Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 4

Hus, Jan - Vier Briefe des Mag. Johann Hus aus dem Gefängnisse – Brief 4

d.

26. Juni 1415

Magister Johann Hus, in der Hoffnung ein Diener Gottes, entbietet allen getreuen Böhmen, welche Gott lieben und lieben werden, seinen Wunsch und sein ohnmächtiges Gebet, dass sie in der Gnade Gottes leben! Getreue und in Gott geliebte Christen! Noch ist mir das in den Sinn gekommen, dass ihr wissen sollet, wie das hoffärtige, geizige und aller Schmach voll Concil meine böhmischen Bücher verdammt hat, die es doch weder gehört noch gesehen hat, und wenn es sie gesehen hätte, sie nicht verstanden haben würde, denn im Concil waren Italiener, Franzosen, Engländer, Spanier, Deutsche und andere aus andern Nationen; ausgenommen wenn sie Bischof Johann von Leitomysl in etwas verstanden hat, der hier war, so wie andere aufstachelnde Böhmen mit dem Prager und Wyschrader Capitel, von denen die Verhöhnung der göttlichen Wahrheit und unseres böhmischen Landes ausgegangen, welches ich in der Hoffnung Gottes für das Land des besten Glaubens halte, wenn ich dessen Sehnsucht nach dem Worte Gottes und nach den Gebräuchen erwäge. O wenn ihr die Versammlung sehen würdet, welche sich das heiligste und unfehlbare Concil nennt, ihr würdet da eine große Schmach sehen, so dass ich insgemein von Schwaben gehört habe, ihre Stadt Constantia oder Kostniz werde in dreißig Jahren der Sünden nicht los werden, welche das Concil in ihrer Stadt verübt, und ich sage noch mehr, dass alle an dem Concil Ärgernis genommen haben, einige ausspuckten, als sie die schmählichen Sachen sahen. Und ich sage euch dass, wie ich vor dem Concile stand, und den ersten Tag sah, dass keine Ordnung vorhanden sei, ich laut sprach, als alle schwiegen, folgendermaßen: „Ich hielt dafür, dass größere Ehrbarkeit und Güte und bessere Ordnung in dieser Versammlung walten würde, als da wirklich ist!“ Da sagte der höchste Cardinal. „Wie sprichst Du? Auf der Burg 1) hast du demüthiger geredet!“ Und ich antwortete und sprach: „Weil auf der Burg niemand gegen mich geschrien hat, aber hier schreiet ihr alle!“ Und weil die Versammlung in solcher Unordnung vorging, da sie mehr böses als gutes gestiftet, so lasset euch getreue und gottgeliebte Christen durch ihre Erhebung nicht einschüchtern, denn ich hoffe zu dem lieben Gott, dass ihnen dieß nicht frommen wird. Sie werden auseinanderfliegen wie Schmetterlinge und ihre Einsetzung wird festhalten wie ein Spinngewebe. Mich wollten sie da durch Furcht überwinden, konnten aber die Hilfe Gottes in mir nicht überwältigen; mit der Schrift wollten sie gegen mich nicht vorgehen, so wie es die gnädigen Herren gehört haben, welche in der That der Wahrheit zur Seite standen, auf alle Schmach hin es wagend, Böhmen, Mähren und Polen., insbesondere aber Herr Wenzel von Dubä und Johann von Chlum; denn diese standen, da sie König Sigmund selbst zu mir in die Versammlung einließ und hörten es, wie ich sprach: „Ich fordere Belehrung; habe ich etwas Böses geschrieben, so will ich belehrt werden!“ Da sprach der höchste Cardinal: „Da du belehrt werden willst, so nimm hin die Belehrung, zu widerrufen, wie dieß fünfzig Magister der heiligen Schrift befunden haben!“ Ei der schönen Belehrung! So hätte die heilige Katharina, das junge Mädchen, der Wahrheit und des Glaubens Jesu Christi entsagen müssen, weil fünzig Magister gegen sie waren; aber die theuere Jungfrau beharrte bis zum Tode und hat die Magister zu Gott geführt, wie ich Sünder sie nicht hinführen kann. Dieß schreibe ich euch, dass sie weder mit einer Schrift noch aber mit irgend welchen Beweisen mich überwältiget, sondern mich mit Arglist und Drohungen versucht haben, um mich zum Widerrufe und Eide zu bewegen; doch der gnädige Gott, dessen Gesetz ich gepriesen, war bei mir und ist es und ich hoffe, wird bei mir sein bist zum Sterben und wird mich in seiner Gnade bist zum Tode bewahren. Der Brief wurde geschrieben am Mittwoch nach St. Johann dem Täufer, im Kerker, in Fesseln, in Erwartung des Todes. Aber ob des göttlichen Geheimnisses willen darf ich nicht sagen, es sei dieß mein letzter Brief, denn noch kann mich der allmächtige Gott befreien.

Quelle: Helfert, Josef Alexander - Hus und Hieronymus

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Im Gefängnisse des Schlosses Gottlieben
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