Thomasius, Gottfried - 2. Advent - Das Kommen des Herrn.

Der Gott des Friedens heilige euch durch und durch, dass euer Geist ganz, samt Seel und Leib, unsträflich erfunden werde auf die Zukunft unsers Herrn Jesu Christi. Amen.

Wenn man die Texte ansieht, die zur kirchlichen Betrachtung auf die vier Adventssonntage verordnet sind, so handeln sie alle von dem Kommen des Herrn, und zwar die meisten nicht von seinem Kommen ins Fleisch, sondern von seinem Kommen in der Herrlichkeit am Ende der Tage. Dass die Kirche Beides, was doch so weit auseinander fällt, so eng miteinander verbunden wissen will, darin handelt sie ganz im Sinn der Schrift, welche auch Beides stets zusammen stellt, und kaum dass sie die heilsame Erscheinung der Gnade Gottes in Christo gepriesen hat, alsogleich auf die selige Hoffnung und Erscheinung seiner Herrlichkeit verweist, wie in der Weihnachtsepistel und an vielen anderen Orten. Aber nicht nur das; die heilige Schrift - und das ist eine viel zu wenig erkannte und beachtete Eigentümlichkeit derselben - die heilige Schrift lässt den Gedanken an die Zukunft des Herrn wie ein Licht in alle Verhältnisse des Lebens hineinfallen; sie traut ihm einen mächtigen Einfluss auf den ganzen Wandel der Christen zu, und ist da fast keine Ermahnung zum Guten, die sie nicht mit diesem Gedanken entweder begründete oder schärfte. Lasst es euch daher nicht verdrießen, wenn ich heute wieder mit demselben Text zu euch komme, über den ich erst letzthin geredet habe:

Off. Joh. 22,12.
“Und siehe ich komme bald, und mein Lohn mit mir, zu geben. einem Jeglichen, wie seine Werke sein werden.“

Mit diesem Text, meine Geliebten, will ich euch noch einmal an den Inhalt meiner vorigen Predigt erinnert haben, insbesondere an die große Hoffnung, die darin für seine Gemeinde liegt. Auslegen will ich ihn heute nicht abermals, aber das Licht möchte ich euch zeigen, das von dieser Hoffnung aus auf unser irdisches Leben fällt, und auch das nur in Beziehung auf etliche Dinge, die man gewöhnlich nicht zu achten, oder zu würdigen weiß, nämlich: in Beziehung auf die Zeit, auf den Leib, und auf das irdische Gut. Und so sage ich denn:

Die Hoffnung auf die Zukunft des Herrn lehrt uns die Bedeutung der Zeit, in der wir stehen, des Leibes, in dem wir leben, und der Güter, die wir besitzen.

I. Der Zeit, in der wir stehen.

„Siehe ich komme bald“, spricht der Herr, und ihr wisst, meine Geliebten, dass dieses Bald durch das ganze neue Testament hindurch geht. So heißt es in dem Brief Jakobi: „So seid nun geduldig, lieben Brüder, bis auf die Zukunft des Herrn. Siehe ein Ackermann wartet auf die köstliche Frucht der Erde, und ist geduldig darüber, bis er empfange den Morgenregen und Abendregen. Also seid auch ihr geduldig, und stärkt eure Herzen; denn die Zukunft des Herrn ist nahe“; und in dem Brief an die Hebräer: „Werft euer Vertrauen nicht weg, welches große Belohnung hat; denn noch über eine kleine Weile wird kommen, der da kommen soll und nicht verziehen.“ Im Hinblick darauf schreibt nun Johannes: „Kindlein, es ist die letzte Stunde“, und Paulus an die Korinther: „dass das Ende der Welt auf sie gekommen sei“; der Herr aber, der im Himmel thront, und den Lauf der irdischen Dinge und Zeiten lenkt, wiederholt es mit feierlichem Ernst: „Siehe ich komme bald.“ Auf dieses Bald hat nun die Christenheit achtzehnhundert Jahre gewartet und es ist noch nicht erschienen. Kann man sich da verwundern, dass schon frühe Etliche mit der Frage auftraten: „Wo ist die Verheißung seiner Zukunft? denn, nachdem die Väter entschlafen sind, bleibt es Alles, wie es vom Anfang der Kreatur gewesen ist“, und dass noch heut zu Tage Viele wähnen, es habe sich der Herr samt seinen Aposteln in der Zeit geirrt. Geirrt? Wie, meine Freunde, hat denn nicht derselbe Paulus, der die Thessalonicher ermahnt, allezeit bereit zu stehen, weil der Tag des Herrn kommen werde, wie ein Dieb in der Nacht, hat nicht derselbe sie ausdrücklich vor der Meinung gewarnt, als ob dieser Tag bereits vorhanden sei? hat er sie nicht gelehrt, dass erst noch ganz andere Ereignisse vorangehen müssten, von welchen er wohl wusste, dass sie erst nach seinem Tod eintreten werden? „Aber der Zukunft halber unseres Herrn Jesu Christi, bitten wir euch, lasst euch von Niemand verführen in keinerlei Weise, denn er kommt nicht, es sei denn, dass zuvor der Abfall komme, und geoffenbart werde der Mensch der Sünde.“ (2 Thessal. 2,1-3.) Und unser Herr Christus selber, hat er nicht in seinen Gleichnisreden die ganze Geschichte seines Reiches in ihren Grundzügen zuvor beschrieben, ja hat er nicht in der Offenbarung eine lange, lange Reihe von Bewegungen und Gerichten aufgezählt, die seiner schließlichen Zukunft vorangehen müssen, und erst nach dem Allen hinzugesetzt: Siehe ich komme bald? Nicht geirrt haben sich also seine Jünger in der Zeit; aber sie haben die Zeit nach einem anderen Maßstab gemessen; von einem anderen, von einem höheren Standpunkt aus, als wir, haben sie den Gang und Zusammenhang der irdischen Dinge betrachtet. Ihnen stand es klar vor Augen, dass die Zeit von der Erscheinung ihres Herrn im Fleisch bis zu seiner Zukunft in der Herrlichkeit nur Eine sei, Ein Zeitraum, in welchem Alles jenem großen, letzten Ziel entgegen eilt, Alles, was noch mittlerweile eintritt, nur den Zweck hat, es vorzubereiten, herbeizuführen, immer näher zu bringen. Wie vom Abend bis zum Morgen nur Ein Tag ist, ja wie nur etliche Stunden sind von dem frühesten Grauen des Tages, von der Morgendämmerung an, bis zum vollen Aufgang der Sonne, so fiel ihren Blicken die ganze Zwischenzeit des Reiches Gottes in den engen Raum Eines Tages zusammen; denn nicht nach dem Lauf der irdischen Sonne, nach der Sonne des Heils und der Gerechtigkeit haben sie Tag und Stunde gerechnet. Ist die Sonne einmal im Anzug - und sie ist es bereits seit Jahrhunderten - so wird sie sich sicher nicht mehr aufhalten lassen durch die Schatten der Nacht und durch die Nebel, die auf den Bergen liegen, sie wird den Tag bald herein führen auf Erden. Aus dieser Anschauungsweise heraus ist das Bald unseres Textes geredet, zudem von einem, der längst über alle irdischen Schranken erhoben war - und mich dünkt, es wirft dieses Bald einen hellen Schein auf die Bedeutung der Zeit, in welcher wir stehen. Denn wenn das Kommen des Herrn und mit ihm das Ende im unaufhaltsamen Anzuge ist, was kann dann diese Zwischenzeit anders sein, als die Frist, in der wir unser Heil mit allem Ernst schaffen sollen, wozu anders kann sie uns von Gott gegeben sein, als dazu, dass wir den, der einst als Richter kommen wird, allbereits als unseren Heiland suchen, finden, lieben lernen, und nicht nur finden, sondern auch in ihm erfunden werden, oder, dass wir, um es deutlicher zu sagen, in ihm ein wahres Leben, ein unvergängliches, geheiligtes Leben gewinnen. Denn das alleine wird bestehen am Tage seiner Zukunft. Was ihr außerdem in diesem eilenden Leben sucht und erwerbt, hat keinen Wert, alle Arbeit und Sorge, auf vergängliche Dinge verwendet, ist verlorene Mühe, wenn sie nicht in irgend einem lebendigen Zusammenhang mit Christo steht, wenns nicht seinem Reich gilt, nicht zur Gemeinschaft mit ihm führt; wie edel oder lieblich das Alles auch scheine, es ist Spreu, die der Wind verweht, Stoppeln für das Feuer des Gerichts. Nur was auf Ihn gebaut ist, das bleibt, nur wer in Ihm mit seinem Glauben und mit seinem Leben gewurzelt ist, kann die Zukunft seiner Herrlichkeit erleiden. So tief daher im Hinblick auf sie der Wert aller irdischen und zeitlichen Dinge sinkt, so hoch steigt dagegen an Wert die Zeit, welche die Hand des Vaters dem Schluss entgegen führt, und in welcher er uns mittlerweile zum Sohn ziehen will. Benützt sie also wohl, meine Freunde; es fehlt an Mitteln und an Wegen nicht. Denn da ist die ewige Liebe, die noch heute Jeden annimmt, der sich im Glauben zu ihr kehrt; da ist das Wort des Lebens, das von dieser Liebe zeugt, und mit dem Wort die Kraft des heiligen Geistes, welcher Christum in den Herzen verklärt; da gehen seine Boten umher, und predigen: „dass Gott die Zeit der Unwissenheit übersehen hat, nun aber gebietet er allen Menschen an allen Enden Buße zu tun, darum, dass er einen Tag gesetzt hat, an welchem er richten will den Kreis des Erdbodens mit Gerechtigkeit durch einen Mann, in welchem er es beschlossen hat, nachdem er ihn hat von den Toten auferweckt“; ja die Zeit selbst, in der wir gegenwärtig stehen, mit ihren großen Gerichten und ernsthaften Zeichen, ist sie nicht eine laute Mahnung, das Ende zu bedenken? Aber säumt damit nicht; denn sie ist uns nur kurz zugemessen. Wir wissen nicht, wie bald der Herr erscheint, und wehe denen, die dann nicht bereitet stehen. Das Menschenleben eilt schnell zu Ende; es kommt die Nacht, da Niemand wirken kann. Vertröste sich Keiner auf jenen Zeitraum, der nach dem Tod in das andere Leben fällt; die Schrift weiß nichts von einer Bekehrung nach dem Tod. Hier ist die Laufbahn, in der man nach dem Ziel ringt, hier das Feld, auf das der edle Same ausgesät werden muss für den Tag der Ernte. Ist der Schnitter mit der Sichel da, dann ist es zu spät. Was würde dann so mancher geben, für Eine von den vielen Stunden, die er jetzt so gewissenlos vergeudet. Eine Stunde noch zur Buße und zum Glauben; mit seinem halben Leben würde er sie erkaufen, wenn es möglich wäre. Allein umsonst; ist das Bald zum Jetzt geworden, dann gibt es keinen Raum zur Bekehrung mehr. Das bedenkt meine lieben Freunde! Nehmt zur Warnung das Exempel der törichten Jungfrauen, die die Zeit verschliefen, der Knechte, die ihres Herrn Gut verprassten oder vergeudeten, und lernt, seiner nahen Zukunft gegenüber, erkennen, die Bedeutung der Zeit, in der wir stehen, und, sehe ich hinzu:

II. des Leibes, in dem wir leben.

„Siehe, ich komme bald, und mein Lohn mit mir, spricht der Herr.“ Dieser Lohn ist der Vollgenuss der Seligkeit, die Verklärung in das Bild seiner Herrlichkeit; und den wird er den Seinigen geben, nicht bloß an der Seele, sondern auch an dem Leib, wie unsere vorige Predigt gezeigt hat. Ich weiß nun wohl, dass man das nicht groß zu achten pflegt; wir sind, dass ich so sage, zu geistig geworden in unseren Hoffnungen für die Zukunft, wir bringen den Leib dabei zu wenig in Rechnung, weil er die Seele beschwert, weil er uns Mühe und Schmerzen macht, weil er die Quelle so vieler Leiden ist. Und das ist auch wahr, meine Freunde; es ist für den Menschen, nach seinem dermaligen Zustand, unendlich besser, außer dem Leib zu wallen und daheim zu sein bei dem Herrn. Aber doch nur deshalb, weil unser Leib um der Sünde willen dem Tod unterworfen ist, weil er den Fluch mit tragen muss, der auf dem ganzen Menschen liegt. An und für sich gehören Leib und Seele zusammen, wie sie auch beide von Gott füreinander geschaffen sind und wie lieblich auch das Los der Seele gefallen sei, die im Frieden Gottes ruht, es fehlt ihr doch noch etwas zum vollen Leben, sie ist noch nicht völlig vollendet, so lange sie den Gefährten ihrer irdischen Wallfahrt, gleichsam die andere Hälfte ihres Daseins, entbehrt. Hat doch auch der Apostel sich gesehnt, nicht entkleidet, sondern überkleidet zu zu werden. Eben diesen Mangel will nun der Herr bei seiner zweiten Zukunft erstatten; er will den Leib, den er ja auch mit seinem teuren Blut erkauft hat, aus dem Tod wieder herstellen zum unvergänglichen Leben, und ihn mit dem geheiligten Geist wieder verbinden, damit Beide, Leib und Seele, sich freuen in dem lebendigen Gott. Welch ein helles Licht fällt von dieser Gewissheit aus auf die Bedeutung unserer sterblichen Hütte! Dieses gebrechliche Haus unserer Wallfahrt, das nach wenig Jahren in Staub und Asche zerfällt, soll einst zum Tempel des Geistes werden, dieser Todesleib, so voll Mühsal und Schmerzen, soll zum Brautschmuck für die erlöste Seele werden am Tag der Hochzeit, zum Ehrenkleid, in dem sie das Abendmahl des Lammes feiert, befreit von der Eitelkeit, der er jetzt unterworfen ist, unsterblich, unverweslich, verwandelt in das Bild des verklärten Leibes unseres Herrn. Wie viel Andächtige, kommt also darauf an, dass man hier schon diesen Leib in Zucht und Ehren halte, dass man in Keuschheit, in Nüchternheit, in Mäßigkeit wandle, dass man vor aller Befleckung des Fleischs, offenbarer und heimlicher, sich sorgfältigst hüte. Denn so wenig die Seele, welche in der Knechtschaft fleischlicher Lüste gefangen liegt, sich der Herrlichkeit des Heilands freuen kann, eben so wenig der Leib, der in Schmach und Schande entweiht worden ist. Er wird seinen verdienten Lohn empfangen samt der Seele, die ihn so schmählich gemissbraucht hat, es wird das Gericht über beide zumal ergehen; denn der Herr ist Rächer über das Alles. Versteht ihr nun, warum die Schrift mit so hohem Ernst vor den Sünden am Leib warnt, warum sie mit solchem Nachdruck bezeugt: „Gott wird behalten die Ungerechten auf den Tag des Gerichtes, allermeist aber die, so da wandeln nach dem Fleisch in unreiner Lust“, und wiederum: „die Hurer und Ehebrecher wird Gott richten“, und abermals: „Wer den Tempel Gottes verderbt, den wird Gott verderben“? Wohlan! so lasst Ihr die Sünde nicht herrschen in eurem sterblichen Leib, ihr Gehorsam zu leisten in ihren Lüsten; begebt auch nicht eure Glieder der Sünde zu Waffen der Ungerechtigkeit, sondern begebt euch selbst Gott zum Dienst, und eure Glieder zu Waffen der Gerechtigkeit. Wisst, dass Euer Leib verordnet ist, ein Tempel des heiligen Geistes zu sein, welchen ihr habt von Gott und seid nicht euer selbst; ihr seid teuer erkauft, darum so preist Gott an eurem Leib und an eurem Geist.

Gegenüber der nahen Zukunft des Herrn, welcher die Lebendigen und die Toten richten und die Verstorbenen auferwecken wird, etliche zum Leben, etliche zur Schmach und zur Schande, lernt die Bedeutung des Leibes erkennen, in dem wir leben, und sage ich:

III. der irdischen Güter, die wir besitzen.

„Siehe ich komme bald, spricht der Herr, und mein Lohn mit mir, zu geben einem Jeden, wie seine Werke sein werden.“ Nach den Werken also wird er richten, das ist die einstimmige Lehre der heiligen Schrift. „Wir müssen Alle offenbar werden vor dem Richterstuhl Christi, auf dass ein Jeglicher empfange, nachdem er gehandelt hat bei Leibes Leben, es sei gut oder böse.“ „Was der Mensch sät, das wird er ernten; wer da kärglich sät, wird kärglich ernten, wer aber reichlich sät, wird reichlich ernten.“ Freilich nicht so, als ob die Zahl oder das Maß unserer einzelnen Werke im Gericht entscheiden werde. Die Werke erhalten ja ihren Wert erst durch die Gesinnung, aus der sie kommen, und nach diesem ihren inneren Wert wird der Herr sie ansehen und lohnen, welcher ja Jedem geben will, was seine Werke wert sind. Und das kann Er auch allein; denn vor seinen Augen liegen alle die verborgenen Wurzeln offen da, aus denen die Früchte unseres Lebens wachsen. Wenn diese Augen einst mit ihrem Feuerblick uns treffen, wie viel von dem wird dann als leerer Schein verschwinden, was jetzt an uns glänzt und gleißt; vielleicht gerade das, was die Leute am höchsten an uns rühmen und worauf wir selbst am meisten bauen, unser Berufsfleiß, unser Eifer, unser öffentliches Wirken, unsere Studien, unsere Tugenden es wird sich ausweisen, dass wir mit dem Allen immer zugleich uns selbst gesucht, unserer Eitelkeit und Hoffart oder der Ehre vor den Leuten gedient. Als echt erfunden werden wird allein, was aus dem Glauben kommt, der in der Liebe tätig ist. Ja das Werk der Liebe, die im Stillen geht, und nicht bloß andere Leute, sondern selbst die eigene Rechte nicht wissen lässt, was die Linke tut, das Werk der demütigen, tragenden, helfenden Liebe, das wird alsdann groß und herrlich sein in den Augen des Herrn. Je weniger man selber Wert auf solche Taten gelegt hat, je natürlicher und reicher sie wie von selbst aus dem Herzen quellen, desto schöner wird sie dagegen derjenige finden, welcher aller Dinge Grund und Wesen kennt. Dahin gehören nun auch ohne Zweifel die Werke der Barmherzigkeit, an seinen armen Brüdern auf Erden getan; die Gaben der Liebe, die den Hunger der Dürftigen stillen und die Blöße der Notleidenden bedecken und das Elend der Verlassenen mildern er wird ihnen, wenn sie anders aus gutem Herzen kommen, die Ehre antun, sie am Tage seiner Zukunft aus Gnaden zu belohnen. O meine Lieben! und wie steigt im Licht dieser Verheißung der Wert der irdischen Güter, wie gewinnen diese an sich so nichtigen und eitlen Besitztümer eine so hohe Bedeutung, wenn man sie zum Dienst der Nächsten, zur Wohlfahrt der Brüder braucht. Heißt es doch in der Schrift: „Wohlzutun und mitzuteilen vergesst nicht, denn solche Opfer gefallen Gott wohl“; und abermals: „Wer den Armen leiht, der leiht dem Herrn“; und wiederum: „Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen.“

Angesichts dieser Verheißungen bitte ich Euch mit dem Apostel: „Lasst eure Lindigkeit kund werden allen Menschen, der Herr ist nahe.“ Und darum bitte ich Euch insbesondere in dieser Zeit. Ihr wisst selbst, wie groß die Not unter uns geworden ist, und sie wird noch höher steigen, ja da der Winter vor der Tür ist. Habt also Mitleid mit euern armen Brüdern; beweist ihnen Liebe, nicht mit Worten und mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit. Das sage ich Euch, ihr Reichen: „denn so Jemand dieser Welt Güter hat, und sieht seinen Bruder darben und schließt sein Herz vor ihm zu, wie bleibt die Liebe Gottes bei ihm“? - unter den Reichen aber verstehe ich nicht nur diejenigen, welche die Fülle haben, sondern Alle, denen Gott so viel beschert hat, als zur Leibes-Nahrung und Notdurft gehört. Wer sein tägliches Brot, wenn auch mit Sorge und Arbeit, essen kann, der gedenke derer, die weder Brot noch Arbeit haben, und wer ein Herz hat für die Gnade unsers Gottes in Christo, der gehe hin und helfe der leiblichen, und, wenn er kann, auch der geistigen Not. Es ist ein weites Feld, das sich hier vor uns auftut, und es gilt auch von ihm, was die Schrift sagt: „Wer da schneidet, der empfängt Lohn und sammelt Frucht zum ewigen Leben.“

Erkennt also, der nahenden Zukunft des Herrn gegenüber, die Bedeutung der Zeit, in der wir stehen, des Leibes, in dem wir leben und der irdischen Güter, die wir besitzen. Das ist es, was ich heute eurer ernstlichen Erwägung vorlegen wollte. Ich hätte noch Vieles zur Ermahnung hinzuzufügen, fasse aber Alles zusammen in den apostolischen Segenswunsch: Euch vermehre der Herr im Glauben und lasse die Liebe reich werden gegeneinander und gegen Jedermann, auf dass eure Herzen gestärkt unsträflich seien in der Heiligkeit vor Gott, unserem Vater, auf die Zukunft unseres Herrn Jesu Christi. Amen.

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