2. Thessalonicher, Kapitel 1
1:1 Paulus und Silvanus und Timotheus der Gemeinde zu Thessalonich in Gott, unserm Vater, und dem HERRN Jesus Christus:
1:2 Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserm Vater, und dem HERRN Jesus Christus!
1:3 Wir sollen Gott danken allezeit um euch, liebe Brüder, wie es billig ist; denn euer Glauben wächst sehr, und die Liebe eines jeglichen unter euch allen nimmt zu gegeneinander,
Wenn wir doch auch eine solche Zensur bekämen! Von manchem andern Stück durfte es deutlich sein, daß wir nicht stehen geblieben sind: manche Versuchung, die uns vor einem Menschenalter verhängnisvoll werden konnte, verfängt nicht mehr bei uns, und manches Unrecht, das wir einst gedankenlos getan, würde uns heute unmöglich sein. Das danken wir der Erziehung und der Treue Jesu, der uns nicht in den Anfängen stecken ließ. Aber Wachstum des Glaubens? Vielleicht geschieht das nur in der ersten Zeit nach der Bekehrung, daß der Glaube sich so ausbreitet, um alle Lebensgebiete zu erfassen, und nachher spürt man bei einer gewissen erreichten Reife sein Wachstum nicht mehr. Wachstum spürt man überhaupt selbst nicht; das müssen andere bezeugen. Gesund muß der Glaube sein, sonst könnte er uns keine Gaben aus der unsichtbaren Welt vermitteln; und gesunde Gliedmaßen spürt man nicht, sondern nur die kranken. An einem Stück kannst du sehen, ob dein Glaube echt und stark genug ist: hilft er dir Liebe genug aus Jesu Fülle holen, mit der du deinen Nächsten lieben, tragen, segnen und beglücken kannst? Auf diesen praktischen Erweis des Glaubens kommt alles an.
Herr, ich glaube; hilf meinem unfertigen, unreifen Glauben stärker und fester werden, daß du ihm etwas zutrauen kannst im Tragen und Aushalten. Ich will die Augen schließen und glauben blind! Herr, segne mir solches! Amen. (Samuel Keller)
1:4 also daß wir uns euer rühmen unter den Gemeinden Gottes über eure Geduld und euren Glauben in allen Verfolgungen und Trübsalen, die ihr duldet;
1:5 welches anzeigt, daß Gott recht richten wird und ihr würdig werdet zum Reich Gottes, für das ihr auch leidet;
1:6 nach dem es recht ist bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die euch Trübsal antun,
1:7 euch aber, die ihr Trübsal leidet, Ruhe mit uns, wenn nun der HERR Jesus wird offenbart werden vom Himmel samt den Engeln seiner Kraft
1:8 und mit Feuerflammen, Rache zu geben über die, so Gott nicht erkennen, und über die so nicht gehorsam sind dem Evangelium unsers HERRN Jesu Christi,
Wem das Evangelium oder die ganze Lehre Jesu Christi gepredigt wird, bei dem ist es nicht gleichgültig, ob er demselben gehorsam werde oder nicht. Man muß ihm aber gehorsam sein durch’s Glauben und durch’s Thun. Indem ich die Verkündigung von der geschehenen Erlösung glaube, indem ich die Zusage von der Mittheilung des Geistes und von der Gabe des ewigen Lebens glaube, unterwerfe ich meine Vernunft, die vorher anders gedacht hatte, der göttlichen Wahrheit und Weisheit, und werde nach meiner innersten Gesinnung und nach meinen ausgewickelten Gedanken dem Wort Gottes unterthan, weßwegen auch Paulus Röm. 1,5. 16,16. von einem Glaubensgehorsam, oder von einem Gehorsam, der im Glauben besteht, geschrieben hat. Insofern aber das Evangelium im weiten Verstand oder die Lehre Jesu Christi Gebote enthält, zu deren Haltung der Heilige Geist gegeben wird, insofern muß ich auch demselben durch’s Thun gehorsam sein. Ich muß die Gebote meines HErrn durch die Kraft, die Er mir dazu darreicht, halten, ich muß dem Evangelio würdiglich wandeln. Ich muß im Licht, in der Liebe, in der Wahrheit wandeln, und als eine Rebe an Ihm Frucht tragen. Dieses Alles ist nicht gleichgültig. Ich darf mich auch nicht auf das Beispiel derer berufen, die das Evangelium nie gehört haben. Gott mag diesen nachsehen, was Er will: ich aber kann diese Nachsicht nicht erwarten, denn mir ist das Evangelium verkündigt worden. Ich darf mich auch nicht mit dem Unvermögen meiner Natur, noch mit der argen Welt, die mich umgibt, noch mit der Gewalt und List des Satans entschuldigen, denn das Evangelium bietet mir alle Gnade an, die zu meiner Wiedergeburt, Rechtfertigung, Reinigung und Stärkung, wie auch zum Sieg über die Welt, und zum Widerstand, den ich dem Satan thun soll, nöthig ist. Wie will ich also entfliehen, wenn ich die durch’s Evangelium mir verkündigte und mir angebotene Seligkeit nicht achte? (Hebr. 2,3.) Wie wird’s mir gehen, wenn ich dem Evangelio meines HErrn Jesu Christi nicht gehorsam bin? Paulus sagt 2 Thess. 1,7.: der HErr Jesus werde vom Himmel offenbaret werden mit den Engeln Seiner Kraft, das ist mit den Engeln, die Er zu starken Helden gemacht hat, durch die Er die größten Werke ausgerichtet, und denen sich keine menschliche Macht widersetzen kann. Was Er nun am Tage Seiner Offenbarung durch diese Seine starken Diener ausrichten werde, steht 1 Thess. 4,16. und Matth. 13,41.42.49.50. geschrieben. Er wird aber auch mit einer Feuerflamme offenbar werden, und dieses Alles durchdringende und schnell wirkende Feuerflamme wird nicht nur den Himmel und die Erde verzehren (2 Petr. 3,10.11.12.), sondern der HErr Jesus wird auch durch dieselbe alle Werke prüfen (1 Kor. 3,13.), aber auch an allen denjenigen Rache oder eine Strenge Gerechtigkeit ausüben, die jetzt Gott nicht erkennen, und Seinem Evangelio nicht gehorsam sind. Worin diese gerechte Strenge bestehen werde, sagt Paulus alsbald hernach: sie werden nämlich Pein leiden, das ewige Verderben von dem Angesicht des HErrn (welches mit einem schrecklichen Zorn gegen sie gekehrt sein wird), und von Seiner herrlichen Macht, welche Er anwenden wird, sie zu strafen. (Magnus Friedrich Roos)
1:9 welche werden Pein leiden, das ewige Verderben von dem Angesichte des HERRN und von seiner herrlichen Macht,
Diejenigen kennen Gott nicht recht, welche Ihn nur mit einem Arzt vergleichen, der den Kranken bittere Arzneien gibt, um sie gesund zu machen. Obgleich eine solche Vergleichung etwas Wahres in sich faßt, weil Christus selber Matth. 9,12. in der Absicht auf Sich selber sagt: die Starken bedürfen des Arztes nicht, sondern die Kranken: so ist doch dabei zu bedenken, daß Gott, und insonderheit der Sohn Gottes, auch ein HErr, König und Richter genannt, und daß Ihm eine Gerechtigkeit, ein Gericht, ein Zorn, eine Rache und Vergeltung zugeschrieben werde, und daß Er auch der Obrigkeit, welche Sein Bild ist, befohlen habe, die Uebelthaten zu strafen, die Strafe mag eine Besserung, die freilich immer erwünscht ist, nach sich ziehen, oder nicht. Wenn Gott nur ein Arzt wäre, und nicht als König und Richter die Sünde zurechnete und den Sünder strafte, so wäre auch keine Vergebung der Sünden oder keine Erlassung der Schulden, oder keine gerichtliche Rechtfertigung von Ihm zu erwarten, denn ein Arzt vergibt dem Kranken nicht, daß er krank ist, sondern heilt ihn nur. Nach dem Evangelium aber sind diejenigen selig, denen Gott ihre Ungerechtigkeit vergibt und ihre Sünden bedeckt und keine Sünde zurechnet, Röm. 4,7.8., und dieses Alles heißt die Rechtfertigung, welche dem Sünder, so bald er glaubig wird, ganz und vollkommen widerfährt, mit welcher aber zugleich die Heilung und Reinigung der Seele anfängt, welche durch viele Stufen endlich ihre Vollendung erreicht. Denjenigen, die Gott nicht erkennen, und nicht gehorsam sind dem Evangelium unsers HErrn Jesu Christi, werden ihre Sünden nicht vergeben, sondern zugerechnet, und deßwegen werden sie Pein, oder wie es eigentlich lautet, eine gerechte Strafe leiden, nämlich das ewige Verderben. Diese Strafe wird ihnen am jüngsten Tag nach der Aufdeckung ihrer Uebelthaten und ihres schlimmen Seelenzustandes gerichtlich zuerkannt werden. Gott wird alsdann recht richten, V. 5.; es wird recht sein bei Gott, zu vergelten Trübsal denen, die Seinen Kindern Trübsal angelegt haben, V. 6.; Er wird Rache ausüben, V. 8., das ist, Sein gefälltes Urtheil ohne Verzug vollziehen: folglich werden die Unglaubigen und Ungehorsamen nach Urtheil und Recht Strafe leiden, und die Strafe wird darin bestehen, daß Gott ihre Leiber und ihre Seelen in der Hölle, wo ihr Wurm nicht stirbt und ihr Feuer nicht verlöscht, verderben wird.
Solche fürchterliche Dinge hat Gott aus großer Liebe zur Warnung der Menschen geoffenbart. Er hat kein Gefallen am Tod des Gottlosen, sondern daß sich der Gottlose bekehre von seinem Wesen und lebe. Weil Er aber die Härtigkeit der menschlichen Herzen weiß, so will Er sie auch durch die Vorstellung des schrecklichen Endes der Gottlosen schrecken und zur Buße leiten. Diejenigen unter den Christen werden gewiß verdammt, denen noch nie bang geworden ist, sie möchten verdammt werden, oder die nicht glauben wollen, daß Gott außer Christo dem Sünder ein verzehrendes Feuer sei. Auch gerechtfertigte Seelen sollen sich noch fürchten und hüten, daß sie nicht noch durch einen Rückfall verwerflich werden; wie denn Paulus nach 1 Kor. 9,27. solches noch bei ihm selbst für möglich gehalten hat. (Magnus Friedrich Roos)
Wer sind diese Unglückseligen? Es sind diejenigen, welche Gott nicht erkennen, und nicht gehorsam sind dem Evangelio unsers HErrn Jesu Christi, V. 8. Gott erkennen, heißt nicht nur mit dem Munde sagen: es ist ein Gott, und Seine Eigenschaften erzählen können: sondern es heißt: von Seiner göttlichen Majestät einen tiefen Eindruck bekommen, welcher Ehrfurcht, Liebe und Vertrauen erweckt; und dem Evangelio unsers HErrn Jesu Christi gehorsam sein, heißt nicht sich selbst durch eigene Vernunft und Kraft zur Ehrbarkeit bilden, und zuweilen eine der menschlichen Gesellschaft nützliche that thun, die muthwilligen Sünden aber mit dem Verdienst Christi entschuldigen, sondern es heißt sich dazu ergeben, daß man allein durch die Gnade Jesu selig werden, Ihm anhangen, und als ein wiedergeborner Mensch Seine Gebote ohne Ausnahme durch die Kraft des Heiligen Geistes halten wolle. Wer sich nun bis an sein Ende nicht dazu verstehen und ergeben will, sondern hartnäckig bei seiner eigenen Weise zu denken und zu thun beharret, wird dereinst Pein oder eine gerechte Strafe leiden von dem Angesicht des HErrn und Seiner herrlichen Macht. Das Angesicht des HErrn, das ist Seine aufgedeckte Majestät, ist den Gerechten erquicklich, den Ungerechten aber schrecklich. Das Angesicht des HErrn ist wider diejenigen gerichtet, die Böses thun. 1 Petr. 3,12. Deswegen sagen diejenigen, die sich ihrer Verdammniß bewußt sind, zu den Bergen und Felsen: fallet auf uns, und verberget uns vor dem Angesicht deß, der auf dem Stuhl sitzt, und vor dem Zorn des Lammes. Jetzt schränken viele leichtsinnige Leute ihre Begriffe von Gott nur darauf ein, daß sie denken, Er sei das höchste Wesen, von dem Alles herkomme und abhänge, und der Regen und Sonnenschein geben oder entziehen könne. Uebrigens lassen sie sich nicht mit Ihm ein. sie begehren nicht zu Ihm zu nahen, und verlangen nicht, daß Er zu ihnen nahe, und in ihnen wirke und wohne. Ja, es ist ihnen beschwerlich, wenn Er sie durch Seine Gnadenzüge beunruhigt, und den guten Muth, womit sie sündigen, eine Zeit lang trübe macht; weswegen sie alsdann heimlich zu Ihm sagen: hebe Dich von uns! wir wollen von Deinen Wegen nichts wissen. Allein sie werden diese Weise nicht immer behaupten können. Er wird Sein Angesicht zu ihnen wenden, und dieses wird ihnen unerträglich sein. Er wird Sich ihnen offenbaren und zu fühlen geben als ein verzehrendes Feuer. Er wird ihnen zeigen, daß Er Alles wisse, was sie gedacht, geredet und gethan haben. Sein Zorn wird sie berühren. Er wird sie aber auch mit Seiner herrlichen Macht ergreifen, und zu Seiner Linken hinstellen, ohne daß sie widerstreben könnten, und so in das höllische Feuer gehen heißen, daß sie alsbald werden hingehen müssen, ohne daß sie einen Widerstand thun könnten, und so werden sie ihre gerechten Strafen ausstehen, und ewiges Verderben zu leiden bekommen.
Ach Gott, erbarme Dich meiner und hilf mir, daß ich dem zukünftigen Zorn entrinne, und am Tage Deiner herrlichen Erscheinung nicht sei wie Spreu, die der Wind zerstreuet. Laß mir Dein Angesicht alsdann nicht schrecklich, und Deine herrliche Macht nicht verderblich sein. Laß mich nicht, wenn Du mich in Deiner Wage wiegst, zu leicht erfunden werden. Schenke mir die Gerechtigkeit Deines Sohnes und Deinen Geist, und bilde mich so, wie Du mich haben willst; damit ich vor Dir an jenem Tage bestehen könne! (Magnus Friedrich Roos)
1:10 wenn er kommen wird, daß er herrlich erscheine mit seinen Heiligen und wunderbar mit allen Gläubigen; denn unser Zeugnis an euch von diesem Tage habt ihr geglaubt.
Der jüngste Tag wird 1 Petr. 4,13. die Zeit der Offenbarung der Herrlichkeit Jesu Christi, und Röm. 8,19. die Zeit der Offenbarung der Kinder Gottes genannt. Der HErr Jesus wird sichtbarlich und persönlich erscheinen mit großer Kraft und Herrlichkeit: die Kinder Gottes aber werden auch mit Jesu in der Herrlichkeit offenbart werden. Die Herrlichkeit des HErrn Jesu wird aber Sein eigen sein: die Kinder Gottes aber werden von Seiner Herrlichkeit zu ihrer und aller Geschöpfe Verwunderung durchdrungen sein. Der HErr Jesus wird kommen, daß Er herrlich erscheine an Seinen Heiligen und daß Er bewundert werden an allen Glaubigen. Ihre Herrlichkeit wird also Seine Herrlichkeit sein, die aus ihnen zu Jedermanns Verwunderung herausleuchten wird, gleichwie der Schmuck der Königin Esther kein Zeichen ihres eigenen Reichthums, sondern des Reichthums des Königs Ahasveros war, der ihr denselben geschenkt hatte. Heiligkeit war schon vorher eine verborgene Herrlichkeit derer, welche der HErr Jesus für die Seinigen hält: nun wird sie aber als vollkommen offenbar. Vorher wurden sie verherrlicht in das Bild Jesu von einer Herrlichkeit zu der andern; allein sie trugen dabei noch das Bild des irdischen Adams. Aber am Tag des HErrn wird dieses Bild verschwinden, und sie werden alsdann öffentlich und völlig das Bild des Himmlischen tragen, und dieses Bild wird ihre Herrlichkeit sein. Sie haben aber auch das Zeugniß von demselben Tage und von allen damit verbundenen Artikeln bei Leibesleben geglaubt. Sie haben es geglaubt, weil es durch wahre Worte Gottes an sie gebracht worden ist. Sie haben es Gott zur Ehre geglaubt, ob sie schon dasjenige, was sie glaubten, noch nicht sahen, und haben durch diesen Glauben die Welt, die im Argen liegt, überwunden. Am Tag Jesu Christi aber wird sich Jedermann über den HErrn Jesum wundern, wenn man sehen wird, wie Er alles, was die Auserwählten geglaubt haben, vollkommen und wesentlich darstellen wird. Man wird zu Seiner Ehre mit Verwunderung sagen, was Jos. 21,45. steht: es fehlt nichts an allem Guten, das der HErr geredet hatte, es kam Alles. Man wird auch wahrnehmen, wie das Wesen der himmlischen Dinge weit über die Erkenntniß hinausreiche, welche die Glaubigen vorher gehabt hatten, ob es schon nicht über den reichen Inhalt der Worte Gottes hinausreichen wird.
Bei den Unheiligen, und allen denjenigen, die zur Zeit ihres irdischen Lebens unglaubig gewesen waren, wird’s freilich anders aussehen. Sie werden zur ewigen Schmach und Schande auferstehen, Dan. 12,2. Der finstere und unreine Zustand ihrer Seelen, den sie von Gott nie verbessern lassen, wird nebst ihren bösen Werken offenbar werden, und ihre Leiber, durch welche sie gesündigt haben, werden eine Gestalt haben, welche mit ihrem Seelen-Zustand übereinkommen wird. Sie werden bloß da stehen und man wird ihre Schande sehen. (Magnus Friedrich Roos)
1:11 Und derhalben beten wir auch allezeit für euch, daß unser Gott euch würdig mache zur Berufung und erfülle alles Wohlgefallen der Güte und das Werk des Glaubens in der Kraft,
1:12 auf daß an euch gepriesen werde der Namen unsers HERRN Jesu Christi und ihr an ihm, nach der Gnade unsres Gottes und des HERRN Jesu Christi.
Paulus spricht auch in diesem Briefe wieder seine Freude über das geistliche Wachsthum der Thessalonicher aus und ertheilt ihnen reichen Trost unter ihren Trübsalen. Auch in unserm Leben fehlt’s nicht an solchen; aber was sind alle unsere Leiden gegen die Verfolgungsleiden der ersten Christen, oder gegen die Liebe und das Leiden des Herrn Jesu, oder gegen unsere Sünden, womit wir die ewige Pein verdient haben, oder gegen die künftige Herrlichkeit, die unserer wartet, wenn der Herr Jesus wird geoffenbart werden vom Himmel, sammt den Engeln seiner Kraft? Viel wichtiger ist das Leiden einer der Wahrheit wegen bedrängten Seele, wie es Luther empfinden mußte, der in solcher Noth einmal betete: „Ach Gott, ach Gott, o Du mein Gott, Du mein Gott, stehe Du mir bei wider aller Welt Vernunft und Weisheit; thue Du es, Du mußt es thun, Du allein; ist es doch nicht meine, sondern Deine Sache. Stehe mir bei, Du treuer, ewiger Gott, ich verlasse mich auf keinen Menschen, es ist umsonst und vergebens, es hinket Alles, was fleischlich ist und nach Fleisch schmecket. O Gott, o Gott, hörst Du nicht? Mein Gott, bist Du todt? Nein, Du kannst nicht sterben, Du verbirgst Dich nur einen Augenblick. Ei Gott, stehe mir bei, ich bitte Dich in dem Namen Deines lieben Sohnes Jesu Christi, der mein Schutz und Schirm sein soll, ja meine feste Burg, durch Kraft und Stärkung Deines heiligen Geistes. Herr, wo bleibst Du? Mein Gott, wo bist Du? Komm, komm, ich bin bereit auch mein Leben darum zu lassen, geduldig wie ein Lämmlein; denn gerecht ist die Sache und Dein, so will ich mich von Dir nicht absondern ewiglich, das sei beschlossen in Deinem Namen. Die Welt muß mich über mein Gewissen wohl ungezwungen lassen, und wenn sie noch voller Teufel wäre, sollte mein Leib zu Grund und Boden, ja zu Trümmern gehen, dafür aber Dein Wort und Geist mir gut ist. Es ist ja auch nur um den Leib zu thun, die Seele ist Dein, und gehört Dir zu, und bleibet auch bei Dir ewig. Amen. Gott helfe mir, Amen!“ – Was sind doch alle unsere Gebete gegen solch Glaubensgebet in großer Noth! (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)
In diesem längeren Passus wird das Bild der Parusie weiter vervollständigt. Sie wird in Bezug auf die Zeit genauer bestimmt und ihr Verziehen begründet, indem die Bedeutung des antichristlichen Momentes in den Gesichtskreis gebracht wird. Es ist in diesem Abschnitt klar vom Tage des Herrn die Rede. Der Apostel beruhigt die Thessalonicher, indem er ihnen zeigt, daß zuerst der Abfall kommen, der Mensch der Sünde offenbar werden, «das Aufhaltende» weggetan werden müsse, nach dessen Wegtun erst der Gesetzlose offenbart werde, dessen Parusie - ein Gegenbild und Zerrbild - die Parusie des Herrn ein Ende machen wird. (Otto Schopf)