Loserth, Johann - Doktor Balthasar Hubmaier und die Anfänge der Wiedertaufe in Mähren - 3. Kapitel.

Loserth, Johann - Doktor Balthasar Hubmaier und die Anfänge der Wiedertaufe in Mähren - 3. Kapitel.

Hubmaier in Schaffhausen. Erfolglose Friedensverhandlungen zwischen Waldshut und der Regierung von Vorderösterreich.

Die Kunde, dass Hubmaier Waldshut verlassen, wurde von Freunden und Gegnern rasch in alle benachbarten Orte getragen1). Der Regierung kam sie sehr ungelegen; sie wünschte ihn für immer unschädlich zu machen. Daher waren ihre Bemühungen in der nächsten Zeit vornehmlich auf seine Gefangennahme gerichtet. „Gar bald,“ schreibt er, „wurden mir Warnungen zugetragen, dass man mich fangen wolle.“ „Ich bin,“ berichtet Veit Suter an seine Regierung in Ober-Elsass, „nach Ew. Gnaden Abfertigung am 3. September um 3 Uhr nachmittags nach Baden (zur Tagsatzung) gekommen und habe denselben Abend mit einigen eidgenössischen Ratsboten heimlich verhandelt, den Doktor Balthasar, so aus Waldshut entlaufen, zu Schaffhausen niederzuwerfen.“ „Des seien sie bereitwillig gewesen.“ Am nächsten Morgen schrieben die Boten der fünf Orte an Schaffhausen: Es verlaute, dass Dr. Balthasar Friedberger, weiland Pfarrer zu Waldshut, sich jetzt in Schaffhausen aufhalte. Man begehre hiermit ernstlich, dass er wegen gewisser Unruhen, die man später angeben werde, sofort verhaftet und im Namen aller Orte bis auf weiteren Bescheid in Verwahrung gehalten werde. Aber ehe noch der Bote nach Schaffhausen gelangte, war der Doktor in die „Freiheit“ gegangen; er hatte nämlich seine Privatwohnung mit der „Freiung“ in dem „zerrütteten Kloster“ vertauscht. „Der Prädikant von Waldshut,“ schreibt der fürstliche Ausschuss zu Schaffhausen an jenen von Radolphzell, „liegt in der Freiung hier in dem zerrütteten Kloster.“ „Wär unser Rat, Ihr tätet gemeinen Eidgenossen gegen Baden schreiben, da die von Konstanz ihnen einen (Prädikanten) gegeben, so möchten sie nun der fürstlichen Durchlaucht auch Hubmaier überlassen.“ „Soll zu Vaden auf dem Tag verhandelt werden.“ In der Tat wurde denen von Schaffhausen geschrieben, sie möchten ihn in der Freiheit wohl verwahren. „Sie haben bei ihren Gemeinden und Oberen das zu erwirken versprochen, ihn aus der Freiheit zu nehmen und der österreichischen Regierung zu überantworten.“

Schaffhausen lehnte das Ansinnen, Hubmaier auszuliefern, ab: „Die Missetaten des Doktors seien ihnen noch nicht bekannt.2)“ Die Boten beschlossen, dies in ihren Abschied aufzunehmen. Noch eine zweite Zuschrift von den acht Orten, ausgenommen Glarus (und Zürich), gelangte nach Schaffhausen. Neuerdings, doch ebenso vergeblich, wurde das Ansinnen gestellt, Hubmaier aus der Freiheit zu nehmen und einzusperren. Schaffhausen sah die Ankunft Hubmaier's, der Kleider und Hausrat aus Waldshut nachkommen ließ, nicht gern, da es Verwicklungen fürchtete. Es hätte daher gern gesehen, wenn sich Hubmaier anders wohin verfügt hätte.

Dieser hatte mittlerweile ein Schreiben an den Stadtrat von Schaffhausen gerichtet: Er sei nur hierher gekommen, um einige Dinge, die ihm zugeführt werden sollten, zu erwarten und sich dann an einem anderen Orte niederzulassen. Gewarnt, dass man ihn fangen wolle, sei er „aus menschlich angeborener Furcht“ in ein Gewahrsam gegangen, bis er wisse, um was es zu tun sei. Er sei bereit, über alle Anforderungen und Anklagen vor dem Rat Rechnung und Recht zu geben. Man möge ihm die Gunst erweisen, ihn bis zu End der Handlung nicht überwältigen und fangen zu lassen.“

Am 8. September meldet der fürstliche Ausschuss von Schaffhausen, die Herren Wolfgang von Homburg und Hans Walther von Laubenburg, an jenen von Radolphzell: Hubmaier liege noch hier im Kloster und habe vor einigen Tagen an den Rat von Schaffhausen das Begehren gestellt, ob sie ihr Sicherheit zu Recht für Gewalt in ihrer Stadt geben wollen. Bisher habe er noch keine Antwort bekommen. Morgen wolle er wieder eine Schrift an den Rat mit dem Begehren stellen, ihm in 6-8 Tagen endgültig zu antworten, ob sie ihm Sicherheit zu Recht geben wollen oder nicht. „Wir tragen Sorge, wenn wir die Verwahrung des Pfaffen begehren, ehe von den Eidgenossen an die von Schaffhausen Schrift und Befehl kommt, dass er gewarnt werde, denn die Mehrheit sei lutherisch.“ Danach lautet auch der Beschluss des fürstlichen Ausschusses zu Radolphzell vom 10. September: „Des Prädikanten halb wollet ganz stillstehen bis auf Botschaft von Eidgenossen.“

In der Tat stellte Hubmaier am 9. September an den Rat die neuerliche Frage, ob er ihm Sicherheit zu Recht geben und halten wolle oder nicht und erbat sich zu einem Religionsgespräch: „Er wolle sich den Eidgenossen mit der heiligen Schrift und göttlichen Wahrheit verantworten.“ „Mag auch derhalben wohl leiden, dass sie den Pfarrer von Luzern, Appenzell, Uri oder Baden mitbringen, so wollen wir das göttliche Wort so hell und klar gegeneinander einlegen und vortragen, dass man selber urteilen wird, welcher bisher recht oder unrecht gelehrt habe. Habe ich Unrecht, so mag man mich strafen, wenn aber die Pfarrer lügen, so soll man sie zur Erkennung ihres Irrsals vermögen, im übrigen aber ungestraft lassen. Dass ich aber so sehr darauf dringe, nicht gefangen oder vergewaltigt zu werden, geschieht nicht etwa aus Furcht, sondern weil ein solcher geistlicher Kampf viel löblicher und tröstlicher ist.3)“ Ein drittes Schreiben beginnt: Ich schicke E. W. die dritte Erbietung, mit der Bitte sie an die gemeinen Eidgenossen, an seine Herrschaft, jetzt zu Zell und an den Bischof von Konstanz zu schicken. Es setzt weitläufig auseinander, warum man ihn hören solle, und sagt dann: „Warum hab ich nun aber eine so lange Vorrede getan? Weil ich als Volksverführer, Aufrührerischer, Lutherischer, Ketzer usw. verrufen und die fromme, ehrsame Stadt Waldshut meiner Lehre wegen hoch und groß verunglimpft ist, was mir in Wahrheit vom Herzen Leid tut. Es möge das in Zukunft niemand tun, da ich erbötig, bereit und willig bin, allen Menschen Rechnung über meine Lehre zu geben, die ich daselbst zwei Jahre hindurch gepredigt habe. Jab ich allda recht gelehrt, warum schmäht man mich, wenn Unrecht, so möge man mit geistlichem Wort mich auf die rechte Bahn weisen. Ich kann als Mensch wohl irren, will aber kein Ketzer sein. Ich bin mir bewusst, dass ich all die zwei Jahre hindurch nicht ein einziges Buchstäbchen gepredigt, das nicht in Gottes Wort begründet ist. Ich erbiete mich hiermit noch weiter, da mich der Notfall dieser meiner Entschuldigung allhier zu Schaffhausen ergriffen, dass ich allda um Gericht will Recht geben und nehmen. Nur solle man weder mir noch der frommen Stadt Waldshut Gewalt antun. Ich bitte daher, weder mich noch andere christliche Lehrer fernerhin dringen und zwingen zu lassen, sondern mich angesichts meiner Gegenpartei, die mich so schädlich verklagt, zu verhören. Sollte aber dies mein Erbieten kein Gehör finden, dessen ich mich nicht einmal von den Türken versehe, sondern durch Gefängnis, Marter, Schwert, Feuer oder Wasser gepeinigt werden oder Gott mir sonst seine Gnade entzöge, dass ich anders spräche als jetzt, so protestiere ich hiermit und bezeuge, dass ich als Christ leiden und sterben will…“4)

Den drei Erbietungen schloss Hubmaier ein Begleitungsschreiben bei, das im Sinne der früheren gehalten ist. Es sei, fügt er noch hinzu, hierbei auch zu bedenken, dass ich nicht der letzte sein werde; man würde weitergreifen, „wenn man das Loch durch den Zaun der Gerechtigkeit mit mir anfänglich gemacht hätte.“ Die löbliche Stadt Schaffhausen hat nun durch etliche Jahre das göttliche Wort in Freuden gehört, jetzt will Gott erproben, was es in uns gewirkt und welche Frucht es trägt.5)

Der Rat von Schaffhausen verweigerte standhaft die von den acht Orten begehrte Auslieferung Hubmaier's. Darüber entstand eine große Erbitterung unter den katholisch gesinnten Eidgenossen. Im Abschied vom 23. September verlangten die acht Orte, indem sie über den Widerspruch von Glarus zur Tagesordnung gingen, mit Ungestüm und in wenig gewählten Worten die Auslieferung Hubmaier's: Jeder Bote wisse, wie man die von Schaffhausen ersucht habe, den Doktor aus der „Freiheit“ entweder wegzunehmen oder wohl zu bewahren und was sie deshalb geantwortet. Darauf wir ihnen wieder geschrieben, man hätte solchen Bescheid nicht erwartet und begehre nochmals, dass sie den Doktor dem (österreichischen) Regenten gegen Ersatz der Kosten ausliefern oder dass sie ihn verhaften; überhaupt mögen sie die Eidgenossen „mehr ansehen, als diese schnöden ketzerischen Pfaffen.“ Schaffhausen rechtfertigte sein Verhalten in einer im Oktober nach Solothurn gerichteten Botschaft: Nicht des Pfaffen halben, an den ihnen nicht so viel gelegen, hätten sie so gehandelt, als vielmehr zur Handhabung ihrer Freiheit und des Herkommens und um sich nicht der Nachrede auszusetzen, sie hätten den Prediger aus Furcht ausgeliefert. Man werde die Eidgenossen wohl höher bedenken, als das Haus Österreich. Auch sei es von jeher Gebrauch, dass man Gefangene nicht aus den Händen gebe. Welches Schicksal Hubmaier ereilt hätte, wofern die Auslieferung erfolgt wäre, darüber konnte nach den bündigen Erklärungen der Regierung zu Ensisheim von 30. September kaum ein Zweifel obwalten. Er selbst war darüber nicht im unklaren. Um sich gegen die von allen Seiten wider ihn erhobenen Anklagen der Ketzerei zu rechtfertigen, schrieb er in der Zelle seiner „Freiung“ im zerrütteten Kloster sein Büchlein: Von Ketzern und ihren Verbrennern.6) Es enthält 36 kurze Artikel. Ketzer ist, wer freventlich wider die heilige Schrift ficht (1) und sie anders auslegt, als es der heilige Geist verlangt (2), die z. B. welche unter „Kirche“ Rom verstehen und uns zwingen, an dies Geschwätz zu glauben. Solche Ketzer sind aus der Schrift mit Sanftmut zu unterweisen (3), denn wenn die Bibel auch von Zorn rede, so ist doch nur das geistige Feuer und der Eifer der Liebe hierunter gemeint (4). Wenn Belehrung nichts fruchtet, sind die Ketzer zu meiden (5). Das Recht, welches Ketzer zum Tode verurteilt, „baut auf Sion in Blut und Jerusalem in Bosheit“ (6). Sie sind dem Gericht Gottes zu überweisen, sei es, dass Gott sie bekehrt oder verhärtet (7); denn er selbst sagt, lasst das Unkraut wachsen usw., (8) und es wird solches geben, bis Christus sagen wird: Sammelt das Unkraut (9). Diese Worte dürfen uns nicht verleiten, müßig zu sein, denn wir haben ohne Unterlass nicht gegen die Menschen, sondern gegen ihre gottlosen Lehren zu kämpfen (10). Wenn es Entzweiungen gibt, sind die schlechten Bischöfe schuld, die da schlafen, während der Feind kommt (11); darum wohl dem Mann, der vor des Bräutigams Kammertür wacht (12). So folgt nun, dass die Ketzermeister die allergrößten Ketzer sind, da sie wider Christi Lehre und Beispiel die Ketzer zum Feuertod verurteilen (13). Christus ist nicht gekommen, dass er „metzge“ (14). Man soll bitten und hoffen um „Bußwirkung,“ so lange als der Mensch in diesem Elend lebt (15) Türken oder Ketzer werden weder durch das Schwert, noch durch das Feuer überwunden, sondern durch Geduld und eifrige Belehrung (16). Wollten wir anders handeln, so würde Gott unser Schwert halten für Spreu und das brennende Feuer für Spott (17). Soviel unseliger und evangelischer Lehre ganz entfremdet ist der ganze Predigerorden, aus dem bisher allein die Ketzermeister gekommen (18); wüssten sie, wes Geistes sie sind, sie würden das göttliche Wort nicht so gänzlich verkehren und nicht so oft schreien: Ins Feuer, ins Feuer (19). Ihre Entschuldigung, dass sie die Gottlosen dem weltlichen Arm überliefern, nützt ihnen nichts, wer so handelt, sündigt noch schwerer (20); denn jeder Christ hat selbst ein Schwert gegen die Gottlosen, das ist das Wort Gottes (21). Der weltliche Arm tötet mit Recht die Boshaften, welche die Wehrlosen am Leben schädigen (22). Christus lehrt: Fürchtet nicht, die den Leib töten, die Seele aber nicht töten können (23.) Die weltliche Gewalt richtet die Boshaften, aber nicht die Gottlosen, die wohl den Leib, nicht aber die Seele töten können (24), denn der Glaube allein, der aus dem evangelischen Brunnen fließt, lebt auch unter den Anfechtungen, und je reicher sie sind, desto größer ist er (25). Dass aber nicht jedermann in der evangelischen Wahrheit unterrichtet ist, daran sind nicht allein die Bischöfe, sondern auch die Gemeinden schuld, die um keinen besseren Hirten Sorge tragen (26), und wo ein Blinder den andern führt fallen beide in die Grube (27). Darum heißt Ketzer verbrennen soviel als Christus zum Schein bekennen, ihn aber in der Tat verleugnen (28). Wenn es nun schon ein großes Laster ist - Ketzer verbrennen - wieviel größer ist es, die Verkündiger der göttlichen Wahrheit ohne Verhör und ohne sie zu überwinden, mit der Wahrheit zu Asche zu verbrennen (29). Darum ist es der größte Betrug des Volkes, falschen Eifer für Gott, das Seelenheil, die Ehre der Kirche usw. ohne Grundlage der Schrift anzuwenden. Tödliche Pfeile sind es, die nicht von der Schrift geleitet sind (30). Es soll der Mensch sich nicht vermessen, besseres tun zu wollen, als Gott durch seinen Mund gesprochen (31), tut er so, so gleicht er Petrus, den Christus Satan genannt hat (32); drum haben Elnathan, Dalaias und Gamarias weislich gehandelt da sie dem König Joachim widersprachen, als er das Buch des Jeremias ins Feuer warf (33); dass aber dann ein besseres Buch verbrannt wurde, war die gerechte Strafe Gottes für das unredliche Verbrennen: „Auf die, welche den Reif fürchten, fällt kalter Schnee“ (34), das Verbrennen irrsäliger und fürwitziger Bücher: Das unschuldige Papier zu verbrennen ist nicht schwer, aber Irrtümer anzeigen, ist eine Kunst (35). Aus alledem muss es auch den Blinden klar sein, dass das Verbrennen der Ketzer vom Teufel erdacht ist (36).

Wie seine Erbietung so sandte er auch diese neue Schrift an seine Freunde und Gönner. Seine Gegner waren indes unausgesetzt tätig, seine Auslieferung durchzusetzen. Eine Gesandtschaft des österreichischen Regiments zu Ensisheim, bestehend aus dem Ritter Wilhelm von Reichenau, Vogt von Horb und dem unermüdlichen Sekretär Suter begehrte auf dem Tage von Frauenfeld (13. Oktober) im Namen des Erzherzogs Ferdinand von den Eidgenossen, dass ihm der Prädikant von Waldshut ausgeliefert werde, da Luther und seine Anhänger von Papst und Kaiser samt den Reichsständen für Ketzer erklärt worden seien. Schon in Regensburg habe dieser Pfaffe Unruhen angestiftet und werde es zweifellos ohne auch zu Schaffhausen versuchen. Übrigens werden es die Eidgenossen wohl wissen, dass Ketzer keine Freiheit hätten. Der Fürst werde mit Hubmaier nichts vornehmen, als was das Recht verlange. Die Eidgenossen erwiderten, sie würden die Sache in Schaffhausen zur Sprache bringen. Gleichzeitig wurde beschlossen, dass Lutheraner, die aus österreichischem Gebiet in die Schweiz geflüchtet seien oder umgekehrt, ausgeliefert werden sollten.

Bei dieser Lage der Dinge mochte sich Hubmaier in seiner Freiung nicht mehr sicher fühlen. Er verließ darum Schaffhausen und kehrte, von einigen vertrauten Freunden begleitet nach Waldshut zurück, wo mittlerweile ein wesentlicher Umschwung in der bis dahin friedlichen Gesinnung der Bewohner eingetreten war. Am 29. Oktober hielt Hubmaier seinen Einzug in die Stadt.

Die Stadt Waldshut hatte gehofft, dass mit Hubmaier's Weggang Ruhe und Frieden in ihre Stadt einkehren würden. Des Evangeliums wegen, meinten sie, würden sie nicht belästigt werden; an ihm hielten sie auch nach Hubmaier's Abgang fest. Neben der Ensisheimer Regierung hatte der fürstliche Ausschuss zu Radolphzell in der Waldshuter Ungelegenheit zu handeln und zu entscheiden. Über die Grundlinien der Verhandlung sprach sich der Erzherzog Ferdinand selbst in einen Schreiben vom 11. September an den Hofrat zu Innsbruck folgendermaßen aus: Die von Waldshut haben ihren Prediger aus der Stadt getan und das Begehren gestellt, dass die Sache gütlich vertragen werden möchte. Wiewohl wir mehr denn einmal unseren Willen kund getan, dass mit der Tat gegen sie gehandelt werde, so ist doch nunmehr, da sie uns um Gnade anflehen, unsere Meinung, dass Ihr unverzüglich dem Regiment in Ensisheim schreibt, dass es in gütlicher Weise die Sache zu Ende bringe, so sie nur unseren Geboten, die nicht anders als christlich und ehrlich sein sollen, nachkommen. Sofern sie sich aber beschwerlich zeigen, dann soll man sich weiter „in keine lange Theding7)“ einlassen, sondern mit tätlicher Handlung fortfahren. Nach der Antwort, welche die Eidgenossen Veit Sutern jüngstens gegeben, glauben wir nicht, dass sie ihnen helfen würden. Am 12. September eröffnete der fürstliche Ausschuss zu Engen den drei Ratsboten, die aus Waldshut erschienen waren, dass sich Waldshut in die Strafe und Gnade Sr. fürstlichen Durchlaucht unbedingt ergeben müsse. Wenn sie sich hierzu bereit erklären, so werden einige Artikel festgestellt werden, in denen die „Misshandlung“ der Stadt Waldshut und ihre Strafe enthalten sein werden.

Danach fanden die Entschuldigungen und Bitten von Waldshut kein geneigtes Gehör, und die Ensisheimer Regierung berichtet an Freiburg: Die fürstliche Durchlaucht sei entschlossen, die von Waldshut „wegen ihres merklichen Verrates und Ungehorsams“ nicht allein aus unserer Regierung, sondern auch aus ihren anderen Fürstentümern zu Fuß und Ross zu überziehen. Freiburg habe hierzu 175 Mann zu Fuß zu stellen. Der fürstliche Ausschuss zu Engen meldete einige Tage später nach Innsbruck: Die von Waldshut hätten seit ihrem jüngsten Abschied von uns zu Zell wieder drei Boten geschickt und um Rat gefragt, wie sie in diesen Sachen sich vor dem Verderben zu schützen vermöchten und angezeigt, dass der ihnen zuletzt gegebene Bescheid beschwerlich und unleidlich sei. Wir haben ihnen indes im wesentlichen keine andere Antwort geben können. Sie baten, ihnen in Ansehung ihrer dem Hause Österreich so oft geleisteten Dienste eine Milderung zu verschaffen. Sie seien nur jetzt der Verführung des arglistigen Pfaffen unterlegen; denn dieser habe gleich vom Anfang die ganze Gemeinde dermaßen an sich gezogen, dass die von Rat und der Ehrbarkeit dagegen nicht aufkamen. Sie wollen in Zukunft gehorsam sein. Die Strafe möge ihnen an Leib oder an Gut „bürgerlich“ zugemessen werden. Dafür würden sie auch in Zukunft den Staat gegen die Schweizer verteidigen. Der Ausschuss hielt diese Erklärungen zwar „in keinem Weg für genügend,“ versprach aber, sich für sie bei der Regierung in Ensisheim zu verwenden und ihnen die Sache zum besten handeln zu helfen.

Am 17. September sandte der Rat von Waldshut ein Schreiben an den Ausschuss zu Engen: Man habe, den fürstlichen Mandaten entsprechend, den Doktor „weggetan“, der ganze Streit gehe allein um das Wort Gottes, das ihrer Meinung nach in Waldshut unverfälscht gepredigt werde. Hieraus erwachse dem löblichen Haus Österreich kein Schaden oder Nachteil. Die Waldshuter bitten, von strengem Vorhaben gegen sie abzustehen, ihnen zu Frieden und Einigkeit zu helfen und der Dienste zu gedenken. die ihre Altvordern und sie selbst dem Hause Österreich in vielen Kriegsnöten und „anderen zufallenden Händeln,“ zumal im letzten und den früheren Schweizerkriegen geleistet. Sollten sie aber wider Verhoffen gegen den Fürsten gefehlt haben, so wollen sie in Zukunft umso gehorsamer sein. Wenn der Ausschuss auf dem vorgeschlagenen Mittel bestehe, so mögen ihnen die Artikel, in denen sie sich versündigt, und ein Tag „an gelegener Malstatt“ angesetzt werden, wo sie „samt etlichen befreundeten Städten, die sie als Mitbitter und Tädinger8) mitbringen,“ in ihrer Sache und wie sie sich in des Fürsten Strafe ergeben sollen, verhandeln könnten. Der Ausschuss von Engen empfahl der vorderösterreichischen Regierung zu Ensisheim, keine „tätliche“ Strafe anzuwenden. Man möge bedenken, welcher Schaden dem Fürsten erwachse, wenn sein „eigen“ Stadt, so ein Art Flecken ist, zerrissen werden soll. Er habe ihnen auf den nächsten Freitag (23. September) einen Tag nach Laufenburg angesetzt, dort mögen sie samt ihren Freunden erscheinen, und dort werde er in Gemeinschaft mit der Regierung in Ensisheim und jener in Stuttgart Wege und Mittel vornehmen, „in was für Gestalt sie sich in F. D. Strafe ergeben sollen.“

In diesem Sinn lassen sich auch Statthalter und Hofrat zu Innsbruck vernehmen. Wenn man mit der Tat gegen Waldshut vorginge, so sei zu besorgen, „dieweil sich nach Beschluss der Stühlingischen Bauern solche Irrung ergeben, es möchte hierin ein mehreres vorfallen“ und wenn dann die Stadt in die Hand anderer Potentaten gelangt sei, so möge man ermessen, welche Summen die Wiedereroberung kosten würde.

Auch die österreichische Regierung in Stuttgart hielt es für nützlicher, statt mit strenger Tat zu strafen, denen von Waldshut mit anderen Mitteln und Wegen beizukommen. Die Hoffnungen, die auf den Laufenburger Tag gesetzt wurden, gingen nicht in Erfüllung. Er dürfte auch nur von den oberen Rheinstädten und dem Schwarzwald besucht gewesen sein. Wahrscheinlich wurden die Verhandlungen statt in Laufenburg in Engen selbst und zwar am 24. September in Angriff genommen. Am 23. bekundet der Ausschuss noch die besten Hoffnungen, „sie in die Straf, damit die Tat gegen sie vorzunehmen, verhütet werden möchte, zu bewegen. Denn wahrlich, als uns allenthalben die Läuf ansehen, so ist dieser Zeit alle Möglichkeit fürzukehren, damit Krieg, Aufruhr und Unfrieden umgangen werde“. In Engen fanden sich außer den Waldshuter Boten auch Gesandte von Laufenburg, Säckingen, Rheinfelden und dem Schwarzwald ein. Die Boten aus Breisach, Freiburg und Neuenburg, welche die Waldshuter auch gern bei den Verhandlungen gesehen hätten, konnten wegen der Kürze der Zeit nicht mehr geladen werden.

Von Seite der Regierung waren Vertreter aller drei Regimenter - von Ensisheim, Stuttgart und Innsbruck - anwesend. Noch am 26. September hegten die Waldshuter, deren Botschaft noch nicht „anheimsch“ gekommen war, die Erwartung, dass die Sache zu einem guten Ende kommen werde, und baten die Freiburger, die ihnen bisher nicht freundlich gesinnt gewesen, um ihre Fürsprache, „damit wir zu Fried und Ruh kommen können.“ An demselben Tag befiehlt der Erzherzog Ferdinand der vorderösterreichischen Regierung, in Anbetracht der großen Kosten, die mit der tätlichen Handlung laufen und welche die Kammer Unvermögens halber schwerlich werde aufbringen können, Alles zu verhüten; und damit die von Waldshut wegen der von ihren Vorvordern geleisteten treuen Dienste etwas fruchtbarlich genießen, wollen wir aus fürstlicher Güte zulassen, dass man sie in unsere Gnade und Ungnade aufnehme, also dass wir, wo wir viel oder wenig strafen wollen, diese Strafe bürgerlich an Leib und Gut bemessen. Nach einer aus Innsbruck erflossenen Weisung des Inhalts, dass man sich „nicht zu weit in der gütlichen Handlung einlassen solle, wenn die von Waldshut die vorgeschlagenen gütlichen Mittel nicht annehmen, damit F. D. nichts begeben oder entzogen werde“, ging die Regierung streng, wie sich später herausstellte, allzustreng vor. Sie kam daher einige Monate später in die Lage, die allgemeine Ansicht, als haben ihre Drohungen den gütlichen Austrag verhindert, bekämpfen zu müssen. Dass es aber an terroristischen Mitteln, Waldshut einzuschüchtern, nicht gefehlt hat, sieht man am besten aus der Wahrhaftigen Entschuldigung und Klag' gemeiner Stadt Waldshut. Als der Doktor, schreiben die Waldshuter, von uns weggegangen, schickten wir unsere Ratsboten nach Engen zu den Herren der drei Regimenter Innsbruck, Stuttgart und Ensisheim und meldeten, dass wir den Doktor „von mehreren Friedens wegen“ hätten ziehen lassen; wir wollten auch als fromme Waldshuter wie bisher Leib und Leben, Gut und Blut dem löblichen Haus Österreich darbieten und baten, die gnädigen Herren vom Regiment möchten die von Sr. F. D. gefasste Ungnade wider uns abstellen. Da fing aber erst die rechte Drohung an. Hans Imer sagte uns ins Gesicht: Er wolle weder das Beste noch das Böseste dazu tun; man werde uns strafen, anders dürften wir nicht gedenken. Und insonderheit griff der Graf Rudolf von Sulz unseren Ratsfreund Hans Jakob Bellinger mit den Worten an: Bellinger, Bellinger, wärst du dem Fürsten gehorsam gewesen, stünde es um Dich und Deine Kinder besser. Wie hast Du Dich doch von dem Ketzer verführen lassen, diesen ketzerischen Glauben anzunehmen? Darauf sagte Bellinger: Ich hab' keinen ketzerischen Glauben. Was für einen Glauben hast Du denn? Gnädiger Herr, ich glaube an Gott. Ei, Du glaubst an den Teufel. Wärst Du dem Fürsten gehorsam gewesen, wie so mancher andere Biedermann, so wäre es dazu nicht gekommen. Wir kennen Dich und Deinesgleichen gar wohl. Du musst der Erste sein, dem man den „Grind“ abhaut, Junghans der Zweite und Ambros der Dritte. Potz Marter, wir wollen auch die Weiber zu Tod schlagen, wenn wir hineinkommen. Wir wollen das Unkraut mit der Wurzel ausreuten und Euch das Evangelium um die Ohren bläuen, dass Ihr die Hände über den Kopf zusammenschlagen werdet. Wir werden Euch dermaßen strafen, dass Ihr den Leuten der Lutherischen Sekte zum Exempel dienen sollt. Solche Übeltäter muss man vernichten. Du bist ein Meineidiger am Fürsten, Du und Deinesgleichen. Du hast seine Mandate nicht gehalten.

Ich bin kein Übeltäter, sagte Hans Jakob. Bin ich aber einer, so gibt mir mein Recht, denn dazu habt ihr das Schwert an der Seite. Auf das erwiderte Graf Rudolf: Donner, Potz Marter, Du bist einer. Ich will nun hineingehen zum Herrn und ihm das anzeigen. Dann hat man die Boten von Laufenburg, Säckingen und Rheinfelden hineingefordert und mit ihnen ich weiß nicht was verhandelt. Und nachdem sie wieder herausgekommen, sagte Russler von Säckingen zu Bellinger: O Hans Jakob, hast Du den Statthalter erzürnt. Lass es Dir nur nicht anders sein, als Du habest den Fürsten selber erzürnt. Du hast gar ungnädige Herren. Tue eins: denke an Weib und Kind. Wir hoffen, die Sache soll noch gut werden. So wir jetzt vor die Regierung kommen, falle nieder auf Deine Knie und bitte um Gotteswillen, Dir zu verzeihen. Du habest geirrt und seist verführt worden. Darauf Bellinger: Herr Schultheiß, das wolle Gott nicht, dass ich dieses tue; eher lasse ich mir den Grind abhauen. Ich bin nicht verführt worden, ich würde vor ihm auch keineswegs niederfallen; man soll nur vor Gott niederfallen.

Es sind uns noch viele andere Mittel vorgeschlagen worden, die aber uns und unseren Kindern abträglich waren, daher haben wir mehrmals Recht geboten vor den gemeinen Reichsstädten und haben ohne Unterlass gerufen: Recht, Recht, Recht. Man hat uns geantwortet: Das Recht ist der Fürst. Was gehen den die Reichsstädte an. Überdies wurde uns von dem Grafen Rudolf von Sulz und anderen merklich gedroht, wie man uns mit Feuer und anderen Gefährlichkeiten beikommen wolle.

Die letztgenannten Drohungen fallen schon in eine spätere Zeit; zu den ersteren aber hatte das Regiment keinen Auftrag.

Auch die Fürsprache der Stadt Zürich für das „um seines Glaubens willen“ bedrängte Waldshut blieb ganz erfolglos. Zürich hatte nämlich seinen Stadtschreiber und Spittelmeister nach Engen mit der Bitte und dem Begehren gesandt, sie, die von Waldshut, außerhalb einiger Tat oder Überzugs aufzunehmen. Was sie (die Züricher) alsdann Gutes darin handeln oder „thadigen9)“ könnten, wollten sie als gute Nachbarn gerne tun. Sie wünschten keinen Krieg in ihrer Nähe, damit keine Teuerung entstehe und die, „so bei und umb uns gesessen seien, nicht verderbt würden.“

Die Antwort des Ausschusses lautete kühl genug: „Gestalt der Handlung, wie es jetzo mit Waldshut durch ihr Ansuchen steht, ist einige Unterhandlung unnütz. Dazu sei es unsere Gelegenheit nicht, Jemand darin tedigen10) zu lassen, haben dazu auch keinen Befehl.“ Statthalter und Hofrat zu Innsbruck sprachen hierauf die Hoffnung aus: „Zürich werde sich der Sache nit beladen.“ Diese Werbung sei wider der Eidgenossen jüngst gegebenen Abschied und das Erbieten, nit allein F. D. nit zu hindern, damit ihre Ungehorsamen zum Gehorsam gebracht, sondern den Ihrigen nit zu gestatten, einige Hilfe oder Beistand zu tun.“ Täten sie das doch, so wäre dies gegen die beiderseits „aufgerichtete Erbeinigung“.

Bald erhielten die Züricher die Botschaft, „dass die Handlung gegen Waldshut nicht nur nicht gemildert werde, sondern ein kriegerischer Überzug zu besorgen und vielleicht schon vor Augen sei“. Sie wendeten sich „daher an ihren lieben Bürger“, den vorderösterreichischen Statthalter Grafen Rudolf von Sulz, er möge all seinen Einfluss ausüben, um „solchem zuvorzukommen“ und diesen Handel, dieweil es von Gotteswort und Verkündigung des Evangeliums entspringt, abzuhalten und den guten Leuten von Waldshut, sollten sie sich in etwas vergangen haben, eine bürgerliche Strafe gnädig aufzulegen oder nach ihrem Erbieten ihre Sache von unparteiischen Richtern entscheiden zu lassen. An demselben Tage, an welchem Zürich dies Schreiben absandte (27. September), ward auch schon der Anschlag zum Zug gegen Waldshut festgestellt. „Die Eidgenossen wurden um den Pass auf dem Rhein ersucht.“ Am 19. Oktober sollten die einzelnen Kontingente vor Waldshut erscheinen. Dieses musste sich somit entweder bedingungslos unterwerfen, oder zur Gegenwehr rüsten. Es wählte das Letztere. So gut es ging, wurden die Befestigungswerke der Stadt instand gesetzt und aus der Nachbarschaft Söldner in den Dienst genommen.

Der wiederholten Bitte, die Waldshut an Freiburg stellte, es möchte „Hilfe und Förderung“ bieten, damit sie zu Gnaden kommen möchten, kam Freiburg nur zögernd nach. Doch stellte es noch am 28. September die Frage an die Regierung, ob es nicht besser wäre, wenn die Sache mit leidlicher Strafe und Maße, dadurch der Überzug vermieden werden könnte, beigelegt würde.“ Am meisten verdross die Regierung der von den Waldshutern erhobene und von den Zürichern aufgenommene Vorwurf, als ob alle diese Irrungen nur wegen des Evangeliums über Waldshut kämen. Sie sprach sich in dem Antwortschreiben an Freiburg hierüber mit aller Deutlichkeit aus: Die Leute von Waldshut bilden sich, über ihren früheren Trotz noch hinausgehend, ein, „dass alle Ungnade, so ihnen erwachsen, aus der Verkündigung des göttlichen Wortes herfließe und sie sonst keine andere Ursache und Verschuldigung des Ungehorsams auf sich wüssten: als ob die F. D. und wir Unterdrücker und Verfolger des Wortes Gottes wären, während wir doch keine Mühe scheuen, um die bübischen und ketzerischen Pfaffen, Verkehrer des Wortes Gottes und Volksverführer, unter denen der Doktor zu Waldshut der Vornehmsten einer ist, zu strafen und wegzuwerfen.“ Aus dem Schreiben der Waldshuter gehe hervor, dass sie recht gehandelt zu haben und daher unsträflich zu sein vermeinen. Wollen die Freiburger, sei es allein oder in Gemeinschaft mit anderen Städten, die von Waldshut „wegen ihrer merklichen Überhebung, begangenen Misshandlung und freventlichen Ungehorsams zu einer ansehnlichen, dem Fürsten genügend scheinenden Strafe bewegen, die anderen Untertanen zum „Exempel dienen“ könnte, so möge immerhin derart gehandelt werden. Das Schreiben der Waldshuter gewähre freilich keine Aussicht auf Erfolg.

An demselben Tage erhielten auch die Züricher die Antwort: Zürich selbst könne ermessen, dass es ihnen keine Freude mache, die Ihrigen, welche sich so lange gehorsam gehalten, zu verderben. Darum haben sie, ihr mutwilliges Treiben übersehend, sich mit einer bürgerlichen Strafe begnügen wollen, ihnen dies mehrfach angezeigt und auch Termine für die Annahme derselben gesetzt. Die Waldshuter hätten aber auf ihrer bösen Meinung verharrt, dass sie keine Strafe verschuldet. In Anbetracht der Bitten der anderen drei Städte am Rhein (Rheinfelden, Säckingen und Laufenburg) und „ob dem Walde“ und ihrer früher bewiesenen Treue habe man eingewilligt, dass sie bis nächsten Sonntag (2. Oktober) sich über folgende Artikel erklären: 1. sie sollten am Leben gesichert sein, 2. sofern F. D. ihren Ungehorsam viel oder wenig bestrafen wollen, werde sie die Strafe mit Recht an gebührlichen Landgerichten erkennen und vollziehen lassen. 3. Nehmen sie diese Mittel an, so sollen die drei Städte Waldshut sofort mit 200 Mann besetzen. Nehmen sie den Vorschlag nicht an, so könne Zürich selbst ermessen, dass solcher Übermut nicht ungestraft bleiben dürfe.

Den Wunsch der Regierung, Waldshut zur Annahme einer Strafe zu bewegen, erfüllte Freiburg, indem es am 3. Oktober ein Schreiben mit den eindringlichsten Mahnungen nach Waldshut sandte: Es möge der Vermittlung der drei Städte und der vom Walde gütlich folgen. „Vorab sollt ihr Euch der lutherischen Pfaffen und ihrer verführerischen ketzerischen Lehre entschlagen. Wenn Ihr sagt, Ihr habt nichts getan, als Gottes Wort verkündigen lassen: das wird Euch bei Sr. F. D. weder gnädigen noch guten Willen bringen „in Ansehung, dass Euch Euer Pfaff weit abgeführt und es ohne Erlaubnis der Obrigkeit gewagt hat, Euch in den verdammten hussischen, ketzerischen Glauben zu bringen.“ Redet nicht immer von den Worten und Geschriften; dazu habt Ihr kein Recht. Soll es denn in unserem heiligen Glauben also gelten, dass wir jedem ausgelaufenen vertriebenen Pfaffen die Erlaubnis geben, die heilige Schrift nach seinem Gefallen auszulegen und der alten und heiligen Konzilien Beschlüsse abzutreiben? Dann müssten wir Tag für Tag ein neues zu Handen nehmen und könnten nicht sagen, dass wir einen beständigen christlichen Glauben haben.“ Ähnlich ließ sich die Stadt Breisach vernehmen. Auf die Vorwürfe wegen des ketzerischen hussischen Glaubens antwortete Waldshut im folgenden Jahre: „Wir werden ketzerisch gescholten und für hussisch gehalten, wie uns unsere Nachbarn zu Freiburg und Breisach jüngstens gemahnt, wir sollen von der ketzerischen und hussischen Lehre abstehen; sonst könnten sie uns nicht helfen. Wir bitten Euch, uns anzuzeigen, welche ketzerischen und hussischen Lehren wir halten. Tut das durch Eure Hochschulen, Eure Gelehrten oder durch Euch selbst. Erst dann strafet uns freundlich und brüderlich. Schicket uns zwei gelehrte bibelfeste Leute, die wollen wir mit Freuden hören und annehmen. Mit Eurem Geld und Notschlangen11) werdet Ihr uns nicht zum Glauben bringen; denn der Glaube ist im Herzen und kann weder durch Karthaunen12) noch durch Notschlangen bezwungen werden. Unsere Pfaffen sind nicht lutherisch; da sie zu Konstanz Pfaffen geworden, hat man ihnen nicht die lutherische oder hussische Lehre befohlen, sondern dass sie das Evangelium pur, klar und lauter ohne alle Vermischung predigen.“ Das erbieten sie sich zu Recht auf offener Kanzel gegen euch und alle euren hohen Schulen.

Waldshut nahm das Ultimatum der Regierung nicht an. Am 3. Oktober meldet die Regierung zu Ensisheim an Freiburg: „Wir verkündigen Euch, dass uns gestern Nachts von den drei Städten, dem Vogt und Geschworenen des Steins Rheinfelden und Einigungsmeistern auf dem Schwarzwald geschrieben worden ist, dass sich die von Waldshut auf ihre Unterhandlung nichts begeben, sondern in ihrer Veracht und Ungehorsame zu bestehen vermeinen wollen.“ Deshalb will es der F. D. und unser aller Notdurft erfordern, dass sie überzogen, gestraft und wiederum zum Gehorsam gebracht werden. So schien es denn schon in den nächsten Tagen zu einem blutigen Austrag der Streitsache kommen zu sollen.

1)
Auch Waldshut hatte ein Interesse, dass sein guter Wille, eine Verständigung zu erzielen, bald Anerkennung finde. Schon am 11. September hatte der Erzherzog Ferdinand Kunde hiervon.
2)
Darauf ging eine Schrift von den 8 Orten (ausgenommen Glarus) an Schaffhausen. ab, worauf dieses unter dem 27. Oktober ein Dankschreiben an Glarus richtet.
3)
Original im Stadtarchiv zu Schaffhausen, Copie in der v. Beck'schen Sammlung. Eine ernstliche Christliche erbietung an einen ersamen Rat zu Schaffhusen, durch doctor Baldazar Hubmör don Fridberg Pfarren ze Walshut beschehen. Die Warheit ist ontödtlich. o. D. (Basel. Th. Wolff) 1524. 4. 6. BU. Haller Schweiz. Biblioth. III S. 85, Panzer 1907 (irrtümlich 1523 gesetzt). Weller 2916. In der Universitätsbibl. zu Basel. Stadtbibl. Zürich (E, II, 444) und Hofbibl. zu Wien. Auszüge in Kirchhofer, Schaffhausener Jahrbücher I, 49, Schreiber's, Taschenbuch 1839, I, 56-60, Leonhardt Meyer, löblicher Statt Schaffhausen, Reformation 1656, S. 95,
4)
Ich benütze die Beck'sche Abschrift aus dem Druck der Züricher Stadtbibliothek und eine Abschrift aus der Schleiß'schen Sammlung II, 5-10 in Schaffhausen.
5)
Original im Stadtarchiv zu Schaffhausen
6)
Von Ketzern und iren verbrennern vergleichung der geschriften zesamengezogen durch doctor Balthazarem Friedbergern pharrern zu Waldßhut zu gefallen bruder Anthonin vicarin zu Costanz dem außerlesns thorwächter on ain Pusaunen. Die warhait ist untödtlich. Anno M. D. 24. Jar. Das Titelblatt ist von einer rohen Holzschnittborte umgeben. Druck und Papier der 4 Bll. fassenden Schrift sind herzlich schlecht. Copie nach dem Originaldrucke (Basler Kirchenbibl. K. VI, II, B. [Schweiz. Schriften, tom. XXXV, Kirchengeschichte Nr. 9]) in der v. Beck'schen Sammlung.
7)
Verhandlung, Getue
8)
Zeugen
9)
tun
10)
zeugen
11)
16-pfündige Feldschlange, Geschütz
12)
Vorderlader-Geschütz
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