.“ Menschen, die religiös, aber nicht wahrhaft wiedergeboren sind, die danach streben und hoffen, durch ihr eigenes Verdienst errettet zu werden, zeigen gewöhnlich einen bitteren Hass gegen die nach der Verheißung Geborenen.

Zuweilen spotten sie über ihre Schwäche. Mag sein, dass Ismael den Isaak ein bloßes, eben entwöhntes Kindlein nannte. Ebenso sind die Gläubigen ein schwaches Volk und erregen ungemein leicht den Spott derer, die sich für starkgeistig halten. Isaak konnte nicht leugnen, dass er schwach war, und Gläubige können ebenso wenig leugnen, dass sie fehlerhaft sind und Schwachheiten unterworfen, die gerechten Tadel verdienen: aber die Welt macht mehr daraus, als die Gerechtigkeit erlaubt, und verspottet die Heiligen wegen Schwächen, die sie an andern übersehen würde. Wir müssen es nicht für etwas Seltsames halten, wenn unsre Unbedeutendheit und Unvollkommenheit stolze, selbstgerechte Pharisäer zum -Lachen über uns und unser Evangelium veranlasst.

Häufig wird der Hohn durch des Gläubigen Ansprüche erweckt. Isaak wurde „der Erbe“ genannt, und Ismael konnte es nicht ertragen, das zu hören. „Seht nur,“ sagt der gesetzlich Fromme, „der Mann dort war vor nicht langer Zeit als Sünder bekannt; nun sagt er, dass er an Jesum Christum glaube, und erklärt, dass er errettet, von Gott angenommen und des Himmels gewiss sei. Hat man je von solcher Vermessenheit gehört?“ Wer seine Ketten liebt, der hasst die Gegenwart eines freien Mannes. Wer die Gnade Gottes zurückweist, weil er stolz seinem eignen Verdienste traut, zürnt dem, der sich rühmt, durch die Gnade errettet zu sein.

Vielleicht schien der kleine Isaak, das Kind so bejahrter Eltern, dem jungen Halb-Ägypter wunderlich und seltsam. Niemand erscheint seinen Mitmenschen so sehr ein Fremder als der von oben Geborene. Von der Verheißung Gottes durch den Glauben leben, sollte das Natürlichste und Angemessenste von der Welt scheinen; aber es wird nicht so betrachtet: im Gegenteil, die Menschen halten diejenigen für sonderbare Wesen, die an Gott glauben und solchem Glauben gemäß handeln. Elende Straßenjungen schreien hinter Ausländern her, und Weltmenschen scherzen über wahre Gläubige um ihres unweltlichen Sinnes und Verhaltens willen. Für uns ist das ein gutes Zeugnis, denn unser Herr sprach: „Wärt ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; dieweil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch von der Welt erwählt, darum hasst euch die Welt.“

Auf tausenderlei Arten, viele davon so kleinlich, dass sie der Erwähnung nicht wert sind, wird dem Gläubigen die Prüfung grausamer Spöttereien auferlegt, und er muss darauf vorbereitet sein. Im Grunde ist es doch nur ein Geringes, heutzutage verfolgt zu werden; die Flammen der Scheiterhaufen sind ausgelöscht, die Kerker für Ketzer enthalten keine Gefangenen mehr, und nicht einmal eine Daumenschraube ist noch im Gebrauch. Mut, guter Bruder! Selbst, wenn du ausgelacht werden solltest, so werden dir keine Knochen zerbrochen; und wenn du tapfer genug bist, Verachtung zu verachten, so wird nicht einmal dein Schlaf gestört werden.

Ismaels Verspottung Isaaks ist nur einer von zehntausend Beweisen von der Feindschaft, welche zwischen dem Weibessamen und dem Schlangensamen existiert. Die Vermengung dieser beiden Samen in Abrahams Haushalt rührte davon her, dass er nach Ägypten hinabgezogen und gegen Pharao in ungläubiger Weise gehandelt hatte. Da ward die ägyptische Magd der Sara gegeben und das böse Element kam in das Lager. Sara gab in einer bösen Stunde ihrem Manne die Magd. Daher zehntausend Tränen. Keine Verbindung der Unwiedergeborenen mit der Kirche Gottes wird ihre Natur ändern: ein Ismael in Abrahams Lager ist stets noch ein Ismael. Gegenwärtig sind die heftigsten Feinde der Wahrheit diejenigen, die unsrer Gemeinschaft äußerlich, aber nicht innerlich angehören. Diese sind schuld, dass die, welche an die gesunde evangelische Lehre glauben, wie Fremde in den Kirchen erscheinen, die auf die Schriftlehre gegründet wurden. Sie machen uns in unsrem eignen Lande zu Ausländern. Sie sind nachsichtig gegen alle Arten von Ketzerei; aber den, der an die Lehren von der Gnade glaubt, verhöhnen sie als altmodisch und bigott, als einen überjährten1) Sterblichen, der sich schleunigst ein Grab aussuchen und sich begraben sollte. Dennoch wird der Mann, der seinem Gott vertraut und an seinen Bund glaubt, imstande sein, alle Spöttereien zu überleben, denn er achtet die Schmach Christi für größeren Reichtum, als die Schätze Ägyptens. Es ist keineswegs eine Schande, Gott zu vertrauen im Gegenteil, es ist für gute Menschen ein Ehrenpunkt, Ihm zu vertrauen, der treu und wahrhaftig ist; und wenn sie dafür zu leiden haben, so tun sie es mit Freuden. Gürtet euch deshalb mit heiligem Mut, ihr, die ihr lernt, von der Verheißung Gottes durch den Glauben zu leben. Ward nicht das große Haupt der Familie verachtet und verworfen von den Menschen? Müssen nicht die übrigen Brüder dem Erstgebornen gleich werden? Wenn wir des Leidens Christi teilhaftig werden, so werden wir auch seiner Herrlichkeit teilhaftig werden; deshalb lasst uns unsren Teil und Anteil mit dem gekreuzigten Erben aller Dinge haben.

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autoren/s/spurgeon/n/nach_der_verheissung/spurgeon-ndv-05.txt · Zuletzt geändert: von aj
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