Schrenk, Elias - Andachten über den Psalter

Schrenk, Elias - Andachten über den Psalter

Psalm 23,4.

Ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn Du bist bei mir, Dein Stecken und Stab trösten mich.

Wandern im finstern Tal ist nicht angenehm und doch kann die Stimmung bei solchem Wandern eine gar verschiedene sein, eine getroste und eine trostlose. Es fragt sich eben, wie man in das finstere Tal gekommen sei; ob Sünde Jemand hineingebracht hat, oder ob der Herr in das finstere Tal geführt hat. Kommt man durch Sünde, durch Ungehorsam gegen Gott in ein finsteres Tal, so kann es nicht anders sein, als dass man unglücklich ist. Warum? weil Gott in solchem Fall nicht mit uns geht; man steht allein, ohne Licht, ohne Trost, im Elend. Wie oft ist das der Fall! Zwar kann man manchen Schritt tun, ohne sofort zu merken, dass es in die Finsternis hineingeht; denn der Teufel kann einem gar schöne Landschaften vor Augen malen. Es bleibt aber dabei: ohne Gott geht es in die Finsternis hinein. Wer so hineinkommt, muss eben umkehren, etwas Anderes bleibt nicht übrig; sobald er umkehrt, wird es wieder Licht. Führt aber der Herr in das finstere Tal, so geht Er mit, und wie ganz anders steht man dann da! Ist Er bei uns, so brauchen wir kein Unglück zu fürchten, er führt nie, nie in das Unglück, sondern in die Freude. Es entspricht aber seiner erzieherischen Weisheit, dass er durch Nacht zum Licht führt. Bist du durch ihn in ein finsteres Tal gekommen, so will er dich im Glauben üben, im Glauben ohne Schauen. Das kann uns nicht erspart werden. Wir müssen lernen, dem Herrn vertrauen auch in Tagen, in welchen wir kaum einen Schritt weit sehen. Wenn wir nur gewiss sind, dass nicht eigene Lust und Wahl uns auf diese Probestation gebracht hat. Ist der Herr bei uns, so haben wir Stecken und Stab; Seine Verheißungen im Verein mit dem Reichtum erfahrener Gnade sind unser Halt.

Guter Hirte! führe Du mich; ich will Dir folgen. Führst Du mich in ein finsteres Tal, so gib mir Glaubenshalt und Trost. Und komme ich einst in das Todesschattental, so bringe mich zu ewiger Freude vor Deinen Angesicht. Amen.

Psalm 25,1.

Nach Dir, Herr, verlangt mich.

Dieses Wort kann bei verschiedenen Menschen einen sehr verschiedenen Sinn haben, je nach dem Glaubensstand des Einzelnen. Es gibt ein Herzensverlangen nach dem Herrn, über das der Mensch, zu einer gewissen Zeit, selber nicht recht klar ist. Vielleicht merken Andere, dass etwas in ihm vorgeht und ein liebendes, verständnisvolles Wort zu rechter Stunde geredet, kann dem Verlangen, das zunächst Unruhe war, mehr Klarheit und die rechte Richtung geben. Ich fürchte, dass in manchem Haus eine Seele steht, die zu einem klaren Verlangen nach Jesu gekommen wäre, wenn sie Jemand verstanden hätte; aber es hat ihre Unruhe und unbefriedigtes Wesen Niemand begriffen, und so hat sich ihre Umgebung alle Mühe gegeben, das wieder auszutreiben, was Gottes Geist in der Tiefe des Herzens begonnen hatte. Wie traurig! Es gibt aber Gottlob! auch viel bewusstes Verlangen nach dem Herrn, und es ist in solchem Fall eine Frage, ob der betreffende Mensch schon so viel vom Heilsweg gehört hat, dass er den Herrn ohne Beihilfe von außen finden kann. Bei Einzelnen ist das der Fall; Andere dagegen müssen Hilfe haben, sind aber oft zu schüchtern, oder zu verschlossen, Jemand das Herz zu öffnen, vielleicht fehlt ihnen auch eine Vertrauensperson. Ach, wie lange geht es oft in solchen Fällen, bis das Verlangen solcher Herzen gestillt wird, und der Friede Gottes einkehrt! Sollte ein Leser dieser Worte sich sagen: ja, so ist es bei mir, so bitte ich ihn, zum Herrn zu seufzen, ihm doch jemand zuzuführen, der ihm Führer sein kann. Der Herr ist treu, er hört solches Seufzen. Auch eine gläubige Seele kann aus tiefem Bedürfnis rufen: nach Dir, Herr, verlangt mich. So war es bei David. Nicht dass ihm der Herr verdunkelt gewesen wäre, was ja auch hätte der Fall sein können. Nein, er sehnte sich, den Herrn in seiner Hilfe zu sehen, inmitten vieler Not. Seien wir in solcher Lage nicht kleinmütig, sondern trauen wir es der Treue des Herrn zu, dass er nahe ist.

Nach Dir, Herr, verlangt auch mich. Du weißt, das ich mancherlei Anliegen auf dem Herzen habe. Ich will Dir vertrauen, Du kennst mein Sehnen. Amen.

Psalm 25,10.

Die Wege des Herrn sind eitel Güte und Wahrheit, denen, die seinen Bund und Zeugnis halten.

Oft hört man von einem Menschen sagen, er werde so sehr schwere Wege geführt. Wenn wir in Betreff unserer eigenen Erfahrung in das Heiligtum gehen, so können wir nicht sagen, das diese und jene schweren Erlebnisse immer eine Frucht göttlicher Führung waren, sondern wir werden sagen müssen, dass mancher bittere Kelch von uns selber eingeschenkt wurde, oder zusammenhing mit unserem sündigen Wesen. Wer das nicht bekennt vor dem Angesicht Gottes, der ist nicht demütig. Lässt der Herr uns Schweres begegnen auf Seinem Weg, so mag es uns eine Zeitlang scheinen, als sei es nicht eitel Güte; wenn wir aber im Glauben festhalten, dass sein Wort wahrhaftig ist, so kommt die Zeit, in der wir erkennen, dass schwere Erfahrungen dennoch eitel Güte waren, weil des Herrn Wege Wahrheit sind. Sie sind Wahrheit, weil er auf jedem Schritt, den er mit uns vorwärts geht, nie nur auf die Gegenwart, sondern immer auf unser ewiges Ziel schaut. Danach bemisst er und ordnet er jede Strecke Weges, die wir zurücklegen und eben, weil es ihm nicht zunächst um das für uns Angenehme, sondern um das für uns Heilsame zu tun ist, sind seine Wege Wahrheit. Sie sind frei von aller Untreue auf Seiten unseres Gottes und er tut nichts, worüber wir nicht einst am Ziel werden sagen müssen: es war gut. Wir singen darum von Herzen: „So führst Du doch recht selig Herr die Deinen; ja, selig, wenn auch meist verwunderlich!“ So können aber nur die sprechen, die im Bund mit dem Herrn stehen durch das Blut des neuen Testamentes, und festhalten an Seiner Gemeinschaft; denn nur dann ist er Führer und sein Wort das Licht auf dem Wege. Es ist unmöglich, dass die Untreuen eitel Güte von Seiten des Herrn erfahren.

O du treuer und wahrhaftiger Gott! Wie viel Güte, Wahrheit und Treue hast Du auch an mir schon bewiesen. Habe ewig Dank dafür! Amen.

Psalm 50,15.

Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.

An Not fehlt es nicht unter den Menschen; wo wir ein wenig tiefer hinein sehen, ist Not, oft große, anhaltende Not. Würde man die Menschen nicht kennen, so könnte man sich höchlich wundern, dass Gott sie auffordern muss, ihn in der Not anzurufen. Man sollte meinen, dass selbst Leute, die in gewöhnlichen Zeiten nicht beten, Gott wenigstens in Notzeiten von selber anrufen würden. Dem ist aber leider nicht so; es gibt eine Menge von Menschen, die Alles auslaufen, überall Hilfe suchen, nur nicht bei Gott. Steigt die Not auf das Höchste und versagt alle Menschenhilfe, so murren sie am Ende gegen Gott; dazu ist er ihnen noch gut genug. Du armes Volk! Ein Ochse kennt seinen Herrn; aber du kennst deinen Gott nicht! Andere rufen Gott an in der Not; sie werden von ihm erhört, aber sie preisen ihn nicht. Sie suchten nicht Gott, sie suchten nur Hilfe, sie wollten es leichter haben; dazu sollte Gott ihnen den Handlanger machen. Nachdem er seinen Dienst getan hat, kümmert man sich nicht mehr um ihn. Solche Leute sind schändliche Leute! Aber warum hilft ihnen Gott? Damit sie einst keine Entschuldigung haben. Durch Güte wollte er sie zur Buße leiten; aber sie wollten nicht. Die rufen Gott in der Not recht an, welche sich durch die Not demütigen und in die Buße führen lassen; die nicht nur Erleichterung und Hilfe, sondern Gott selber suchen. Solche errettet der Herr am liebsten, nicht nur aus der Not, sondern aus der Sünde und diese Erretteten haben dann ein Loblied für ihren Gott, ein Loblied in Wort und Tat.

Herr mein Gott! Wie oft hast Du mich schon errettet aus allerlei Not! Habe Dank dafür! Vergib mir, wo ich Dich nicht genug gepriesen habe. Amen.

Psalm 84,6.

Wohl den Menschen, die Dich für ihre Stärke halten, und von Herzen Dir nachwandeln.

Es ist die Neigung des natürlichen Menschen, möglichst selbständig dazustehen, in eigener Kraft, unabhängig. In solcher Stellung gefällt und fühlt er sich, sie schmeichelt seinem Hochmut. Wird diese seine Selbständigkeit angetastet, so hält er es für ein Unglück. Gottes Ziel mit jedem Menschen ist, ihr in völlige Abhängigkeit von ihm zu bringen. Das kann aber nur geschehen durch Brechen solcher Selbständigkeit, die sündlich und gottlos ist. Zu diesem Zweck bringt Gott uns in Lagen in welchen eigene Weisheit, eigene Kraft und eigene Mittel nicht mehr ausreichen. Nun ist aber die große Frage, wie wir uns stellen, ob wir in solcher Notlage auf Kunstgriffe verfallen, das heißt auf Selbsthilfe und Menschenhilfe, oder ob wir uns demütigen und Hilfe bei dem Herrn suchen. Letzteres ist Gottes Gnadenwille, der aber leider von den meisten Menschen auch in der Not nicht verstanden wird. Es sind wenige, die sich gründlich demütigen, ihr Unvermögen erkennen und sich in die gottgewollte Stellung bringen lassen, den Herrn für ihre Stärke zu halten. Die Sünde verblendet den Menschen und diese Verblendung lässt ihn nicht erkennen, dass das die seligste Stellung ist, wenn wir im Herrn unsere Stärke haben. Nur mit dieser Stärke reichen wir allezeit aus, mit aller andern Kraft werden wir zu Schanden. Einem rechten Kind ist es keine Last, von den Eltern abhängig zu sein; es ist ihm genug, sich von den Eltern versorgt zu wissen. So ist es für einen gedemütigten Menschen ein seliger Stand, in allen Dingen sich vom Herrn abhängig zu wissen und erfahren zu dürfen, seine Kraft ist in unserer Schwachheit mächtig, er versorgt uns. In solcher abhängigen Stellung wird der Wandel sehr erleichtert; man kann nicht beliebig wandeln, sondern wandelt nach dem Vermögen, das Gott darreicht, und lässt sich von ihn den Weg weisen.

Ich danke Dir Herr, mein Gott! dass Du meine eigene Kraft gebrochen hast. Bringe mich in allen Dingen in völlige Abhängigkeit von Dir und lass Deine Gotteskraft an mir offenbar werden. Amen.

Psalm 86,1.

Herr neige Dein Ohr und erhöre mich! denn ich bin elend und arm.

Wenn David seinen Gott bittet: neige Dein Ohr, so kann man daraus schließen, dass er eine Zeitlang den Eindruck hatte, Gott höre ihn nicht, er sei gleichgültig gegen sein Rufen. Ja, so kann es oft scheinen, als gehe unser Gott an unserm Gebet vorbei, ohne es zu beachten und doch bringen wir so wichtige Bitten vor ihn. Vielleicht ist es Familiennot, Sünden unserer Angehörigen, die uns zum Anrufen des Herrn treiben und die göttliche Antwort bleibt so lange aus. Da gibt es dann Versuchung zum Irrewerden am Herrn, man fragt: warum bekomme ich keine Antwort? Liebe Seele! hast du gelernt zu sagen: ich bin elend und arm? Wie oft bittet man für Andere; aber man ist selber nicht elend und arm. Da ist ein Vater, dem sein ungeratener Sohn schwer auf dem Herzen liegt; er bittet um Bekehrung des Sohnes und es vergehen Jahre ohne Erhörung. Warum lässt Gott mich so lange rufen? fragt er. Lieber Vater! bist du elend und arm? Hast du gelernt in der Sünde deines Sohnes deine eigene Sünde zu sehen? Bist du mit der Sünde deines Sohnes als mit deiner eigenen Sünde vor deinen Gott gekommen? Verstehst du deines Gottes Wort: ich will die Missetat der Väter heimsuchen an den Kindern? 2. Mose 20,5. Die Sünden deiner Kinder, deiner Angehörigen müssen sich selber erst demütigen und reinigen helfen, und so lange das nicht geschehen ist, ist dein Gebet nicht wohlgefällig vor Gott. Unser Gott nimmt es genau mit uns; die elenden und armen Beter hat Er gerne. Beugen wir uns, lassen wir uns reinigen durch Jesu Blut, damit wir lernen heilige Hände aufheben im Gebet. Dann neigt der Herr sein Ohr zu uns, und wann wir die Erhörung lange nicht sehen, so wird unser Herz doch still, und wir harren im Glauben.

Herr, mein Gott! Oft habe ich gebetet, und ich war nicht elend und arm. Mache mich arm im Geist; aber lass mich nicht verzagen. Ich danke Dir, dass Du mich lehrst auf Deine Winke merken und immer kleiner werden. Amen.

Psalm 104,27.28.

Es wartet Alles auf Dich, dass Du ihnen Speise gebest zu seiner Zeit. Wenn Du ihnen gibst, so sammeln sie; wenn Du Deine Hand auftust, so werden sie mit Gut gesättigt.

Wie groß ist unseres Gottes Haushaltung! Und doch sorgt er täglich für alle seine Geschöpfe, für Menschen, Tiere und die ganze Kreatur. Auch für die Undankbaren sorgt er; er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und über Gute, über Gerechte und Ungerechte. Es gehört sehr wenig dazu, die liebende Fürsorge Gottes für alle Kreatur zu erkennen, und doch sind viele Menschen blind gegenüber dieser handgreiflichen Tatsache. Sie warten nicht mehr auf Gott mit ihrer Speise, sie leben und arbeiten ohne Gott, ohne Gebet. Handelt es sich doch bei Vielen nicht nur um Speise, um Lebensunterhalt, sondern um möglichst große Reichtümer. Will man solche sammeln, so liegt es vor Augen, man kann dabei nicht auf Gott warten, nicht mit ihm sammeln. Das Eigentümliche bei gottlosem Erwerb ist: der Mensch wird nicht „mit Gut gesättigt,“ sondern je mehr er hat, desto größer wird die Gier nach Vermehrung. O, die unglücklichen, unbefriedigten, undankbaren Menschen! Stellen wir uns nicht unter den bösen Geist unserer Zeit! Wer treu ist im irdischen Beruf und auf Gottes Fürsorge und Segen wartet, darf erfahren, dass der Herr seine Hand auftut und gibt. Keine Verheißung steht für den gläubigen Christen fester, als die des täglichen Brotes. Wie viel seliger lautet das Wort: „Mein Gott hat mir gegeben“, als das Wort: „ich habe gewonnen.“ Gottes Gaben machen satt; der gläubige Empfänger ist dankbar, zufrieden und vertraut dem Vater im Himmel auch für die Zukunft.

Lieber, himmlischer Vater! Ich danke Dir von Herzen, dass man auf Dich warten darf. Du hast ein Herz für alle unsere Bedürfnisse, und hast bisher auch für mich und die Meinen so treulich gesorgt. Dir will ich auch ferner getrost vertrauen. Amen.

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