Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Ackerwerk unseres Herrn Jesu Christi.

Ahlfeld, Johann Friedrich - Das Ackerwerk unseres Herrn Jesu Christi.

(Sexagesimae 1848.)

Die Gnade unseres Herrn und Heilandes Jesu Christi, die Liebe Gottes des Vaters, und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch Allen. Amen.

Text: Lucas 8, V. 4-15
Da nun viel Volks bei einander war, und aus den Städten zu ihm eilten, sprach er durch ein Gleichnis: Es ging ein Säemann aus zu säen seinen Samen; und indem er säte, fiel etliches an den Weg und ward vertreten, und die Vögel unter dem Himmel fraßen es auf. Und etliches fiel auf den Fels; und da es aufging, verdorrte es, darum, dass es nicht Saft hatte. Und etliches fiel mitten unter die Dornen; und die Dornen gingen mit auf und erstickten es. Und etliches fiel auf ein gutes Land; und es ging auf und trug hundertfältige Frucht. Da er das sagte, rief er: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Es fragten ihn aber seine Jünger und sprachen, was dieses Gleichnis wäre? Er aber sprach: Euch ist es gegeben zu wissen das Geheimnis des Reiches Gottes: den andern aber in Gleichnissen, dass sie es nicht sehen, ob sie es schon sehen, und nicht verstehen, ob sie es schon hören. Das ist aber das Gleichnis: Der Same ist das Wort Gottes. Die aber an dem Wege sind, das sind, die es hören; darnach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden. Die aber auf dem Fels, sind die, wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an; und die haben nicht Wurzel, eine Zeitlang glauben sie, und zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören, und geben hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens, und ersticken und bringen keine Frucht. Das aber auf dem guten Lande, sind die das Wort hören und behalten in einem seinen guten Herzen, und bringen Frucht in Geduld.

In Christo Jesu geliebte Gemeinde. Heute hat es der Herr den Predigern des Worts einmal leicht gemacht. Sie haben bekanntlich eine doppelte Arbeit. Sie sollen zuerst der Gemeinde das Wort Gottes auslegen, dann sollen sie es anlegen. Sie sollen zuerst aus dem unergründlichen Brunnen göttlicher Offenbarung schöpfen, dann sollen sie mit diesem Wasser des Lebens an jede Pflanze, die in der Taufe in den Weinberg Christi gepflanzt ist, herantreten und sie begießen. Sie sollen das Wort richtig teilen, auf dass ein Jeder nach seinen Kräften, nach seinem Alter, nach seinem Stande in der Welt und im Glauben, nach seinem Wandel in der Welt oder vor dem Herrn seinen Teil bekomme. Wie eine Mutter ihren Kindern das Brot gibt nach ihrem Alter und nach dem Stande ihrer Gesundheit, so will es die Kirche Jesu Christi auch tun. Den ersten Teil der Arbeit, das Auslegen, hat nun für dies Evangelium der Herr selbst übernommen. Darum sagte einmal ein alter Prediger bei unserem Evangelio: „Ich nähme einen Heller und ginge wieder heim; habe ich doch Nichts allhier zu erklären, der Herr Jesu hat mich der Mühe schon überhoben, und diesem Meister ist nicht gut nachpredigen; wer will es besser machen?“ Das ist wahr, und wird ewiglich wahr bleiben. Er hat uns ein rechtes Stück Arbeit von den Schultern genommen. Es hat aber Nichts zu sagen, wir haben auch noch ein gutes übrig. Denn siehe, dagegen, dass die Sonne scheint, hat kein Mensch Etwas. Aber dass sie ihm ins Gesicht scheint, will er nicht leiden. Und dagegen, dass das Feuer brennt, hat auch kein Mensch Etwas, ja es ist ihm zu seiner Zeit und an seinem Orte recht lieb. Aber dagegen, dass ihm sein Haus niederbrennt, hat er gar Viel. So ist es auch dem natürlichen Menschen ganz einerlei, was in der Schrift steht. Auch gegen die Auslegung hat er Nichts. „Meinetwegen legt es aus wie ihr wollt,“ heißt es bei ihm. Ja er freuet sich wohl, wenn ihm die Auslegung treffend und geistreich erscheint. Aber wenn ihm die Sonne der Offenbarung bei der Anlegung an die Herzen ins Gesicht scheint, dass er mit den Augen blinzeln muss, dann wird er verdrossen. Wenn ihm das Feuer des göttlichen Wortes das eigne Himmelreich, das sichere Haus von schlechtem Fachwerk und Erdwänden niederbrennt, wenn ihm das Feuer auf die Nägel brennt, dann fährt er auf und wird zornig. So lange es bloß heißt: „Das Wort Gottes sagt,“ oder: „Jesus Christus lehrt,“ oder: „die Apostel und Propheten verkündigen,“ so lange mag's gehen. Wenn aber das Wort Gottes ausgemünzt auf die einzelne Sünde, wenn das Eisen dieses tiefen Schachtes verschmiedet wird zu Lanzen und Speeren gegen die einzelnen Herzen, wenn man nicht mehr „Man,“ sondern „Du“ sagt, und dies „Du“ trifft dich, dann rüttelt sich der alte Mensch, dann will er diesen Feind wegjagen. Es wird ihm bange um den faulen Frieden. Wenn das Wort Gottes wie hohe Wolken am Himmel sieht, lassen sich die Spaziergänger auf dem breiten Wege noch nicht stören. Aber wenn die großen Tropfen herunterfallen und sich die Freiheit nehmen sie zu treffen, dann ist ihre Geduld aus. -

Liebe Gemeinde, so recht ehrlich gesagt, stammt ja doch aller gelehrte und ungelehrte Widerspruch gegen Gottes heilige Offenbarung aus der Sünde her. Wo böse Dünste aufsteigen, da ist sicher auch ein Sumpf, oder es stehen starke Giftstoffe in der Erde. Und viele Gelehrsamkeit dieser Zeit ist weiter Nichts als solcher böser Dunst. -

Nun, liebe Gemeinde, wenn heute das Wort Gottes so mit „Du und Du“ an euch herankommt, und an mich auch, lasst uns dann nicht in die Höhe fahren, wie wenn wir Vorkämpfer des alten verkehrten Menschen in uns werden müssten. Züchtigen soll es uns in unsern Herzen und Nieren. In die Augen wollen wir uns schauen und uns sagen: „Ich bin ein armer Sünder und du auch. Ich bin ohne meinen teuren Heiland verloren und du auch. Ich habe oft geglaubt, ihm zu dienen mit rechtschaffenem Herzen und du auch. Aber es war bei uns Beiden noch viel Faules und Unwahres und Verkehrtes daran. Der Herr wolle es an uns Beiden bessern. Auch diese Andacht möge der Herr dazu segnen. Amen.“ Wir reihen den teuren Inhalt unseres Evangeliums an den Grundgedanken:

Das Ackerwerk unseres Herrn Jesu Christi.

Sehen wir

  1. Den Ackersmann.
  2. Den Acker.

l. Der Ackersmann.

Es ging ein Säemann aus zu säen seinen Samen. In der Auslegung, die der Herr gibt, erklärt er Alles, nur nicht, wer der Säemann sei. Wie Johannes in seinem Evangelio seinen Namen fast immer verschweigt und dafür sagt: „Der Jünger, den der Herr lieb hatte,“ so nennt sich auch der Herr nicht. Der den Leuten gebeut, dass sie über seine Wunder schweigen sollen, der schweiget selbst zuerst von sich. Ob er aber auch schweiget, der Säemann ist doch unser Herr und Heiland selber. Er ging aus von seinem himmlischen Vater. Er ging aus von der Herrlichkeit, die er bei Gott hatte von Ewigkeit her, und kam herab auf unsere arme Erde. Siehe, Christ, welche Liebe liegt in diesem Ausgange! Ob er wohl ein Herr des Himmels war, ward er ein Knecht auf Erden. „Er äußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an und ward wie ein anderer Mensch und an Gebärden als ein Mensch erfunden.“ Ob er wohl Freude haben konnte, erwählte er das Kreuz. Und das Alles um deinetwillen. Und noch einmal beginnen wir: Er ging aus. Er hatte zumeist seinen Wohnsitz in Galiläa in Kapernaum. Er nannte diese Stadt seine Stadt. Darum sagt er auch von ihr: „Und du Kapernaum, die du bist erhoben bis gen Himmel.“ Sie war der Sitz dessen geworden, der seinen rechten angestammten Sitz im Himmel hatte. Von da ging er aus durch das jüdische Land, durch Samaria und in die angrenzenden Länder.

Er hat sich in drei Jahren seiner Heilsarbeit wenig Ruhe gegönnt. Und nun geht er immer noch aus. Er geht aus in die christliche Kirche. Wo zwei oder drei versammelt sind in seinem Namen, da ist er mitten unter ihnen. Er geht aus an ihren Grenzen unter den Heiden. In jedem Prediger, der Seelen suchet, in jedem Missionare, der Seelen suchet, geht der Herr aus. Er geht aus in der Predigt, er geht aus in den heiligen Sakramenten. Er wird nimmer müde. Er geht aus, zu säen seinen Samen. Er ist ein Säemann. Welches ist sein Same? Das Wort Gottes, Es ist sein Same. Es kann wohl der Ton auf diesem „sein“ liegen. Viel Menschenweisheit und viel Menschenlehre ist in den 6000 Jahren ausgesät. Aber es ist nicht sein Same, es ist Menschensame. Von dem Samen, den er ausstreuet, sagt er: „Meine Rede ist nicht mein, sondern des, der mich gesandt hat“ Und doch war sie wieder sein. Denn Alles, das des Vaters ist, ist sein. Wer euch höret, der höret mich; und wer mich höret, der höret den, der mich gesandt hat. Alle Dinge sind mir übergeben von meinem Vater. Und Niemand kennet den Sohn, denn nur der Vater; und Niemand kennet den Vater, denn nur der Sohn, und wem es der Sohn will offenbaren. Den einen heiligen Samen hat er allein auf die Erde herniedergebracht. Es ist der Same des Heils und der rechten Erkenntnis Gottes. „Das ist das ewige Leben, dass sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen.“ Dieser Same ist gut, denn aus ihm wächst das alleinige und ächte Brot des Lebens. Aller Same, den die Menschen ausstreuen gegen diesen Samen, ist Schwindelhafer und Taumellolch, der den Verstand verwirret, die Gewissen tötet, die Furcht Gottes und den Glauben vernichtet, die Seelen vergiftet und in den Tod bringt. -

Dieser Same hat eine Dauer wie kein anderer. In den alten ägyptischen Grabmälern hat man Samenkörner aufgefunden, die an 3000 Jahre geruhet hatten. Und als man sie in die Erde legte, keimten und wuchsen sie doch noch. Von dem Samen aber, den Christus gesät hat, steht geschrieben: „Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte vergehen nicht.“ Hast selbst nach deiner eigenen Erfahrung schon Beweise genug von der Kraft dieses Samens. In deiner Jugend ist Gottes Wort in dich gesät. Du hast an die Sprüche, diese heiligen Samenkörner, oft kaum wieder gedacht. Später, da der Herr dich auferweckte aus dem Schlaf der Sünde und der Sicherheit, da hob sich in deiner Seele ein Korn, ein Spruch nach dem andern, und wuchs und trieb in dein Leben hinein zur Lehre, zur Strafe, zur Besserung, zur Züchtigung in der Gerechtigkeit. Der Himmelssame stirbt nicht - Der Säemann hat aber auch noch auf eine andere Weise gesät. Da sein Haupt von der Dornenkrone zerrissen war, da er am Kreuze hing, hat er sein Blut ausgesät. Aus diesem Blut ist der Lebensbaum gewachsen, dessen Blätter dienen zur Gesundheit der Völker. Auch dieser Same wird nimmer verwelken und verdorren. Wohl sind Viele gekommen, die des Blutes Christi, des teuren Lösegeldes für unsere Sünde, gespottet haben. Wohl ist dieses Haupt- und Kronenstück unserer Erlösung, dieser Stern und Kern unseres Heils, oft und lange auf den Kanzeln verschwiegen worden. Wie sich aber das Blut unschuldig Ermordeter nach der Sage immer wieder an den Wänden durch den Kalk hindurcharbeitet, der es bedecken und zerfressen soll, so arbeitet sich das Blut von Golgatha, das Blut des wahrhaft Unschuldigen, auch immer wieder durch die Geschichte hindurch. Schuld und Gnade soll nicht verschwiegen bleiben. Ja, auch diese Blutsaat ist unzerstörbar in den Herzen.

Ein reicher italienischer Edelmann war durch seine Hartherzigkeit weit und breit bekannt. Die Armen pochten umsonst an seine Türen, und wer auch zur Tür hineinkam, für. den hatte sein Herz noch einmal Türen und zwar eiserne. Niemand wusste zu erzählen von einem Werk der Barmherzigkeit, das er geübt hatte. Es war aber such kein Wunder. Er hatte von Jesu Christo Zeit seines Lebens Nichts gehört. Der heilige Same war bei ihm nie gesät worden. Da verlor sich einst zu ihm ein armer Bettler, der noch nie bei ihm gewesen war, und bat ihn um Jesu Christi willen um ein Almosen. Solche Bitte war ihm noch nicht vorgekommen. Mit wunderbarer, wenn auch verborgener Gewalt erfasste ihn der, dem gegeben ist alle Gewalt im Himmel und auf Erden. Er befahl seinen staunenden Dienern, dem Armen zu geben, ja reichlich zu geben. Das Wort - „ Um Jesu Christi willen“ konnte er nicht vergessen. Aber noch änderte es Nichts an seinem weitern Leben, denn er kannte den Herrn dieses Namens noch nicht. In seinem Übermute hatte er einem benachbarten Edelmanne schreiend Unrecht getan. Dieser überfiel ihn, überwand und entwaffnete ihn, und war eben im Begriff, ihm den Todesstoß zu geben. Da schrie ihn der Überwundene an „Um Christi willen schone mein!“ Er meinte, das Wort, das einst bei ihm so wunderbare Wirkung getan habe, müsse sie auch bei Andern tun. Und es tat sie. Der Gegner antwortete: „Um Christi willen verschone ich dich. Dieser Name allein konnte dich retten.“ Als er wieder frei war, forschte er aufs Eifrigste nach, was dieser Name für eine Bedeutung habe. Er konnte aber in seinem Vaterlande wenig Licht darüber finden. Er wollte es aber haben. Eine Reise führte ihn in ein evangelisches Land. Da fand er vollen Aufschluss. Man gab ihm die heilige Schrift. Die brachte ihn zur vollen Erkenntnis. Er ward ein treuer Jünger des Herrn und kannte fortan bessere Güter, als den ungerechten Mammon. Also selbst wenn ein armer Bettler diesen Samen auf ein fremdes, hartes Feld säet, geht er doch aus und trägt zur Zeit seine Frucht. -

Zu dem Ackerwerk gehört aber nicht allein das Säen. Es muss ja auch gepflügt werden, Moses pflüget. Er reißet mit dem Gesetze den harten Boden auf. Er erschreckt die toten und tragen Gewissen. Er vernichtet die eigene stolze Gerechtigkeit. Er lehrt die Herzen fragen nach ihrem Heilande und Erlöser. Das Gesetz pflüget, reißt die Dornen um, das Evangelium säet guten Samen. Christus gibt ein neues Herz. Johannes der Täufer ist als Pflüger im Volke Israel dem Herrn vorangegangen. Auch bei dir muss seine Predigt vorangehen: Tue Buße und bekehre dich, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen. -

Das Paradies war einst ein lieblicher Garten Gottes, und das unschuldige Menschenherz war im Paradiese das schönste Paradies. Dann kam die Sünde. Sie machte aus dem schönen Gottesland eine wilde Dornenhecke. Dann kam das Gesetz und zeigte dem blinden Geschlecht, was Dorn und Unkraut sei, und arbeitete an der Ausrottung derselben. Wo es aber weghieb, da wuchs das Unkraut dennoch wieder auf. Das Gesetz konnte kein neues Herz geben. Das kann allein Christus und sein Evangelium. -

Gehen wir von dem Ackersmann herüber auf

II Den Acker. .

Der Acker, liebe Christen, ist die Welt, der Acker sind vornehmlich die Menschenherzen. Jeder Mensch ist eine Scholle, in die der gute Same gestreut werden soll. Diesen Acker teilt der Herr ein in vier Klassen. Etliches fiel auf den Weg und ward vertreten, und die Vögel des Himmels kamen und fraßen es auf. Die Auslegung des Herrn zu diesem Stück des Gleichnisses lautet: Die aber an dem Wege sind, das sind die das Wort Gottes hören. Darnach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihrem Herzen, dass sie nicht glauben und selig werden. Es ist wahr. Niemand ist in einer evangelischen Gemeinde, der nicht Etwas vom Worte Gottes hörte. Er hat in der Jugend davon hören müssen. Er hört in der Kirche davon. Und wer sich von der Kirche längst losgesagt hat, und wer die Bibel nicht mehr in die Hand nimmt, der kann dem Wort doch nicht überall aus dem Wege gehen. Das Wort sucht ihn, wenn er auch das Wort nicht sucht. Aber sein Herz ist ein Weg. Ein Weg ist hart und wird nicht umgepflügt. Wird dein Herz umgepflügt mit der scharfen Pflugschaar der Buße? Auf dem Wege bleiben die Körner auf der Oberfläche liegen. Sie kommen nicht in weichen Boden. Die Oberfläche deines Herzens ist das Gedächtnis, der weiche Boden ist Herz und Gemüt. Bleibt es bei dir bei einem armen Gedächtnischristentum? Wenn es dabei bleibt, wirst du bald um die Aussaat Gottes sein. Durch dies Gedächtnis gehen tausend andere Sachen: Handel und Wandel, Witz und Scherz, Sünde und Schande. Die treten auf mit hartem Fuß. Der Same wird vertreten. Es kommen die losen weltlichen Gedanken, die Vögel des Himmels, die nehmen ihn weg, die fressen ihn auf. Es kommen die losen leichten Gesellen, die Freuden- und Sündenbrüder und sagen dir: „Was machst du denn in deinem Gedächtnis noch mit diesem alten Kram? Wir wissen schon bessere Sprüche. Was sollen die alten Lieder. Wir haben dir ganz andere Lieder.“ Du weißt, in wessen Dienste solche Prediger stehen. In ihnen kommt der Teufel und nimmt das Wort von deinem Herzen, dass du nicht glaubest und selig werdest. Wenn die Samenkörner weg sind, wird der Weg immer härter. So lange noch ein Rest von Gottes Wort in deinem Herzen war, so lange du noch eine kleine Scheu davor hattest, durfte doch mancher lose und gottlose Gedanke nicht so mir Nichts dir Nichts durch deine Seele wandern, durfte doch mancher lose und gottlose Bube nicht so ungescheut seinen Weg in dein Herz nehmen. Aber dann ist es ganz aus. Die Sünde hat offene Straße. Dein Herz wird ein Heerweg des Teufels. Er nimmt dann nicht allein weg. Er hat es in unsern Tagen noch weiter gebracht. Er verkehret das Wort. Es muss zum Deckel der Sünde dienen. Du verkehrest seine Sprüche, wie du sie gerade brauchst. Und dann ist es fertig. -

Es gibt bei den Teilungen der Ländereien, bei den Separationen, Strecken, die kein guter Wirth haben will. Es sind die Wege, oder unfruchtbarer Sand und Felsstücke, die man Unland nennt. Also will dich, der du Weg und Unland geworden bist, dein Gott, der gute Wirth der himmlischen Herberge, auch nicht. Auf dass sie nicht glauben und selig werden. -

Aber, fragst du, bin ich denn ein Weg, was kann ich dafür? Warum bin ich denn einer? Du Tor, in der Welt müssen Wege sein. Aber dass du einer bist, da ist kein Muss vorhanden. Konntest dich ja wehren, dass du keiner wurdest. Will man dem Landmann seinen Acker zum Wege machen, so wirft er Gräben davor aus und setzt einen Dornenzaun vor. Konntest du denn deinen losen Gedanken und den losen Brüdern, die dich verderbet haben, nicht Graben und Zaun des Gesetzes entgegen stellen? - Tue es noch. Wenn du es tust, wird Schnee und Regen (Jes. 55, 10.) den Weg erweichen. Es wird gepflügt und gesät werden können. -

Und Etliches fiel auf den Fels. Und da es aufging, verdorrte es, darum dass es nicht Saft hatte. Die Auslegung des Herrn zu diesem Teile lautet also: Die aber auf dem Fels, sind die, wenn sie es hören, nehmen sie das Wort mit Freuden an. Und die haben nicht Wurzel. Eine Zeit lang glauben sie. aber zu der Zeit der Anfechtung fallen sie ab. Haben wir von jener ersten Klasse Wenige in der Kirche gesehen, - denn Jene kommen selten zur Kirche - so finden wir von dieser zweiten schon Mehrere hier. Der Herr ist der lieblichste aller Menschenkinder, er zieht stärker an, als ein Magnet. Seine Liebe, die für uns gelebt hat und für uns gestorben ist, ergreift so wunderbar, dass wohl kaum ein Christ da ist. der nicht einmal seine Lust an Jesu gehabt hätte. Aber mit einem flüchtigen Glauben, mit einer kurzen Lust an dem Herrn ist keiner Seele geholfen. Selig preiset der Apostel Jacobus den Mann, der die Anfechtung erduldet. Nachdem er bewahrt ist, soll er die Krone des Lebens empfangen. Es hat in deinem Leben Zeiten gegeben, wo die Liebe zu Christo in dir aufschlug, wie eine lustige Flamme. So war es etwa an deinem Konfirmationstag, an deinem ersten Abendmahlstag und an den gewissen Festtagen deines innern Lebens. Da stiegen die Gelübde auf zu dem Herrn freiwillig und fröhlich: „Ich und mein Haus wollen dem Herrn dienen.“ „Ich will Christum bekennen vor den Menschen, damit er mich wieder bekenne vor seinem himmlischen Vater.“ „Das soll meine Freude und meine Speise sein, dass ich tue den Willen meines Vaters im Himmel.“ Und wie lange stand das Gelübde? Hast's draußen schon gesehen auf dem Felde. Da gibt es Strecken, wo im Frühjahr das Korn prächtig aufging. So lange das Wetter lau, und Wasser die Fülle da war, sah man keinen Unterschied. Aber unten unter dem flachen Boden stand der Horst. Als im Juni die Sonne heiß schien, da vergilbte der ganze Strich. Und als man im August ernten wollte, fand man leeres, verdorrtes Stroh mit einem Ansatz von Ähren, es war aber kein Korn hineingekommen. Wenn dich die Tage betreffen, wo du um des Herrn willen leiden sollst, oder wo Welt, Teufel und Fleisch auf dich eindringen, dann vergisst du deine Gelübde, dann sagst du: „ Das geht nicht, dabei halte ich nicht aus, ich will doch lieber wieder mit der Welt gehen.“ Wenn man in einem Tage ein rechter bewährter Jünger Christi werden könnte, dann möchtest du wohl einer werden. Aber fort und fort um seinetwillen Verfolgung und Anfechtung leiden, das ist dir zu viel. Du fällst ab. Das wenige lockere Erdreich wird vom Horst durch die Wasserfluten weggespült, und bei dir durch die Fluten der Anfechtung. Du wirst unter demselben ein nackter, kahler Fels. Nun sprichst du: „Bin ich denn ein Fels, was kann ich dafür? Warum bin ich denn einer?“ Du Tor, die Erde muss Felsen haben. Sie sind ihre Gerippe. Ohne sie kann sie nicht bestehen. Aber dass du ein Fels seist, dazu ist kein Muss vorhanden. Gott hat dich nicht zum Felsen geschaffen. Du bist durch deine eigene Schuld hart geworden. Aber der Herr hat einen Hammer, mit dem er Felsen zermalmet. Mag er auch dein Herz damit zermalmen, dass es weich werde bis in den Grund. -

Und Etliches fiel mitten unter die Dornen, und die Dornen gingen mit auf und erstickten es. Die Auslegung des Herrn zu diesem Teile lautet also - Das aber unter die Dornen fiel, sind die, so es hören, und gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens und ersticken und bringen keine Frucht. Das ist die dritte Klasse. Und wenn wir die Christenheit, auch die hier versammelte, nach ihrem Herzensstande schauen könnten, so würde dies die stärkste Klasse sein. Wir haben ein großes Stück von den Dornen der Sorgen, des Reichtums und der Wollust in unserm Herzen. - Es ist wahr, das Evangelium ist in dir nicht ganz ausgestorben. Aber du hast auch nicht gebetet, nicht gerungen um ein neues Herz. Du willst dein altes Herz behalten, und willst auch ein Christ dabei sein. Du willst in Nöthen der alte Sorgenmensch bleiben, der mit Kümmern und Grämen die Not wegschaffen will. Daneben sprichst du auch wohl einmal: „Alle eure Sorge werfet auf ihn, denn er sorgt für euch“ und:

„Mit Sorgen und mit Grämen
Und mit selbsteigner Pein,
Lässt Gott sich gar Nichts nehmen.
Es will erbeten sein.“

Du hast deinen Gott auf der Erde zum Trotz dem ersten Gebote. Du sprichst zu dem Gelde: „Du bist mein Gott, du erhältst mich auch, und trägst mich auch, ohne dich kann ich nicht leben.“ Und in einer guten Stunde sagst du wieder: „Herr, wenn ich nur dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde.“ - Du hast dein Herz gehängt an die Freude dieser Welt, an Augenlust und Fleischeslust. Du sagst von ihnen: „Ohne sie kann ich nicht leben.“ Und daneben sprichst du auch einmal mit: „Das ist meine Freude, dass ich tue den Willen meines Vaters im Himmel.“

Wollen wir uns solch Herz unter einem Bilde vorstellen, so ist es ein Feld voller Samen und Wurzeln des Unkrauts, unter die guter Same gestreut wird. Sie gehen zusammen auf. Aber alles Unkraut wächst schneller und wuchert das gute Gewächs nieder. Nur selten arbeitet sich eine Weizenähre aus den Dornen heraus. Aber der Stängel ist dünn, und die Ähre ist arm, und das Korn ist leicht. Sie gehen hin unter den Sorgen, Reichtum und Wollust dieses Lebens und ersticken und bringen keine Frucht. Es wird mit jedem Tage schlechter. Die Dornen werden mächtiger, der Weizen wird ohnmächtiger. Bald ist dein ganzes Herz eine Dornenhecke. - Nun sagst du: „Wenn ich denn solch Dornenfeld bin, was kann ich dafür? Warum bin ich denn eins?“ Du Tor, Gott hat dich nicht zum Dornenfelde geschaffen. Der Feind will dich dazu machen. Hat ein guter Landmann solch Dornenfeld, so arbeitet er mit Sichel und Hacke, bis er die letzten Wurzeln heraus hat. Reue und Buße sind Sichel und Hacke. Der heilige Geist gibt sie dir in die Hände, an dem Gesetze und an den göttlichen Drohungen werden sie geschliffen. Du hast sie nicht nehmen und nicht brauchen wollen. -

Und Etliches fiel auf ein gut Land, und es ging auf und trug hundertfältige Frucht. Und die Auslegung des Herrn zu diesem Teile lautet also: Das aber auf dem guten Lande sind die, so das Wort hören und behalten in einem guten feinen Herzen und bringen Frucht in Geduld. Das sind die Auserwählten Gottes. Ihr Herz ist kein Weg, denn das Gesetz treibet die Sünde zurück. Ihr Herz ist kein Fels, denn die Barmherzigkeit Gottes in Christo Jesu hat es erweicht bis in den tiefsten Grund. Ihr Herz ist kein Dornenfeld. Sie haben nicht unter die Dornen gesät, sondern ein Neuland gepflügt. Wohl gibt es Dornen auf diesem Boden, aber sie werden überwunden durch das gute Gewächs. Sie dürfen nicht auskommen. -

Ach dass unsere Herzen so wären, ein lockerer Acker des Herrn, in den die liebe Himmelssaat tief hinein fiele, in dem sie überall aufginge durch den Ausgang aus der Höhe, in dem der Grund warm wäre vom lebendigen Glauben, auf dem die Auen dicht ständen von Korn! Und das Korn wäre Liebe, Freude, Friede, Freundlichkeit, Gütigkeit, Geduld, Glaube, Sanftmut, Keuschheit. Ja dass der Herr bei uns hundertfältige Frucht finden könnte! Wer kann aber sagen: „Bei mir ist es also?“ Viel Stroh und Spreu und wenig Korn war bisher unsere Ernte. Herlinge und wenig Trauben fand er an den Weinstöcken. Er hat gesät. Messen wir die Liebe, mit der er gesät hat, mit der Frucht, die wir getragen haben, so ist nicht einmal die einfältige da, wo bleibt aber die hundertfältige! Wer Ohren hat zu hören, der höre! Weg, du sollst hören lernen, dass du verzäunet und locker und gutes Land werdest. Fels, du sollst hören lernen und weich werden, damit der Same in die Tiefe dringe und in dir Wurzel behalte in der Zeit der Anfechtung. Dornenfeld, ein Same soll auf dich fallen, ein Gewächs soll aus dir wachsen. Zween Herrn kann Niemand dienen. Er wird sonst zum Verräter an dem, der das Schwerste von ihm verlangt. Und das Schwerste verlangt vom natürlichen Menschen Gott. Er soll sich nämlich selbst verleugnen samt den Lüsten und Begierden. Gutes Land, du sollst besser werden, täglich fester im Glauben und reicher an guten Werken. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Amen.

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