Römer, Kapitel 2

2:1 Darum, o Mensch, kannst du dich nicht entschuldigen, wer du auch bist, der da richtet. Denn worin du einen andern richtest, verdammst du dich selbst; sintemal du eben dasselbe tust, was du richtest.

2:2 Denn wir wissen, daß Gottes Urteil ist recht über die, so solches tun.

2:3 Denkst du aber, o Mensch, der du richtest die, die solches tun, und tust auch dasselbe, daß du dem Urteil Gottes entrinnen werdest?

2:4 Oder verachtest du den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmütigkeit? Weißt du nicht, daß dich Gottes Güte zur Buße leitet?1)

2:5 Du aber nach deinem verstockten und unbußfertigen Herzen häufest dir selbst den Zorn auf den Tag des Zornes und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes,

2:6 welcher geben wird einem jeglichen nach seinen Werken:

2:7 Preis und Ehre und unvergängliches Wesen denen, die mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben;

2:8 aber denen, die da zänkisch sind und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber der Ungerechtigkeit, Ungnade, und Zorn;

2:9 Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses tun, vornehmlich der Juden und auch der Griechen;

2:10 Preis aber und Ehre und Friede allen denen, die da Gutes tun, vornehmlich den Juden und auch den Griechen.
Paulus ist im zweiten Kapitel des Briefs an die Römer noch damit beschäftigt, daß er Juden und Griechen überweise, sie seien Sünder und der Verdammniß würdig, damit er hernach den Schluß machen könne: sie müssen, wenn sie selig werden wollen, ohne Verdienst gerecht werden aus der Gnade Gottes und durch die Erlösung, die durch Jesum Christum geschehen. Weil er sich aber die Juden als Juden und die Griechen als Heiden vorstellte, und sich nach ihrer Erkenntniß richten wollte, so konnte er ihnen den Unglauben, als die verdammliche Sünde, die man wider Jesum und Sein Evangelium begeht, nicht vorhalten, gleichwie man es auch bei vielen unwissenden Christen nicht thun kann, sondern berief sich auf ihre Werke, wegen deren sie durch das geschriebene Gesetz und durch ihr Gewissen verurtheilt wurden. Er sagte also V. 6.: Gott werde einem Jeden nach seinen Werken vergelten; wie aber? So, daß Ungnade und Zorn, Trübsal und Angst über alle Seelen komme, die Böses thun. Die Ungnade oder Grimm bezieht sich auf das Gericht, so lange es währt. Hier läßt Gott Seinen Unwillen ausbrechen. Hier läßt Er hören, sehen und fühlen, was Er schon lange, da Er in der Langmuth schwieg, von ihnen gedacht und ihnen bereitet habe. Von dieser Ungnade werden die Uebelthäter als von einem anbrechenden Wetter überfallen. Darauf folgt hernach der beständige Zorn, den sie durch eine fortwährend Verstoßung und Strafe leiden müssen. Trübsal ist eine gegenwärtige Noth, Angst aber entsteht aus der Vorstellung von der Dauer derselben Noth, oder auch von einem zukünftigen Uebel. Dieses Alles kommt nun über die Menschen, die unter der Langmuth Gottes, aber auch bei vielen Warnungen, Böses thun, vornämlich über die Juden, aber auch über die Griechen. Heutiges Tages aber kann man sagen: vornämlich über die Christen, aber auch über Juden, Mahomedaner und Heiden. Böses thun ist durch das Gewissen überall verboten. Paulus beruft sich nicht auf die Erbsünde, ob sie schon auch, wenn kein Erlöser wäre, vom ewigen Leben ausschlösse, sondern auf das Böse, das die Menschen wider ihre Überzeugung thun, und das sie auch nicht thun könnten, wenn sie der Stimme Gottes in ihrem Gewissen Gehör geben wollten. Was wird aber allen denen widerfahren, die Gutes thun? Herrlichkeit und Ehre und Friede, wie Paulus sagt. Herrlichkeit geht die Natur eines Menschen selber an. Wenn seine Seele ein weißes Kleid bekommt, wenn sein Leib dem verklärten Leib Christi ähnlich wird, wenn überhaupt der Mensch wie die Sonne im Reich Gottes leuchtet, so ist er herrlich Ehre schließt Lob und Gewalt in sich, und beides ist in dem Ausspruch des gnädigen Richters enthalten: ei du frommer und getreuer Knecht, ich will dich über viel setzen. Friede ist ein gesicherter Wohlstand, eine beständige Ruhe, eine Sättigung aller Begierden, eine Verwahrung vor allen Plagen. Obschon die Griechen dieses Alles nicht so deutlich und vollständig wußten, so konnten sie doch erkennen, daß derjenige, der bei Leibesleben Gutes thue, in jener Welt herrlicher als in dieser werden, und Ehre und Frieden nach dem Willen des höchsten Gottes genießen werde.(Magnus Friedrich Roos)


Paulus verkündet uns Gottes heiligen Willen und gültiges Gesetz und dieses erglänzt in Gottes Herrlichkeit, die Licht ist ohne Finsternis. Warum liegt Gottes Missfallen auf mir? Weil mein Auge beschattet und mein Dankvermögen gebunden ist, so dass ich wenig von seiner Regierung verstehe? Nein! Deshalb wird niemand von Gott in Trübsal und Angst gebracht. Oder habe ich deshalb Gott gegen mich, weil mir vieles fehlt, mein Körper mich plagt, Versuchung mich anficht und manche Fessel mein Vermögen beengt, so dass ich vieles nicht kann? Nein! Niemals kommt Trübsal und Angst über einen Menschen um deswillen, was ihm fehlt und er nicht kann. Es gibt nur einen einzigen Vorgang, auf den Gott Trübsal und Angst folgen lässt; das ist das, dass wir das Böse tun. Nicht das, was ich denke, sondern das, was ich tue, nicht das, was mir fehlt, sondern das, was ich erzeuge und bewirke, bringt mich unter Gottes Zorn. Kann ich denn erwarten, dass Gott damit einverstanden sei, dass ich das Böse tue? Was wäre dies doch für ein abscheulicher, verwerflicher Gedanke? Darin besteht Gottes Herrlichkeit, dass er jedem Menschen widersteht, der das Böse tut, sei er Grieche oder Jude oder Christ. Ebenso gerecht und heilig ist Gottes Lob. Wofür soll ich es erwarten? Für meine Reden, für meine Theorien? Sei kein Kind! Willst du aus Gott den dich bewundernden Zuhörer deiner Reden machen? Oder gewinne ich sein Lob, wenn es mir gelingt, mich harmonisch zu bilden, von Flecken mich zu reinigen und mich durch und durch zu heiligen? Beschimpfe Gott nicht, und du beschimpfst ihn, wenn du meinst, du gewinnst sein Wohlgefallen mit deiner gebildeten und geschmückten Gestalt. Es gibt nur einen Vorgang, zu dem Gott Preis und Ehre und Frieden fügt: Gutes tun. Es wäre ein finsterer Gedanke, wenn ich fürchtete, Gott habe für den kein Lob, der das Gute tut, sei er Grieche oder Jude oder Christ. Darf ich aber nicht für meinen Glauben Gottes Lob erwarten? Sei getrost! Gott zertritt keinen Glauben. Dein Glaube ist vor ihm deine Gerechtigkeit. Dass aber Gott meinen Glauben loben soll, das ist eine wunderliche Vorstellung. Soll er mich denn dafür loben, dass er mir gnädig ist, dafür, dass er mir meine Sünden vergeben hat, dafür, dass er mich mit seinen Gaben beschenkt und reich gemacht hat? Nicht das, was mir Gott gibt, sondern das, was ich vollbringe, sei es Böses oder Gutes, steht unter Gottes Gericht. Das ist der Ruhm und die Größe Jesu, dass durch ihn Gottes herrliches und heiliges Gesetz vollständig in Geltung bleibt und wirksam ist. Dadurch, dass wir, die wir an Jesus glauben, aufhören, das Böse zu tun, und anfangen, das Gute zu tun, erweist sich sein Kreuz als der Tod unserer Seele und sein Evangelium als die Kraft Gottes zur Seligkeit.
Erbarme Dich unsrer, barmherziger Gott, wenn wir mit krummen Gedanken deinem hellen Wort ausweichen und uns vor Deinem guten Willen fürchten. Deine Gnade ist wirklich unsere Hilfe, Dein Vergeben wirklich unsere Gerechtigkeit und Dein Wort gewinnt den Sieg über unseren boshaften Willen und stellt uns auf Deinen Weg, dass wir tun, was Du willst, und was Du willst, das ist gut. Amen. (Adolf Schlatter)

2:11 Denn es ist kein Ansehen der Person vor Gott.
In dieser Stelle ist von Juden die Rede, die sich viel darauf einbildeten, Juden zu seyn, das Wort zu haben, im Bunde zu stehen etc., die aber, wenn man sie genauer besah, das Nämliche taten, was auch die Anderen, d. h. die Heiden. Sie lehrten wohl und predigten, das und das sollte man nicht tun, und taten's doch selbst, wie Paulus dort sagt. Wenn nun der Richter aller Welt die Leute einmal vorfordert, so kann Gott nicht, will Paulus andeuten, sagen, wenn so ein Jude kommt: „Ach, du bist ein Jude; nun wohl, gehe ein zu deines HErrn Freude.“ So kann's denn auch bei uns Christen einst nicht heißen: „Ach so, du gehörst zu denen! Schon recht, komm nur.“ Nein, wahrlich nicht, es ist kein Ansehen der Person vor Gott. Man darf sich nicht brüsten mit dem, was man glaubt und zeugt und bekennt und äußerlich scheint. Mit dem wird man nicht fertig, wenn nicht das Geglaubte und Bezeugte und Bekannte mit der Tat bewiesen worden ist, so daß man nicht mehr den Titel eines Übeltäters verdient. Wer aber das Wort „Übeltäter“ noch auf seiner Stirne trägt, bekommt das Urteil zu hören: „Weichet von Mir, ihr Übeltäter!“ (Matth.7,23), - wenn er auch ein beständiger Herrherrsager gewesen ist und zu den gepriesensten Christen gehört hat. Keiner darf auf das bauen, daß er zu denen oder denen gehört, Keiner auch nicht im Mindesten. Alles kommt darauf an, was du bist. Denn der gerechte Gott läßt Sich keine Veranlassung zu Klagen, als wäre Er parteiisch, zu Schulden kommen auf Seiten derer, die gerichtet werden. Nein, das kann nicht seyn!
Wollen wir doch das auch besser in's Auge fassen, wenn wir in Nöten beten. Warum wird oft unsre Bitte nicht erhört, und erscheint der Himmel wie eisern, daß auch ein väterlich Ratender und mithelfender Freund die Bitte nicht fertig bringen kann, sondern ratlos bleibt? Das übeltäterische Wesen, fein und grob, verborgen und offenbar, ist noch zu sehr an der Tagesordnung. Der HErr helfe uns durch Seinen Geist, vom pharisäischen und sündlichen Wesen abzukommen, und rein und lauter durch Seine Gnade vor Seinem Angesicht zu. stehen! Denn ernst geht's am großen Gerichtstage zu. (Christoph Blumhardt)


In den menschlichen Gerichten wird oft das Recht nach dem Ansehen der Person gebeugt, ja auch im gemeinen Umgang ist man gemeiniglich in der Beurtheilung der Werke gegen Bluts- und Gemüthsfreunde, Wohlthäter, Gönner, Landsleute, am allermeisten aber gegen sich selbst gelinder als gegen Andere, und meint alsdann, Gott werde solche parteiische Urtheile bestätigen, und auch so nach dem Ansehen der Person richten. Allein Gott ist nicht wie ein Mensch. Ein Mensch sieht, was vor Augen ist, und was ihm vor Augen steht, verdunkelt oft das Licht, in welchem er urtheilen soll, Gott aber sieht das Herz an, wieget die Geister, sieht in’s Verborgene, prüfet Herzen und Nieren, und gibt einem Jeglichen nach seinen Werken. Könige und Fürsten werden von ihm nach ihren Werken gerichtet, wie Taglöhner und Bettler nach den ihrigen. Er vergilt den Reichen wie den Armen, den Gelehrten wie den Ungelehrten nach ihren Werken. Gottlose Kinder frommer Eltern und Voreltern haben von ihm keine parteiische Nachsicht zu erwarten, und fromme Kinder gottloser Eltern keine parteiische Strenge, wie Er Ezech. 18. ausführlich bezeugt. Freilich beurtheilt Gott auch die Werke nicht nach ihrem äußerlichen Schein, ja auch nicht nach dem Nutzen, der zufälliger Weise daraus entsteht (denn sonst hätte er die Verrätherei des Judas und das Verfahren des Kaiphas und des Pilatus gegen Seinen hochgelobten Sohn billigen müssen), sondern Er beurtheilt sie nach dem Rath des Herzens, woraus sie fließen, und nach demjenigen, was den Menschen vorher gegeben war; denn wem viel gegeben ist, von dem wird man viel fordern, sagt Christus, und der Knecht, der seines Herrn Willen weiß, oder nicht weiß, wird doppelte oder weniger Streiche leiden. Auch beurtheilt Er sie nicht nach den menschlichen Gewohnheiten und Gesetzen, auch nicht nach den Sätzen der Weltweisen, sondern nach Seinem eigenen Gesetz, welches den Menschen theils in’s Herz geschrieben, theils aber wörtlich geoffenbart worden ist. Wie richtet aber Gott die Menschen, wenn Er einem Jeglichen nach seinen Werken vergilt? Paulus sagt Röm. 2,7. und ff.: Er werde Preis und Ehre und unvergängliches Wesen geben denen, die mit Geduld in guten Werken trachten nach dem ewigen Leben: aber denen, die zänkisch sind, und der Wahrheit nicht gehorchen, gehorchen aber dem Ungerechten, Ungnade und Zorn; Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses thun, vornehmlich der Juden (folglich auch der wohlunterrichteten Christen), und auch der Griechen (der unwissenden Leute) , Preis aber und Ehre und Frieden allen denen, die da Gutes thun, vornehmlich den Juden, und auch den Griechen. Wenn aber Gott nach den Werken richtet, so richtet Er auch nach dem Glauben und Unglauben, woraus sie fließen. Böse Werke verdienen Strafe, die Belohnung der guten Werke aber ist Gnade. HErr! mache uns fertig in allem guten Werk zu thun Deinen Willen.(Magnus Friedrich Roos)

2:12 Welche ohne Gesetz gesündigt haben, die werden auch ohne Gesetz verloren werden; und welche unter dem Gesetz gesündigt haben, die werden durchs Gesetz verurteilt werden

2:13 (sintemal vor Gott nicht, die das Gesetz hören, gerecht sind, sondern die das Gesetz tun, werden gerecht sein.

2:14 Denn so die Heiden, die das Gesetz nicht haben, doch von Natur tun des Gesetzes Werk, sind dieselben, dieweil sie das Gesetz nicht haben, sich selbst ein Gesetz,

2:15 als die da beweisen, des Gesetzes Werk sei geschrieben in ihren Herzen, sintemal ihr Gewissen ihnen zeugt, dazu auch die Gedanken, die sich untereinander verklagen oder entschuldigen),

2:16 auf den Tag, da Gott das Verborgene der Menschen durch Jesus Christus richten wird laut meines Evangeliums.

2:17 Siehe aber zu: du heißest ein Jude und verlässest dich aufs Gesetz und rühmest dich Gottes

2:18 und weißt seinen Willen; und weil du aus dem Gesetz unterrichtet bist, prüfest du, was das Beste zu tun sei,

2:19 und vermissest dich, zu sein ein Leiter der Blinden, ein Licht derer, die in Finsternis sind,

2:20 ein Züchtiger der Törichten, ein Lehrer der Einfältigen, hast die Form, was zu wissen und recht ist, im Gesetz.

2:21 Nun lehrst du andere, und lehrst dich selber nicht; du predigst, man solle nicht stehlen, und du stiehlst;
Als Paulus der römischen Christenheit sagte, warum er nicht mehr Jude sei, schalt er nicht einzelne Vorgänge und besondere Gruppen in der Judenschaft. Er hielt ihr nicht vor, dass sie die Herodier frönten, oder dass sie den Pharisäismus mit seiner frommen Schauspielkunst bewundere, oder dass sie den jüdischen Freisinn bei sich pflege, der das Leben mit all dem füllte, wonach das Fleisch Lust hat, und von Gott nicht viel mehr begehrte, als dass er ihn dabei nicht störe. Er kämpfte nicht gegen einzelne Juden, sondern sagte der Christenheit, warum das Judentum ihr die Hilfe nicht bringe und nicht das Bleibende sei, was Gott uns gibt. Darum deckt er die tiefste Not auf, die immer an der Kirchlichkeit entsteht. Sie breitet eine gemeinsame Überzeugung über alle aus und gestaltet das Verhalten aller durch die geheiligte Sitte. Aber dieser gemeinsame Besitz wird nicht zum Eigentum des Einzelnen. Sie werden nur von außen bewegt, nicht von innen. Die Lehre wird nicht Wille; das Wissen wird nicht Kraft. In der Öffentlichkeit gilt die Lehre und wird vor den anderen vertreten; aber dich selber lehrst du nicht. Fürchtete Paulus die Einrede nicht: in deinen Gemeinden sieht es ebenso aus? Die Kirche zeigt in der Tat dieselben Zustände wie die Judenschaft. Aber Paulus verglich nicht die Juden und die Christen miteinander, nicht die Judenschaft und die christliche Gemeinschaft, nicht den Menschen und den Menschen. Er wusste nichts von besseren Menschen, deren Frömmigkeit mehr wert sei als die der anderen, und war nicht deshalb nicht mehr Jude, weil er ein besserer Mensch etwa als Gamaliel geworden sei. Was vergleicht er? Das Judentum und Christus. Diese Vergleichung ergibt für ihn den Beweis, dass er nicht Jude bleiben kann. Denn Christus bringt etwas Neues zustande, nicht nur den sichtbaren Juden, der es durch seine Erziehung gelernt hat, sein wahres Wesen zu verstecken, sondern den verborgenen Juden, der es nicht durch die Schrift ist, sondern durch den Geist. Indem Paulus den Schaden des Judentums enthüllte, leitete er seine Gemeinden zum Glauben an. Zum selben, heilsamen Zweck wird uns immer aufs neue die religiöse Not der Kirche sichtbar gemacht, alle diese peinlichen Zwiespältigkeiten, der Streit zwischen unserem Bekenntnis und unseren tatsächlichen Zuständen, der Riss zwischen unserem Wort und unserem Verhalten, Gerechtfertigte, die über die Rechtfertigungslehre zanken, an das Kreuz Christi Glaubende, die nicht vergeben können, all die bitteren Widersprüche, die uns schänden. Was soll daraus werden? Daran soll ich glauben lernen und soll ohne Schwanken dabei bleiben: nicht der Mensch, sondern Gott, nicht die Kirche, sondern der Christus, nicht das Fleisch, sondern der Geist sind die rettende Macht.
Aus der Tiefe, Herr, rufen wir zu Dir; noch ist es bei uns Nacht. Wenn wir aber aufsehen zu Dir, so steht Deine Sonne über uns und in ihrem Licht verschwinden Schuld und Ohnmacht und das klagen darf nicht zum Murren werden, sondern erweckt die Danksagung, die Deine Gnade preist. Amen. (Adolf Schlatter)

2:22 du sprichst man solle nicht ehebrechen, und du brichst die Ehe; dir greuelt vor den Götzen, und du raubest Gott, was sein ist;

2:23 du rühmst dich des Gesetzes, und schändest Gott durch Übertretung des Gesetzes;

2:24 denn „eurethalben wird Gottes Name gelästert unter den Heiden “, wie geschrieben steht.

2:25 Die Beschneidung ist wohl nütz, wenn du das Gesetz hältst; hältst du das Gesetz aber nicht, so bist du aus einem Beschnittenen schon ein Unbeschnittener geworden.

2:26 So nun der Unbeschnittene das Gesetz hält, meinst du nicht, daß da der Unbeschnittene werde für einen Beschnittenen gerechnet?

2:27 Und wird also, der von Natur unbeschnitten ist und das Gesetz vollbringt, dich richten, der du unter dem Buchstaben und der Beschneidung bist und das Gesetz übertrittst.

2:28 Denn das ist nicht ein Jude, der auswendig ein Jude ist, auch ist das nicht eine Beschneidung, die auswendig am Fleisch geschieht;

2:29 sondern das ist ein Jude, der's inwendig verborgen ist, und die Beschneidung des Herzens ist eine Beschneidung, die im Geist und nicht im Buchstaben geschieht. Eines solchen Lob ist nicht aus Menschen, sondern aus Gott.2); 3)
In dem verlesenen Kapitel zählt Paulus die Vorzüge auf, welche die Juden vor den Heiden haben konnten und sich wirklich beilegten. Weil die Juden das Gesetz und im Gesetz den ausdrücklichen Willen Gottes hatten, dieses aber den Heiden fehlte, so sahen sie die Heiden als Blinde, als die in Finsterniß wandeln, die sie wie ein Licht leiten und führen, als Einfältige und Unmündige, die sie züchtigen, d.i. in Zucht nehmen und belehren konnten; und das darum, weil sie die Norm hatten, was zu wissen und recht ist im Gesetz, weil ihnen im Gesetz die Vorschrift dessen gegeben war, was man wissen und thun solle. Nachdem er diese Vorzüge aufgezählt, zeigt er ihre desto größere Schuld, indem er sie hinführt zu sehen, wie gegen so große Begünstigung in der Erkenntniß von Seiten Gottes ihr Leben so auffallend und furchtbar absteche und ihren Ruhm Lügen strafe und zu Schanden mache; denn der Knecht, der seines Herrn Willen weiß, und thut ihn nicht, wird doppelt Streiche leiden müssen. Zuletzt sagt er, wer allein ein wahrer Israelit sei und wer nicht. – Dasselbe gilt auch von den Christen noch immer. Nicht das ist ein Christ, der äußerlich ein Christ ist und den Namen eines solchen hat; und nicht das ist ein Christ, der inwendig verborgen ist, und sein Leben ist ein in Gott verborgenes Leben, dessen Lob ist nicht aus Menschen, sondern aus Gott. Herr, mache mich zu einem solchen wahren und lebendigen Christen, damit ich nicht ein todtes Glied an Deinem Leibe bin, und den Namen nur habe, daß ich lebe, aber todt bin! Sende mir alle Tage von neuem Deinen heiligen Geist, daß er mich immer mehr erneure nach Deinem Bilde und die Ueberschrift meines Lebens keine andere sei, als die: Christus lebt in mir! Amen. (Johann Friedrich Wilhelm Arndt)


Wir finden in diesem Kapitel, daß der Apostel Paulus auch denen die Gerichte Gottes ankündige - und die Hoffnung, aus ihren Werken die Seligkeit zu erlangen, benehme, die sich etwa eines äußerlich ehrbaren Lebens befleißigen, aber doch im Herzens Feinde Gottes und Seines Gesetzes bleiben - oder, wie die Juden, sich auf äußerliche Vorzüge, Ceremonien und göttliche Anordnungen verlassen wollen.
Wir hören, daß der Reichthum der göttlichen Güte und Langmuth, wenn man sich nicht dadurch zur Buße leiten lasse, sondern immer zur Sicherheit und Fortsetzung seines heuchlerischen Scheinwesens denselben mißbrauche, sich in einen desto schrecklichern Zorn verwandele - und das Urtheil nur schärfe.
Wir lernen, daß das Gericht Gottes über alle Sünder ohne Unterschied gehe, sie seyen, wer sie wollen, oder bilden sich ein, was sie wollen. Das Gewissen sey jetzt schon der Ankläger im Herzen, der, wenn er gleich eine Zeit lang eingeschläfert worden seyn sollte, doch endlich selbst auch wider die verborgene Bosheit der Menschen zeugen werde.
Wir lernen endlich, daß es in Sachen, welche die Seligkeit betreffen, nicht auf äußerliche Dinge ankomme, deren sich manche rühmen, z. B. daß sie evangelische Christen heißen, das reine Wort Gottes haben und hören, der Taufe, der Absolution und des Abendmahls theilhaftig seyen. Alle solche Dinge machen es noch nicht aus, wenn nicht auch das Herz, der Glaube und dessen Früchte im Leben rechtschaffen seyen; ja, es sey viel ärger, wenn man sich bei lasterhaftem Leben Gottes, Christi und jener göttlichen äußerlichen Dinge rühmen wolle, weil um solcher willen der Name Gottes bei den Feinden und andern verlästert werde.
Wir bitten Gott, daß Er uns davon kräftig überzeuge, damit, wenn wir uns der Gemeinschaft mit Ihm und Seines Bundes rühmen, unser Glaube im Herzen und der Wandel im Leben auch mit übereinstimme, und damit uns nicht sowohl vor Menschen, als vielmehr vor Gott, Lob widerfahre. (Veit Dieterich)

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