Schlachter, Franz Eugen - Samuel und Saul - 2. Hannas Traurigkeit.

Solche Männer wie Samuel wachsen nun aber nicht ohne weiteres aus der Erde hervor. Nur, wenn das Weizenkorn in die Erde fällt und erstirbt, bringt es solche Frucht. Diese Erfahrung hat Samuels Mutter gemacht. Sie streute eine reichliche Tränensaat aus, ehe sie als Freudenernte einen solchen Sohn erhielt. Samuel wurde erst von ihr geboren nach jahrelanger Unfruchtbarkeit, die ihr viel Verachtung und Trübsal eingebracht. Kinderlosigkeit betrachtet man in unserer materiell gerichteten Zeit als ein Glück, da man lieber viel Geld, als viele Kinder hat, ja, es glauben sogar manche, sie müssten sich schämen, wenn sie mehr als zwei Kinder haben. Die fromme Hanna dagegen empfindet ihre Kinderlosigkeit als eine Schmach. Ein Christ sieht nun freilich die leibliche Unfruchtbarkeit nicht mehr als eine Schande an, es sei denn, dass dieselbe eine Folge gewisser Sünden ist; er weiß, dass es etwas Besseres gibt als die Fortpflanzung seines Namens und Gedächtnisses auf Kind und Kindeskind, er freut sich darüber, dass sein Name im Himmel angeschrieben ist, nicht bloß - wie ein Israelit darüber, dass er ein Kind hat, das seinen Namen erhält. Da der alttestamentliche Fromme noch keine gewisse Hoffnung des ewigen Lebens besaß, so kümmerte er sich umso mehr darum, dass er in seinen Kindern fortleben möchte und durch sie noch einen Anteil habe an dem heiligen Land. Das Aussterben einer Familie wurde geradezu als ein Gottesgericht aufgefasst, während es keine größere Ehre gab, als wenn einem Familienvater verheißen ward, dass es ihm nimmermehr an einen Stammhalter fehlen soll.

So wenig nun aber die leibliche Unfruchtbarkeit unter Christen mehr als eine Schande gelten kann, so sehr haben wir mit der frommen Hanna Ursache betrübt zu sein, wenn wir geistlich unfruchtbare Menschen sind. Nach der Verheißung flössen von dem Leib derer, die an Ihn glauben, Ströme lebendigen Wassers aus, die Frucht des Gerechten sollte ein Baum des Lebens sein, wie es Sprüche 11,30 wörtlich heißt, was beides doch wohl sagen will, dass ein lebendiger Christ, der Geistesleben hat, auch in andern Seelen geistliches Leben zeugen soll. Wir wissen, wie Paulus von seinen Kindern spricht, die er mit Schmerzen geboren hat, den Onesimus nennt er seinen Sohn, den er in seinen Banden gezeugt habe, und bezeugt, dass Titus sein rechtschaffener, echter Sohn im Glauben sei. Beschämt uns nun das Beispiel solcher Christen nicht, durch die den HErrn viele Kinder geboren worden sind, wenn wir dagegen wie unfruchtbare Bäume aussehen und keine einzige Seele wissen, die durch uns gerettet und zur Wiedergeburt gebracht worden ist? Dies ist ganz gewiss eine Schande für uns, und wenn wir am Tage Jesu Christi Zeugen davon sollten sein, wie andere mit ihrem Pfund zehn Pfund gewonnen haben, und wir brächten das unsrige im Schweißtuch daher, und wie sie mit Freuden ihre Garben bringen, und wir gingen leer zu den Toren des neuen Jerusalem ein, wie müssten wir uns schämen vor dem König, der alsdann von einem jeden Rechenschaft verlangt über das, was ihm anvertraut gewesen ist, es sei wenig oder viel.

Etwas Anderes ist es indessen, ob man über seine Unfruchtbarkeit seufzt wie Hanna und dadurch ins Gebet getrieben wird wie sie, oder ob man sich darüber hinwegsetzen kann, dass man dem HErrn keine Seelen gewinnt. Seelen, die wir Ihm zu führen, sind ja auch lange nicht die einzige Frucht, die den Herrn erfreut. Trotz ihrer Unfruchtbarkeit ist Hanna mehr wert als Peninna, die viele Kinder hat. Elkana, ihr Mann, liebt sie auch mehr, denn er gibt ihr ein doppeltes Stück bei der jährlichen Festmahlzeit (Vers 5), und er tröstet sie mit dem schönen Wort: Bin ich dir nicht mehr denn sieben Söhne, wenn er sie um ihrer Kinderlosigkeit willen weinen sieht (Vers 8). Er ist also zufrieden mit ihr, trotzdem sie ihm keine Kinder geboren hat, ohne Zweifel, weil er ihren Charakter höher schätzt als denjenigen der Peninna. Und so urteilt gewiss auch der HErr nicht nach der Größe des Erfolgs, den Sein Diener aufzuweisen hat, sondern ER sieht die Tugenden, die Einer besitzt, ebenso gut als Früchte an. Was hilft es am Ende auch, wenn einer mit großen Zahlen aufmarschiert von Seelen, die durch ihn gewonnen worden sind, wenn er dabei wie Peninna lieblos ist und seinen Mitchristen verachtet und kränkt, der nicht so viel sichtbare Früchte aufzuweisen hat! Das kann man hie und da beobachten, dass ein Mensch, der großen Erfolg hat, lieblos gegen weniger gesegnete Werkzeuge wird und sie betrachtet, bis dass das Blatt sich wendet und die Unfruchtbare sieben gebiert, die aber viele Kinder hatte, verwelkt, wie Hanna sich in ihrem Lobgesang nach Samuels Geburt ausdrückt, Kap. 2,5.

Diese Geschichte der Hanna zeigt also, dass ein Diener des HErrn auch durch jahrelange Unfruchtbarkeit nicht entmutigt werden soll, denn schon der eine Sohn der Hanna, den sie endlich bekommt, wiegt alle Kinder der Peninna reichlich auf. Und warum? Darum, weil sie ihn von dem HErrn erbeten hat.

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