Luther, Martin - Tischreden - Von der Schöpfung.

Inhaltsverzeichnis

Luther, Martin - Tischreden - Von der Schöpfung.

1. Die Schöpfung ist von Mose kurz beschrieben.

Durch hohe Geheimnisse in der Schrift, die schwer zu verstehen sind, werden die ungelehrigen und leichtfertigen Geister verwirrt, so dass sie mancherlei Irrtum und Ketzerei anrichten zu ihrer eigenen Verdammnis und noch vielmehr zur Verdammnis Anderer. 2. Pet. 3, 17. Darum hat Moses die Schöpfung so kurz wollen fassen und beschreiben. Dagegen bringt er ein ganzes Kapitel zu über dem Kauf des Ackers mit der zweifachen Höhle, gegenüber von Hebron, den Abraham von Ephron, dem Hethiter, kaufte zum Begräbnis, Sara darein zu begraben, 1. Mos. 23. Also beschreibt er auch durch viele Kapitel mancherlei Opfer, wie man sie zurichten soll, und andere Bräuche und Zeremonien rc. Denn er hat wohl gewusst, dass Solches und dergleichen keine Ketzerei würde machen rc.

Da Dr. Luther aber gefragt ward, warum die Geschichte von der zweifachen Höhle, im Land Kanaan gelegen, gegenüber von Hebron, so fleißig mit vielen Worten von Mose beschrieben wäre, antwortete er: ich glaube, es ist darum geschehen, dass dieser Acker mit der Höhle Abrahams eine Erinnerung wäre, zu glauben, dass seine Nachkommen laut der Verheißung Gottes, 1. Mos. 12, 2, das Land Kanaan gewiss einnehmen und besitzen würden; auch darum, dass die ungläubigen Heiden nun ein Zeugnis geben könnten, dass Abraham eigene Güter im Lande Kanaan hätte; und zu gewisser Sicherung dessen, hat er Sara da begraben, und er, Abraham, Isaak und Jakob sind hernach da auch begraben, 1. Mos. 25, 35, 50; endlich darum, dass nach seinem Tode seine Nachkommen, ehe sie nach Ägypten zogen, aus Kanaan nicht vertrieben und verstoßen würden, aus Neid der gottlosen Heiden. Denn der Teufel gönnt den Frommen nicht einen Bissen Brot, und wenn sie den haben, wollte er ihnen den auch gerne nehmen.

2. Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.

Ehe ein Mensch recht verstehen lernt das erste Wörtlein im Mose: Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde, so ist er tot; wenn er aber auch tausend Jahre lebte, würde er's doch nicht auslernen. Aber die Welt hat ihres Schöpfers und aller seiner unaussprechlichen Gnaden und Wohltaten so gar vergessen, dass er auch musste seinen eingeborenen Sohn in die Welt senden, dass er sie erinnerte an dieselbige Gnade und Wohltat, die er ihr erzeigt hat, nicht allein in dem, dass er alle Dinge geschaffen, sondern auch, dass er seinen eingeborenen Sohn für sie gegeben hat.

3. Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer. 1. Mos. 2, 1.

Alle Kreaturen sind Gottes Heer. Ich habe das Wörtlein Heer, wie im Hebräischen steht, gern behalten, dem Teufel zum Trotz, welcher aus allen Kräften auf mancherlei Weise sich bemüht, alle Kreaturen zu hindern an ihren Werken, dazu sie Gott geschaffen hat. Die Sonne, Mond, Sterne leuchten des Tages und Nachts. Das Meer gibt überflüssig allerlei Fische, andere Wasser und Bäche auch, und halten für und für einen gewissen Lauf, ohne alles Hindernis. Die Erde trägt und gibt allerlei Getreide, Kraut, Korn, Gerste rc., Wein, Obst, Gras, Kräuter rc. zur Erhaltung und zum Nutzen des Menschen und Viehes. Die Bäume tragen allerlei Früchte, alle Tiere geben ihren Nutzen. Wer kann's Alles erzählen? Solches Alles hindert der Teufel gern, aber Gott wehrt ihm. Daher heißt er auch in der Schrift der Herr der Heerscharen, denn er schafft und erhält es, dass eine jegliche Kreatur ausrichte, dazu er sie geschaffen und geordnet hat. Zuweilen aber verhängt Gott, dass eine unfruchtbare Zeit kommt, Getreide und allerlei Früchte übel geraten, und Teuerung folgt, zur Strafe der argen, undankbaren Welt, die nicht erkennt, dass allerlei Früchte, Gewächs, und Alles, was wir genießen, Gottes Gaben sind.

4. Gottes Prozess in der Schöpfung und seinen Werken.

Unsers Herrn Gottes Weise und Brauch ist, seine Kraft und Macht durch und in Schwachheit zu vollbringen und stark werden zu lassen. Also machte er erst die Welt, einen wüsten leeren Klumpen (Chaos), der finster und ungestaltet war; danach gab er einer jeglichen Kreatur Form und Gestalt fein ordentlich, sichtlich und herrlich. Den Menschen schuf er nicht zuerst, sondern die Erde zuvor. Also versteckt und verbirgt er erstlich in die Erde den Strauch, der darf nicht alsbald ein Baum sein. Er könnte es zwar Alles wohl alsbald nur mit einem Wort schaffen, er will's aber nicht tun, es gefällt ihm diese Weise, dass er aus Nichts Etwas mache. Also war unsere Sache auch mit dem Evangelium in der Erste schwach, hat aber, Gott Lob, immer mehr zugenommen und ist gewachsen, dass immer Mehrere dazu kommen sind, wird aber wieder fallen um der großen Undankbarkeit und Verachtung willen.

5. Warum Moses der Engel Schöpfung nicht gedenkt.

Moses schreibt Nichts von der Schöpfung der Engel, erstlich darum, weil er allein die Schöpfung der sichtbaren Welt und der Kreaturen, die darinnen sind, beschreibt, zum andern, weil er uns hat nicht wollen Ursache geben zu spekulieren von unnötigen Sachen. Gleichwohl gedenkt er der Engel in der Geschichte Abrahams und Loths, 1. Mos. 18 und 19, V. 1, wie auch sonst die Schrift hin und wieder von den Engeln redet.

Darum hat Gott recht getan, dass er viele Dinge nicht hat lassen beschreiben, sonst hätten wir's in den Wind geschlagen und verachtet, das zu lernen und zu betrachten, was jetzt in der Schrift ausgedrückt ist, und uns zur Seligkeit dient, und hätten uns unterstanden zu forschen und zu ergründen das, was über uns und uns zu hoch ist, und wären doch nicht gebessert worden.

6. Von wunderbaren Kreaturen und Werken Gottes.

Als zu Eisleben über Tisch zu Dr. Luther, als Hechte in einer Schüssel den 12. Februar zur Mahlzeit aufgetragen wurden, gesagt wurde, dass es in Spanien keine Hechte gebe, antwortete er darauf, dass der Hecht ein Wasserwolf sei, der die Fische im Wasser fresse, und im Wasser herrsche.

Auch ward Dr. Luthern von Graf Hans Heinrich von Schwarzburg gesagt, dass in Böhmen ein Herr ein Wasser hätte, das solle gar gute Backfische geben, und, wenn man Erde oder Rasen aus dem selbigen Wasser oder Teich grabe, und, setze es in ein ander Wasser, so wüchsen aus derselbigen Erde Fische. Darauf sprach Dr. Luther: Das ist die Natur des Wassers, das der Rasen in sich gesoffen hat. Das erste Kapitel des ersten Buchs Mosis, fuhr Luther fort, spricht nicht: Gott hat Fische ins Wasser gesetzt, sondern Gott sagt: Wasser rege dich; da wurden Fische aus dem Regen.

Zwei große, wunderliche Pflanzungen hat Gott gepflanzt: erstlich hat Gott Adam aus einem Erdenkloß gemacht, danach das Weib aus einer Rippe des Mannes. Ist das nicht ein wunderlich Pflanzen? So wachsen wir aus einem Samentropfen aus dem Weibe; das ist ein wunderlich Ding. Darauf sprach Graf Hans Heinrich von Schwarzburg, dass er's von seinem Vater gehört hätte, wie einmal einem Papst zu Rom ein Meerwunder gebracht worden wäre, das hätte halb ausgesehen wie ein Mensch. Als es nun gefangen wäre worden, hätte es nicht wollen essen noch trinken: deshalben, als man besorgte, es würde sterben, da hat's der Papst noch einmal besehen wollen, und danach solch Meerwunder wieder ins Wasser werfen lassen, auf dass es nicht stürbe. Als es nun der Papst hat angesehen, hat er gesagt: Lieber Gott, wie bist du so wunderbar unter den Kreaturen auf Erden! Da hat das Tier angehoben zu reden und gesagt: Viel wunderbarer in dem Wasser. Da sprach Dr. Martin Luther: Das ist der Teufel gewesen, denn er wohnt in den Wassern und großen Wäldern. Der Meerwunder hat man mehr gesehen, und es sind gewiss Teufel. Und war solch Meerwunder danach bei Rom in die Tiber geworfen worden.

Darauf sagte über Tisch der wohlgeborene und edle Herr Volrat, Graf und Herr zu Mansfeld, dass in Dänemark Fischer hätten gefischt, die zwei große Fische in der See hätten beieinander gesehen, deshalb die Fischer zusammen sich unterstanden, die zwei Fische zu fangen. Ader der Eine ist durchs Netz hindurch gekommen, und wie er sieht, dass der andere Fisch gefangen werden, so hebt er ein groß Geschrei im Meer an, und macht es so ungestüm, dass viele Kähne mit den Fischern untergegangen sind. Den Einen haben sie bekommen, und zu Lande gebracht, er ist aber bald gestorben und stinkend worden, so dass man ihn vor den König von Dänemark nicht bringen konnte. Allein der König habe ihn lassen abmalen, und dieses Meerwunder habe nicht anders ausgesehen als wie ein Mönch; denn es habe eine Platte, und wie eine Kappe und dergleichen gehabt.

Ferner sagte Graf Volrat, dass der von Hutten seinem Herrn Vater, Graf Albrecht, aus den Goldinseln geschrieben hätte, dass sie während ihrer Schifffahrt auf dem Meer hätten ein Meerwunder gefangen, das ausgesehen hätte wie ein Bischof, denn es hätte Insulen, Bischofshut, und allen bischöflichen Ornat angehabt. Er und seine Gesellen wären Willens gewesen, dem Fürsten desselbigen Landes solch Meerwunder zu schenken als zum Beutpfennig, sie hätten's aber wiederum ins Wasser geworfen. Da es nun aufs Meer kommen wäre, da wäre es mit seinem Bischofsstab auf dem Wasser spazieren gangen, habe letztlich das Kreuz über sie gemacht, und sei im Wasser verschwunden,

Darauf sagte Dr. Martin Luther: Der Teufel bat im Evangelio Christum, Matth. 8, 31, er soll ihn nicht fahren lassen in die Tiefe des Meeres. Denn wenn die Teufel ausgetrieben werden, so dürfen sie auf Erden nicht bleiben, sondern sie müssen von den Leuten weg ins Meer,

Graf Volrat sagte auch, dass man einmal von einem Schiff auf dem Meer ein Meerwunder gefangen habe, das ein Weib gewesen sei. Als man es nun auf dem Schiff behalten, habe sie am Ende ein Schiffknecht zum Weibe genommen, und ein Kind mit ihr gezeugt. Wie sie nun über drei Jahre mit dem Schiff wieder an den Ort kommen, da das Meerwunder gefangen worden, da springt die selbige Frau aus dem Schiff und nimmt das Kind mit sich; dieses ertrank, sie aber war vor ihren Augen verschwunden. Da sagte der Doktor: Der Teufel kann sich wohl verändern in eine Frauen auch in eine Mannsgestalt.

7. Frage über die Schöpfung.

Da Einer fragte: wie Mose von der Schöpfung und andern Sachen als, zu welchen Zeiten die Erzväter, Adam, Seth, Enoch rc. vor und nach der Sündflut gelebt hätten und gestorben wären, habe schreiben können, da doch die Schöpfung länger als zwei Jahre vor seiner Zeit geschehen, und die Erzväter auch längst zuvor entschlafen seien, antwortete Dr. Luther: Ich halte, dass vor Mose viel Dinge geschrieben worden sind. Adam wird die Geschichte von der Schöpfung, von seinem Fall, von der Verheißung des Weibessamens rc., [die Schreibekunst war natürlich dem Adam anerschaffen!!] kurz gefasst und verzeichnet haben, also die andern Väter hernach, sonderlich Noah, was zu eines Jeden Zeiten geschehen ist. Danach wird's Moses genommen, und in eine richtige Ordnung gebracht, davon genommen und dazu gesetzt haben, was und wie ihm Gott befohlen hat. Sonderlich die Geschichte von der Schöpfung, und vom Samen, der der Schlange den Kopf zertreten solle, wird er ohne allen Zweifel aus der Lehre und Predigt der Erzväter haben, welche immer Einer auf den Andern vererbt hat. Denn ich halt's gewiss dafür, dass die Predigt von des Weibessamen, der Adam und der Eva verheißen wurde, da sie nach demselben ein herzlich Sehnen und Verlangen gehabt, vor der Sündflut gewaltiger getrieben worden ist, denn jetzt zur letzten gefährlichen Zeit die Predigt von Christo.

Da werden auch Ketzer gewesen sein. Wenn Kain so gräulich nicht gefallen, und an seinem eigenen Bruder nicht ein Mörder worden wäre, so würde er wohl den meisten Teil der Leute verführt und eitel Ketzerei angerichtet haben; darum verhängte es Gott, dass er den Abel totschlug. Dies ist auch das Ende aller Ketzer, dass sie zuletzt zum Schwert greifen und Mörder werden; wie zu sehen an den Arianern und dem Papsttum, und zu unsrer Zeit am Münzer, den Wiedertäufern, an Zwingel sc. Erstlich fangen sie ihr Tun an mit einem Schein der Gottseligkeit, färben und schmücken ihre Lügen mit der Schrift, dadurch sie großen Schaden tun, viele Leute verführen, bis sie es zuletzt, wenn man ihre Lügen offenbart und straft, zum Schwert bringen. Zwar am Willen fehlt es ihnen nicht allezeit, allein an der Gelegenheit; denn der Satan kann sich in seinen Gliedern nicht bergen, er muss sich merken lassen, dass er ein Lügner und Mörder ist rc. Ich denke, dass Kains Tod sonderlich bei denen, die ihm verwandt und zugetan sind gewesen, ein groß Geschrei und Schrecken gemacht habe, dass sie geklagt werden haben: Siehe, Lamech hat Kain, unsern Vater, totgeschlagen.

8. Legenden der Patriarchen vor der Sündflut, wie sie sollten beschrieben und aufgezeichnet sein.

Eine Welt wäre darum zu geben, wenn's möglich wäre, dass man die Legenden der Patriarchen, so vor der Sündflut gelebt, haben könnte; da würde man sehen, wie sie gelebt, gepredigt, und was sie gelitten haben. Unser Herr Gott wird gedacht haben: Ich will ihre Legenden mit der Sündflut verscharren, denn, die hernach kommen, werden's doch nicht achten, vielweniger verstehen: ich will's behalten, bis sie wieder in jenem Leben zusammen kommen. Da werden die lieben Erzväter nach der Sündflut, Abraham, Isaak, Jakob rc. und die Propheten, Apostel, ihre Nachkommen, und andere heilige Leute, (die der Teufel in diesem Leben unangefochten nicht lässt,) ihnen weit den Vorzug geben, und sagen: Ich habe eine kurze Zeit, zu rechnen gegen die Zeit der lieben Patriarchen vor der Sündflut, gelebt, wenige Jahre gepredigt und Gottes Wort ausgebreitet, mein Kreuz und Trübsal darüber erlitten, aber was ist das gegen die große, langwierige, unsägliche Mühe und Arbeit, Angst, Marter und Plage unsrer lieben Väter vor der Sündflut, die sie eines Teils sieben hundert Jahre, eines Teils acht hundert und noch länger, vom Teufel und der argen Welt erlitten und ausgestanden haben?

9. Kain war nicht der, dafür ihn Adam hielt.

Adam hat gefehlt an Kain. Er dachte, weil er der erstgeborene Sohn war, so sollte er's Abel weit zuvor tun, sein Herr sein, und Oberster im geistlichen und weltlichen Regiment. Aber es ging nicht so hinaus, denn Gott machte es anders, verwarf Kain und gab das Recht der ersten Geburt Abel, 1. Mos. 4, 4, 5: Gott sahe gnädig an Abel und sein Opfer, aber Kain und sein Opfer sahe er nicht gnädig an. Darüber ergrimmte Kain sehr, und verstellte seine Gebärden. Eva, die liebe heilige Mutter, hatte sonderlich eine gute Hoffnung zu Kain, glaubte gewiss, wie sie sich dünken ließ, er wäre des Weibes Same, welcher der Schlange den Kopf zertreten sollte, laut der Verheißung, die Adam und ihr geschehen war. Daher sprach sie fröhlich, da sie ihn geboren hatte: Ich habe den Mann, den Herrn, 1. Mos. 4, 1. Als wollte sie sagen: Dieser wird's tun, und uns für das Leid wieder ergötzen, darein uns die Schlange geführt hat, denn er ist der Herr selbst, wahrer Gott auch natürlicher Mensch von mir geboren.

Aber die liebe Mutter war betrogen, erkannte noch nicht recht ihr Elend, wusste nicht, dass aus Fleisch anders Nichts könne geboren werden, denn Fleisch, dass durch Fleisch und Blut Sünde und Tod nicht könnten überwunden und weggenommen werden. Auch irrte sie der Zeit halber, zu welcher dieser gebenedeite Same, vom Heiligen Geist empfangen, aus Maria der Jungfrauen zur Welt sollte geboren werden. Wie die lieben Erzväter die Zeit nicht gewusst haben, obwohl die Verheißung immer klarer durch Offenbarung des Heiligen Geistes dargetan ward. Wie wir jetzt auch wissen, dass der jüngste Tag kommen wird, aber auf welchen Tag oder welche Stunde, wissen wir nicht,

10. Gottes Schöpfung können wir nicht gründlich verstehen.

Ich, sprach Dr. Martin Luther, bin zwar hart krank gelegen, also, dass ich mein Leben Gott befahl, habe aber viel Einfälle und Gedanken in solcher Schwachheit gehabt, Ach! wie hab ich gedacht, was doch das ewige Leben sei, was es vor Freude habe! wiewohl ich des gewiss bin, dass es uns durch Christum geschenkt, und dasselbige bereits unser ist, wenn wir's glauben. Aber dort wird's offenbar werden: hier sollen wir's nicht wissen, wann die neue Schöpfung der Welt soll werden, sintemal wir die erste Schöpfung der Welt nicht verstehen.

Wenn ich bei Gott wäre gewesen, ehe er die Welt schuf, hätte ich ihm diesen Rat nicht geben können, dass er aus Nichts solche runde Scheibe und Kugel machen, und das Firmament schaffen, und darin eine Spange, die Sonne, welche durch ihren sehr behänden schnellen Lauf den ganzen Erdboden erleuchtet, setzen, und einen Mann und ein Weib schaffen solle. Das Alles hat er uns gemacht ohne unsern Rat und Gedanken. Darum mögen wir ihm auch billig die Ehre geben in Beziehung auf das künftige Leben und die neue Schöpfung, wie es soll zugehen und werden, und ihn allein lassen den Schöpfer bleiben.

11. Vom Paradies.

Als den Doktor Einer fragte: was doch das Paradies für ein Ort, wie und wo es gewesen wäre, antwortete er und sprach: Ich halte dafür, dass die ganze Welt das Paradies sei genannt worden, aber Moses beschreibt's nach Adams Gesichte, so fern er's hat können sehen, an den vier Wassern. Das Paradies aber wird's geheißen, weil es überall so lieblich und lustig ist gewesen. Adam war und wohnte gegen Morgen in Syrien und Arabien, als er geschaffen ward; nachdem er aber gesündigt hatte, da ist's nicht mehr so lieblich gewesen wie vormals, es war ihm kein Paradies noch Lustgarten mehr. Also heißt Moses die Gegend zu Sodoma und Gomorra ein Paradies, wie denn auch Samaria und Judäa ein sehr fruchtbares Land gewesen ist. Nun aber, sagt man, sei es gar sandig, wie Graf Bothe zu Stolberg berichtet, der im Heiligen Land gewesen ist, und die goldene Aue mehr als dasselbe lobte. Also hat Gott solch fruchtbar Land verflucht und unfruchtbar lassen werden, um der Sünde willen; denn wo Gott nicht seinen Segen gibt, da wächst auch Nichts, wo er aber segnet, da wächst Alles und wird fruchtbar.

12. Kinder sind Gottes sonderlicher Segen und Geschöpfe.

Da Dr. Jonas einen schönen Ast von Kirschen über den Tisch zum Gedächtnis der Schöpfung gehängt hatte, und den herrlichen Segen Gottes an solchen Früchten lobte, sprach Dr. Martin Luther: Warum bedenkt ihr das nicht vielmehr an euren Kindern, als eures Leibes Früchten, welche schönere, auch herrlichere Kreaturen Gottes sind als aller Bäume Früchte, und dieselben weit übertreffen? An denen sieht man Gottes Allmacht, Weisheit und Kunst, der sie aus Nichts gemacht, ihnen in einem Jahr Leib, Leben und alle Glieder so fein artig und hübsch geschaffen und gegeben hat, und sie ernähren und erhalten will. Gleichwohl gehen wir dahin, achtens nicht viel, ja, werden gar über solchen Gaben Gottes blind und geizig, wie gemeiniglich geschieht, dass die Leute, wenn sie Kinder bekommen, ärger und geiziger werden, scharren, schinden und schaben, wie sie nur können, dass sie ihnen viel mögen hinterlassen. Sie wissen nicht, dass einem Kindlein, auch ehe es auf die Welt kommt und geboren wird, sein bescheiden Teil, was und wie viel es haben und, was aus ihm werden soll, allbereits zugeeignet und ausersehen ist; wie die Schrift sagt, und das gemeine Sprichwort lautet: Je mehr Kinder, je mehr Glücks. Ach! lieber Herr Gott, wie groß ist die Blindheit, Unwissenheit und Bosheit eines Menschen, der das nicht bedenken kann, sondern das Gegenteil tut bei den allerbesten und herrlichsten Gaben Gottes, die er zu aller Sünde und Schande ganz nach seinem Gefallen und seiner Wollust missbraucht, und unserm Herrn Gott nicht ein Danklied dafür singt!

13. Ein Anderes.

Dr. Martin Luther verwunderte sich über die Maßen sehr, als er sah, wie die Bäume so hübsch und voller Obst waren, und sprach: wenn Adam nicht gefallen wäre, so hätten wir alle Kreaturen so herrlich gesehen; ein jeglicher Baum und Halm wäre besser und edler gehalten worden, als wenn er golden oder silbern gewesen wäre. Denn nach Art der Dinge, wenn man es recht bedenken will, so ist ein jeglicher grüner Baum viel herrlicher, als es ein goldener oder silberner Baum wäre.

Aber die Welt nach dem Fall Adam kennt weder Gott, ihren Schöpfer, noch seine Kreaturen, und lebt dahin ärger denn ein Vieh, ehrt und rühmt Gott nicht. Ach! wie würde ein Mensch, wenn Adam nicht gesündigt hätte, Gott in allen Kreaturen erkannt, gelobt und geliebt und gepreist haben, und auch in den kleinsten Blümlein Gottes Allmacht, Weisheit und Güte bedacht und gesehen haben! Denn, wahrlich, wer kann das ausdenken, wie Gott aus dürrem Erdreich schafft Blümlein von so schöner Farben und lieblichem Geruch, die kein Maler noch Apotheker also machen könnte? Noch kann Gott grüne, gelbe, rote, blaue, braune und allerlei Farben aus der Erde hervorbringen. Das Alles hätten Adam und die Seinen zu Gottes Ehre gewandt, ihn gelobt und gepreist, und alle Kreaturen mit Danksagung gebraucht, die wir jetzt mit Ekel und Unlust gebrauchen, ja ohne alle Erkenntnis missbrauchen, gerade wie eine Kuh und unvernünftig Tier die allerschönsten und besten Blumen und Lilien mit Füßen tritt.

14. Ein Anderes vom Missbrauch der Kreaturen Gottes.

Da des Doktors Hausfrau hatte ihre Teichlein im Garten fischen lassen, und allerlei Fische gefangen, Hechte, Schmerlen, Forellen, Kaulbarsche, Karpfen rc., und, derselbigen Etliche auf den Tisch brachte, und mit großer Lust, Freude und Danksagung davon aß, sagte Dr. Martin Luther zu ihr: Käthe, du hast größere Freude über die Fische, als mancher Edelmann, wenn er etliche große Teiche und Weiher fischt, und etliche hundert Schock Fische fängt. Ach! der Geiz und Ehrsucht machen, dass wir Gottes Kreaturen nicht können recht und mit Lust brauchen. Es sitzt mancher Geizwanst und lebt in großer Wollust, hat Alles überflüssig und kann dennoch dasselbe nicht mit Lust und Nutzen genießen. Es heißt: Der Gottlose wird Gottes Herrlichkeit nicht sehen; ja, er kann auch nicht die gegenwärtigen Kreaturen erkennen. Denn Gott überschüttet uns zu sehr damit, und, weil es so gemein ist, achtet man es nicht; wenn es seltsam wäre, so achtete man es höher, aber wir können nicht bedenken, was vor Lust und Freude an den Kreaturen ist.

Seht doch nur, wie fein ein Fischlein laicht, da Eines wohl Tausend bringt! Wenn das Männlein mit dem Schwanz schlägt und schüttet den Samen in das Wasser, davon empfängt das Fräulein. Seht an die Vögelein, wie fein und rein geht doch derselben Zucht zu! Es hackt in das Häuptlein, legt sein Eierlein säuberlich in das Nest, setzt sich darüber, da gucken die jungen Küchlein heraus. Siehe das Küchlein an, wie noch im Ei es steckt! Wenn wir ein solch Ei niemals gesehen hätten, und eines würde aus Kalkutta gebracht, so würden wir uns Alle darüber verwundern und entsetzen. Kein Philosoph noch gelehrter Naturkundiger kann gewisse Ursache anzeigen, wie es mit solchen Kreaturen zugeht, und wie sie geschaffen werden, allein Moses zeigt es an, da er sagt: Und er (Gott) sprach, da ward's; er befahl's, da stund's da, wachst und mehrt euch. Aus diesem Sprechen und Gebieten kommen und mehren sich noch heutiges Tages allerlei Kreaturen, und werden ersetzt bis an den jüngsten Tag.

15. Dr. Martin Luthers Gedanken von Schwaden.

Ich, sagte Dr. Luther, halte es gewiss bei mir dafür, und glaube, dass Schwaden1) Himmelbrot sei. So ekel ist's, dass wenn man mit einem Finger davon nascht, es verdorben ist. Schwaden sammelt man frühe, wenn der Tau fällt, in einem Siebe. Es wächst nicht, sondern kommt vom Tau; so bald aber die Sonne aufgegangen ist, zerschmelzt es und zergeht. Die Ärzte heißen's Manna. Es wächst auf keinem Zweige oder Kraut, sondern fällt im Tau. Man sät und pflanzt es nicht, es kommt nur vom Tau. Man schüttelt die Reiser, so fällt's ab, man kocht's, wie man will. Das Wort: Manna, will sagen: Was? Bist du da? Find ich das hier? Es ist schier wie Koriander, weiß, wie der Tau.

Manna ist Manna, Krammetsvogel ist Krammetsvogel; aber wie kommen sie hierher? Gott aber will sie schaffen an dem Orte, da sie nicht sind. Wasser ist Wasser, fließt und entspringt aber aus einem Felsen. Manna lag frühe wie Tau, und am Mittag zerschmolz es, sagt Mose. Es will nicht-leiden, dass man darein greift, sonst verdirbt es, wenn die Köchin daran nascht. Also will und kann auch Gottes Wort keinen Zusatz leiden.

16. Von Früchten und Obst.

Da Dr. Luther eine Rübe voller Saft in der Hand hatte, und davon aß, sprach er: die lieben Väter müssen gesunde Leute gewesen sein, so da lebten und aßen von den Früchten und Wurzeln, die aus der Erde wuchsen, und haben Essen und Trinken daran gehabt. Ich glaube, dass Adam sich nicht gewünscht hätte ein Rebhuhn, sondern an Früchten und am Obst hat er mehr Lust gehabt, die haben ihm viel besser geschmeckt, denn alles Gebratene und Gesottene. Als ich einmal las, die heiligen Väter hätten gelebt von Wurzeln, kam mir der Gedanke, sie hätten die Wurzeln von Bäumen gegessen. Gott überschüttet uns mit seinen großen und mancherlei Gaben. Daher kommt's, weil Alles so gewöhnlich ist, dass mans nicht achtet, auch wenn es groß und köstlich an sich selbst ist; was aber seltsam, obwohl klein ist, und an und für sich einen geringen Wert hat, wird bisweilen groß gehalten. Es geht unserm Herrn Gott wie den Eltern, derselben Kinder achten das tägliche Brot nicht so wert als Birnen, Äpfel, Obst rc., die halten sie für köstliche Dinge, weil sie ihnen seltsam sind.

17. Obst achten die Kinder mehr als Geld.

Anno 36, den 6. September, stunden des Doktors Kinderlein vor dem Tisch, sahen mit allem Fleiß auf das Obst und die Pfirsiche, so auf dem Tisch stunden. Da das der Doktor sah, sprach er: Wer da sehen will ein Bild Eines, der sich in Hoffnung freut, der sieht es hier recht. Ach, dass wir den jüngsten Tag so fröhlich in Hoffnung könnten ansehen! Danach sagte er von der Kraft der Pfirsiche, dass es so ein köstlich Obst wäre, und sein Saft dem des Weines nahekomme. Es sind große Weinbeeren in Persien und Welschland, da müssen auch große Pfirsiche sein, dass diese in unsern Landen wie die Schlehen dagegen sind.

Wer kann die Natur, Art und Kraft der Kreaturen recht erkennen? Adam und Eva werden solches Obst, ja viel Besseres gehabt haben; unseres sind eitel Holzäpfel dagegen, wie alle Kreaturen und Tiere dagegen sind. Was meint ihr von der Schlange? Die wird mit Eva als die schönste Kreatur gescherzt, und aus dem Schoß aufs Allerfreundlichste gegessen haben; denn die Schrift sagt, 1. Mos. 3, 1: dass die Schlange sei listiger gewesen, denn alle anderen Tiere auf Erden. Darum wird sie vor Andern am Freundlichsten und Holdseligsten gewesen sein, wie noch heutiges Tages ihr Krönlein und dreischneidig Zünglein anzeigt. Aber nach dem Fluch hat sie verloren die Füße und den schönen Leib, und muss kriechen und Erde essen.

Zur selben Zeit war die Schlange dem lieben Adam das allerschönste Tier vor allen Andern, dadurch wollte der Teufel seine Kunst ausrichten, wie er sich denn gern allzeit schmücket; denn, was zur Sünde reizen soll, das muss schön sein. Ein schlechter, einfältiger Bauer und ungelehrter Mann, oder eine hässliche Magd, Wasser oder ein unflätiger Sack wird Niemand zu Ketzerei, Geiz, Hurerei, Trunkenheit oder Hoffart reizen und bewegen, sondern es gehört dazu eine feine, glatte Zunge, rote Nobel, Gold und gute Taler, schöne Metzen und süßer Wein, schöner Sammet rc. Also reizt und bewegt der Satan einen Menschen, zu sündigen durch die allerreinsten und schönsten Kreaturen.

Ach! das Warum? ist im Paradies ein gräulicher Affekt und Gedanke gewesen! Wie gram bin ich dem Wort der Schlange, die sich zu Eva fein freundlich wandte und sprach: Ei, meinst du? wie? ja? sollte Gott gesagt haben? also dass sie mit Gedanken, Worten und Gebärden die höchste Lust und Begierde dazu angezeigt hat. Als wollte der Teufel durch die Schlange hohnlächelnd sagen: Ihr müsst fürwahr große Narren sein, dass ihr glaubt, Gott habe euch dies verboten; Gott ist nicht ein solcher Mann, der so genau danach fragt, ob ihr esset oder nicht. Weil es ein Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen ist, so kann doch Gott nicht so neidisch sein, und Euch verbieten, weise und klug zu werden. Das Wort: das sollte Gott gesagt haben? hat das Unglück angerichtet, dass Adam und Eva, die zuvor die allerschönsten und reinsten Leiber, Sinne, Verstand und Willen ohne alle böse Lust gehabt haben, nun gar verstellt und des Teufels. Larven worden sind. Ihre Augen konnten über viele Meilen Weges aufs Schärfste sehen, die Ohren gar leise hören und vernehmen; jetzt haben unsere Augen den Star. Dazumal ging Adam zu seinem Weibe ohne alle böse Lust, Begierde und Brunst, und Eva empfing bald, und gebar ohne alle Schmerzen, nun aber ist Alles verstellt und umgekehrt.

Liebe, seht an die jungen Kinder, welcher Leiber noch reiner und sauberer sind, und noch etlicher maßen Etwas, wiewohl gar Weniges von Adams erster Art haben! Augen, Ohren und alle Glieder sind schöner, der Mist stinkt nicht so sehr von ihnen, als von den Alten, also, dass in der Jugend alle Gliedmaßen reiner und kräftiger sind.

In diesem unserm Elend ist das unser Trost, dass ein ander, besser und ewig Leben übrig ist. Der größte Haufe stirbt, ehe er zur Vernunft kommt. Viele sterben ohne Kinder, dass sie weder Vater noch Mutter werden. Darum muss unser Herr Gott was Großes im Sinne haben, dass es viel anders wird werden, nämlich der Toten Auferstehung, da wir glauben, dass ein neuer Himmel und eine neue Erde wird, und wir ewig leben werden. Welches der Vernunft ein scheußlicher, schwerer, ja unmöglicher Artikel zu glauben ist, wie alle, anderen Werke Gottes wider die Vernunft sind. Aristoteles, der gelehrte Heide, da er schreibt von der Natur der Tiere, kann Nichts davon reden.

Kurz, Gott ist in den Kreaturen unbegreiflich, doch kann man ihn in seinem Wort fühlen und betasten; wiewohl er's nicht macht, wie wir gern wollten, denn er hat nicht unsere Geometrie, Mess- und Rechenkunst. Am Angesicht des Menschen hat er das Schmeißhaus, die Cloaca, in die Mitte gesetzt. Wenn ich wäre Baumeister oder sein Ratgeber gewesen, so hätte ich nur ein Aug gemacht an die Stirne, ein Ohr auf die Seite, und die Nase auf die andere Seite. Aber Gott hat's anders gemacht, der kann aus Staub und Dreck die allerschönsten Leiber machen, und setzt die schönsten Augen in alle Tiere.

18. Ein Anderes.

An einem Abend sah Dr. Martin Luther ein Vögelein auf einem Baum sitzen, und die Nacht über darauf ruhen, da sprach er: Dies Vögelein hat sein Nachtmahl gehalten, und will hier fein sicher schlafen, bekümmert sich gar nicht, noch sorgt für den morgenden Tag oder Herberge, wie David sagt: Ps. 91, 1: Wer unter dem Schirm des Allerhöchsten wohnt rc. Es sitzt auf seinem Zweiglein zufrieden und lässt Gott sorgen.

Ach! wenn Adams Fall nicht Alles verdorben hätte, wie eine schöne herrliche Kreatur Gottes wäre doch der Mensch, geziert mit allerlei Erkenntnis und Weisheit! Wie selig hätte er gelebt ohne alle Mühe, Unglück, Krankheit, und wäre danach ohne alles Fühlen des Todes verwandelt worden, hätte dies zeitliche Leben abgelegt, an allen Kreaturen seine Lust und Freude gehabt, und wäre eine feine lustige Veränderung und Verwechslung aller Dinge gewesen! Wie in diesem elenden Leben Gott in vielen Kreaturen die Auferstehung der Toten entworfen und abgemalt hat.

19. Etliche Fragen.

Dr. Luther kostete seine Weine, die man sollte auf seiner Schwester Tochter Hochzeit geben, und sprach: Man soll den Gästen einen guten Trunk geben, dass sie fröhlich werden, denn, wie die Schrift sagt, Ps. 104, 15, das Brot stärkt des Menschen Herz, der Wein aber macht ihn fröhlich.

Danach fragte er den Engländer, wie er wollte den Wein in den Keller bringen mit ganz großen Fässern, uneingeschroten noch eingegossen? Darauf antwortete er selbst: Man soll Most einschroten, danach wird wohl Wein daraus; das ist eine natürliche Magie und Kunststück.

Weiter fragte er: welches die breitesten Wasser in einem jeglichen Lande wären? Antwort: der Schnee, Regen und Tau. Diese Wasser gehen über das ganze Land ohne Ende auch auf die Berge; die allerhöchsten Berge sind ja für und für mit Schnee bedeckt, denn sie sind mitten in der Luft, da Niemand wohnen kann, ausgenommen der Teufel, der ein Herr in aller Welt ist, wie ihn Paulus nennt, Ephes. 6, 12.

20. Wein oder Salz verschütten.

Dr. Luther zerbrach ein sehr helles Glas voll Weins auf dem Tisch, da sprach er: Das ist dahin, es ist ein schwach Gefäße. Es ist ein großer Aberglaube in der Welt, dass die Leute es lieber sehen, wenn man den Wein als wenn man das Salz verschüttet. Man kann ihm aber also noch leidlich helfen, wenn man den Wein verschüttet oder wegnimmt, so kann man gleichwohl ohne denselben leben; wenn man aber Brot und Salz verschütten will und den Leuten entziehen, da will's Mühe und Arbeit gewinnen, da beginnt man sauer zu sehen, da will's allererst arg werden.

21. Kinder sind Gottes Segen.

Er hatte eine Rose in der Hand, verwunderte sich sehr darüber, als über ein schönes, treffliches Werk und Geschöpf Gottes- und sprach: wenn das ein Mensch vermöchte, dass er eine einige Rose machen könnte, so sollte man ihm ein Kaisertum schenken. Aber der unzähligen vielen Gaben Gottes achtet man nicht, weil sie gemein sind, und wir täglich damit umgehen, fragt man nicht viel danach, und meint, es müsse also sein, geschehe natürlich von Ungefähr.

Wir sehen, dass Gott Kinder gibt schier allen Menschen, des Leibs Früchte, den Eltern gleich. Da soll ein Bauer drei, vier oder mehr Söhne haben, ihm so ähnlich, als wären sie ihm aus den Augen geschnitten. Dies Alles achtet man nicht, darum, weil es gemein ist und für und für also geschieht. Es ist auch bei den Heiden nichts Geringes, dass Kinder geboren werden, die den Eltern gleich sehen und ähnlich sind. Wie Virgilius der Poet, (Äneid. 4.) von der Königin Dido schreibt, dass sie wünschte, sie möchte ein kleines Äneaslein mit Äneas zeugen, das ihm ähnlich wäre, aussähe wie der Vater, und umherliefe und spielte. Und die Griechen, wenn sie fluchten, so wünschten sie, dass Einem seine Kinder nicht sollten ähnlich werden.

22. Von der Kinder Geburt.

Kindergebären ist das allerschwerste Werk, und es geht einem schwangeren Weibe in der Geburt hart und gefährlich, Joh. 16, 21. Das Kindlein muss herausgehen durch die Schlossbeine, welche sich alsdann müssen mit Gewalt von einander drängen; denn wie sie sonst stehen, so könnte kaum ein Apfel dadurch kommen. Es ist ein großes, unbegreifliches Wunderwerk Gottes.

23. Was Gott dem Menschen anerschaffen hat, ist ein Wunderwerk.

Wer hätte Gott jemals diesen Rat gegeben, dass er ein Männlein und ein Fräulein zusammen füge? Da gibt er dem Mann ein Weib, die hat zwei Brüste und Wärzlein daran, samt ihrem Geschäfte. Da ist ein einziges Tröpflein männlichen Samens ein Ursprung eines solchen großen menschlichen Leibes, aus welchem wird dann Fleisch, Blut, Beine, Adern, Haut rc., wie Hiob spricht, C. 10, 10: Hast du (Gott) mich nicht wie Milch gemolken und wie Käse lassen gerinnen? Also macht's Gott in allen seinen Werken sehr närrisch. Wenn ich ihm hätte sollen raten, so hätte er die Schöpfung des Menschen bei dem Erdkloß lassen bleiben, und die Sonne wie eine Lampe mitten auf den Erdboden setzen lassen, dass es immer wäre Tag gewesen.

24. Von Zwillingen.

Anno 1838 den ersten Dezember ward von Nürnberg geschrieben, dass ein Weib daselbst vier Kindlein auf einmal geboren habe, zwei Söhne und zwei Töchterlein, und alle lebendig zur Welt kommen und getauft worden seien. Da sprach Dr. Luther: Gebären ist Gottes Werk, ja es ist ein Wunderwerk. Aber die Monkinder oder Schutz, wie man sie nennt, tun den Weibern den größten Schaden; denn, was rechtschaffene Kinder sind, die helfen sich selbst tragen, aber die Schutz- oder Monkinder sind der Mutter eine große Beschwerung.

25. Wie Gott die Kreaturen geschaffen hat, ist wunderbar.

Die Geburt ist sehr fein und wohl in allen Kreaturen von Gott geordnet, wie in Mann und Weib; denn Niemand kann das Werk der Geburt aussinnen noch bedenken, wie die Frucht in der Geburt heraus komme, und in einem halben Tag so wachse und sich strecke, dass mans merkt. Und, wenn man ein Hühnlein, so diese Stunde aus der Schale gekrochen ist, wieder in die Schale bringen wollte, so wäre es unmöglich.

In der Ehe lernen wir Alle und erfahren's, dass Kinderzeugen und Gebären nicht sei in unserer Gewalt und Willkür, denn die Eltern können zuvor nicht sehen noch wissen, ob sie fruchtbar seien, noch ob sie werden ein Söhnlein oder Töchterlein haben. Dies Alles geschieht ohne unsere Vorsehung, ohne unser Bedenken oder Vorwissen. Mein Vater und Mutter haben nicht gedacht, dass sie sollten einen Doktor zur Welt bringen; es ist allein Gottes Geschöpf, welches wir jetzt nicht können ausdenken noch recht verstehen. Ich glaube, dass wir in jenem künftigen Leben Nichts mehr werden zu tun haben, als bedenken und uns verwundern über den Schöpfer und die Kreaturen. Die heidnischen Philosophen und alle Gelehrten können weiter nicht urteilen, als dass die Geburt erhalte seines gleichen, und ein Tier zeuge und erhalte das Andere, das ihm gleich ist. Mose aber fährt zu und sagt, wer die ursprüngliche Ursache und der Stifter oder Meister sei, wie, warum und wozu alle Dinge geschaffen sind.

26. Vom Kometen.

Ein Komet ist auch ein Stern, der da läuft, und nicht haftet wie ein Planet, aber er ist ein Hurenkind unter den Planeten. Er ist ein stolzer Stern, nimmt den ganzen Himmel ein und tut, als wäre er allein da, er hat eine Natur und Art wie die Ketzer, welche auch allein sein oder vor andern stolzieren wollen und meinen, sie seien allein die Leute, die es verstehen.

Dr. Martin Luther sagte: er hätte gemerkt und Achtung darauf gehabt, dass die Sonne nun zwei Tage wäre mit Freuden und Springen aufgegangen, wie der 19. Psalm, V. 6, 7, sagt: Sie freut sich, wie ein Held, zu laufen den Weg. Sie geht auf an einem Ende des Himmels, und läuft um, bis wieder an dasselbe Ende, und bleibt Nichts vor ihrer Hitze verborgen. Es ist ein schön Werk Gottes, das wir dennoch nicht können ansehen, noch mit den Augen darinnen haften, sondern müssen ihr den Rücken zukehren.

Ach! lieber Herr Gott, wenn wir wären im Paradies geblieben, so hätten wir die Sonne können gerade mit den Augen ansehen ohne alles Hindernis und ohne Schmerzen; aber durch den Fall Adams ist Alles verderbt. Adams Fall ist ein gräulich Ding, welchen die Welt nicht bedenkt noch achtet. Wir sehen täglich Leute sterben, immer Einen nach dem Andern, und Keiner ist seines Lebens einen Augenblick sicher, und so manch Unglück Eins übers Andere kommt; gleichwohl achten wir es nicht und denken nicht, dass es an uns auch kommen werde. Also achtet man Gottes Zorn gering. Weil's täglich geschieht, so gewöhnen wir uns daran, und schlagen's in den Wind. Wenn wir im Paradies wären geblieben, so hätten wir nicht bedürft weder der Tötung noch Vergebung der Sünden, wären nicht gestorben, sondern verwandelt worden aus diesem zeitlichen Leben in das ewige Leben ohne alle Schmerzen; hätten hier nur allein die unaussprechliche Güte und Barmherzigkeit Gottes gesehen und gelobt.

28. Ein Anderes.

Die Vernunft kann nicht einmal die natürlichen Werke der Schöpfung Gottes begreifen noch verstehen. Welcher Mensch hat Gott in der Schöpfung den Rat gegeben, dass er ein solch groß Licht der Sonne mit einem so schnellen Lauf sollte machen, welche alle Stunden mit ihrem Lauf viel hundert tausend Meilen Weg's am Firmament, das so weit umfangen ist, vollbringt? Man bedenke die Größe der Erde, wie weit das jüdische Land von Spanien liegt; doch geht die Sonne durch ihren eigenen Lauf mit unaussprechlicher Behändigkeit in wenigen Stunden von einem Ort zum Andern, wie man auch an dem Rad sieht, welches die Achse fein leise und säuberlich umgeht, aber das Äußerste, die Schienen daran gehen sehr schnell um.

29. Frage.

Ist es licht gewesen, ehe noch die Sonne war, so folgt, dass die Sonne das Licht nicht mache. Darauf antwortete Dr. Luther: Der Sonnen Licht ist, ehe sie geschaffen, nicht, wie sie jetzt ist, beieinander gewesen, sondern zerstreut; Gott aber brachte dasselbe Licht zusammen auf einen Klumpen, und machte ein Licht daraus, nämlich die Sonne, wie wir sie jetzt sehen.

30. Was Adam vor ein Mensch gewesen sei.

Adam ist ein frommer, einfältiger Mann gewesen, schlecht und gerecht. Ich glaube nicht, dass er hat Lichter angezündet und gebrannt. Er hat nicht gewusst, dass der Ochse Unschlitt im Leibe gehabt, denn er schlachtete damals kein Vieh; mich wundert, wo er die Pelze genommen hat. Er wird aber ohne Zweifel gar ein schöner Mensch gewesen sein, der so lang gelebt hat, dass er Kindeskinder ins achte Glied, z. B. den Noah gesehen hat. Ist gewiss gar ein kluger, verständiger Mann gewesen, sehr wohl versucht und geübt durch mancherlei Anfechtungen.

31. Adams Mäßigkeit.

Wozu ist doch nützlich und dient ein solcher Überfluss, solches Gepränge, solche Pracht, solches Schlemmen, solche Unkosten? Wenn Adam wiederkäme und sähe unser Leben, Speise, Trank, Kleidung, wie würde er sich verwundern, und sagen: Ich bin nicht in der Welt gewesen, es wird ein anderer Adam in dieser Welt vor mir gewesen sein. Er hat Wasser getrunken, Obst und Früchte von den Bäumen gegessen, hat ein Haus von vier Gabeln aufgerichtet, (ist's anders so gut gewesen), hat kein Messer noch Eisen gehabt, und einen Pelz von Fellen angezogen. Jetzt aber ist's ein unmäßiger Unkosten mit Essen und Trinken, königlichen und fürstlichen Häusern, köstlichem Schmuck, und Kleidung, dass es überaus ist. Die Alten haben gar mäßig und eingezogen sich gehalten und gelebt, wie Boas sagt, Ruth. 2, 14: Tunke dein Brot in Essig, und labe dich damit. Denn die Länder waren voll Volks, wie man in den Büchern Josua sieht, darum musste man auch rätlich sein; die große Menge lehrt sparen.

Einer fragte: Weil Gott wusste, dass der Mensch nicht würde in seiner ursprünglichen Unschuld bleiben, warum hat er ihn denn geschaffen? Darauf antwortete Dr. Luther: Ein großer Herr muss auch Pinkeltöpfe in seinem Hause haben, 2. Tim. 2, 22, 19, übrigens kennt er die Seinen wohl, wer sie sind. Es sind ihrer Viele, die da meinen, wenn sie eine Predigt oder zwei gehört oder gelesen haben, sie können nun Alles und haben den heiligen Geist samt den Federn gar gefressen. Diese sattsamen verdrücklichen Geister wähnen, man könne das hohe, große Geheimnis göttlicher Majestät, die himmlische goldene Kunst des Rat's Gottes auslernen, da es doch in gemeinen weltlichen Künsten weit fehlt, und diese Keiner vollkommen ausstudieren kann. Wie soll man denn in solcher verderbten, elenden, schwachen Natur und Blindheit der hohen göttlichen Majestät Rat und Herz ganz ausforschen und gründlich begreifen können? Aber der Knecht, so des Herrn Willen weiß, und tut ihn nicht, wird viel mehr geschlagen werden, denn der ihn nicht weiß. Luka 12. V. 47.

Solchen antwortet S. Paulus, da er Röm. 9, 20, spricht: Darum, o Mensch! kannst du dich nicht entschuldigen, wer bist du denn, dass du mit Gott rechten willst? Spricht auch ein Werk zu seinem Meister, warum machst du mich also? Ach! der Satan ist in allen Worten und Werken Gottes Widersacher, wie auch ein jeglicher Gottloser; denn ein Solcher ist gewiss vom Teufel besessen, zwar nicht leiblich, aber doch geistlich im Herzen.

33. Gottes Geschöpf und Werk versteht ein Mensch nicht.

Wir wissen nicht, wie unser Herr Gott seinen Bau zurichtet, wir sehen nur das Gerüste von Stangen und bastenen Stricken zugerichtet; darum achten wir Gottes Willen nicht, sondern schlagen's in Wind, und fragen nicht viel danach. Aber wenn wir in jenem Leben Gottes Gebäude und Haus sehen, werden wir uns verwundern, und freuen, dass wir die Anfechtungen ausgestanden haben. Gott ist wunderbar, und wird auch wunderbarer Weise von seinen Heiligen erkannt, wie Paulus sagt, 1. Kor. 1, 23, durch närrische Predigt von Christo dem Gekreuzigten, an dem sich die Welt zu Tode ärgert.

34. Warum wir in Häusern wohnen.

Unter dem Himmel sind wir geschaffen; dass wir aber in Häusern wohnen, das geschieht darum, dass Adam gefallen ist, und um der Sünden willen. Wie um einen Kranken Krüglein mit Arznei aus der Apotheke stehen, und er Pflaster bedarf, so müssen wir Kammern, Stuben, Häuser, Kleider, Essen und Trinken, Betten und Lager haben. Wäre Adam nicht gefallen, wären wir gewesen wie junge Gesellen, die nackt und bloß einher springen: da wäre kein Zimmermann, Maurer, Schneider noch Schuster, und kein Haus von Nöten gewesen.

Den Acker bauen ist ein göttlich Werk, das Gott befohlen hat, wie 1. Mos. 1, 28: Bauet die Erde, und macht sie euch untertan; ob es schon Disteln und Dornen trägt, kehrt euch nicht daran, es soll euer Teil dennoch wachsen.

36. Adams Apfelbiss.

Der Apfelbiss, den Adam und Eva getan, ist ein schwer Ding gewesen, wir müssen's noch Alle entgelten; darum haben die alten Juden wohl gesagt: Unsere Väter haben saure Weinbeere gegessen, davon unsere Zähne sind stumpf worden, Ezech. 18. V. 2. Wir möchten noch wohl mit unserm Herrn Gott darum rechten, aber wir haben Alle den Leihkauf zum Tode getrunken. Darum sagt Klaus Narr: Das Unglück schütte mein Maul, dass es so naschhaft gewesen ist.

37. Reden unterscheidet einen Menschen von allen Tieren.

Unter allen Gaben Gottes ist Reden die allerschönste und herrlichste, dadurch allein der Mensch von allen andern Tieren unterschieden ist. In andern Gaben übertreffen Etliche den Menschen, Etliche mit dem Gesichte, Etliche mit dem Gehöre, Etliche riechen, aber Keins kann reden. Das ist eine Anzeige davon, dass das Wort von hoher Art ist, und Verstand erfordert.

38. Adams Elend auf Erden.

Adam, unser Aller Vater, wird der elendeste und geplagteste Mensch gewesen sein. Es muss sich sehr einsam gefühlt haben, als er in der weiten Welt Alles wüste sah. Aber als er mit seiner Eva, die seine einige Gefährte und liebe Gemahlin war, Kain, seinen ersten Sohn zeugte, da wird eine große Freude gewesen sein; desgleichen, da Abel geboren wurde. Aber bald ist große Trübsal, Jammer und Herzeleid darauf gefolgt, da ein Bruder den Andern erschlug, und Adam einen Sohn verlor, den Andern in Bann und in die Acht tun, und von seinem Angesichte verstoßen musste. Das wird ihm, wahrlich, ein groß Herzeleid gewesen sein, also, dass ihm solcher Mord wird weher getan und ihn mehr bekümmert haben, als sein eigener Fall, denn dadurch ist er abermals mit seiner lieben Eva zum Einsiedler worden. Danach, da er hundert und dreißig Jahre alt war, zeugte er Seth. Das war schwer und tat wehe, so eine lange Zeit Gottes Zorn sehen zu müssen. Ach! er ist ein betrübter Mann gewesen! Niemand glaubt das, er erfahre es denn; wiewohl unser Leiden eitel Kinderspiel ist gegen sein Leiden und Herzeleid. Und wenn er nicht so fromm und starker Natur durch Gottes Gnade und Wirkung gewesen wäre, so wäre er mit seiner Eva vor großem Herzeleid bald vergangen und gestorben, aber mit der Verheißung durch den Glauben an des Weibes Samen hat er sich getröstet.

39. Schwachheit und Elend menschlicher Natur.

Dr. Martin Luther verwunderte sich, und klagte über die Schwachheit, den Jammer und das Elend damit dies arme Fleisch beschwert und beladen ist, daher so viel Unflat, Mist, Rotz und Schweiß komme. Es ist doch schier Nichts, als eitel Dreck an allen Gliedern, und wenn die Seele nicht schöner wäre als der Leib, so wäre ein Mensch gar eine arme, elende Kreatur. Darum sagen die Griechen recht gut, des Menschen Leib ist wie eine Leiche.

40. Vom Regiment des Madensack's menschlichen Leibes.

Anno 38, den 18. Juli, da Dr. Luther noch etwas schwach war, und gemartert wurde vom Darmwehe, (das ist eine solche Krankheit, dass Einer stets begehrt zu Stuhle zu gehen, und kann doch Nichts tun,) sagte er: Ich muss dem Arsch sein Regiment lassen, denn Gott hat seine Strafe wider uns auch an dem Orte, wie man liest, 1. Samuel 5, 6, von der Philister Plage, welche die Lade des Herrn hatten entführt; ich meine, sie wurden recht am heimlichen Orte bezahlt und geplagt, dass sie unserm Herrn Gott mussten fünf goldene Ärsche und fünf goldene Mäuse zum Schuldopfer geben.

Also ist Gott in allen Kreaturen mächtig, übt seine Gewalt, tötet und macht lebendig. Denn, der Schlaf ist anders Nichts, als ein Lod, und der Tod ein Schlaf. Was ist unser Tod anders, als ein Nachtschlaf? Denn, gleichwie durch den Schlaf alle Müdigkeit und Mattigkeit weicht und aufhört, die Kräfte des Geistes aber wieder kommen, dass Einer des Morgens frisch aufsteht und fein lustig und stark wird, also werden wir auch am jüngsten Lage wieder auferstehen, als hätten wir nur eine Nacht geschlafen, werden frisch und stark sein, nur die Augen wischen; alsdann werden die Maden, Würmer, Gestank, Unflat, Alles wegfallen.

Lieber Gott, wie wundersam hast du des Menschen Leib gemacht und seine Glieder zusammen gesetzt! Die zärtlichsten sind die, welche aus einem Tröpflein Blut's ihren Ursprung haben und herkommen. Das vornehmste, wesentlichste Stück und Glied am Menschen ist das Herz, und das Allerzärtlichste, und doch stürmt man darauf, als wäre es eine Mauer drei Ellen dick. Ach! wir sitzen mitten im Tode. Darüber führt Hiob gar eine große, schwere Klage, da er den Menschen beschreibt, und spricht: Der Mensch, vom Weibe geboren, lebt eine kurze Zeit, und ist voll Unruhe. Hiob 14, 1.

41. Ein Anderes.

Anno 38, sagte Dr. Martin Luther: Dies Jahr ist ein gefährlich, schwer Jahr, wegen der mancherlei Krankheiten, die nicht allein von natürlichen Ursachen herkommen, als von Kometen und Konjunktionen, Aspekten oder dem Zusammenscheinen des Saturnus und Mars, sondern auch von geistlichen Ursachen, um der großen, unzähligen Sünden der Menschen Willen, die so sehr überhand nehmen, dass sie nicht mehr für Sünden geachtet werden, sondern schier für Tugenden. Ach! es ist doch Nichts mit diesem Leben, wir sollen ihm billig nichts Gutes zueignen, sondern Gott vertrauen, der das ewige Leben schenkt. Der gebe uns ein seliges Stündlein, so sind wir wohl hier gewesen.

42. Frage.

Warum nehmen die Menschen die Lehre und Erkenntnis von der äußerlichen Ehrbarkeit und Zucht, die Allen natürlich ins Herz gepflanzt und geschrieben ist, z. B. das: Ehre deine Eltern! nicht so leicht an, als das, was allein im Verstande steht, nämlich, dass zweimal vier achte seien? Antwort: Unser Verstand und unsere Erkenntnis ist also verdunkelt, dass wir auch das nicht recht sehen noch erkennen, viel weniger tun, was uns natürlich angeboren ist.

43. Unterschied der Tiere.

Alle wilden Tiere sind Tiere des Gesetzes, denn sie leben in Furcht und Zittern, und haben alle schwärzlich Fleisch um der Furcht willen. Aber zahme Tiere haben weiß Fleisch, denn es sind Gnadentiere, und leben sicher bei den Leuten.

44. Was für ein Wesen und Sinn im Paradies gewesen sei.

Es waren bei Dr. Luther, M. Spalatin und der Pfarrherr zu Zwickau, M. Leonhard Beier. Da scherzte der Doktor fein freundlich mit seinem Söhnlein Märtinchen, der sein Bülichen ehrbar verteidigen, sie ehrlich kleiden und lieben wollte und sprach: Also seien wir im Paradies gesinnt gewesen, schlicht, einfältig, aufrichtig, ohne alle Bosheit und Heuchelei, und sei uns rechter Ernst gewesen, wie dies Kind von Gott rede und desselben gewiss sei.

Darum sind solche natürliche Possen und Scherze die Allerbesten an Kindern, das sind die lieblichsten Närrlein. Angenommener Scherz und Possenwerk an den Alten hat solche Gunst nicht, fließt und gefällt nicht so wohl: denn, was gefärbt und gedichtet ist, das verliert Gunst, haftet nicht, und macht weniger Lust, als das, was von Herzen natürlich zugeht. Darum sind die Kinderlein, die feinsten Spielvögel, die reden und tun Alles einfältig, von Herzen und natürlich. Ein solcher ist Klaus Narr gewesen, der in die Stiefel hofierte, und, da er beschuldigt war, sich entschuldigte, und sprach: Die Mäuse hätten es getan.

45. Adams Fall.

Dr. Martin Luther sprach von dem jämmerlichen und traurigen Fall Adams, der aus dem Stand der Unschuld gefallen ist in das Elend und Unglück mit allen seinen Nachkommen, wie wir sehen und erfahren. Ach! er hat, sprach er, ein elendes jämmerliches Leben die neun hundert Jahre über geführt, denn in allen sterbenden Menschen hat er Gottes Zorn gesehen.

46. Frage.

Wie hat Mose die Schöpfung der Welt beschreiben können, was und wie es ergangen ist, da er noch nicht gelebt hat? Antwort: Er hat's von den Vätern genommen und empfangen; doch, wie der Mensch geschaffen worden sei, das hat anfänglich der heilige Geist beschrieben.

47. Adams Herzeleid nach dem Fall.

Adam wird gar ein groß unaussprechlich Herzeleid und Bekümmernis gehabt haben, nachdem er die Gerechtigkeit, in der er geschaffen war von Gott, verloren hatte, wird auch am Leibe sehr abgenommen haben vor großer Sorge und Angst in seinem Herzen. Ich glaube, dass er zuvor über tausend Meilen so weit und helle wird haben können sehen, als wir jetzt über eine halbe sehen, und so werden die andern Sinne auch beschaffen gewesen sein. Er wird ohne Zweifel nach dem Fall gesagt haben: Ach Gott, wie ist mir geschehen? Bin ich doch blind und taub worden: wo bin ich gewesen? Ich zweifle gar nicht, dass ihm dies widerfahren ist, und es sich also zugetragen hat. Es ist ein scheußlicher Fall. Zuvor hat er gesehen, dass ihm alle Kreaturen gehorsam waren, und hatte auch mit der Schlange gespielt. Unsere Augen und Ohren sind schier tot, sehen und hören nicht recht. Wir werden dort keinen Schinken essen, wir müssen wieder schöner werden, als Adam gewesen ist; aber das Gebären und Kinderzeugen wird aufhören.

48. Vom erbärmlichen Zustande des menschlichen Lebens.

Doktor Martin Luther sagte zu Eisleben Anno 1546: Ach! wie sind wir doch so arme Leute, wir verdienen unser Brot mit Sünden. Denn, wenn wir kommen bis in das siebente Jahr, so tun wir mittlerweile anders Nichts, als dass wir essen, trinken, spielen und schlafen: vom achten Jahre gehen wir in die Schule, des Tags über etwa drei oder vier Stunden. Danach, von dieser Zeit bis in das 21. Jahr, treiben wir allerlei Mutwillen mit Spielen, Laufen, zur Zech gehen usw., und fangen dann erst an, Etwas zu arbeiten. Wenn wir dann fünfzig Jahre alt werden, so haben wir ausgearbeitet, und werden wieder zu Kindern, essen dann abermals unser Brot mit Sünden, arbeiten also, dass wir andern Leuten auch Arbeit geben. Wenn wir zwanzig Jahre alt werden, so fangen wir erst an zu arbeiten, und arbeiten etwa zehn Jahre, danach schlafen wir die andere Zeit. Die Hälfte unseres Lebens schlafen wir, dass kaum fünf Jahr zur Arbeit bleiben, ja kaum drei Jahre. Kaum den zehnten Teil unsers Lebens arbeiten wir, den neunten Teil unsers Lebens da fressen, saufen, schlafen und gehen wir müßig. Pfui! wir geben Gott den Zehnten nicht. Ach! was wollen wir doch mit unsern guten Werken Gott den Himmel abverdienen, oder stolzieren auf unsere guten Werke! Hiob sagt, C. 9, 2, 3: Wenn Gott mit mir rechten wollte, ich könnte ihm nicht antworten. Was hab ich heute allhier getan? Zwei Stunden hab ich gekackt, drei Stunden gegessen und danach bin ich vier Stunden müßig gegangen. Ach! Herr, gehe nicht in das Gericht mit deinem Knecht! Ps. 143, 2.

49. Vom kurzen Leben der Menschen...

Der Herr Doktor Luther sagte zu Eisleben, dass zwanzig Jahre eine geringe Zeit wäre, dennoch würde in dieser Zeit die Welt gar wüste, wenn in den zwanzig Jahren keine Ehen geschlossen würden. Nun, Gott sammelt sich seine christliche Kirche aus den kleinen Kindern; denn ich glaube, wenn ein Kind von einem Jahr stirbt, dass allzeit Tausend oder Zwei Tausend mit ihm sterben. Aber, wenn ich, Dr. Martin Luther, als ein Dreiundsechziger sterbe, so glaube ich nicht, dass Sechzig oder Hundert mit mir sterben, denn die Welt wird jetzt nicht alt, es kommen jetzt nicht viel Menschen in mein Alter, dass sie Dreiundsechziger werden. Darum halte ich dafür, dass wenn ich, Dr. Luther, sterbe, von meinen Altersgenossen nicht Hundert in der Welt mit mir sterben.

Nun, wir Alten müssen darum so lange leben, dass wir (mit Züchten zu reden) dem Teufel in den Arsch sehen und in den Schwanz, damit wir es bezeugen können, dass der Teufel ein böser Geist gewesen sei. Das Menschengeschlecht ist nichts Anderes als ein Schafstall, da die Leute vom Teufel erwürgt, gemetzelt und geschlachtet werden.

50. Menschlich geben ein arm Leben.

Es ist nichts Besseres als ein gut Stündlein, und dann davon, und der Welt das Herzeleid überlassen. Denn dies Leben ist ein solch armes, elendes Leben, dass man in ihm auch von den allerbesten Freunden geplagt wird, wie David von seinem leiblichen Sohne Absalon aus dem Lande verjagt und vertrieben ward. Also sind die lustigen Buhler die allerelendesten Märtyrer, plagen sich selbst Tag und Nacht, sonderlich wenn sie die Käthe am Narrenseil führt, da gehen sie wie die Ochsen. Kurz, menschlich Leben ist lauter Elend und Unsinnigkeit. Die Kinder haben ihre kindischen Gebrechen, damit sie geplagt werden; junge Gesellen buhlen; wir Alten werden immer je älter desto ärger, das ist, Mammonisten und Geizhälse, die den Mammon anbeten.

51. Ein Anderes.

Wir essen uns zu Tode, trinken uns zu Tode, wir essen und trinken uns arm und in die Hölle, wir scheißen uns zu Tode. Das sagte Dr. Martin Luther, da die rote Ruhr zu Wittenberg regierte. Wir haben wohl Ursache, stolz und hoffärtig zu sein.

52. Ein Anderes vom menschlichen Elend.

Wie mancherlei Todesarten haben wir doch an unserm Leib! Ist's doch Nichts denn eitel Tod mit uns; sehe nur alle Glieder, so wirst du es also finden.

53. Von des Menschen Haut unter den Augen.

Es ist keine zärtere Haut am Leibe des Menschen, als unter den Augen, und leidet Keine mehr, als die unter den Augen, es möchte es auch sonst Keine leiden.

54. Von Kindern und ihrem Leben.

Anno 38, den 17. August, hörte Dr. Martin Luther, dass sich seine Kinder unter einander zankten und haderten, und bald wiederum vertrugen und versöhnten, da sprach er: Lieber Herr Gott, wie wohl gefällt dir doch solcher Kinder Leben und Spielen! Ja, all ihre Sünden sind Nichts denn Vergebung der Sünden.

55. Ein Anderes.

Er sah seiner Kinderlein Einfalt, und lobte ihre Unschuld, dass sie im Glauben viel gelehrter wären als wir alte Narren, denn sie glaubten aufs Einfältigste, ohne alle Disputation und Zweifel, Gott sei gnädig, und dass nach diesem Leben ein ewiges Leben sei. Wie wohl geschieht den Kindern, die in solcher Zeit sterben! Jedoch es wäre mir ein groß Herzeleid, denn es stürbe ein Stück von meinem. und ein Teil von der Mutter Leibe. Die natürliche Liebe und Zuneigung hört auch in gottseligen und rechtschaffenen Christen nicht auf. Sie werden auch noch bewegt, und es geht ihnen zu Herzen, wenn's ihnen, ihren Kindern oder Verwandten, die sie lieb haben, übel geht. Sie sind keine störrigen und verhärteten Köpfe und Stöcke. Solche Bewegungen und Neigungen sind Werke der göttlichen Schöpfung, die Gott einem Menschen natürlich eingepflanzt hat, und sind an sich selbst nicht böse. Die Kinder leben fein einfältig, rein, ohne Anstoß und Hindernis der Vernunft im Glauben; wie Ambrosius sagt: An der Vernunft mangelt's, aber nicht am Glauben.

56. Wir müssen den Kindern vor unserm Herrn Gott gleich werden.

Den letzten September sah Dr. Luther seine Kinder am Tisch sitzen, und sprach: Christus sagt, Matth. 18, 3: Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, dass ihr euch umkehrt, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen. Er beteuert es mit einem Eide. Ei, lieber Gott, du machst es allzugrob. Wenn du es doch säuberlich machtest, und die Kinder, solche Närrlein, nicht so hoch erhübest! Wo hast du das befohlen und gelehrt, dass ein närrisch Kindlein soll einem Weisen vorgezogen werden? Wie kann unser Herr Gott mit seinem Urteil und seiner Gerechtigkeit bestehen, die Paulus so hoch rühmt, Gottes Gerechtigkeit, Gottes Gerechtigkeit? Ist das die Gerechtigkeit, damit du die Klugen verwirfst und die Narren annimmst? Es heißt hier: glaube Gottes Wort und gib dich gefangen! Unser Herr Gott hat reinere Gedanken als wir Menschen. Er muss uns also entgröben, (wie die Schwärmer redeten, nämlich Thomas Münzer mit seinem Anhang) er muss gar grobe Äste und Späne von uns weghauen, ehe er solche Kinder und Närrlein aus uns macht.

Seht, wie feine, reine Gedanken haben die Kinderlein, wie sie den Himmel und den Tod ohne allen Zweifel ansehen? Sie sind gleichsam wie im Paradies. Und in den Kindern, daraus etwas Sonderliches werden will, sind allzeit wunderbar sonderliche Gebärden. Luk. 2.

57. Ein Anderes von Kindlein.

Einst saß des Doktors Söhnlein am Tisch, und lallte vom Leben im Himmel und sagte, wie so eine große Freude im Himmel wäre mit Essen und Tanzen. Da wäre die größte Lust, die Wasser flössen mit eitel Milch, und die Semmel wüchsen auf den Bäumen. Da sprach Dr. Luther: Das Leben der Kindlein ist am Allerseligsten und Besten, denn sie haben keine zeitliche Sorge, sehen die gräulichen, ungeheuren Schwärmer- und Rottengeister in der Kirche nicht, leiden und fühlen keinen Schrecken des Todes und der Hölle, haben nur reine Gedanken und fröhliche Spekulationen.

58. Ein Anderes.

Er spielte und phantasierte einmal mit seinem Töchterlein Magdalenchen, und fragte sie: Lenchen, was wird dir der heilige Christ bescheren? Danach sagte er: Die Kinderlein haben so feine Gedanken von Gott, dass er im Himmel, und ihr Gott und lieber Vater sei. Danach brachte ihm sein Weib sein Söhnlein Martinchen, da sprach er: Ich wollte, dass ich in des Kindes Alter gestorben wäre, da wollte ich alle Ehre darum geben, die ich habe und noch bekäme in der Welt. Und da er das Kindlein zu sich auf den Schoß nahm, und es ihn verunreinigte, sprach er: O wie muss unser Herr Gott so manch Murren und manchen Gestank von uns leiden, mehr als eine Mutter von ihrem Kinde!

59. Ein Anderes von Kindern.

Er, Doktor Luther, hatte Achtung, wie sein Kindlein von drei Jahren spielte, und mit sich selber lallte, da sprach er: Dies Kind ist wie ein Trunkener, weiß nicht, dass es lebt, lebt gar sicher und fröhlich dahin, springt und hüpft. Und solche Kinder sind gern in großen, weiten Gemächern und Wohnungen, darin sie Raum haben.

60. Die Liebe der Eltern gegen die Kinder.

Die Eltern haben die jüngsten Kinder allzeit am Liebsten, sagte Dr. Luther. Mein Martinchen ist mein liebster Schatz, und solche Kinderlein bedürfen der Eltern Sorge und Liebe wohl, dass ihrer fleißig gewartet werde. Hänschen, Lenchen, Paulchen können nun reden, bedürfen solche große Sorge nicht mehr. Darum steiget die Liebe der Eltern allzeit und einfältig niederwärts, mehr denn aufwärts, zu denen, die erst vor Kurzem geboren sind. Darauf redete er davon, wie Abraham zu Sinne gewesen sein werde, da er seinen jüngsten und liebsten Sohn opfern wollte. Welch ein Herzpochen wird er gehabt haben, dass er seinen einigen Sohn hat sollen opfern und würgen! Er wird der Sara Nichts davon gesagt haben. Derselbe Gang wird ihm sauer ankommen sein. Ich wollte wahrlich mit Gott disputieren, wenn er mir Solches vorlegte und anmutete. Da sprach des Doktors Weib: Ich kann's nicht glauben, dass Gott es von Jemand begehren kann, dass er sein Kind würgen solle. Darauf sagte Dr. Luther: Glaubst du auch nicht, dass Gott seinen Sohn kreuzigen lassen wollte? Obgleich er nichts Lieberes hatte, als diesen Sohn, hat er ihn doch lassen ans Kreuz schlagen und henken. Nach dem Urteile der Vernunft hat sich Gott viel väterlicher gestellt gegen Kaiphas, Pilatus, als gegen Christus, den er so grausam und jämmerlich hat verfolgen lassen.

61. Kain, Adams liebstes Kind.

Als Dr. Luther sein kleines Söhnlein gebracht ward, küsste und herzte er's und sprach: Lieber Gott, wie lieb wird Adam Kain gehabt haben, den erstgeborenen Menschen, welcher danach ein Brudermörder ist geworden! Pfui dich, Kain!

62. Ein Anderes.

Die Großeltern haben ihre Kindeskinder und Neffen viel lieber, als ihre eigenen und von ihrem Leib erzeugten Kinder. Aber die Hühner, Hunde und andere unvernünftige Tiere vergessen ihre Jungen bald. Jenes zeigt an die Unsterblichkeit, und hängt zusammen mit einer Hoffnung der künftigen Auferstehung und des ewigen Lebens.

63. Der Eltern und der Obrigkeit Gewalt ist unterschiedlich.

Die Eltern sorgen viel mehr für ihre Kinder, bewahren sie auch fleißiger, als die Obrigkeit ihre Untertanen; darum sagt Moses zu den Juden: Hab ich euch gezeugt? Vaters und Mutters Gewalt ist eine natürliche und freiwillige Gewalt und selbstgewachsene Herrschaft über die Kinder; der Obrigkeit Herrschaft aber ist gezwungen, eine gemachte Herrschaft. Was Vater und Mutter nicht mehr können, das muss Meister Hans, der Henker ausrichten und ziehen, daher auch die Obrigkeit nur eine Hüterin des vierten Gebotes Gottes ist, wie die Kake über die Maus. Darum ist der Eltern Würde noch größer, man soll ihnen auch mehr Ehrerbietung beweisen, denn sie sind die Quelle und der Ursprung des vierten Gebotes.

64. Der Kinder Zucht und Strafe ist nötig.

Dr. Martin Luther wollte seinen Sohn N. drei Tage lang nicht vor sich kommen lassen, noch wiederum zu Gnaden annehmen, bis er schreibe, sich demütige und es ihm abbitte. Und da die Mutter, D. Jonas und D. Teuteleben für ihn baten, sprach er: Ich wollte lieber Einen töten, als einen ungezogenen Sohn haben. S. Paulus hat nicht vergebens gesagt, 1. Tim. 3, 4, dass ein Bischof soll ein solcher Mann sein, der seinem Hause wohl vorstehe, und wohlgezogene Kinder habe, auf dass andere Leute dadurch erbaut, ein gutes Exempel nehmen, und nicht geärgert werden. Wir Prediger sind darum so hoch gesetzt, dass wir Andern ein gutes Exempel geben sollen, aber unsere ungeratene Kinder ärgern Andere, so wollen die Buben auf unsere Privilegia sündigen. Ja, wenn sie gleich oft sündigen und allerlei Buberei treiben, so erfahre ich's doch nicht, man zeigt mir's nicht an, sondern man hält's heimlich vor mir. Es geht uns nach dem gemeinen Sprichwort: Was Böses in unsern eigenen Häusern geschieht, das erfahren wir am Allerletzten; wenn's alle Leute durch alle Gassen getragen haben, so erfahren wir's erst. Darum muss man ihn strafen, und gar nicht durch die Finger sehen, noch es ihm also ungestraft lassen hingehen.

65. Frage.

Ob ein Sohn, wenn er wüsste, dass der Vater eine Stadt oder Land verraten, oder einen andern großen Schaden und Missetat tun wollte, es der Obrigkeit anzeigen solle? Antwort Dr. Luthers: Der Sohn ist nicht schuldig dem Vater gehorsam zu sein, Etwas wider Gott zu tun und sündigen. Doch mag er den Vater erinnern und ermahnen, dass er davon abstehen und es nicht tun solle, wo nicht, so wolle er's der Obrigkeit anzeigen; das muss er tun, denn sonst willigte er stillschweigend in des Vaters Vornehmen, und würde sein teilhaftig, auch mit eigener Gefahr. Z. B. wenn ich sähe, dass mein Vater Einen töten und umbringen wollte, so soll ich mich dazwischen legen, und es wehren.

Wie aber, wenn entweder der Sohn den Vater müsste umbringen, oder das Vaterland verraten lassen, wie soll er sich hier verhalten? Antwort: Der Sohn soll den Vater bei Leibe nicht umbringen, keineswegs, sondern das Vaterland vielmehr unserm Herrn Gott befehlen, und ihn walten lassen, der kann das Vaterland wohl bewahren und behüten. Wenn ich gleich den Vater umbrächte, könnte ja doch noch die Verräterei des Vaterlandes vor sich gehen. Warum sollte ich denn den gewissen Vater um des ungewissen Heils des Vaterlandes willen erwürgen und umbringen? Man muss es unserm Herrn Gott befehlen und wagen.

66. Es ist am Gebrauch der Güter am Meisten gelegen.

Da M. Ph. sagte, dass ein reicher Bürger zu Leipzig, Simon Leubel, ein groß, schön, lustig, wohlgebaut Haus hätte, antwortete Dr. Luther: Es liegt nicht daran, dass man die Erben reich mache, sondern daran ist's am Meisten gelegen, dass sich die Erben darein schicken können, und Gottes Segen recht brauchen. Wir Eltern sind große Narren, dass wir's uns blutsauer werden lassen, arbeiten Tag und Nacht, dass wir unsern Kindern viel Gutes lassen, aber sie in Gottesfurcht, guter Zucht und Ehrbarkeit zu erziehen und zu unterweisen, da sind wir sehr nachlässig. Es ist gar eine böse, verkehrte Weise.

67. Der Eltern Gebrechen sollen die Kinder leiden.

Da M. A. Schwäher zum Doktor kam, fragte er den Eidam allein besonders, wie er sich mit dem Schwäher verträge, und ob Einigkeit unter ihnen wäre? Und ermahnte ihn ernstlich, er solle seinen Schwaher als einen Vater in Ehren halten, und sich nicht rächen dafür, dass er närrisch und wunderlich sei. Sonst würde er müssen leiden und tragen den Fluch seines Frevels und von Gott verbotenen Vornehmens; Gott würde ihn aber segnen, wenn er die Gebrechen des Alters leide und ertrage.

68. Ob ein Vater sein ungehorsam Kind möge enterben.

Einer fragte Dr. Luther um Rat: ob er auch Macht hätte seinen ungehorsamen, ungeratenen Sohn zu enterben? Da antwortete er, und sprach: Ja freilich, denn das steht ins Vaters Macht und Gewalt; wie der alte Chremes im Terentius sagt: Sollte ich meine Güter dem Balge Bachis geben? So befiehlt Gott durch Mosen, dass ungehorsame Kinder sollen gesteinigt, nicht allein erblos gemacht werden. Darum soll ihn der Vater enterben, doch mit dem Vorbehalte, wenn er sich bessern würde, dass mans ihm wieder folgen lasse.

69. Warum die ersten Eltern nur Früchte gegessen haben.

Antwort: Was bedurften sie andere Speisen, dieweil die Kräuter so wohl schmeckten und solche Kraft hatten? Es werden die Granatäpfel und Pomeranzen so wohl gerochen haben, dass Einer vom Geruch hat mögen gesund werden; aber die Sündflut hat Alles verdorben. Es folgt nicht, weil Gott Alles geschaffen hat, darum muss man Alles essen. Die Früchte waren da vornehmlich geschaffen, dass sie sollten sein eine Speise für Menschen und Tiere. Das Andere war geschaffen, dass man Gott sollte loben. Also, die Sterne, wozu dienen sie, denn dass sie Gott, ihren Schöpfer, loben? Wozu dienen jetzt die Raben und Krähen? Gleichwohl nährt sie Gott.

70. Der Eltern Fluch.

Ein böser, ungeratener Sohn hieb seinem Vater zwei Finger ab; da wünschte ihm der Vater, dass er in der Elbe läge. Das geschah auch also, denn der Sohn ertrank desselbigen Tages in der Elbe. So hab ich im Augustin gelesen, wenn die Mütter den Kindern geflucht und gesagt haben: Dass dich der Ritt schütte! seien die Kinder zitternd, aber danach durchs gemeine Gebet wieder erlöst worden.

71. Die ungehorsamen Kinder straft Gott.

Da Dr. Jonas sagte: der Fluch, den Gott den ungehorsamen Kindern gedroht, sei an Einem von Dr. Luthers Blutsfreunden wahr geworden, der stets krank und siech sei, antwortete Dr. Luther: Es ist verdienter Lohn des Ungehorsams: er hat mich einmal fast getötet, dass ich von allen Leibeskräften kam, und ganz matt ward; das muss er bezahlen. Er hat mir den Text Pauli gelehrt von den Elternmördern, 1. Tim. 1, 9, die ihre Eltern töten, nicht mit dem Schwert, sondern mit Ungehorsam; sie leben aber nicht lang, noch geht es ihnen wohl. Das wird an dem Buben auch geschehen. Lieber Gott, wie gottlos ist doch die Welt, wie gräuliche Zeiten sind, davon S. Paulus sagt, da keine Hoffnung der Buße ist! Und Christus spricht, Luk. 18. V. 8.: Meinst du auch, wenn des Menschen Sohn kommen wird, dass er werde Glauben und Liebe finden? Ach! wer wohl gestorben wäre!

72. Nachhängen und den Kindern ihren Willen lassen, verdirbt sie.

Anno 39, den 21. Februar, sah Dr. Luther einen Knaben, der war ohne alle Sitten, roh und wild, sonst aber guter Natur und Art; da seufzte er und sprach: Ach! was tut das Nachhängen, wie werden die Kinder verdorben, wenn man ihnen ihren Willen lässt, und sie nicht straft! Sir. 30, 7. seq. Darum will ich, dass man meinem H. Nichts lasse gut sein, ich scherze auch nicht so viel mit ihm, als mit meiner Tochter.

Abraham hat einen köstlichen Ruhm von Gott, da ihn der Herr also lobt, 1. Mos. 18, 17.: Kann ich Abraham auch Etwas verbergen? Denn ich weiß, dass er seine Söhne und sein Haus wird lehren, was ich befohlen habe rc. Ach! Herr Gott, wie wenig solche Väter gibt es unter der Sonne! Darum geht's auch übel in der Welt zu.

73. Ein Anderes: Kein Vater soll seinen Kindern bei seinem Leben seine Güter übergeben.

Einer war bei Dr. Luther und klagte sein Elend, dass er von seinen Kindern, die er ausgestattet und ehrlich begabt, auf die er alle seine Güter gewandt hätte, nun in seinen alten Tagen verlassen und mit Füßen getreten würde; da sprach der Doktor: Jesus Sirach gibt den Eltern den besten Rat, da er sagt: Gib nicht Alles aus der Hand, so lange du lebst, denn die Kinder halten nicht Glauben. Ein Vater (wie das Sprichwort lautet), kann wohl zehn Kinder ernähren, aber zehn Kinder können nicht Einen Vater ernähren. Darum predigte man vor Zeiten wider die undankbaren Kinder von einem Vater, der sein Testament hatte gemacht, welches er heimlich in einen Kasten, verschloss, und legte einen Zettel dazu, samt einer Keule, mit diesen Worten: Welcher Vater das Seine gibt aus der Gewalt, den soll man totschlagen mit der Keule bald.

So liest man von einem Vater, der all sein Gut unter die Kinder ausgeteilt hatte, dass sie ihn sollten sein Leben lang davon ernähren und erhalten; aber die Kinder achteten seiner nicht. Wenn er acht Tage bei einem Kinde gewesen war, so sagte es: Er sollte zum Andern auch gehen, und so lange mit ihm essen. Einmal kam der Vater von Ungefähr zum Eidam, der saß und aß von einer Gans; da er des Vaters gewahr ward, und sahe ihn, von Stund an verbarg er sie, und steckte sie unter den Tisch. Da nun der Vater wegging, und der Sohn wollte die Gans wieder hervortun, war eine Kröte daraus worden, die sprang dem Eidam unters Angesicht, und fraß um sich, dass er ihr nicht konnte los werden, so hart klebte sie an ihm, bis sie an ihm Alles verzehrte, ohne Aufhören, konnte nicht satt noch voll werden, dass er davon starb.

Solche Exempel zeigten sie darum an, dass man sehe, wie hart Gott der Kinder Undankbarkeit gegen die Eltern strafe; denn der Ungehorsam und die Undankbarkeit der Jugend ist überaus groß. Gerne nehmen sie, was die Eltern mit ihrer sauren Arbeit, Blut und Schweiß erworben haben, aber sie wollen sie nicht auch wiederum nähren; obgleich die Eltern es sich lassen darum so sauer werden Tag und Nacht, dass sie die Kinder reich machen, und ihnen viel hinterlassen, mit Gefahr Leibes und Lebens, werden sie doch danach verachtet.

Ach! die Welt ist böse, hebt bald in der Jugend und Blüte an, darum hat Gott das vierte Gebot gegeben, und mit großem Fleiß und Ernst befohlen: Ehre deinen Vater und deine Mutter rc., hält auch hart darüber. Aber der Papst, der Antichrist, hat mit seinen Traditionen dies Gebot Gottes aufgelöst, und mit Füßen getreten.

74. Ein Anderes.

Ein Vater, der nun alt war, hatte seinen Kindern alle seine Güter übergeben, dass sie ihn sein Leben lang nähren und erhalten sollten; aber die Kinder waren undankbar und des Vaters bald überdrüssig, hielten ihn sehr kärglich und genau, gaben ihm nicht satt zu essen. Da verschloss sich der Alte, als ein gescheiter Mann, der nun gewitzt war, heimlich in eine Kammer, und klingelte mit den Gulden, die ihm sein Nachbar darum geliehen hatte, als hätte er viel Geld. Da das die Kinder hörten, hielten sie ihn danach wohl und in Ehren, hofften, er würde ihnen viel Geld lassen; er gab's aber dem Nachbar wieder, da er sterben wollte, und betrog also die Kinder.

75. Der Kinder ungleiche Natur und Art.

Dr. Luther sah seine Kinder an, dass sie von verschiedener Natur und Art waren, verwunderte sich über Gottes Werk und Geschöpf, und sprach: Gleichwie die Art mancherlei ist, also sind auch die Gaben mancherlei; ja, einem Menschen geht's anders, denn dem Andern, Einer hat mehr Glück oder Unglück, als der Andere. Darum soll man allein auf Gott, den Schöpfer und Stifter sehen, ihm vertrauen, und ihn anrufen.

Da den Dr. Luther sein Weib schmierte, der Lähme halben, an den Beinen, sagte er: Sonst werden die Weiber geschmiert, du aber schmierst mich. Denn das Wort Weib, Lateinisch Uxor, kommt her vom Schmieren, ab unguendo. Da nämlich die Heiden sahen, dass der Ehestand viel Anstöße und Hindernisse hatte und große Gefahr, so schmierten sie wider solch' Unglück allzumal die Pfosten der neuen Bräute.

Ferner sagt er: Wenn die Weiber die Lehre des Evangelii annehmen, so sind sie viel stärker und brünstiger im Glauben, halten viel härter und steifer darüber, denn Männer; wie man sieht an der lieben Anastasia, und Magdalena war herzhafter, denn Petrus. Joh. 20.

77. Weiber sollen nicht beredt sein.

Ein Engländer, ein sehr gelehrter, frommer Mann, ging mit Dr. Luther zu Tisch, verstand aber die deutsche Sprache nicht; zu dem sagte er: Ich will euch mein Weib zum Präzeptor geben, die soll euch die deutsche Sprache fein lehren, denn sie ist sehr beredt, kann es so fertig, dass sie mich damit weit übertrifft. Wiewohl, wenn Weiber wohl beredt sind, das ist an ihnen nicht zu loben; es steht ihnen vielmehr recht gut an, wenn sie stammeln, und nicht wohl reden können, das ziert sie viel besser.

78. Was den Weibern übel ansteht.

Es ist kein Rock noch Kleid, das einer Frauen oder Jungfrauen übler ansteht, als wenn sie klug will sein.

79. Lange Haare sind eines Weibes Schmuck.

Haare sind eines Weibes bester Schmuck, darum gingen allemal die Jungfrauen in Haaren, und hatten sie zu Felde geschlagen, wenn man triumphierte, oder trauerte und Leid trug. Es ist ein feiner Anblick und steht den Weibern sehr wohl an, wenn sie die Haare zu Felde geschlagen haben.

80. Muttermilch und weibliche Brüste.

Muttermilch ist der Kinder beste Nahrung, Trank und Speise, denn sie nährt wohl. Wie die jungen Kälber mehr zunehmen von der Milch, die sie saugen, denn von allem andern Futter, also werden auch die Kinderlein stärker, die lang gestillt werden.

Brüste sind eines Weibes Schmuck, wenn sie ihre Proportion haben. Große und fleischige sind nicht die besten, stehen auch nicht sonderlich wohl, verheißen viel und geben wenig. Aber die Brüste, die voller Adern und Nerven sind, ob wohl klein, die stehen wohl auch an kleinen Weibern, haben viel Milch, damit sie viel Kinder stillen können.

Zu einer anderen Zeit sagte Dr. Luther: Der Mutter Milch ist die Beste, und den Kindlein am Gesündesten, denn sie sind an dieselbe vom Mutterleibe gewohnt. Und wenn die Kinder grobe Ammen haben, so geraten auch die Kinder nach ihnen; wie dies die Erfahrung zeigt. Darum ist es unfreundlich und unnatürlich, wenn eine Mutter nicht ihr Kind stillt, denn dazu hat ihr Gott die Brüste und Milch darein gegeben, um des Kindleins willen: es sei denn, dass sie nicht kann stillen, da bricht Not Eisen; wie man sagt.

81. Männer, Weiber.

Männer haben eine breite Brust und kleine Hüften, darum haben sie auch mehr Verstand denn die Weiber, welche enge Brüste haben, und breite Hüften und Gesäß, dass sie sollen daheim bleiben, im Haus still sitzen, haushalten, Kinder tragen und ziehen.

82. Wozu sie geschaffen.

Gott hat Mann und Weib geschaffen, das Weib zum Mehren mit Kindertragen, den Mann zum Nähren und Wehren. Die Welt aber kehrt es um, missbraucht die Weiber zur Unzucht, der Männer Schutz zur Tyrannei. Weibern mangelt es an der Stärke und den Kräften des Leibes, und am Verstande. Den Mangel an Leibeskräften soll man dulden, denn die Männer sollen sie ernähren. Den Mangel am Verstande sollen wir ihnen wünschen, doch ihre Sitten und Weise mit Vernunft tragen, regieren, und ihnen Etwas zu gut halten; wie St. Petrus lehrt: Ihr Männer, wohnt bei euern Weibern mit Vernunft, und gebt dem weibischen, als dem schwächsten Werkzeuge seine Ehre, als Miterben der Gnade des Lebens rc. 1. Pet. 3, 7.

83. Ein Anderes von Weibern, wozu sie geschaffen.

Der heilige Geist lobt die Weiber, als, Judith, Esther, Sara rc. und bei den Heiden sind gelobt Lukretia, Arthemisia. Die Ehe kann ohne Weiber nicht sein, noch die Welt bestehen. Ehelich werden ist eine Arznei für Hurerei, der steuert sie etlicher maßen; denn Fleisch und Blut bleibt für und für seiner Art nach unrein, bis man mit Schaufeln über es herschlägt. Ein Weib ist ein freundlicher, holdseliger und kurzweiliger Gesell des Lebens. Weiber tragen Kinder und ziehen sie auf, regieren das Haus, und teilen ordentlich aus, was ein Mann hinein schafft und erwirbt, dass es zu Rat gehalten und nicht unnütz vertan werde; sondern dass einem Jeglichen gegeben werde, was ihm gebührt. Daher sie auch vom heiligen Geist Hausehren genannt werden, dass sie des Hauses Ehre, Schmuck und Zierde sein sollen. Sie sind geneigt zur Barmherzigkeit, denn sie sind von Gott dazu auch vornehmlich geschaffen, dass sie sollen Kinder tragen, der Männer Lust und Freude und Barmherzigkeit sein.

84. Die größten Leute irren.

Adam hat gefehlt an Kain, denn er meinte, er würde der Mann sein, der dem menschlichen Geschlecht wieder helfen, und der Schlange den Kopf zertreten würde. Isaak fehlte an Esau, Jakob an Ruben, Joseph an Manasse rc. Allen ist's anders gegangen, als sie gemeint haben. Allein Joseph wird genannt ein Sohn, den Jakob in seinem Alter gezeugt, da er doch nach ihm Andere mehr gezeugt hat. Ich halte aber dafür, es wird daher kommen, dass Rahel sagte, da sie sahe, weil er nun alt wäre, er würde hinfort kein Weib mehr nehmen.

85. Kinder stehen am Besten bei Gott.

Der Kinder Glaube und Leben ist am Besten, denn sie haben nur das Wort, daran halten sie sich und geben Gott fein einfältig die Ehre, dass er wahrhaftig sei, und halten für gewiss, was er verheißt und zusagt. Wir alten Narren aber haben das Herzeleid und höllische Feuer, disputieren noch über das lange Wort, welches sie, die Kinderlein, mit reinem Glauben ohne Disputieren schlecht glauben. Wollen wir anders selig werden, so müssen wir uns nach ihrem Exempel allein aufs Wort geben; wie Christus sagt, und mit einem hohen Eide beteuert, da er spricht: Wahrlich, ich sage euch, es sei denn, dass ihr euch umkehrt, und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht in das Himmelreich kommen rc., Matth. 18, 3. Es ist ein Kunststück und eine Lücke des Teufels, dass wir uns vom Wort so liederlich lassen abführen durch andere Geschäfte und Händel, und meinen, es sei mehr an denselben gelegen, als daran, Gottes Wort (darinnen doch alle unsere Wohlfahrt und Seligkeit steht, zeitliche und ewige), zu hören, zu lesen und zu betrachten. Bisweilen geschieht's auch unwissend, dass wir nicht daran gedenken, dass so viel daran gelegen ist. Wir sind fürwahr arme Leute, darum ist's am Besten, nur bald gestorben und verscharrt.

Zu einer anderen Zeit nahm Dr. Luther sein kleines Söhnlein, und sprach zu ihm: Du bist unsers Herrn Gottes Närrchen, hast seine Gnade und Vergebung der Sünden, und bist nicht unter dem Gesetz. Du fürchtest dich nicht, bist sicher und bekümmerst dich um Nichts; wie du es machst, so ist's unverdorben.

86. Weiber sollen nicht das Regiment haben.

Der größten Herren, der Könige und Fürsten Weiber regieren nicht, sondern allein die Männer. Denn Gott sagt zum Weib: Du sollst dem Mann untertan sein rc. 1. Mos. 3, 16. Der Mann hat im Hause das Regiment, er sei denn ein Verbum anomalum, das ist, ein Narr, oder dass er dem Weib aus Liebe einen Gefallen tut, und lässt sie regieren, wie bisweilen der Herr des Knechts Rat folgt. Sonst, und ohne das soll das Weib den Schleier aufsetzen; wie denn ein frommes Weib schuldig ist, ihres Mannes Unfall, Krankheit und Unglück helfen zu tragen, von wegen des bösen Fleisches. Das Gesetz nimmt den Weibern Weisheit und Regierung. Dahin hat S. Paulus, 1. Kor. 7, 10., gesehen, da er spricht: Ich gebiete, ja nicht ich, sondern der Herr, und 1. Timoth. 2, 12.: Ich gestatte einem Weib nicht, dass sie lehre rc.

87. Kinder sind Gottes Gabe.

Martin Luther nahm sein kleines Kindlein zu sich, und spielte mit ihm, und sprach: Ach! wie ein großer Segen Gottes ist das, des die groben Bauern und störrischen Köpfe nicht wert sind! Sie sollten nur Säue haben.

88. Der Mensch ist aus Kot.

Als Dr. Luther gebadet hatte, und an einem Abend nach dem Essen die Hände wusch, sprach er: Wie wird das Wasser so unrein nach dem Bade! Ja, ich hab's vergessen, dass Haut und Fleisch von Dreck gemacht sind; wie die Schrift sagt: Du bist Staub und Asche, o Mensch. 1. Mos. 3. V. 19.

89. Von der Fische Mehrung.

Da Fische auf den Tisch gebracht wurden, redete Dr. Luther viel von göttlicher Kraft und Wirkung in der Schöpfung, dass ein Tier vom Andern komme und gezeugt würde, sonderlich im Wasser und Meer, da ein Fisch viel Tausend bringe und zeuge, wie der Rogen anzeige. So fischt man alle Tage in der Elbe, und sie ist doch voller Fische. Es ist unglaublich, wie sich die Fische mehren und züchten, allermeist im Meer; denn man sagt, dass der Meerstrom bei Antdorf alle vier Wochen eine neue Art von Fischen bringe.

90. Die Jugend bricht hervor

Ein junger Mensch ist wie ein neuer Most, der lässt sich nicht halten, muss gären und übergehen, will sich immer sehen lassen, und Etwas sein vor Andern, kann sich nicht inne halten.

91. Adam hat kein Brot gegessen.

Als man Birnen und Äpfel brachte, sagte Dr. Luther: Wenn Adam nicht gesündigt hätte, so hätte man kein Brot bedürft noch gebraucht, wir hätten nur Obst gebraucht. Da Einer fragte: warum Christus nach der Auferstehung gegessen habe, antwortete er: Christus hat nicht Not oder Hungers halben gegessen, sondern, um damit zu beweisen und zu bezeugen, er sei Christus, und wahrhaftig erstanden.

92. Ein Anderes.

Dr. M. Luthers Söhnlein, der des Vaters Namen hat, hatte ein Hündlein, mit dem er spielte; da das der Vater sah, sprach er: Dieser Knabe predigt Gottes Wort mit der Tat und im Werk, da Gott spricht: Herrscht über die Fische im Meer und Tiere auf Erden, 1. Mos. 18., denn der Hund leidet Alles von dem Kindlein.

93. Gedanken aller Gottlosen.

Diese Gedanken hat der Papst und alle Philosophen: Bin ich fromm, so habe ich einen gnädigen Gott, wo nicht, so ist kein Gott rc. Das heißt sich selber zu Gott machen. Ich aber kann nicht denken, ein Mensch sei bei Sinnen, der es nicht ernstlich dafür hält, dass ein Gott sei, da er doch täglich sieht die Sonne aufgehen rc. Er muss je bisweilen denken und es muss ihm einfallen, ob sie ewig gewesen sei, oder er muss die Augen in Kot hinein stecken, wie die Säue: denn die Kreaturen ansehen und nicht denken, ob Jemand sei, der sie treibe, regiere und erhalte, das ist unglaublich.

94. Ob auch die Sprachen und guten Künste, und andere natürliche Gaben etwas nütze seien zur Theologie, und die Heilige Schrift zu verstehen.

Hierauf antwortete Dr. Luther, da er gefragt ward, und sprach: Ein Messer schneidet besser, denn das Andere; also kann auch Einer, der die Sprachen kann und gute Künste wohl gelernt hat, besser und deutlicher reden und lehren. Dass nun ihrer Viele, wie Erasmus, wohl gelehrt und erfahren sind in Künsten und Sprachen, und doch mit großem Schaden irren, das geschieht gleich also, wie der größere Teil der Waffen zum Töten, Würgen, Beschädigen und Verwunden bereitet und gemacht wird. Darum muss man die Dinge absondern und scheiden vom Missbrauch, gleichwie Hiob unterscheidet, da er zu seinem Weib sagt, da sie sein spottete: Du redest wie Eine von den närrischen Weibern, Hiob 2, 10., welcher Spruch mir allezeit wohlgefallen hat, darum, dass er die Kreaturen vom Missbrauch unterscheidet.

95. Ob auch das Licht der Vernunft zur Theologie diene.

Darauf sprach Dr. Luther: Unterscheide es also! Die Vernunft, die vom Teufel besessen ist, tut großen Schaden in Gottes Sachen, und je größer und geschickter sie ist, desto größeren Schaden tut sie; wie wir an weisen, klugen Weltleuten sehen, die mit ihrer Vernunft mit Gottes Wort nicht übereinstimmen; ja, je verständiger und klüger sie sind, desto mehr und hoffärtiger sind sie wider Gottes Wort. Wenn sie aber vom heiligen Geist erleuchtet wird, so hilft sie beurteilen die Heilige Schrift. Des Gottlosen Zunge lästert Gott; meine aber lobt und preist ihn, und ist doch ein Glied, Instrument und Werkzeug; an Beiden ist's eben eine Zunge, wie vor und nach dem Glauben; und die Zunge an sich selbst, als eine Zunge, hilft Nichts zum Glauben, und doch dient sie ihm, wenn das Herz erleuchtet ist. Also dient die Vernunft dem Glauben auch, dass sie einem Ding nachdenkt, wenn sie erleuchtet ist; aber ohne Glauben hilft die Vernunft gar Nichts, kann es auch nicht, ja, schadet mehr; wie die Zunge ohne Glauben durch sich selbst redet eitel Gotteslästerung. Wenn aber die Vernunft erleuchtet ist, so nimmt sie alle Gedanken aus Gottes Wort, und richtet und lenket dieselben nach ihm. Die Substanz und das Wesen an sich selbst bleibt, wie es geschaffen ist, die Eitelkeit aber und das Böse geht unter, wenn die Vernunft vom heiligen Geist erleuchtet wird.

96. Gott gibt den Gottlosen hier viel Güter, aber den Gottesfürchtigen viel mehr.

Da Dr. Martin Luther einmal einen guten Wein trank, sprach er: Wir glauben nicht, dass unser Herr Gott uns mehr geben werde, denn er sonst den gottlosen Reichen in der Welt gibt, welchen er gibt guten Wein, Getreide, Eier, Hühner, Kapaunen, ja alle Kreaturen. Aber das wahrhaftige Gut, nämlich sich selber, gibt er ihnen nicht; und daher können wir abnehmen und schließen, was er uns werde geben, weil er den Gottlosen und Lästerern, die ihn schänden und schmähen, so große und teure Gaben gibt.

97. Gottes Kreaturen erkennen wir nicht.

Als über Dr. Luthers Tische disputiert ward, wie ein lieblich Ding der Tau wäre, da antwortete Dr. Luther: Ich hätte es nimmermehr geglaubt, wenn nicht die Heilige Schrift den Tau selbst hoch gelobt hatte, da Gott sagt, 5. Mos. 28, 12.: Ich will dir vom Tau des Himmels geben. Ach! Kreatura ist ein schön Ding! Wenn wir sollen Creationem glauben, tum balbutimus et blesi sumus, und sagen Cledo für Credo, wie ein Kindlein spricht, Lemmel für Semmel. Die Worte sind wohl stark, aber das Herz spricht; Cledo; sed per hoc saluamur, quia cupimus credere. Ach! unser Herr Gott weiß wohl, dass wir arme Kindlein sind, wenn wir's nur auch erkennen wollten. Sagen doch die Apostel selbst: Herr, stärke uns den Glauben! Luk. 17, 5. Aber wir sind Alle klüger, denn unser Herr Gott; ja, ich selber bin auch so klug. Wir können es nur verstehen durch den Sohn, d. i. Christus. Das ist alle seine Predigt, dass er spricht: Durch mich! Durch mich! Durch mich! ihr könnt es nicht tun, wenn ihr euch gleich zerrisset. Durch den Sohn werden wir zum Vater gebracht. Darum, wenn wir nur glaubten, dass unser Herr Gott klüger wäre, denn wir, so wäre und schon geholfen.

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Der Flutende Schwaden ist eine Pflanzenart aus der Familie der Süßgräser . Weitere Trivialnamen sind Manna-Schwaden, Entengras und Grütz-Schwaden. Er ist in Europa verbreitet. Die Früchte wurden früher, etwa in Brandenburg und Polen, gesammelt und zur „Schwadengrütze“ oder „Frankfurter Grütze“ verarbeitet, die mit Milch oder Butter hergestellt wurde.
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