Burger, Carl Heinrich August von - Sechzehnte Predigt. Am Trinitatisfest 1850.

Text: 4. Mos. 6,23-27.
Sage Aaron und seinen Söhnen, und sprich: Also sollt ihr sagen zu den Kindern Israel, wenn ihr sie segnet: Der Herr segne dich und behüte dich; Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir, und sei dir gnädig; Der Herr hebe sein Angesicht über dich, und gebe dir Frieden. Denn ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israel legen, daß Ich sie segne.

Zwei Aussprüche, einen aus dem alten, den andern aus dem neuen Testamente, pflegt ihr seit vielen Jahren her sonntäglich zu vernehmen: es ist der übliche Gruß vor der Textverlesung und der Segen am Schluß des Gottesdienstes. Beide sind so reich und tief, daß wir sie mit keinen andern jemals zu vertauschen wünschen; sie sind nicht bloß dem Ohre so gewohnt, sie prägen sich auch mit ihrem inhaltsreichen Klange so ahnungsvoll dem Gemüthe ein, daß wir sie auf's empfindlichste vermissen würden, sollten wir sie einmal nicht mehr hören. Aber ist nicht auch einige Gefahr, daß die beständige Wiederholung doch in etwas ihrem Nachdruck schade? Können wir uns freisprechen von dem Vorwurf, daß wir sie wenigstens bisweilen mit mindrer Achtsamkeit als billig, nur so der hergebrachten Sitte gemäß anhören und nicht recht zu Herzen nehmen? So möge es denn versucht sein, heute einmal den einen dieser Aussprüche, den Segen nehmlich, zum Gegenstand der Predigt selbst zu machen, ob eine genauere Betrachtung seines Sinnes uns nicht zur Schutzwehr dienen möge wider die abstumpfende Gewohnheit und die Zerstreuung; und zwar ist eben heute zu solcher Betrachtung unter allen Sonntagen des Jahres gewiß der beste und geschickteste. Denn dem Gedächtniß der Offenbarung Gottes als des Dreieinigen ist dieser Tag gewidmet, und der dreieinige Gott segnet uns in den zum Text von mir gewählten Worten und deckt uns Seine dreifache Gnadenwirksamkeit, den Dreiklang Seiner segnenden Liebe darin auf.

So wollest denn Du, heiliger einiger dreieiniger Gott, jetzt unsere Betrachtung Deines Segens selber segnen. Ja Herr, öffne uns die Augen, daß wir schauen die Wunder Deines Wortes, und laß uns erkennen den Reichthum Deiner Liebe, welche Du uns darbeutst, damit wir gläubig ihn ergreifen und das Leben darin finden. Erhöre uns und laß uns die Kraft Deines Namens heute inne werden. Amen.

Der priesterliche Segen des Herrn sei der Gegenstand unserer gemeinsamen Erwägung.

Wir wollen

  1. über seine Bedeutung im Ganzen ein Wort sagen;
  2. seinen Inhalt im Einzelnen betrachten;
  3. uns selbst darauf entnehmen, wie wir ihn anzusehen und in's Herz zu fassen haben.

I.

Bedeutsam ist bei den in unserm Texte vorgeschriebenen Segensworten vor Allem der dreifache Segensansatz, der dreimal wiederholte Name des Herrn. Nur gedankenlose Oberflächlichkeit kann diese Wiederholung übersehen oder für gleichgültig achten, eine Oberflächlichkeit, welche sich sofort beschämt bekennen muß, wenn man zur Vergleichung erinnert an den Gruß des Apostels: „die Gnade unsers Herrn Jesu Christi, und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des h. Geistes sei mit euch allen.“ Denn hier haben wir dieselbe Dreizahl, nur daß die den Dreien gemeinsame Bezeichnung: der Herr, ersetzt ist durch die bestimmtere der einzelnen Personen, wie in den Worten Jesu auch geschieht: „Gehet hin und lehret alle Völker und taufet sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des h. Geistes.“ Es ist der drei einige Gott, derselbe, dem das dreimal heilig der Seraphinen klingt im Heiligthume, wie es Jesaias (Cap. 6) im Geiste hören durfte, Er segnet Sein Volk, und heißt es mit Seinen Worten segnen. Zwar tritt das Geheimniß der h. Dreieinigkeit in der vollen Bestimmtheit seiner Entfaltung erst hervor in der Geschichte der Erlösung, als der Eingeborne Sohn des Vaters Mensch ward durch die Kraft des h. Geistes; als der Vater dem Sohne Zeugniß gab und der h. Geist mit sichtbarem Zeichen sich auf Ihn senkte bei der Taufe durch Johannes; ja als der verklärte Menschensohn auf die Jünger sandte die Verheißung des Vaters, nehmlich den h. Geist, der vom Vater und vom Sohne ausgeht. Aber nichts desto minder ist schon im alten Testamente auch diese Wahrheit, daß der Eine heilige Gott in dreifacher Entfaltung Seines Wesens von Ewigkeit sich selbst schaut und erkennt und liebet, und also wirkt und schaffet, in vielen Zeugnissen niedergelegt. Verglichen mit den Aussprüchen des neuen Testamentes verbreitet sich aus ihnen ein helles Licht und zeigt uns, daß Gottes Offenbarungen einhellig sind vom ersten bis zum letzten Worte; daß sie in stufenweiser Klarheit sich entwickeln, aber so, daß die zuletzt geoffenbarte Wahrheit keimartig in der ersten bereits enthalten ist; und jeder neue Fortschritt der Erkenntniß muß deßhalb das Zeugniß seiner Richtigkeit aufweisen durch den Einklang, in dem er stehen muß mit der früher schon bekannten und bezeugten Wahrheit. Ist es aber der dreieinige Gott, der Seinen Segen in die Worte unseres Textes fasset, so bekennt sich auch die Gemeinde zu dem Dreieinigen, so oft sie mit Beugung diesen Segen hört, und der Geistliche, so oft er ihn spricht; und als ein Zeugniß wider unsre Seelen werden diese Segensworte einmal aufstehen, wenn wir sie hören und immer wieder hören, und vor dem dreimal heiligen Gott, der uns segnet, gedankenlos dahin gehn und mit Mund und Thaten Ihn verleugnen.

„Denn ihr sollt meinen Namen auf die Kinder Israel legen, daß Ich sie segne,“ sagt der Herr am Schlusse unsrer Textesworte, nach der vorgeschriebenen Form des Segens. Also Seinen Namen enthalten diese Worte. Sein Name aber ist kein bloßer Schall, Sein Name ist die Offenbarung Seines Wesens im Worte, dem die That folgt. Nicht bloß das dreimalige: der Herr, ist Sein Name; sondern was der dreimal genannte Herr in dreifacher Abstufung uns verheißt zu thun und zu erzeigen, darin erweiset und bewährt Er Seinen Namen. Als den Gott, der uns segnet und behütet, der Sein Angesicht leuchten läßt über uns in Gnaden, der Sein Antlitz erhebt auf uns und gibt uns Frieden, will Er Sich uns offenbaren; so sollen wir Ihn finden, daran sollen wir Ihn erkennen und Ihn darnach nennen, daß Er so an uns thut. Denn wie das Wort des Herren überhaupt, so insbesondre Sein Segenswort ist kräftig und lebendig. Er spricht und es geschieht, und wenn Er Seinen Namen uns legen heißt auf die Gemeinde, so ist es soviel, als ob Er selbst die Segensworte spräche; denn wir thun es von Ihm beauftragt und in Seiner Vollmacht. So legen wir auch Seinen Namen auf die Kinder in der h. Taufe, und wissen, was wir damit thun. Denn wie ein Eigenthümer sein Gut bezeichnet mit dem Zuge seines Namens, damit man es erkenne und von Fremdem unterscheide: so drückt Er uns Sein Siegel auf mit Seinem Namen, ein Siegel, das nicht äußerlich an unserm Leibe sichtbar, aber voll innrer Kraft ist, uns zu verwandeln und zu erneuern und als Sein Eigenthum uns zu erweisen durch die Früchte Seines Geistes, die Er in uns wirket. So oft deßhalb in diesen Segensworten unsers Textes Sein Name auf uns gelegt wird, so oft sollen wir daran gedenken, daß wir nach Seinem Namen genannt sind schon in unsrer Taufe. Es ist derselbe Gott, der dort uns als die Seinen angenommen und erklärt hat, und hier uns wiederholt bestätigt, was Er uns sein und an uns thun will. Denn wir sind das rechte Israel, das wahre, das geistige, das Volk des lebendigen Gottes, der Same Abrahams, des Vaters aller Gläubigen, die Kinder, welchen der Segen unsers Textes gebührt nach Gottes Rath und Willen, so wir anders behalten, was wir empfangen haben, und in dem Glauben und Bekenntniß des Gottes, der uns liebt und segnet, bleiben.

II.

Haben wir aber so mit Wenigem uns die Bedeutung im Allgemeinen klar gemacht, die der sonntäglich über uns gesprochne Segen hat für Alle, die ihn suchen und annehmen, so laßt uns dazu übergehen, auch die einzelnen Theile desselben betrachtend zu erwägen.

„Der Herr segne dich und behüte dich!“ Das ist das erste Wort des Segens. Es ist die allmächtig waltende Liebe des Vaters, welche Seinen Kindern zugesagt wird. Im Segnen und Behüten soll sie an ihnen sich erweisen. Denn nachdem Gott die Welt und Alles was darin ist gemacht hat, ist es Sein Segen, welcher sie erhält; sie kann nicht von sich selbst bestehen, Er trägt sie mit Seinem kräftigen Wort. Nicht einen Augenblick würde dieser wundervolle Bau, zu welchem Himmel und Erde gefügt ist, und Pflanzen und Thiere und der beseelte Leib des Menschen sammt dem Geist, der ihn an seinen Ursprung mahnet und erinnert, zusammenhalten, und durch ihre Ordnung und Regelmäßigkeit und Schönheit das Auge entzücken und den Geist mit Bewunderung erfüllen: wenn nicht die Kraft des Wortes, die dieß Alles zuerst in's Dasein gerufen hat, fortwirkend darin waltete, wenn nicht der Schöpfer auch segnend über Sein Geschöpf die Hände breitete, daß es bleibe und bestehe. Denn Er ist nicht ein Gott, der das, was Er gemacht hat, nur seinen eigenen Trieben und Gesetzen überließe. Es hat gar keine eigenen Gesetze, keine andern Triebe, als welche Gott ihm eingepflanzt, als die, an welche Er es selbst gebunden und geknüpft hat. Er aber ist nicht fern von einem Jeglichen unter uns, ob wir Ihn doch fühlen oder finden möchten. Er schauet die Erde an, so bebet sie; Er rühret die Berge an, so rauchen sie; denn auch die unbewußte Creatur spürt ihren Herrn und Meister. Es wartet Alles auf Ihn, daß Er ihnen Speise gebe zu seiner Zeit. Wenn Er ihnen gibt, so sammeln sie; wenn Er Seine Hand aufthut, so werden sie mit Gut gesättigt; Er verbirgt Sein Angesicht, so erschrecken sie; Er nimmt weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder zu Staub; Er lässet aus Seinen Odem und verneuert die Gestalt der Erde. So waltet der Herr unter Seinen Creaturen, Er überall ihnen nahe, allgegenwärtig sie durchdringend, allmächtig sie erhaltend, mit Seiner Güte sie bedeckend, mit göttlichem Wohlwollen sie beschirmend. In diese väterliche Güte und Aussicht soll der Mensch, das vornehmste Geschöpf Gottes auf der Erde, zu allererst befohlen sein. Gott will uns umhegen und beschützen, will unsere Bedürfnisse aus Seinem Reichthum füllen, will alle unsre Wege vorsorglich lenken und behüten, will also uns umgeben, daß wir in jedem Augenblick nach Leib und Seele von Ihm getragen, von Ihm gedeckt, wie Kinder im Mutterschoße von dem Segen Seiner Macht und Treue überschattet und bewacht sind. Alles, was die göttliche Vorsehung an uns thut in Bewahrung, Leitung und Errettung, das ist beschlossen in den Segensworten: „Der Herr segne dich und behüte dich!“ Du bist nicht einsam, nicht verlassen und vergessen; es wachet über dich das Auge einer ewigen Liebe, welche dich nicht aus der Acht läßt. Du bist nicht versäumt, den Launen eines blinden Schicksals Preis gegeben, oder auf Menschen-Gunst und Abgunst angewiesen, oder ein Spielball der Elemente, die dich als ihr Werk zusammenfügen und zerstören; sondern der dich behütet, schläft nicht; siehe der Hüter Israels schläft und schlummert nicht; Er ist dein Schatten über deiner rechten Hand, daß dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts; der Herr behütet deine Seele; Er behütet deinen Eingang und deinen Ausgang von nun an bis in Ewigkeit. Das ist der Segen des Vaters, der erste Ausdruck Seiner dreifach geoffenbarten Liebe.

Aber der zweite lautet: „Der Herr erleuchte Sein Angesicht über dir und sei dir gnädig!“ Denn unsre Seele lebt nicht bloß von dem Segen der Erhaltung, nicht bloß von jener allgemeinen Güte, welche reicht, so weit der Himmel ist, und über alle Geschöpfe Gottes sich verbreitet, auch die leblosen und die unbeseelten; sie bedarf zum Leben der Gemeinschaft Gottes. Sie kann sich nicht genügen lassen an den bloßen Erweisungen der Liebe, an den Gaben des göttlichen Wohlwollens, wie die unvernünftige Creatur, die unbewußt den Vater preiset durch das ihr anerschaffene Sein und Regen; wie Ihm die Lerche in der Luft ihr Loblied schmettert, sie weiß nichts davon, wen sie damit ehret; wie die Mücke im Sonnenstrahl sich schwebend wiegt, sie kann nicht sagen, was ihr wohl thut und sie freuet; - sondern der Geist des Menschen sehnet sich nach seinem Ursprung. Die Gabe allein befriedigt ihn nicht; denn er braucht den Geber. Die Liebe Gottes selber ist sein Lebenselement, nicht bloß der Ausfluß jener Liebe, an welchem Alles Theil hat, was Gott schuf und machte. Aber um in der Liebe Gottes seines Herzens Weide und seines Lebens Lust und Kraft zu finden, dazu fehlet dem Menschen Eins: das freudige Gewissen. Eure Untugenden scheiden euch und euern Gott von einander, und eure Sünden verbergen Sein Angesicht vor euch! sagt der Prophet Jesaias. Um hier zu helfen, muß der Vater Sein Angesicht im Sohne wieder leuchten lassen über das abgefallene und irre gegangene Geschöpf, und muß durch den Glanz Seiner Gnade es wieder locken und weisen in die Bahn, die es verlassen hat. Darum sagt der zweite Segensspruch: Der Herr sei dir gnädig! und darum setzt der Apostel Paulus, der Dolmetscher unsres Segens, in seinem vorhin angeführten Gruße die Gnade unseres Herrn Jesu Christi vorne an und erst in's zweite Glied die Liebe Gottes. Denn dieser Liebe wird doch kein Mensch froh, wenn er nicht die Gnade an sich erfahren, wenn er nicht Vergebung der Sünde gefunden hat in der ewig gültigen Versöhnung Jesu Christi. Diese Versöhnung war auch im alten Bunde kein Geheimniß; sie war in Wort und Bild voraus gesagt und abgespiegelt. Jedes Sündopfer deutete auf den hin, der alle unsre Sünde tilgen wollte durch die Macht erbarmungsreicher Liebe, mit der Er sich selbst für uns dahin gab, und das gläubige Sehnen von Jahrtausenden war auf den Anbruch jenes Heils gerichtet, das in Christo der Menschheit ausgegangen ist, woran die Welt vor Christo in Hoffnung zehrte und die Welt nach Seiner Ankunft sich in seliger Gewißheit freut. In dem Sohne ist die Bürgschaft uns gegeben, daß die Liebe des Vaters ewig währet über uns; in dem Sohne ist die Kraft des göttlichen Erbarmens offenbar geworden, das auch die Schuld der Menschen überwiegt und alle ihre Sünde in die Tiefe des Meeres wirft. Der Sohn ist der Weg zum Vater; in Ihm ist die Wahrheit und das Leben; Er lasse Sein Antlitz leuchten über uns und sei uns gnädig.

Dann bleibt der dritte Segensgruß nicht unerfüllet: „Der Herr erhebe Sein Angesicht auf euch und gebe euch Frieden!“ denn der Friede ist die Frucht der Gnade. Wenn Christi Liebe das kranke Gewissen heilt, dann kehrt der Geist des Herrn in das bange, aber nunmehr getröstete Herz ein und macht die Gemeinschaft mit dem Vater und dem Sohlte fest und dauernd. Wie der Thau sich legt auf das Gras, wie der Regen das lechzende Land tränket, so senkt sich der heilige Geist mit Seinen Gaben in die Brust des begnadigten Sünders und erfüllet sie mit Kraft des Friedens. Darum setzt der Apostel als das dritte in jenem feinem Gruße, der den Segen unsers Textes so schön uns deutet: Die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch. Denn Er vollendet das Werk der Wiederbringung und Erneuerung des Menschen zu dem, wozu er einst geschaffen war, und heiligt ihn wieder zum Tempel Gottes, zu Seinem hergestellten Bilde, zum priesterlichen Herrn: und königlichen Beherrscher des ihm untergebenen Gebiets der Schöpfung. Aus dem hergestellten Frieden mit Gott kommt dann aller andere Friede. Die Gemeinschaft des heiligen Geistes zehrt den Neid und Haß und Hader auf und läßt ihn nicht in unsern Herzen wohnen; der Friede mit Gott begründet jenen seligen Verkehr und Austausch, der uns theilhaftig macht der Kräfte der zukünftigen Welt, der uns in Hoffnung erhebt über alles Leid der Erde, der uns sprechen lehrt: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, vor wem sollte ich mich fürchten? der Herr ist meines Lebens Kraft, vor wem sollte mir grauen? Wie aller Unfriede und Streit in unserem Theil der Schöpfung davon ausging, daß das Band freiwilliger Unterordnung unter Gott gelöst ward durch die Sünde und den Abfall, so kehret Friede wieder in der ganzen Creatur, im Menschen und u m ihn her, wenn der heilige Geist als der Friedebringer Sein segnendes Walten wieder über uns erstreckt und uns in die Gemeinschaft des Vaters und des Sohnes ausnimmt; und dieser Friede, der jetzt als ein verborgenes Kleinod die Herzen der Kinder Gottes schmückt, er wird noch dermaleinst die ganze Welt erfüllen.

III.

Das ist der Inhalt des auf uns gelegten Segens. So sehet, Geliebte, wohl zu, wie ihr ihn empfanget. Ihr erkennt, es sind nicht leere Worte, es ist eine göttliche Zusicherung darin enthalten deß, was der Vater und der Sohn und der heilige Geist an euch thun will. So nehmet ihn, so oft ihr diese Worte höret, vor Allem mit dankbarer Beugung auf, und lasset die große Liebe euch zu Herzen gehen, die also an uns arme, ja mehr als arme, an uns sündige Geschöpfe denket und sich zu uns neiget, wie es der Herr in Seinem dreifachen Segensgruß uns zusagt. Ach Herr, ich bin viel zu gering all Deiner Treue und Erbarmung! das ist der Ausdruck dessen, was unsre Seele empfinden muß, so oft wir von der Güte hören, die unablässig sich um uns bemüht und das Werk unserer Errettung und Erneuerung betreibet früh und spat; und so oft die Worte des Segens unser Ohr umtönen, müssen wir im Geist anbetend in die Kniee sinken und flehend sprechen: Ach ja, Herr, laß also an mir geschehen!

Aber diese Bitte ist erhört, wenn du sie stellest. Hier gilt der Ausspruch des Propheten: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören. Mit gläubiger Zuversicht sollst du darum den Segen deines Gottes empfangen, und Ihn nicht Unehren mit Zweifeln und kleinmüthigen Bedenken.

Denn dein Gott ist reich an Gnaden, und gibt nicht, wie ein Mensch, mit karger Klugheit, „Thue deinen Mund weit auf, laß mich ihn füllen!“ ruft Er schon durch den Psalmisten (81,11); so viel du Sein begehrst, so viel und noch viel mehr wird Er an dir sich herrlich offenbaren. Fürchte dich nicht, daß du Ihm zu viel zutraust, wenn du Alles, Alles, was du bedarfst für Zeit :md Ewigkeit, getrosten Muthes von Ihm erwartest ohne Wanken. Es ist nicht Seine Art, weniger zu thun als unsre Hoffnung erwartet, sondern über Bitten und Verstehen gibt Er; denn Er ist größer als unser Herz, und unserem Bedürfniß, dessen ganze Tiefe wir selbst kaum ahnen, hat Er in Seinem Gnadenrath vorsorglich alle Stillung schon bereitet. Darum traue dem Herrn und dem Worte Seiner Gnade, das da mächtig ist dich zu erbauen und dir zu geben das Erbe sammt denen die geheiligt werden. Je mehr du von dir selbst und deinem eignen Können und Vermögen absiehst, und lediglich auf Gottes Kraft und Christi Gnade, die Seinen Segen dir verheißt, auf aller deiner Macht dich stützest und von Ihm nicht lässest, desto reichlicher wirst du erfahren, daß Er treu ist. Sein Segen wird an dir zur vollen Wahrheit werden.

In solcher Zuversicht gehe hin und thue, was dir vor die Hand kommt. Als ein Gesegneter des Herrn treibe dein Geschäft und führe deine irdische Tagesarbeit. Es ist dein Theil, darinnen du dich üben und treu sein sollst, bis du von dieser Armseligkeit des zeitlichen Berufes einmal übergehen darfst zu höheren und bessern Diensten. Aber nur der im Geringsten treu ist, ist im Großen auch treu; und im Geringsten treu zu sein soll dich die väterliche Aufsicht deines Gottes und die vergebende Huld deines Heilands und die heilende Kraft Seines Geistes stärken. Wenn du weißt, der Blick deines irdischen Königs ruht auf dir und stehet deinem Werke zu, erfreuet sich an deiner Treue und gedenket wohlgefällig aller deiner Arbeit: wird es dich nicht spornen und erheben und die Last dir leichter scheinen lassen, weil du weißt, du trägst sie nicht umsonst, ein Auge, das du ehrst und fürchtest, ist dein Zeuge? Nun stehe, hier ist mehr als alle Könige auf Erden; dein Gott und Herr und Vater, der auch heute mit Seinem Gruß an jeden unter uns sich wendet, Er will dich begleiten und mit dir sein und bei dir stehen in guten und in bösen Tagen, die Er schaffet. So laß dem Herz sich in Ihm ausbreiten zu zweifellosem kräftigem Vertrauen, und stehest du in der innigen demüthigen Beugung deines Herzens, die nicht vergessen läßt, daß wir vor Ihm nichts sind als Staub und Asche, aber doch sprechen lehrt und sprechen darf: Ich lasse dich nicht, Herr, Du segnest mich denn! dann fürchte dich nicht mehr; du bist gesegnet. Die Gnade unseres Herrn Jesu Christi und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes ist mit dir! sie bleibe mit uns Allen! Amen.

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