Körber, Emil - Das große Abendmahl.

Körber, Emil - Das große Abendmahl.

(30. Juli 1871.)

Text: Luk. 14,16-24.
Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl, und lud Viele dazu. Und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist Alles bereit. Und sie fingen an Alle nach einander sich zu entschuldigen. Der Erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft, und muss hinaus gehen, und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der andere sprach: Ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. Und der dritte sprach: Ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen. Und der Knecht kam, und sagte das seinem Herrn wieder. Da ward der Hausherr zornig, und sprach zu seinem Knechte: Gehe aus bald auf die Straßen und Gassen der Stadt, und führe die Armen, und Krüppel, und Lahmen, und Blinden herein. Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. Und der Herr sprach zu dem Knechte: Gehe aus auf die Landstraßen, und an die Zäune, und nötige sie herein zu kommen, auf dass mein Haus voll werde. Ich sage euch aber, dass der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken wird.

Es ist doch etwas Liebliches und Seliges um das Christentum! So müssen wir unwillkürlich ausrufen, wenn wir unsere Textesworte mit Aufmerksamkeit und Nachdenken gelesen und angehört haben. Das Reich Gottes wird ja nicht verglichen mit einem Gefängnis und Kerker, da alle freie Bewegung gehemmt ist, da die Lebensluft und das Lebenslicht nur spärlich zugeteilt wird, und man etwa mit Wasser und Brot sich begnügen muss. Auch wird das Reich Gottes nicht verglichen einer Einöde und Wüste, da kein Wachstum und Gedeihen sich findet, da man Hunger und Durst leidet und von der Sonne gepeinigt wird, da kein Baum Schatten bietet und kein Quell den Sand durchdringt. O nein, das gerade Gegenteil von dem Allen! „Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud Viele dazu.“ Also ist das Reich Gottes gleich einem großen Gastmahl, da die Gäste sich lagern in einem herrlichen Saale, wo Kühlungen sie sanft umschatten, wo die Tische voll und schwer beladen sind und kein Mangel an Speise und Trank ist, und Friede umschlingt alle Geladenen, und Freude durchdringt alle Herzen, der Mund ist fröhlich und heiter und das Ange glänzt von Wonne. Also ist das Reich unseres Gottes, das Reich unseres Heilandes. Aber es ist auch ein heiliger Ernst bei dem Christentum. Es gilt entweder für oder wider Christum! Wer da glaubt, ist selig, wer nicht glaubt, wird verdammt. Als der Knecht kam und sagte es seinem Herrn, dass die Gäste nicht kommen wollten, da ward der Hausherr zornig. wehe dem, über welchen der Zorn Gottes und des Lammes entbrennt! Und wie ernst lautet der Schluss unseres Textes: Ich sage euch aber, dass der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken wird. Diesen Gedanken wollen wir noch weiter nachgehen in dieser stillen Stunde und mit einander reden

von dem großen Abendmahl des Neuen Bundes,

und zwar

  1. vom Mahl und den Geladenen,
  2. vom Hausherrn und vom Knecht.

O Heiland Jesus Christus, du Gottes Sohn und Menschensohn! Habe Dank, dass du, ein Mahl bereitet hast uns armen Menschenkindern durch die Erlösung und Versöhnung der ganzen Welt, so geschehen ist auf Golgatha. Dein Blut, o Herr Jesu, sei unser einziger Trost, unsere einzige Kraft im Leben, Leiden und Sterben. O sieh uns an, du großer Gott und Heiland der Sünder; sieh an dies ganze Volk, diese teure Gemeinde, die in deinem Hause versammelt ist. Wir gehören Alle zu den Geladenen; aber wie Wenige haben deine Einladung wirklich angenommen! O so nimm uns doch und setze du selbst uns an deinen Gnadentisch, dass wir uns freuen und fröhlich seien unser Lebenlang. Lass von uns Keines verloren gehen und von uns Allen das Wort gelten: selig sind, die zum Abendmahl des Lammes berufen sind! Amen.

Wir reden mit einander vom großen Abendmahl des Neuen Bundes und betrachten

I. Das Mahl und die Geladenen.

„Es war ein Mensch, der machte ein groß Abendmahl und lud Viele dazu und sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: kommt, denn es ist Alles bereit.“ Der Mensch, von dem im Gleichnisse die Rede ist, dass er ein groß Abendmahl machte, ist Gott der Vater, der in Christo ein Reich der Gnade und des Friedens auf unserer armen Erde gestiftet hat. Die Stunde des Abendmahls ist die Zeit des Neuen Bundes, die angenehme Zeit, der Tag des Heils, ist heute. Der Knecht, den Gott der Vater aussendet, ist vor allem sein lieber Sohn; nachdem aber Christus durch Leiden und Sterben in die Herrlichkeit eingegangen ist, ist unter dem Knechte zu verstehen die Schar der gläubigen, treuen Prediger des Evangeliums, die Botschafter sind an Christi Statt, die im Namen Jesu bitten: lasst euch versöhnen mit Gott! Die Geladenen sind alle Menschen, sind wir. Was ich im Anfang gesagt habe, das muss ich noch einmal sagen: Fürwahr, es ist etwas Liebliches und Seliges um das Christentum. Wie freundlich, wie anziehend und lockend, wie angenehm und lieblich ist das Bild, unter dem das Reich Christi dargestellt wird! Es sind keine dunkeln und schwarzen Trauerfarben, keine schwermütigen Trauergewänder, in welche das Reich der Gnade eingehüllt ist; sondern Christi Reich geht einher im hellen, lichten Freudengewand, im Hochzeitskleid.

Da ist Freude, da ist Weide,
Da ist Manna und ein ewiges Hosianna.

Ja das Reich unseres Gottes und Heilandes ist gleich einem Gastmahl, da man heiter und fröhlich ist, wohl aufgelegt und guter Dinge. In den Herzen der Gäste steht geschrieben und über ihre Lippen fließt das Lob- und Danklied; Lobe den Herrn, meine Seele, und was in mir ist, seinen heiligen Namen; lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat, der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine Gebrechen, der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit. Und durch die Hallen des Festsaals hört man das Harfenspiel und den Saitenklang: Gebt unserem Gott allein die Ehre! Lob und Preis und Ehre und Anbetung sei unserem Gott und dem Lamm. Das Lamm, das geschlachtet ist, ist würdig zu nehmen Anbetung und Ruhm von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Rühmet, ihr Menschen, den hohen Namen
Des, der so große Wunder tut!
Alles, was Odem hat, rufe Amen
Und bringe Lob mit frohem Mut.
Ihr Kinder Gottes, lobt und preist
Vater und Sohn und heiligen Geist!
Halleluja!

Aber beim Abendmahl des Neuen Bundes sind wir nicht bloß fröhlich; wir singen und spielen nicht bloß unserem Gott, sondern wir dürfen auch essen und trinken zur Genüge, dass wir satt werden. Selig sind, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden. Der Tisch Gottes ist voll und reich gedeckt, nicht zum Hungersterben. Es sind herrliche Genüsse, aber keine Freuden dieser Welt, keine Lüste des Fleisches, keine sinnlichen Wollüste, sondern geistliche Genüsse sind im Reich der Gnade zu finden: Gerechtigkeit, Friede und Freude im heiligen Geist. Wir dürfen schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist; wir dürfen kosten die Kräfte der zukünftigen Welt und genießen den seligen Umgang des Glaubens und der Liebe mit dem Herrn Jesus durch das Gebet. Auch sind nicht etwa lauter Süßigkeiten und Zuckerbrot auf der Tafel unseres Gottes zu finden; o nein, es ist eine gesunde Speise, ein gesunder Trank, eine edle kernhafte Nahrung, so dass Leib und Seele genesen kann. Da ist das Brot des Lebens, von dem der Heiland sagt: Ich bin das Brot des Lebens, das vom Himmel gekommen ist und gibt der Welt das Leben. Wer zu mir kommt, den wird nicht hungern; und wer an mich glaubt, den wird nimmermehr dürsten. Da ist das Wasser des Lebens, welches ist der heilige Geist, von dem Jesus spricht: Wer das Wasser trinken wird, das ich ihm gebe, den wird ewiglich nicht dürsten; sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, das wird in ihm ein Brunnen des Wassers werden, das in das ewige Leben quillt. Da ist die lautere, ungefälschte Milch, welche ist das göttliche Wort, das eine Kraft Gottes und Weisheit Gottes ist, und unsere Seelen selig machen kann.

O die Tafel unseres Gottes ist reich, überreich gedeckt! Und bedenkt wohl, ihr Lieben: das Mahl unsres Herrn und Heilandes ist ein großes Abendmahl, ein großes, umfangreiches Festmahl; es umfasst und umspannt die ganze Welt, die Plätze im Hause unseres Gottes sind nicht zu zählen. Die Gäste sind aus allen Völkern und Zungen und Sprachen und Nationen. Unser Gott hat ein großes und weites Herz; er will nicht den Tod des Sünders, sondern, dass er sich bekehre und lebe. Gott will, dass allen Menschen geholfen werde, dass sich Jedermann zur Buße kehre. Alle sind geladen.

Darum sandte er seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, zu sagen den Geladenen: Kommt, denn es ist Alles bereit. Liebe Seelen, heute ist die Stunde des Abendmahls, heute ist die angenehme Zeit, heute ist der Tag des Heils. Heute sendet Gott überall seine Knechte aus, heute darf auch ich euch einladen und bitten, als Botschafter an Christi Statt: Lasst euch versöhnen mit Gott! kommt, kommt zum großen Abendmahl des Lammes, es ist Alles bereit! Die ihr Jesum schon liebt und kennet aus Erfahrung, kommt aufs neue zum Tisch unseres Gottes, esst und trinkt zur Genüge! Lasst euch durch die Predigt des Wortes gründen im Glauben, erbauen in der Liebe, wurzeln in der Hoffnung, dass ihr werdet eine Behausung Gottes im Geist; lasst euch ermuntern zu einem echten Christenwandel, würdig des Evangeliums, zu einem gottseligen Leben in Christo Jesu; lasst euch abwaschen von euren Sünden im Blute des Lammes, lasst euch reinigen, heiligen, vollbereiten, stärken, kräftigen, gründen. Und ihr, die ihr Jesum noch nicht liebt und kennt - ach solche Leute sind noch viele unter uns, wir wollen uns ja nicht täuschen und selbst betrügen; viele sind, die den Herrn kennen mit dem Kopfe, aber ihr Herz ist fern von ihm - ach wie lange wollt ihr ferne sein? Ihr seid gewohnheitsmäßig, weil es so Sitte und Brauch ist, ins Haus Gottes gekommen; aber das ist nicht genug, ihr müsst zum Herzen Gottes kommen! O so kommt denn, wer ihr auch seid, Alt oder Jung, Vornehm oder Gering, Reich oder Arm, Gebildet oder Ungebildet; kommt ihr Jünglinge und Jungfrauen, ihr Männer und Frauen, ihr Knechte und Mägde, kommt zum Herzen eures Gottes. Kommt, ihr Sünder alle, zum Sünderheiland, er kann und will euch heilen; kommt ihr gleichgültigen Leute, kommt, ihr geizigen Leute, ihr hoffärtigen Leute, kommt ihr eitlen Weltmenschen, kommt ihr eigensinnigen und selbstgefälligen Leute, kommt ihr wollüstigen Leute - tut Buße, bekehrt euch, tragt Leid und weint! Herunter, du stolzer Geist, von deiner eingebildeten Höhe, streue Asche auf dein Haupt, setze dich in den Staub, tue Buße und komme zu Jesu!

„Und sie fingen an, Alle nach einander, sich zu entschuldigen. Der Erste sprach zum Knecht: ich habe einen Acker gekauft und muss hinausgehen, ihn zu besehen; ich bitte dich: entschuldige mich. Und der andere sprach: ich habe fünf Joch Ochsen gekauft, und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen: ich bitte dich entschuldige mich. Und der dritte sprach: ich habe ein Weib genommen, darum kann ich nicht kommen.“ Diese Worte, diese Entschuldigungen, meine Lieben, sind wie ein Guss kalten Wassers auf die freundliche, liebevolle Einladung unseres Gottes; es ist ein wahrer Hohn auf die Liebe und Leutseligkeit des Herrn. Wahrlich, diese geladenen Männer mit ihren leeren Entschuldigungen sind erbärmliche Leute, und es schaudert uns, wenn wir diese Beschreibung lesen. Aber, meine Lieben, was meint ihr? wenn wir das Bild näher anschauen, erkennen wir am Ende nicht uns selbst, unser eigenes, böses, irdisch gesinntes Herz? Weißt du, welcher Sinn hier geschildert ist? Und wenn du es nicht weißt, so lass es dir sagen! Es ist der irdische, weltliche Sinn, der bei aller sogenannten Ehrbarkeit und Religiosität keine Zeit hat für Gott und Ewigkeit, für Buße und Bekehrung. Ja, in die Kirche gehen und die Predigt anhören, hie und da ein gutes, frommes. Buch und Blatt lesen oder wenigstens hineinsehen, und so seinen religiösen Tribut abzahlen: das lässt man sich schon gefallen. Aber die übrige Zeit gehört der Welt, dem Arbeiten, Rennen und Jagen, dem Studieren, dem Reichwerdenwollen und Erwerben, den irdischen, sinnlichen Genüssen und Vergnügungen. Man hat keine Zeit zur stillen Einkehr in Gott, zur Erkenntnis seiner Sünde, zur Buße und Belehrung. Aber ein solcher Sinn taugt nicht ins Reich Gottes.

„Da ward der Hausherr zornig, und sprach zu seinem Knecht: Gehe aus bald auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen und Krüppel und Lahmen und Blinden herein.“ Und wiederum heißt es: „Gehe aus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie herein. zu kommen.“ Was ist das für eine Gesellschaft, was ist das für eine Tischgenossenschaft im Festsaale des Himmelreichs: Arme, Blinde, Lahme, Krüppel, Heimatlose und Bettler! Aber also ist es wohlgefällig vor Gott. Selig sind, die geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr. Gott widersteht den Hoffärtigen, den Weltlich- und Irdischgesinnten, den in sich selbst Reichen und Satten, und nur den Demütigen gibt er Gnade. O Geliebte, was soll ich darüber viel sagen und reden. Wir wollen allesamt mit einander Gott bitten: Mache uns arm im Geist, dass wirs einsehen, tief empfinden und fühlen: in uns selbst haben wir Nichts von geistlichen Gütern, an mir und meinem Leben ist Nichts auf dieser Erd, was Christus mir gegeben, das ist der Liebe wert. Lehre uns erkennen, dass wir im geistlichen Sinne krüppelhaft sind, dass wir von Natur mit zahllosen Fehlern, Mängeln, Gebrechen und Sünden behaftet sind, dass an unserer Seele nichts Schönes und Liebliches zu schauen ist, sondern Sünde und abermal Sünde. Lehre uns erkennen, dass wir im geistlichen Sinne lahm sind, dass wir nicht auf eigenen Füßen stehen und mit eigener Kraft in den Himmel kommen können, wie so viele hochmütige Menschen. wollen, dass wir vielmehr in uns selbst untüchtig sind, etwas Gutes zu denken, zu reden und zu tun. Ja lehre uns erkennen, dass wir von Natur geistlich blind sind, dass wir kein Auge haben für die göttliche Wahrheit und Weisheit. Solchen Seelen, die also denken und zum Herrn beten, fehlt das Himmelreich nicht; solchen Seelen ruft Jesus zu: Kommt her zu mir Alle, die ihr mühselig und beladen seid, ich will euch erquicken. Solchen Seelen ruft unser Text zu: Kommt, kommt, denn es ist Alles bereit! Alle Schulden sind abgetragen, die Missetat ist versöhnet, der Schuldbrief ist zerrissen. Das Lamm Gottes, das der Welt Sünde trägt, hat eure Sünden getragen, kommt, es ist Alles bereit!

Alles ist vollendet;
Jesu Gnade wendet.
Alle Straf' und Schuld.
Jesus ist gestorben,
Jesus hat erworben
Alle Gnad und Huld.
Auch ist dies Fürwahr gewiss:
Jesus lebt in Preis und Ehre!
O erwünschte Lehre!

Wir haben bis jetzt geredet vom Mahl und den Geladenen; nun lasst uns noch in Kürze reden

II. vom Hausherrn und vom Knecht.

Der Hausherr, welcher das große Abendmahl bereitete und Viele dazu einlud, ist Gott der Vater. Unser Gleichnis zeigt uns seine unaussprechlich selige Liebe und seinen heiligen Zorn. O, dass wir beides zu Herzen nehmen möchten! Dass wir von seiner Liebe erwärmt und beseligt würden, und einen heilsamen Schrecken bekommen möchten von seinem heiligen Zorn! Gott der Herr, der Himmel und Erde füllt, der Allgewaltige und Alleinselige, der Nichts und Niemand bedarf, der uns arme, sündige Menschenkinder gar nicht braucht zur Seligkeit - Gott machte ein groß Abendmahl und lud Viele dazu. Und als die hochmütigen, stolzen Gäste nicht kommen wollten, da schließt dieser allgewaltige und selige Gott die Türe des Festsaals, die Pforte des Himmelreichs nicht zu; sondern er sendet seine Knechte auf die Straßen und Gassen der Stadt, und lässt herein führen die Armen, die Krüppel, die Lahmen und die Blinden; er sendet seine Knechte auf die Landstraßen und an die Zäune, um die Heimatlosen und Bettler in Gottes Haus zu nötigen, auf dass sein Haus voll werde und der Himmel sich fülle mit beglückten, seligen Menschenkindern. O, welches Erbarmen, welche Gnade und Herablassung unseres Gottes! Wer kann diese Liebe begreifen und würdig beschreiben? Diese Liebe unseres Gottes, die von Vielen vornehm abgewiesen und mit Füßen getreten wird, die aber dennoch nicht müde noch matt wird, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Wo soll ich die rechten Gedanken, wo soll ich die rechten Worte hernehmen, um diese selige Liebe unseres Gottes euch vor Augen zu malen? Ich will mir die Worte geben lassen von dem Sänger des Alten Bundes im königlichen Purpurgewand, von David, der die Liebe seines Herrn preisend auf der Harfe spielt und fröhlich singt: Barmherzig und gnädig ist der Herr, geduldig und von großer Güte. Er handelt nicht mit uns nach unsern Sünden, und vergilt uns nicht nach unserer Missetat. Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, lässt er seine Gnade walten über die, so ihn fürchten. So fern der Morgen ist vom Abend, lässt er unsre Übertretung von uns sein. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der Herr über die, so ihn fürchten. Zu diesem herrlichen Lobgesang auf die Gnade und Güte des Herrn im Alten Bund stimmt das Triumphlied des Neuen Bundes aus dem Munde des Jüngers der Liebe, Johannes: Gott ist die Liebe! Also hat Gott die Welt geliebt - die abgefallene, sündige, undankbare Welt - dass er seinen eingebornen Sohn gab, auf dass Alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Ihr Lieben, könnt ihr diese Liebe unseres Gottes verstehen? Ich kann sie nicht verstehen; Gottes Liebe geht über Bitten und Verstehen. Aber loben, danken, anbeten das kann ich, und das wollen wir Alle tun und unserm Gott das Herz Schenken! Ja

Liebe, die du mich zum Bilde
Deiner Gottheit hast gemacht;
Liebe, die du mich so milde.
Nach dem Fall hast wiederbracht,
Liebe, dir ergeb ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Liebe, die mich ewig liebt,
Die für meine Seele litt.
Liebe, die das Lösgeld gibt
Und mich kräftiglich vertritt;
Liebe, Dir ergeb ich mich,
Dein zu bleiben ewiglich.

Aber bei all seiner Liebe und Freundlichkeit lässt doch Gott seiner nicht spotten. Davon legt unser Text ein deutliches und eindringliches Zeugnis ab. Als die Gäste nicht kommen wollten, „da ward der Hausherr zornig.“ Gott ist freilich die Liebe, aber keine schwächliche, unheilige, unverständige Liebe; Gott ist kein alter Eli, der die Hände in den Schoß legt und seine bösen, ungeratenen Söhne und Töchter ungestraft schalten und walten lässt. Nein, Gott ist die heilige Liebe, und er hat einen heiligen Zorn, und dieser Zorn entbrennt über alle Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen. Wie ernst, wie schauerlich ernst lautet der Schluss unsers Gleichnisses: Ich sage euch, dass der Männer keiner, die geladen sind, mein Abendmahl schmecken wird. O Geliebte, lasst uns doch nicht zu diesen Männern und Frauen gehören, die geladen sind und Gottes Einladung nicht annehmen; ihr Ende ist Verdammnis, keiner, nicht einer wird das Abendmahl des Herrn schmecken. Es gibt keine größere Sünde, als Unglauben, der die Einladung Gottes verwirft; das ist die Haupt- und Kardinalsünde. Denkt an das Wehe, das Jesus, der milde Sünderheiland ausrief über die Städte am See Tiberias: Wehe dir, Chorazin! wehe dir, Bethsaida! wären solche Taten zu Tyrus und Sidon geschehen, als bei euch geschehen sind: sie hätten vor Zeiten im Sack und in der Asche Buße getan. Und du Kapernaum! die du erhaben bist bis an den Himmel, du wirst bis in die Hölle hinunter gestoßen werden. Ich sage euch es wird dem Sodomer-Lande erträglicher ergehen am jüngsten Gericht, denn dir. - Das ist der heilige Zorn des Herrn, unseres Gottes.

Und nun noch der Knecht in unserem Evangelium. Der Knecht sprach: „Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da.“ So will ich nicht bloß zum Herrn sprechen, so will ich vor allen Dingen zu euch, ihr Lieben, sprechen: Es ist noch Raum! Der Tisch unseres Gottes ist noch nicht voll, es sind noch viele Plätze im Hause Gottes unbesetzt: zaudert nicht länger, eilt, sputet euch, dass ein Jeder seinen Platz bekomme und kein Anderer ihm denselben wegnehme. Gott lässt euch einladen, bitten, nötigen: kommt herein, dass mein Haus voll werde! Es ist noch Raum für euch, ihr selbstgerechten und tugendhaften Leute, die ihr meint, keinen Heiland zu brauchen; zieht nur eure eigene Gerechtigkeit aus und legt Christi Gerechtigkeit an. Es ist noch Raum für euch, ihr kalten und gleichgültigen Leute! o lasst euch erwärmen und beleben von den Strahlen der Liebe Jesu. Es ist noch Raum für die ärgsten und schlimmsten Sünder, die ihre besten Kräfte verloren und vergeudet haben im Dienste der Sünde; tut Buße und tragt Leid und kommt zu Jesu. Er kann euch waschen und reinigen und gesund machen. Es ist noch Raum für euch, ihr betrübten und bekümmerten Herzen, die ihr trauernd und mit bangem Sehnen wandelt und noch keinen rechten Trost und Frieden gefunden habt. Gerade für euch ist Raum da, euer Platz ist schon bereit; kommt und setzt euch, erquickt and tröstet euch am Herzen Jesu, sättigt eure Seelen und ergötzt euch an den reichen Gütern unseres Gottes.

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