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Apostelgeschichte, Kapitel 17

Apostelgeschichte, Kapitel 17

17:1 Nachdem sie aber durch Amphipolis und Apollonia gereist waren, kamen sie gen Thessalonich; da war eine Judenschule.

17:2 Wie nun Paulus gewohnt war, ging er zu ihnen hinein und redete mit ihnen an drei Sabbaten aus der Schrift,

17:3 tat sie ihnen auf und legte es ihnen vor, daß Christus mußte leiden und auferstehen von den Toten und daß dieser Jesus, den ich (sprach er) euch verkündige, ist der Christus.

17:4 Und etliche unter ihnen fielen ihm zu und gesellten sich zu Paulus und Silas, auch der gottesfürchtigen Griechen eine große Menge, dazu der vornehmsten Weiber nicht wenige.

17:5 Aber die halsstarrigen Juden neideten und nahmen zu sich etliche boshafte Männer Pöbelvolks, machten eine Rotte und richteten einen Aufruhr in der Stadt an und traten vor das Haus Jasons und suchten sie zu führen vor das Volk.

17:6 Da sie aber sie nicht fanden, schleiften sie den Jason und etliche Brüder vor die Obersten der Stadt und schrieen: Diese, die den ganzen Weltkreis erregen, sind auch hergekommen;

17:7 die herbergt Jason. Und diese alle handeln gegen des Kaisers Gebote, sagen, ein anderer sei der König, nämlich Jesus.

17:8 Sie bewegten aber das Volk und die Obersten der Stadt, die solches hörten.

17:9 Und da ihnen Genüge von Jason und andern geleistet war, ließen sie sie los.

17:10 Die Brüder aber fertigten alsobald ab bei der Nacht Paulus und Silas gen Beröa. Da sie dahin kamen, gingen sie in die Judenschule.

17:11 Diese aber waren edler denn die zu Thessalonich; die nahmen das Wort auf ganz willig und forschten täglich in der Schrift, ob sich's also verhielte.

17:12 So glaubten nun viele aus ihnen, auch der griechischen ehrbaren Weiber und Männer nicht wenige.

17:13 Als aber die Juden von Thessalonich erfuhren, daß auch zu Beröa das Wort Gottes von Paulus verkündigt würde, kamen sie und bewegten auch allda das Volk.

17:14 Aber da fertigten die Brüder Paulus alsobald ab, daß er ginge bis an das Meer; Silas aber und Timotheus blieben da.

17:15 Die aber Paulus geleiteten, führten ihn bis gen Athen. Und nachdem sie Befehl empfangen an den Silas und Timotheus, daß sie aufs schnellste zu ihm kämen, zogen sie hin.

17:16 Da aber Paulus ihrer zu Athen wartete, ergrimmte sein Geist in ihm, da er sah die Stadt so gar abgöttisch.

17:17 Und er redete zu den Juden und Gottesfürchtigen in der Schule, auch auf dem Markte alle Tage zu denen, die sich herzufanden.

17:18 Etliche aber der Epikurer und Stoiker Philosophen stritten mit ihm. Und etliche sprachen: Was will dieser Lotterbube sagen? Etliche aber: Es sieht, als wolle er neue Götter verkündigen. (Das machte, er hatte das Evangelium von Jesu und von der Auferstehung ihnen verkündigt.)

17:19 Sie nahmen ihn aber und führten ihn auf den Gerichtsplatz und sprachen: Können wir auch erfahren, was das für eine neue Lehre sei, die du lehrst?

17:20 Denn du bringst etwas Neues vor unsere Ohren; so wollten wir gern wissen, was das sei.

17:21 (Die Athener aber alle, auch die Ausländer und Gäste, waren gerichtet auf nichts anderes, denn etwas Neues zu sagen oder zu hören.)

17:22 Paulus aber stand mitten auf dem Gerichtsplatz und sprach: Ihr Männer von Athen, ich sehe, daß ihr in allen Stücken gar sehr die Götter fürchtet.

17:23 Ich bin herdurchgegangen und habe gesehen eure Gottesdienste und fand einen Altar, darauf war geschrieben: Dem unbekannten Gott. Nun verkündige ich euch denselben, dem ihr unwissend Gottesdienst tut.

17:24 Gott, der die Welt gemacht hat und alles, was darinnen ist, er, der ein HERR ist Himmels und der Erde, wohnt nicht in Tempeln mit Händen gemacht;

17:25 sein wird auch nicht von Menschenhänden gepflegt, als der jemandes bedürfe, so er selber jedermann Leben und Odem allenthalben gibt.

17:26 Und er hat gemacht, daß von einem Blut aller Menschen Geschlechter auf dem ganzen Erdboden wohnen, und hat Ziel gesetzt und vorgesehen, wie lange und wie weit sie wohnen sollen;

17:27 daß sie den HERRN suchen sollten, ob sie doch ihn fühlen und finden möchten; und fürwahr, er ist nicht ferne von einem jeglichen unter uns.

17:28 Denn in ihm leben, weben und sind wir; wie auch etliche Poeten bei euch gesagt haben: „Wir sind seines Geschlechts.“
Daß wir göttlichen Geschlechts sind, lehrt uns keine Begebenheit deutlicher und anschaulicher, als die Menschwerdung des Sohnes Gottes. Feuer und Wasser vertragen sich nicht. Mische du Schnee und Glut, beide bestehen nicht mit einander, es wird ein laues Wasser daraus. Eisen und Gold können nicht zusammengeschmelzt werden. Gott und Teufel können nicht zu Einer Person zusammenwachsen; - aber Gott und Mensch, das verträgt sich. Das lernen wir aus Christi, des Gottessohnes, menschlicher Geburt: daß Gott und Mensch nicht sich hassen, wie Finsternis und Licht, sondern daß sie Beide Eins sind in ihrem Grunde. Große, heilige Wahrheit! Vor Christi Erscheinung war sie unbekannt. Die Heiden redeten wohl von Göttern, die in Menschengestalt erscheinen; aber diese Götter haben auch keine Göttlichkeit mehr, sie sind allen menschlichen Leidenschaften, Schwächen, sogar Sünden ausgesetzt, ja, es ist sündige Liebe zu menschlicher Schönheit, was sie vom Himmel herabzieht. Dem Juden aber thronte Gott in unermeßlicher Ferne, hoch über der Erde; man kann Ihn ehren und fürchten, aber recht menschlich lieben, wie wir einen Vater lieb haben, und einen Freund, das kann man nicht. Christus mußte kommen, um durch die göttliche und menschliche Natur, die Er in sich vereinigt, zu zeigen, daß beide Naturen nicht verschieden sind. Jetzt verstehen wir erst, was das Wort in der Schöpfungsgeschichte sagt: Gott blies dem Menschen einen lebendigen Odem in seine Nase. Nicht formte Er seine Seele aus irdischen Stoffen, wie seinen Leib; auch nicht durch ein bloßes Werde rief Er sie hervor, sondern seinen Hauch blies Er ihm ein, sein eignes Leben strömte Er in den toten Leib, und der Geist des Menschen ist Ausfluß der Gottheit. Dasselbe Leben, das im ewigen Worte war, wurde Licht der Menschen, so lehrt uns Johannes im Anfange seines Evangeliums. Und in seinem ersten Briefe gibt er uns Aussicht, daß wir einst Christo gleich werden sollen. Jetzt wissen wir, was unser Ziel ist: wir sollen wieder Teil haben an der göttlichen Natur. Wir sollen lernen, von unserer Bestimmung wieder recht hoch zu denken denn Gottes Kinder sollen wir hinfort sein, und als Kinder gleicher Natur werden mit dem Vater, vollkommen wie Er. Sind wir erniedrigt worden durch die Sünde, wir können wieder erhöhet werden Hat uns die Erde gefangen mit ihrem Reiz: wir wissen, daß wir nur Pilger sind auf der Erde, und unser Geist nur ein Fremdling hienieden ist, der einen bessern Ursprung hat als die Kreatur, der wir dienstbar geworden sind. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Nie häufiger, als in unsern Tagen, vernimmt man mit großer Wichtigkeit in Schrift und Rede einen Ausdruck, der an sich etwas sehr Erhabnes bezeichnet, aber so, wie er gebraucht wird, weiter gar nichts, als den Ausdruck menschlichen Stolzes und zwanghaften Dünkels ist. Ich meine nehmlich den Ausdruck: - Menschenwürde. Von der Würde des Menschen reden und schreiben Tausende, schreiten dabei gleichsam stolz und feierlich in ihrem Selbstgefühl einher und zeigen doch ganz deutlich, daß sie einen wahren Begriff von der Würde des Menschen gar nicht haben. Fragen wir diese Sprecher von der Menschenwürde, was sie denn eigentlich darunter verstehen, so antworten sie uns: Menschenwürde bestehe in der Fähigkeit, seiner selbst bewußt zu seyn, sich selbst zu bestimmen, frei wollen, annehmen und verwerfen, denken, urtheilen, schließen zu können. Wahr ist es, ein Theil der Menschenwürde besteht darin, aber das Genannte sind mehr die Vorzüge des Menschen vor dem Thiere, es sind die charakteristischen Eigenschaften seiner Menschheit, seine Würde besteht darin eigentlich nicht. Sie kann darin nicht bestehen; denn neben allen diesen Eigenschaften läßt sich ein äußerst unwürdiger Zustand denken, es können alle diese Eigenschaften zum Bösen angewendet werden, selbst gute Geister, die diese Eigenschaften in besonders hohem Grade besaßen, fielen eben dadurch. Ja, eine einseitige Schätzung dieser Vorzüge ist an sich böse, denn sie leitet eben zu Uebermuth, Stolz, Dünkel, zu dem Bestreben, selbst Gott zu seyn und den Herrn des Lebens zu verachten oder höchstens noch gleichsam aus einem Zuge der Gewohnheit und aus Gefälligkeit zu verehren. Die wahre Würde des Menschen läßt sich bei denen, welche sich Christen nennen, von der wahren Würde des Christen nicht unterscheiden; denn wie in Christo die Menschheit in verklärter Gestalt erschien, so ist auch der Christ nichts anders, als der verklärte Mensch. Diese wahre Würde, die wir als Christen haben sollen, besteht darin, daß wir uns erkennen als Wesen göttlichen Geschlechts, aber auch mit Schmerz erkennen, daß wir, trotz unserer Abstammung von Gott, das rechte Verhältniß verloren haben und tausendfach Gott entfremdet und der Sünde hingegeben sind, und daß wir nun vor Gott uns in Reue und Buße demüthigen, Gnade und Versöhnung suchen und daß der Entschluß uns entflammt, unser ganzes Leben ihm zu weihen.
Unsre wahre Würde besteht darin, daß wir uns freuen, in Christo Jesu, unsern Heiland und Erlöser, den wahren Weg zur Annäherung mit Gott gefunden zu haben; daß wir uns freuen, ihn als den Quell unsers Lebens und unsers Heils betrachten zu dürfen, uns rühmen zu können, durch sein unschuldiges Leiden und Sterben theuer erkauft zu seyn, und daß wir nun in dieser Freude nicht uns leben, sondern dem, der für uns gestorben und auferstanden ist. Unsere wahre Würde besteht darin, daß wir Gottes Kinder heißen, und an Gott einen Vater haben, dem wir vertrauen in Freude und Schmerz, in Glück und Trübsal. Unsere wahre Würde besteht darin, daß wir als Kinder Gottes Erben, nämlich Gottes Erben und Miterben Christi sind, und daß wir darum den Tod nicht fürchten, sondern mit Freuden in das Jenseits blicken, die Herrlichkeit erwarten, die auch an uns geoffenbart soll werden, wo wir durch Glauben hindurchdringen zum Schauen und ewig beseligt erkennen, daß, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehöret und in keines Menschen Herz gekommen ist, denen zu Theil wird, die Gott lieben. Dieß ist unsre Würde. Vom Grab, an dem wir wallen, soll Jesus Christ dein Lobgesang empor zum Himmel schallen, dir opfre jede Seele Dank und jeder der Verlornen freu' sich ein Mensch zu sein, und jeder der Verlornen rühm' sich, erlös't zu sein. (Christoph Wilhelm Goetz)


Sobald wir aus Gott geboren sind und also Leben aus Gott in uns ist, senkt sich der Himmel hinein in unsere Seele, und wir besitzen tatsächlich eine ganz direkte Verbindung mit dem Himmel und mit dem Herrn, der Seine Wohnung, den Ort Seiner sichtbaren Herrlichkeit, im Himmel hat. Mag nun die Stätte der unmittelbaren Offenbarung Gottes auch Millionen und aber Millionen Stunden von uns entfernt sein, das tut nichts dazu und nichts davon und kommt hier gar nicht in Betracht. Der im Himmel wohnende Christus wohnt auch in uns, Raum und Zeit hören da völlig auf. Wo der Geist des Herrn ist, da dehnt sich Sein Himmel aus, da kann Er ruhen und wirken, und da wird Er empfunden und genossen. Der hohe und erhabene Herr sieht die innerste Regung unseres Willens und hört den leisesten Gedanken unseres Herzens; Er durchwohnt und durchschaut die Ihm verbundenen Seelen, und weil sie als aus Gott geboren in Ihm sind, so haben sie stets freien, offenen Zugang zu Seinem Gnadenthron. Christi Glieder senden ihre Bitten empor, und sie erreichen Gottes Herz ganz sicher, denn sie sind in Christus, und der Herr spricht Sein Amen im Himmel, Sein Amen der Taten und der Segnungen. Sie erlangen und empfangen das Erbetene auf demselben Wege, auf dem ihre Bitten emporgestiegen sind. Jesus, das verklärte Haupt im Himmel, steht mit Seinen geheiligten Gliedern auf Erden in inniger Verbindung. Auf dieser realen Gemeinschaft mit Gott beruht die Heiligung, und diese Gemeinschaft kann bei allen stattfinden, die aus Gott geboren sind. (Markus Hauser)


Eine wundervolle und mächtige Wahrheit liegt hier vor uns. Sind wir auch weit von Gott abgekommen, in Elend und Knechtschaft geraten, hat die Sünde ihr Zersetzungswerk auch noch so weit getrieben, so dass wir nun einen kränkelnden, alternden und dem Tode anheimfallenden Leib haben, so sind wir dennoch Gottes Geschlecht. Er hat den Menschen nach Seinem Bilde erschaffen mit der Bestimmung, dass wir Ihm ähnlich und dass wir zunächst um Ihn sein sollen. Die Menschen sollen Gottes Familie bilden, sollen Seine Herrlichkeit an sich tragen, Sein Wesen soll sie immerfort durchfluten, lebendige Organe sollen sie sein, durch die der ewige Gott Seine Herrlichkeit entfaltet. Die Liebe zieht Ihn zu den Menschen hin, denn Er hat ihrem Stammvater Seinen Geist eingehaucht und sie gesetzt, ein gottkönigliches Geschlecht zu sein. Kein anderes Wesen steht dem Gott der Herrlichkeit so nahe. „Wir werden Ihm gleich sein, denn wir werden Ihn sehen, wie Er ist“, rühmt Johannes. Gottes Kinder sind im vollsten Sinne Sein Geschlecht, sie sind aus Gott geboren und tragen Gottes Natur und Wesen an sich. Sind wir Gottes Geschlecht, so liegt in Gott unsere Ruhe, Freude und Wonne, unsere Stärke, unsere Seligkeit und Herrlichkeit. Die Trennung von Ihm ist deshalb eine Quelle unendlicher Not, und ebenso ist das „bei Ihm sein“ und „um Ihn sein“ ein Quell ewiger und mannigfacher Seligkeiten. Wahre Christen, in denen Gott wohnt, sind ein Beweis dafür, dass der Hl. Geist Menschen befähigt, Gott ähnlich zu werden, weil sie Seines Hauses Glieder sind. Wir sind göttlichen Geschlechts. (Markus Hauser)


Das Wort des Dichters: Wir sind Gottes Geschlecht, dem Paulus seine Zustimmung gibt, bedeutet nicht nur, dass unser Ursprung in Gottes Schaffen liegt. Denn Gott gleicht nicht einem Menschen, der, nachdem er der Ahnherr seines Geschlechts geworden ist, verschwindet. Sind wir sein Geschlecht, so besteht zwischen uns und ihm ein Zusammenhang, der uns mit ihm verwandt macht und uns etwas Gemeinsames mit ihm gibt. Es wird uns aber schwer, in der Menge der Menschen, wie sie sind, Gottes Geschlecht zu ehren. So wie wir sie nicht nur aus der Ferne betrachten, sondern in wirklichen Verkehr mit ihnen treten, vergeht uns rasch die Erinnerung an ihre Zugehörigkeit zu Gottes Geschlecht. Auch Paulus wendet den Blick von allem weg, was der Mensch eifrig zur Schau stellt und laut preist. Er spricht nicht von der menschlichen Sprache, Wirtschaft, Kunst und Religion; er nennt aber drei Dinge, Leben, Bewegung, Dasein als das, was der Mensch nur dadurch haben kann, dass er an Gott hängt. Schon das Dasein, unser erstes, einfachstes Merkmal, macht Paulus zum Zeichen unserer Verbundenheit mit Gott. Denn das Wirkliche entsteht durch den Wirker aller Wirklichkeiten. Auch der Mensch, von dem ich mich mit Abscheu wegwende, ist nicht vorhanden ohne Gott. Weiter, wir bewegen uns und haben nicht das gebundene, unbewegte Dasein der ruhenden Natur. Wie peinlich ist uns oft die Weise, wie die Menschen sich bewegen! Hielten sie sich doch still, seufzen wir. Dass aber aus ihrem Dasein eine stetige Tätigkeit wird mit unablässiger Bewegung, das haben sie von Gott. Die Formel „Bewegung“ reicht aber noch nicht aus, um auszusprechen, was den Menschen als Gottes Werk kennzeichnet; er lebt! Seine Bewegung kommt aus dem, was er inwendig ist. Dort hat er ein Bewusstsein, das ihm zeigt, was er ist und tut, und dort hat er den Willen, der aus seinen Bewegungen seine Taten macht. Wie könnte der Mensch lebendig sein ohne Gott? Ehre das Wirkliche, ehre die arbeitsame Beweglichkeit und gib ihr Raum, ehre das Leben. Das sind die Markenzeichen des Zusammenhanges, durch den der Mensch an Gott hängt, auch wenn du, was er tut, nicht lieben kannst und nicht lieben darfst.
Wohin mein Weg mich führt, überall bin ich bei dem, was Dir gehört, der Du unser Schöpfer und Vater bist. Welcher Mensch es sei, der mir begegnet, er gehört zu seinem Geschlecht. Wecke mir den Blick, dass ich nicht bloß die Bosheit und die Schande der Menschen sehe, sondern in der Wahrheit bleibe, die mir sagt, dass sie, solange sie sind und leben, Dir gehören. Amen. (Adolf Schlatter)

17:29 So wir denn göttlichen Geschlechts sind, sollen wir nicht meinen, die Gottheit sei gleich den goldenen, silbernen und steinernen Bildern, durch menschliche Kunst und Gedanken gemacht.

17:30 Und zwar hat Gott die Zeit der Unwissenheit übersehen; nun aber gebietet er allen Menschen an allen Enden, Buße zu tun,1)
Paulus redete dieses, als ein Haufe von atheniensischen Männern vor ihm stand, unter denen einige Weltweisen von der Epikurer und Stoiker Sekte waren. Alle diese Leute hielten ihre Nation für die weiseste unter allen Nationen, und die Athenienser standen insonderheit in der Einbildung und im Ruf, daß sie unter den Griechen die Gescheidtesten seien. Wie befremdlich muß es ihnen also gewesen sein, daß ihnen Paulus von einer Zeit der Unwissenheit sagte, die Gott übersehen habe, und daß Er nun allen Menschen an allen Enden, folglich auch ihnen, gebiete, Buße zu thun oder den Sinn zu ändern. Es ist nicht zu leugnen, daß zu Athen die Künste und Wissenschaften, welche die menschliche Vernunft erreichen kann, fleißiger als anderswo getrieben worden sind. Es gab da immer viele Weise nach dem Fleisch; und auch die Bürger, welche keine Gelehrten waren, hatten eine gewisse Feinheit des Witzes und der Sitten. Allein Gott sahe dieses Alles nicht an. Sie waren doch unwissende Leute. Sie kannten den wahren Gott nicht, und noch weniger den Erlöser. Sie hielten sich viele Laster zu gut. Und was ihre Weltweisheit anbelangt, so war keine Festigkeit dabei, denn sie waren immer nur darauf gerichtet, daß sie etwas Neues sagen oder hören möchten.
Hieran spiegle sich nun die heutige Christenwelt, welche, um sich zu verfeinern, vieles von der griechischen Weisheit, Sitten und Anstalten (worunter auch die Schauspiele zu rechnen sind) zu Hülfe nimmt. Ach das Wort Gottes gehet über Alles! Zu einem Volk, welches dasselbe hat, darf man sagen, was Moses 5 Mos. 4,6.7.8. zu dem Volk Israel gesagt hat: das wird eure Weisheit und Verstand sein bei allen Völkern, wenn sie hören werden alle die Gebote, daß sie müssen sagen: Ei welche weise und verständige Leute sind das, und ein herrlich Volk! denn wo ist so ein herrlich Volk, zu dem Götter also nahe sich thun, als der HErr unser Gott, so oft wir Ihn anrufen? Und wo ist so ein herrlich Volk, das so gerechte Sitten und Gebote habe, als alle dieß Gesetz, das ich euch heutiges Tags vorlege? Welches Menschen Sinn nun mit dem Wort Gotte nicht übereinkommt, derselbe muß Buße thun oder seinen Sinn ändern, folglich anders denken, als er vorher gedacht hat, lieben, was er vorher gehaßt hat, hassen, was er vorher geliebt hat, und den dreieinigen Gott und sich selbst und alle Dinge anders ansehen als vorher. Und dieses gebeut Gott allen Menschen an allen Enden, den Gelehrten wie den Ungelehrten, den Feinen wie den Barbaren, und indem Er’s gebietet, will Er durch die Kraft Seines gebietenden Wortes diese Sinnesänderung, wenn sie Ihm nicht widerstreben, in ihnen wirken. Es läßt sich eine feine Tugendlehre mit der Vernunft leicht begreifen, beweisen, bejahen und nachsagen: allein hiemit ist der Sinn noch nicht gebildet. Derjenige, der von der Demuth fein geredet oder geschrieben hat, kann stolz sein, und weiß es nicht, derjenige, der den Geiz gescholten hat, kann geizig sein, und es nicht wissen, und wer die Sanftmuth aus guten Gründen angepriesen hat, wird vielleicht in der nächsten Stunde von einem beleidigenden Jähzorn hingerissen. So weit ist also die räsonnirende Vernunft von dem Sinn unterschieden. Der gute Sinn ist eine innerliche Fertigkeit, richtig zu denken, zu fühlen, zu wollen oder nicht zu wollen, welche dem Geist oder der neuen Natur ganz natürlich ist, und gemeiniglich so schnell wirkt, daß man sich auf Regeln und Beweise nicht zugleich besinnen kann. Darum sagt Christus: ihr müsset von Neuem geboren werden, und was von dem göttlichen Geist geboren ist, ist Geist. Der Sinn dieses aus Gott gebornen Geistes ist allein derjenige, der Gott gefällt. (Magnus Friedrich Roos)

17:31 darum daß er einen Tag gesetzt hat, an welchem er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit durch einen Mann, in welchem er's beschlossen hat und jedermann vorhält den Glauben, nachdem er ihn hat von den Toten auferweckt.

17:32 Da sie hörten die Auferstehung der Toten, da hatten's etliche ihren Spott; etliche aber sprachen: Wir wollen dich davon weiter hören.

17:33 Also ging Paulus von ihnen.

17:34 Etliche Männer aber hingen ihm an und wurden gläubig, unter welchen war Dionysius, einer aus dem Rat, und ein Weib mit Namen Damaris und andere mit ihnen.2)
In Athen standen viele Götzenbilder und unter ihnen ein Altar mit der Inschrift: „dem unbekannten Gott:“ – welche Götzenbilder stehen in meinem Herzen? und wie heißen sie? Etwa Zorn, oder Hochmuth, Wollust, Geiz, Trägheit, Ehre bei den Menschen? Oder muß ich antworten: mein Gott ist das Leben, die Wissenschaft, die Kunst, das Geld, die Freude, mein Bräutigam, meine Braut, Weib oder Kinder, und andere Güter dieser Welt? Muß ich nicht Ja antworten? Und dahinten in einem Winkelchen, in dem bangen Schlagen des Gewissens, steht ein Altar, mit der Inschrift: „dem unbekannten Gott,“ d.h. dem Gotte, auf dessen Namen ich getauft und confirmirt bin, dem ich mich verlobt habe, der mich hält und trägt mit seiner Barmherzigkeit, mit dem ich aber in keinem lebendigen Umgang stehe, dessen Gebote ich nach Belieben übertrete. O Paulus, tritt auf, und lehre mich den unbekannten Gott nicht nur kennen, sondern mit Ihm in Gemeinschaft treten. Ueberführe mich von meiner Unwissenheit und meinem Verderben, von Gottes Regierung und Gnadenführung, von Christi Erlösung und Gericht, wie Du es in Athen gethan, damit ich mich auch von der Wahrheit erleuchten, strafen, erziehen und heiligen lasse, die Götzen insgesammt im Herzen stürze und dem lebendigen Gott in Christo allein diene und mit Dionysius und Damaris mich mit ganzer Seele und fürs ganze Leben dem Herrn weihe, immer treuer und voller, der mich mit seinem Herzblute erkauft hat zu seinem Eigenthum und um mich selig zu machen, meine Sünden getragen hat und niedriger geworden ist denn ein Knecht, ja, ein Schächer am Kreuz. Baue Dir selbst in meinem Herzen einen Tempel mit Deinen heiligen Gotteshänden, und alle Tage werde Dir dargebracht ein neues Opfer meiner Lippen und meines Herzens. Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


In diesem Kapitel wird uns vorgeleget, wie der Apostel Paulus mit dem Evangelium Christi von den Thessalonichern, von denen zu Beröa und von den Einwohnern der weitberühmten Stadt Athen aufgenommen worden sey.
Da zeiget sich denn, daß das Wort Gottes gemeiniglich zweierlei Gattungen der Zuhörer antreffe. Die meisten verwerfen und verlachen es, wo nicht äußerlich, doch innerlich im Herzen, wenn es mit den Einbildungen ihrer hochmüthigen Vernunft - oder mit den sündlichen Begierden ihres verderbten Fleisches nicht übereinstimmen will, sondern dieselben angreifet und bestrafet. Wenige sind, die nach sorgfältigem Prüfung die ihnen vorgetragene Lehre als Gottes Wort annehmen und zur Wirkung der Buße und des Glaubens in der Seele kräftig seyn lassen.
Wir sollen uns aber nicht nur das Exempel der Beröenser, deren edles und gutes Gemüth der heilige Geist selbst rühmet, zur Nachfolge dienen lassen, indem wir die nach Gottes Wort geprüfte Lehre willig aufnehmen, sondern es soll uns auch die bewegliche Bußvermahnung Pauli, die er den Atheniensern vorhält, aus dem Schlaf der Sicherheit ermuntern - und uns des großen Gerichtstages erinnern, an welchem Gott den Kreis des Erdbodens durch Seinen Sohn Jesum Christum mit Gerechtigkeit richten - und die Menschen zur Rechenschaft fordern wird, wie sie Seinen allgemeinen Bußbefehl und den von Ihm jedermann vorgehaltenen Glauben aufgenommen haben.
Er, dessen Langmuth auch bei uns so vieles und so lange übersehen, gebe in Gnaden, daß wir den Reichthum Seiner Geduld nicht mißbrauchen, sondern Seine Güte uns zur Buße leiten lassen, damit wir am Tage des Gerichts nicht zu Schanden werden, sondern mit Freuden bestehen mögen. (Veit Dieterich)

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