Calvin, Jean - An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra, in Bearn.

Nr. 650 (C. R. – 3315)

Calvin, Jean - An Jeanne d´ Albret, Königin von Navarra, in Bearn.

Jeanne d´ Albret, die Gemahlin Antoine de Bourbons, hatte zwar bisher die Reformation begünstigt, sich der reformierten Kirche aber erst im Dezember 1560 unter dem Eindrucke der Gefangennahme ihres Schwagers de Conde öffentlich und durch schriftliches Bekenntnis angeschlossen. De Chalone war das Pseudonym Bezas, dem die Königin ihren Übertritt angezeigt hatte.

Glückwunsch beim Übertritt zur reformierten Kirche.

Madame, ich kann Ihnen nicht genug sagen, wie sehr mich der Brief erfreut hat, den Sie an meinen Bruder, Herrn de Chalone, zu schreiben geruhten. Denn ich sah daraus, wie mächtig Gott an Ihnen in wenigen Stunden gewirkt hat. Denn obschon er in Ihnen lange einen guten Samen ausgestreut hatte, so erkennen Sie es erst jetzt wirklich, dass er bisher sozusagen erstickt lag unter den Dornen dieser Welt. Wenn wir uns nicht täglich in der heiligen Schrift stärken, so bröckelt die Wahrheitserkenntnis, die wir hatten, Stück um Stück ab und verschwindet zuletzt völlig, wenn der liebe Gott nicht helfend eingreift. Nun ist seine unendliche Güte zuvorgekommen und hat verhütet, dass es bei Ihnen so weit kam. Freilich die, welche nachlässig werden, gefallen sich in ihrer Ruhe, denn sie merken nicht, dass ein Einschlafen zum Tode ist. Wenn es aber Gott gefällt, uns zu wecken und deutlich aufzurütteln zur Furcht seines Namens und in unsern Herzen den heißen Wunsch zu entzünden, seiner Ehre zu dienen, so ist solche Unruhe glücklicher und wünschenswerter als alle Wonnen, Vergnügungen und Lüste, an denen sich die armen Weltmenschen berauschen. Ich rede ganz vertraulich mit Ihnen, Madame, da ich denke, dass Sie mir das gerne erlauben, wie mir Ihr Brief auch das Gute gegeben hat, dass es mir nun freisteht, Ihnen zu schreiben. Deshalb bitte ich Sie, Madame, die Barmherzigkeit Gottes zu preisen, wie sie es verdient, nicht nur, weil er Sie ein für allemal aus der Finsternis des Todes herausgezogen hat und Sie die Lebensklarheit hat sehen lassen in seinem Sohne, der die wahre Sonne der Gerechtigkeit ist, sondern auch, weil er Sie von neuem wieder ganz zu sich geführt und den Glauben an sein Evangelium tief in Ihr Herz gedrückt hat, so dass er dort fest Wurzel fassen und rechte Frucht bringen kann. Denn Sie haben es nun durch Erfahrung gelernt, wie die Eitelkeit der Welt die Wahrheitserkenntnis absterben lässt. Gewöhnlich will man zwischen zwei Wassern schwimmen, so dass das Wort dadurch kalt und unwirksam wird, wenn die Kraft Gottes nicht damit verbunden ist. Das ist der wahre, vollkommene Bund, den Gott mit den Seinen zu schließen verheißt, dass er seine Lehre in ihr Herz schreiben und einprägen will [Jer. 31, 33]. Da Sie nun eine so unschätzbare Wohltat empfangen haben, so haben sie umso mehr Grund, mit desto innigerer Wärme sich ganz dem Gotte zu weihen, der Sie sich verpflichtet hat, wie Sie es ja auch tun. Sonst wollen Könige und Fürsten sich gerne der Unterwerfung unter Jesum Christum entziehen und pflegen ihre Vorrechte als Schild vorzuhalten; ja unter dem Vorwand ihrer hohen Stellung schämen sie sich sogar, zur Herde des großen Hirten zu gehören. Sie hingegen, Madame, sollen bedenken, dass die hohe Stellung und Würde, zu der Sie der liebe Gott erhoben hat, Ihnen ein doppeltes Band sein soll zum Gehorsam; denn von ihm haben Sie alles, und nach dem Maß, das ein jeder empfangen hat, muss ein jeder auch Rechenschaft ablegen. Da ich aber sehe, wie Gottes Geist Sie leitet, so habe ich mehr Grund, ihm zu danken, als Sie noch zu mahnen, wie wenn Sie noch des Ansporns bedürften. Dabei zweifle ich auch nicht, dass Sie selbst fleißig Ihr Bibelstudium treiben, wie es nötig ist angesichts unserer Kälte, Schwäche und Gebrechlichkeit.

Schon seit lange haben wir versucht, unsere Pflicht gegenüber Ihrem Herrn Gemahl, dem König, zu tun, ja schon wiederholt, um ihn zu ermutigen. Aber aus beiliegender Kopie des an ihn gerichteten Briefes sehen Sie, Madame, wie Ihre Mahnung gewirkt hat. Indem ich mich Ihrer Gewogenheit, Madame, untertänigst empfehle, bitte ich den lieben Gott, er wolle Sie stets in seiner Gnade erhalten, Sie führen und leiten durch seinen Geist, Sie stärken durch seine Kraft und Sie zunehmen lassen in allem Guten.

[16. Januar 1561.]

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