Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 57

Thomas von Kempen - Buch 3 - Kapitel 57

Daß der Mensch nicht allzu niedergeschlagen sein soll, wenn er in einige Fehler verfällt.

1. Sohn! Geduld und Demuth im Unglück gefällt mir mehr, als viel Trost und Andacht im Glück.

Was betrübt dich denn das Geringste, das wider dich geredet wird?

Wäre es auch mehr gewesen, so hätte es dich doch nicht so heftig bewegen sollen.

Jetzt aber laß es gehen! Es ist weder das Erstemal, noch etwas Neues, noch wird es das Letztemal in deinem Leben sein.

Du bist gar männlich, so lange dir nichts Widerwärtiges begegnet.

Du gibst auch guten Rath, und weißt Andern Muth zuzusprechen; wenn aber vor deine Thür plötzliche Trübsal kommt, so fehlt dir der Rath und Muth.

Merke auf deine große Gebrechlichkeit, die du öfters bei geringfügigen Vorfällen erfährst; aber es geschieht immer zu deinem Heile, wenn dich dieß und Aehnliches betrifft.

2. Banne, so gut du kannst, diese Traurigkeit aus dem Herzen, und vermagst du das nicht: so laß dich doch nicht völlig niederbeugen, noch lange beunruhigen.

Trage wenigstens mit Geduld, was du nicht freudig tragen kannst.

Auch wenn du etwas eben nicht gern hörest und unwillig darüber wirst: so halte dich zurück, und laß kein unziemliches Wort aus deinem Munde gehen, woran die Kleinen sich ärgern möchten.

Schnell wird der erregte Sturm sich legen, und der innere Schmerz durch die wiederkehrende Gnade versüßt werden.

Noch lebe ich, spricht der Herr, bereit dir zu helfen und dich mehr als sonst zu trösten, wenn du mir vertrauest und mich demüthig anrufest.

3. Sei gleichmüthiger und rüste dich zu größerer Geduld.

Es ist nicht Alles verloren, wenn du dich öfters bedrängt oder schwer versucht fühlst.

Du bist ein Mensch und nicht Gott; Fleisch bist du, kein Engel.

Wie vermöchtest du immer in dem gleichen Zustande der Tugend zu bleiben, da das der Engel im Himmel und der erste Mensch im Paradiese nicht vermocht hat?

Ich bin es, der ich die Trauernden durch Trost aufrichte, und die, so ihre Schwachheit erkennen, zu meiner Gottheit erhebe.

4. Herr! gepriesen sei dein Wort, das meinem Gaumen süßer ist, als Honig und Honigseim.

Was wollte ich thun in so großen Trübsalen und Aengsten, wenn du mich nicht stärkest mit deinen heiligen Worten?

Wenn ich nur endlich zum Hafen des Heils gelange, was kümmerts mich, was und wie viel ich gelitten habe?

Gib ein gutes Ende, gib einen seligen Ausgang aus dieser Welt.

Gedenke meiner, mein Gott! und leite mich auf rechter Bahn in dein Reich! Amen!

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