Jellinghaus, Theodor - Kapitel V. - Notwendige Seiten und Handlungen des Glaubens, der Christus zur steten und völligeren Heiligung ergreift

Jellinghaus, Theodor - Kapitel V. - Notwendige Seiten und Handlungen des Glaubens, der Christus zur steten und völligeren Heiligung ergreift

oder

Vorbedingungen einer stetigen und völligeren Heiligung der Gotteskinder.

Wir haben im letzten Kapitel gesehen, dass unsere Heiligung in dem Sinne vollbracht ist, dass wir in Christus, dem Gestorbenen und Auferstandenen, alle nötigen Heiligungskräfte und Lebensquellen haben. Es fragt sich nun für die Gotteskinder: Wie eignen wir uns die Heiligung und den Sieg in Christus in völligerem Masse an?

Schon in der Bekehrung und Wiedergeburt werden diese Heiligungskräfte in einem gewissen Grade dem Gläubigen zu Teil. Das neue Testament lehrt klar und deutlich, dass zur Zeit der Bekehrung die Herzen gereinigt werden durch den Glauben (Apg. 15,9) und beschnitten werden mit der ohne Hände vor sich gehenden Beschneidung Christi (Kol. 2,11). Die Bekehrung und die Wiedergeburt geschieht durch die Taufe, welcher den Glauben wirket, der in die heiligende Gemeinschaft des Todes und der Auferstehung Christi versetzt. (Gal. 3,26-27).

Mit der völligen Aneignung der am Kreuze vollbrachten, gegenwärtigen Heiligungskraft verhält es sich nun ähnlich wie der Annahme der Sündenvergebung und Rechtfertigung. Die Rechtfertigung geschieht ganz allein durch den Glauben an Christus. Aber der Glaube hat als seine selbstverständliche Voraussetzung oder als seine notwendige, negative Seite die Busse oder das Zur-Einsicht-kommen über das Sündenelend und die entschiedene innere Abkehr von der Sünde. Obwohl die Busse dem Glauben notwendig vorausgeht oder mit ihm zusammenfällt, so werden wir doch nach biblischer Lehre nicht gerechtfertigt, begnadigt und lebendig gemacht durch die Busse, sondern durch die Glaubenshingabe an Christus. Es geschieht die Annahme der Versöhnung allein durch das Eingreifen Christi im Glauben. Ebenso hat der Glaube des schon begnadigten Gotteskindes, der die Kraft der Heiligung in Christus in immer völligerem Grade ergreift, bestimmte Seiten oder Voraussetzungen.

Wir können sie in vier Punkten zusammen fassen: A) Tiefer Hunger nach Gerechtigkeit und Heiligung, B) Gründliches Verzagen an aller eigener Kraft, C) Gründliche Sündenentsagung und Verleugnung seiner selbst, des Eigenwillens und aller Weltliebe, D) Gänzliche Hingabe von Leib und Seele an den Herrn zum bleibenden, völligen, geheiligten Eigentum.

(Wenn man mit diesem Bedingungen konfrontiert wird, könnte einem Angst und bange werden! Werden wir hier auf Erden jemals diesen Stand erreichen? Nein, unser alter Mensch wir sich nie und nimmer diesen Bedingungen beugen! Das kann allein Gott durch seinen Heiligen Geist in uns tun (Phil. 2, 12-13). Doch in wieweit strecken wir uns in unseren Gebeten nach diesem Stand aus?)

Es sind dies in keiner Weise Vorbedingungen der Heiligung, in der Art dass die Gläubigen erst bis auf diesen Grad sich selbst heiligen müssten, ehe sie die Heiligungskraft Christi in völligerem Grade erfahren könnten. Dies wäre eine gesetzliche Selbstheiligung und unmöglich zu vollbringen. Diese Anforderungen werden an Gläubige gerichtet, die den Heiligen Geist schon haben. Ihnen soll gezeigt werden, was ihren Glauben begleiten muss oder wie ihr Glauben sein muss, wenn er ein ganz geöffneter Kanal zu den Heiligungsquellen Jesu sein soll. Man könnte diese Aktivitäten „die Busse der Gläubigen zur tieferen Heiligung durch den Glauben“ nennen. Denn gerade wie das Werk des Heiligen Geistes in der Busse nötig ist, um - an Christus für uns - zur Sündenvergebung zu glauben und doch dies Werk des bussewirkenden, Heiligen Geistes in uns, nicht der Grund unserer Zuversicht ist allein die Heiligungskraft des Blutes, der Wortes und Geistes Christi.

Eigentlich ist es auch genug, wenn man dem Gotteskinde sagt: „Ergreife im Glauben die Heiligungskraft des Todes und die Heiligungskraft der Auferstehung Christi.“ Aber um der Schwachheit der Seelen willen ist es nötig und heilsam, dass sie auf diese Punkte aufmerksam gemacht werden, ob sie hier vielleicht ein Hindernis des heiligenden Glaubens haben.

Vielen Seelen ist es sehr heilsam, wenn sie auf diese Weise hingewiesen werden auf das, was sie noch hindert, auf die Irrtümer, in denen sie noch gefangen sein mögen, auf das, was noch an ihrer völliger Willigkeit zum tieferen Geheiligtwerden fehlt. Der himmlische Arzt kann uns nur dann heilen und heiligen, wenn wir ganz dazu willig sind.Ein Irrtum ist es, wenn gesetzlich angelegte Gemüter dies so verstehen, als müssten sie sich selbst bis auf einen bestimmten Grad reinigen und heiligen in eigener Kraft, ehe sich recht glauben könnten. Dies Entsagung und Hingabe zur völligeren Heiligung geschieht durch den Glauben, ebenso wie die Busse nie ohne den Glauben zustande kommen kann.

A) Tiefer Hunger nach Heiligung und Gerechtigkeit.

Unser Herr Jesus sagt zu seinen Jüngern, also auch zu den jetzigen, begnadeten Gotteskinder: „Selig sind, die da hungern und dürsten nach Gerechtigkeit, denn sie sollen satt werden“ (Matth. 5,6). Also das Mass der Heiligung und Gerechtigkeit das ein Gotteskind erlangt, hängt ab von seinem Hunger nach einem heiligen Leben und von seiner Sehnsucht nach Verklärung in Christi Bild. Nur wenn ein Kind Gottes tiefe Blicke getan hat in die Heiligkeit und Liebe Gottes und in sein eigenes Verderben, wenn es Gottes Gesetz in seiner Geistlichkeit erkannt hat (Röm. 7,14) und aufs tiefste verlangt nach einem reinen Herzen, das den geliebten Heiland nicht mehr betrübt, kann es auch die ganze Kraft des Blutes, Wortes und Geistes Christi sich aneignen.

Nicht alle bekehrten Christen haben nicht solch tiefen Hunger nach Gerechtigkeit und vollem Frieden. Eine grosse Anzahl sind von früh an von ihren Lehrern im Glauben unterwiesen, dass man tägliches Fallen in Sünden oder tägliche innere Verunreinigung erwarten müsse; ja dass je mehr man solche innere Sündenlust und Greuel als Christ an sich erkenne und beklage, desto richtiger stehe man in der Gnade. Solche Seelen klagen dann meist mehr darüber, dass sie ihre Sündenunreinigkeit und ihr Fallen in Schwachheitssünden nicht mehr tief genug bereuen, als das sie ein tiefes, sehnsüchtiges Verlangen hätten von der verunreinigenden Sündenlust und von der oft zu Fall bringenden inneren Sündenmacht frei zu werden.

Weiter gibt es bei solchen Seelen oft wunderliche Widersprüche. Sie beten in den Versammlungen um ein reines Herz, um Bewahrung vor Fallen in Versuchung und Sündenübel, um Verklärung in Christi Bild und um ein seliges Bleiben in Jesus; aber sie erwarten dies alles in keiner Weise!

Sie würden es viel mehr mit Erstaunen beargwöhnen, wenn so etwas in ihnen vorginge; denn sie würden sich selbst in den Verdacht des Hochmuts und Selbsttäuschung sehen.

Manche von ihnen reden zwar viel von Bussschmerz; aber sie gewöhnen sich doch allmählich so an den Totengeruch ihres alten Menschen, den sie noch in vielen Stücken in sich leben und wirken lassen, dass es mit ihrem Klagen über ihr schmerzliches Sündenelend gar nicht so viel auf sich hat. Sie denken meist:

„Solange ich hier auf Erden bin, da bin ich nun mal so verdorben und schwach und ich muss mich auf Gottes Gnade und die Todesstunde verlassen, dass ich da geheiligt werde durch Ablegen des Leibes dieses Todes.“ Dabei suchen sie ihren Lebensgenuss, da sie geistliche Freuden und Erfahrungen so wenig erfahren oder spüren, wenn auch nicht in offenbaren Sünden, so doch in mehr irdischen Dingen, in ihrem Reichtum, im Familienleben, in Ehre, Reisen usw.

Ihr Eifer und Gebet um die Bekehrung ihres Umfelds ist oft sehr gering; ebenso gering ist ihre Liebe zu den Brüdern.

Ehe solche Seelen sich nicht strafen lassen über ihren bisherigen Zustand und hungrig und durstig werden nach der uns in Christus erworbenen Heiligung und Ruhe, werden sie nie recht die heiligenden Erlösungskräfte Christi im Glauben annehmen können.

Eine ganz andere Stellung zur Heiligung haben dagegen oft Seelen, die meist von Jugend auf fromm und gottesfürchtig, keine fest zu bestimmende Zeit der Busse, der Angst unter dem Sündenfluch und der Erlangung des Friedens in Jesu durchgemacht haben. Sie haben allmählich Christus immer mehr als ihren Erlöser und Helfer ergriffen und liebgewonnen und seine Kräfte am Herzen erfahren. Zwischen Sündenvergebung und Heiligung unterscheiden sie nicht so scharf, wie die Kirchenlehre es tut. Erst seid sie die Kräfte der Heiligung in Christus mehr erfuhren, wagten sie es sich für Gotteskinder zu halten. Aber seid dem sie nun mit Aufrichtigkeit sagen können: „Ich vertraue allein auf Jesus, meinen Heiland und liebe ihn und meide die Sünde nach besten Kräften,“ haben sie sich dabei beruhigt und sind, besonders, da sie nach Naturanlage und Erziehung einen aussergewöhnlich bösartigen und wilden alten Menschen nicht mit sich herumtragen, nicht eigentlich hungrig nach einer tieferen Reinigung und Ruhe in der Todes- und Auferstehungsgemeinschaft ihres guten Hirten. Dementsprechend erfassen sie die Heiligung durch Christi Blut auch nicht mit voller Seele und durstenden Verlangen und bleiben leicht auf dieser Stufe ihrer Entwicklung stehen.

Diese Seelen wirken besonders auf Weltleute nicht als ein Glanz Christi und ein Beweis der Kraft des Evangeliums, wenn sie im höheren Grade geheiligt sind und in ihren Gebeten und Handlungen offenbar wird, dass sie in Jesu Führung stehen und ruhen. Besonders wenn manche sündliche Mängel doch unterlaufen und sie nicht ein entschieden himmlisch gerichtetes Wesen offenbaren, so sehen die Weltleute und auch die Familienglieder ihre Tugenden mehr als eine Frucht guter Naturanlage und guter Erziehung, denn als Wirkung der Gnadenmacht Christi und des Heiligen Geistes an. Solche Christen sein deshalb auch nicht in dem wünschenswerten und nötigem Masse geheiligte Werkzeuge zu Ehren des Namens Jesu.

B) Gründliches Verzagen an aller eigener Kraft

Ist in einem Gotteskinde Hunger nach Gerechtigkeit und Heiligung durch den Heiligen Geist erwacht, so dass es sich mit innerster Sehnsucht streckt nach einem Glaubensleben, das dem biblischem Vorbilde des Bleibens in Jesu mehr entspricht, so muss dasselbe weiter erkennen, dass solche Gerechtigkeit und Heiligkeit durchaus nicht zu erlangen ist durch eigene Kraft und eigene Führung, auch nie ihre Quelle selbstständig im Christen selbst hat. Sieht der Christ dies nicht ein, so kommt er in verzweifelte innere Lagen und unter Gottes Missfallen, wie es in Hab. 1,11 nach Langes Bibelwerk heisst: „Aber in Schuld ist, wem seine Kraft sein Gott ist.“ Wie ein schuldbeladener Heilsuchender nie Gnade und Friede findet, wenn er, ohne an aller eigenen Würdigkeit verzagt zu haben, sie selbst erringen und erwerben will, so erhält ein Gotteskind, das völligere Heiligung und steten Sieg sucht, nie das Gewünschte, wenn es nicht zur Verzagtheit an der eigenen Kraft kommt, durch Anstrengungen durch das Gebet, des Selbstertötens, des geduldigen Leidens in eigener Führung sich selbst zu heiligen.

Dieser Irrtum steckt tief in der menschlichen Natur; es kostet dem heiligen Geiste meist viel Mühe, ehe er ihn austreiben kann; er nimmt oft die feinsten und scheindemütigsten Formen an.

Unter allen, die überhaupt die Gnade verstehen, ist dies ausgemacht, dass die Hauptsache in der Heiligung die Gnade Christi, der sich erbarmende Christus selbst durch den Heiligen Geist tun muss; denn es ist ja zu klar in der Bibel gelehrt, dass Christus uns von Gott zur Heiligung gemacht ist, das er alleine der Leben gebende Weinstock, und wir nur aus dem Saft lebenden Reben sind.

Tatsächlich können wir nur so viel Liebe üben, als im Glauben an Christi Blut, Gottes ewige Liebe durch den heiligen Geist in uns ausgegossen ist und uns in jedes gute Werk leitet. Wir haben dann nur noch die Verantwortung, dass wir stündlich in seiner Leitung das auch treu gebrauchen, anwenden und üben, was uns geschenkt ist. Eph. 2,10: „Geschaffen in Jesus Christus zu guten Werken, welche Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen“.

Dass die Sünde in ihren verschiedenen Formen als Neid, Rachsucht, Lebensüberdruss usw. Macht gewinnt, je mehr die von ihr geplagten Seelen sich mit ihr innerlich auf irgend eine Weise abgeben, um sie tiefer zu bereuen und gründlicher zu begreifen und zu bekämpfen - ist eine Erfahrung, die viele ernste Seelsorger und Ärzte in den Heilanstalten für Gemütsleidende gemacht haben.

Die Seele kommt sofort wieder in den vergifteten Dunstkreis der Sünde, sobald sie dieselbe anschaut. Darum ist die Gewissheit der Sündenvergebung und das Vertrauen, dass Jesus von der Sünde Macht ein stets gegenwärtiger Erlöser ist, so nötig zur inneren Gesundung und Heiligung solcher tief unglücklicher Seelen.

Tersteegen schreibt: „Unsere Verdorbenheiten sind gleich den giftigen und bösen Tieren, die, wenn man sie viel ansieht, nicht nur Schrecken einjagen, sondern auch noch grösser werden, dass sie gar auf einem zuspringen. Es ist genug, wenn du dich mit Missfallen davon abkehrst und zu Gott fliehst, dass er dir helfen und dich in seiner Gegenwart verbergen wolle.“

Aus dem Gesagten ergibt sich auch, dass ein gesetzlicher, der stets zum Klagen über das eigenen Seelenelend auffordert und durch Selbstertötungen und Sündentrauer sich heiligen will, besonders auf nervenleidende Personen von verderblicher Wirkung sein muss. Das gibt dann den Ungläubigen und Halbgläubigen einen Scheingrund, das Christentum als eine krankhafte Herzensverwirrung darzustellen.

Gegen alle diese Verirrungen aber finden wir Schutz, wenn wir unsere gänzliche Unfähigkeit in der Abhängigkeit von der Heiligungskraft und Führung Jesu einsehen. Wir sind von Gott abhängige Wesen und nur in der freien, gewollten Abhängigkeit von Gott und seinem Leben besteht unser Glück. Denn der Mensch ist schon im Paradiese zu völliger, aber freigewollter Abhängigkeit von Gott geschaffen und diese Unlust zu solcher Abhängigkeit und das hochmütige Begehren, seine Lebenskräfte und Lebensquellen in sich zu haben, war sein Sündenfall. Darum geht bei der Rechtfertigung und Heiligung alles darauf hinaus alles Vertrauen auf uns selbst aufzuheben und zu Schanden zu machen.

Hieraus erklärt es sich auch, warum Gott so unerbittlich darauf besteht, dass der Sünder erst an aller eigenen Würdigkeit, eigenen Kraft und eigenen Führung verzweifelt, ehe er Vergebung und Sieg erlangt. Der grösste Ernst und Eifer und das anhaltendeste Gebet kann Gott nicht bewegen hier nachzugeben, so dass er gutmütigen Menschen oft hart erscheint. Darum müssen die Worte der Schrift wie Joh. 15: „Ohne mich könnt ihr nichts tun“ und 2. Kor. 3,5: „Nicht dass wir tüchtig sind, von uns selber etwas zu denken, sondern unsere Tüchtigkeit ist von Gott“, recht beherzigt werden.

Auch unter Pietisten sehen wir solche Verirrungen. Es sind Geschichten des schmerzvollen Misslingens, die immer tiefer in die inneren Bande der bekämpften Sünde hineinführten und oft sogar in offenbaren Lastern endeten. Je mehr der Hochmut und die wollüstige Begehrlichkeit auf diese Weise bekämpft wurden, je wilder wurden die Anfechtungen, so dass die armen Seelen sich von lauter Teufeln, die ihnen Hochmutsbilder und Wollustbilder vorhielten, täglich umgeben glaubten.

C) Gründliche Sündenentsagung und Verleugnung seiner selbst, des Eigenwillens und aller Weltliebe.

Schon die Bekehrung ist notwendig mit Sündenentsagung verbunden; aber diese Entsagung erweist sich aus verschiedenen Ursachen bei den meisten Christen später als nicht völlig und nicht fest genug.

Zu einem Leben im völligen Vertrauen auf die Erlösungsmacht Christi und in der rechten inneren Freiheit ist ferner nötig ein gründliches Entsagen jeder erkannten Sünde und jedes Eigenwillens und der eigenen Führung. Soll Christus in uns leben, so muss das „alte ich, das alte Selbst“, der Eigenwille, die Selbstregierung sterben.

Nur soweit hier ein Sterben eingetreten ist und so tief dieses Sterben geht - genau soweit und so tief, kann Christus in uns leben, uns heiligen, beseligen und führen. Darum tut gründliche Entsagung von jeder Sünde und sündlichen Gewohnheiten zur tieferen Heiligung not.

Es liegt bei diesem Satze nun gleich der Einwand nahe: Aber gibt es denn eine Bekehrung ohne Bruch mit der Sünde?

Gewiss gibt es keine Bekehrung ohne Bruch mit der Sünde. Bekehrung ist Abkehr von der Sünde und Hinkehr zu Christo (1. Joh. 3,8). Dennoch ist es auch wahr, dass die Sündenerkenntnis des Einzelnen zu diesem Zeitpunkt noch nicht so klar und tief ist (bzw. wahr). Später wird einem mit wachsendem Licht viel mehr bewusst, was alles Sünde ist (z.B. Unglauben und sich wiederholt Sorgen machen).

Auch in der Apostel Zeit war es so, dass die Neulinge meist noch nicht geübte Sinne hatten zur Unterscheidung des Guten und des Bösen…„ (1. Kor. 3,1).

Die neutestamentlichen Ermahnungen an die Gläubigen zur Sündenentsagung und zum Gestorbensein mit Christus.

Sobald der Hunger nach Gerechtigkeit und Erkenntnis der Möglichkeit einer gründlichen Heiligung in Jesu in den Seelen der Gläubigen ist, da soll man solchen Christen sagen, dass sie erst jeder erkannten Sünde entsagen müssen und sich Christi rettender Führung hingeben sollen.

Darum finden wir in der Bibel ernste Ermahnungen zur Selbstentsagung und Weltentsagung gerade an Gläubige Gotteskinder gerichtet.

Nur gläubigen Herzen kann man es zumuten nicht nur einzelne Sünden abzutun, sondern sich selbst ganz verleugnen und in den Tod zu geben. Zu den Jüngern sprach Jesus „Wer mir nachfolgen will, der verleugne sich selbst“. (Matth. 16,24-25).

Es sind eine ganze Anzahl von Stellen in den Briefen, in denen zur Ertötung der Sündenglieder und zum Ablegen und Kreuzigen des alten Menschen aufgefordert wird: Tit. 2,12 / Kol. 3,5 / Hebr. 12, 1-2 / Röm. 13,11- 14 / 1. Petr. 2,1. Man legt da nach lutherischer Übersetzung die Stellen oft so aus : Es sei die Aufgabe der gläubigen Christen, täglich die erkannten Sünden und Fleischeswerke, die täglich wieder vollbracht werden, abzulegen. Aber in allen diesen Stellen steht die Zeitform in der Vergangenheit, der Aorist im griechischen, welcher auch im Imperativ, Infinitiv und Optativ eine abgeschlossene Handlung bedeutet und nicht eine sich täglich ganz neu wiederholende und vom neuen geschehene Handlung bezeichnen kann.

Die Ablegung der Sünde und des alten Menschen soll, wie gesagt, schon in der Bekehrung beginnen und jeder Christ hat ein Recht, sich der Sünde für abgestorben und mit Christus gestorben zu halten; aber dennoch liegt die Tatsache vor, dass auch in der apostolischen Zeit die Mehrzahl der Gläubigen eine Ermahnung dieser Art nötig hatte. Wenn aber die Apostel zu einem solchen Ablegen auffordern, so ermahnen sie nicht zu einem halben und allmählichen, sondern zu einem sofortigen und ganzen Ablegen. Denn was einer in dieser Sache nicht ganz und sofort tun will, das tut er nie recht und mit Erfolg. Dass es aber bei aller Gründlichkeit und Entschiedenheit der Absagung doch noch ein fortwährendes Vertiefen gibt ist selbstverständlich; denn wenn das Mass des Lichtes über die Sünde wächst und neues aufgedeckt wird, so muss es auch abgetan werden.

Eine Gewissensfrage in Bezug auf die Entsagung des Eigenwillens, der Sünde und der Weltliebe.

In folgendem haben wir es also in erster Linie mit solchen Christen zu tun, die sich schmerzlich bewusst sind, dass sie nicht in dem Siege über die innere und äussere Sünde stehen, welche doch bei allen Christen zu finden sein sollte und die nach tieferer Erfahrung der Heiligungsmacht des Blutes Jesu und tieferes Erfülltwerden mit dem Heiligen Geiste hungrig sind. Ihnen ist das Notwendigste, dass sie sich vor Gott ernstlich prüfen, ob eine mehr oder weniger wissentlich geduldete Sündenunreinigkeit oder sündliche Gewohnheit oder eine nach der Ordnung von Psalm 32,3 und Jak. 5,14-16 vorliegt.

Weiter gilt es mit dem Psalmisten zu beten: „Prüfe mich, Gott, und erfahre mein Herz“ (Ps. 119,22-23) und sich zu erforschen und das Licht des Heiligen Geistes das Gewissen erleuchten zu lassen. Dies Prüfen muss geschehen im Lichte der Heiligkeit und Liebe Gottes, die auf Golgatha geoffenbart ist. Nur wenn die Heiligkeit und Liebe uns tiefer geoffenbart wird, erkennen wir unsere Sündhaftigkeit tiefer. Dies sehen wir bei Jesaja: „Oh weh mir, ich vergehe; denn ich bin unreiner Lippen,“ (Jes. 6) und dass er nicht eher neuen und vertieften Frieden findet, bis er durch eine Kohle vom Altar Gottes eine tiefere Reinigung erfahren hatte.

Der Christ darf sich nicht begnügen mit einer Nachforschung nach offenbaren Sünden, sondern er muss forschen nach allem, was Gott nicht gefällt und nicht zur Ehre Gottes gereicht. Wer z.B. seiner Phantasie zeitweise erlaubt, mit Bildern des üppig genossenen Reichtums, der Weltehre, der Rache an den Feinden, der unerlaubten Lust zu spielen, der kann mit allem Beten und Bibellesen nicht eine grössere Fülle des Geistes Christi in sich erlangen und muss oft der Sünde unterliegen; denn die gehegte Lust führt dann zur Zeit der Versuchung in die böse Tat oder doch in die innere Niederlage und Verunreinigung notwendig hinein.

Zu diesen geheimen Sünden, die abgelegt werden müssen, wenn es zu einem ganzen Christenwandel kommen soll, gehört auch die geheime Sünde des Misstrauens gegen Gott und die Erlösungskräfte in Christus, dass man es doch für unsicher hält, ganz im gehorsamen Vertrauen auf Christi Erlösungskraft, Führung und Verheissung nach Gottes Wort zu wandeln, dass man das sichtbare Irdische für gewisser hält als die gewissen Verheissungen und gebotenen Wege Gottes und das Irdisch um des Himmlischen willen nicht in der Nachfolge Jesu opfern mag und krampfhaft nach irdischen Stützen für sein Leben sucht. Durch diese innere Sünde gerät man, solange man ihr nicht mit gründlichem Willen entsagt hat, in hundert andere Sünden hinein.

Darum lege sich jede nach Sieg in der Heiligung hungrige Seele die Frage vor: Willst du dein Lieblingsbeschäftigung und Vergnügung weiter betreiben, sobald es dir klar ist, dass sie dir zum christlichen Wandel, zu tieferen Gebetsleben, zur Arbeit für Jesu Reich hinderlich und dass du nicht Gottes Segen darauf herabrufen kannst? Willst du nie ein Werk treiben mit dem Schein, als geschehe es allein zur Ehre des Herrn, während du in Wahrheit vor allem eigene Ehre und Gewinn dabei beabsichtigst oder suchst? Willst du lieber jeden Schaden, Schmerz und Spott leiden, als mit Wissen und Willen etwas tun, was du schon als Sünde erkannt hast? Und willst du auch dieser Gewissensüberzeugung treu bleiben, selbst wenn du siehst, dass andere gläubige Christen dies noch nicht für Sünde erkannt haben und ohne Bedenken tun? Willst du auch in solcher Versuchung den heimlichen Gedanken hassen und zurückweisen: „Mit Wissen und Willen möchte ich die Sünde nicht tun; wenn aber eine kleinere Sünde unbewusst, getan werden könnte und ich dadurch grossem Schmerz und Entsagung entginge, so wäre mir das doch sehr lieb?

Willst du jeder innerer Feindschaft und allem lieblosen Reden über einzelne deiner Mitmenschen und besonders über die Brüder in Christus ganz entsagen?

Willst du auch nicht einmal den Gedanken hegen, dass dein Bruder etwas Böses getan oder etwas Böses beabsichtigt?

Willst du für etwas Gutes, was du in dir findest oder was du tuest, oder für einen Erfolg, den du hast, nie die Ehre dir zuschreiben, sondern allein der Gnade Gottes in Christus, getreu deinem Bekenntnis im Vaterunser: „Dein ist die Herrlichkeit“?

Man muss sich willig von Gott einen Strich durch die eigenen Wünsche, Gedanken und Ideale machen lassen, wenn man stets den Frieden Gottes geniessen und in unseren Herzen dieser Friede stets triumphieren soll. (Phil. 4, 4-7).

Ohne gründliche Sündenentsagung und Aufgeben des Eigenwillens kann kein völliges Vertrauen auf Jesu Erlösung und Führung bestehen.

Das Abtun jeder erkannten Sünde und des selbstsüchtigen Eigenwillens ist schon deshalb nötig, weil, solange wir in einer erkannten Sünde der Eigenwilligkeit wider Gott leben, werden wir der Führung Christi nicht voll vertrauen können.

Es ist unmöglich volles, hingegebenes Vertrauen zu Gott und Christus zu haben, während man in einer erkannten Sünde lebt oder auch nur eigenwillige Pläne, Ziele und Ideale, wie heimliche Götzen hegt. Sobald man sich Gottes Führung anvertrauen will, da bekommt man Furcht in Bezug auf diese heimlichen Götzen, dass Gott sie uns dann zerbrechen werde.

Wer den Götzen der Menschenehre hat, der kann sich Gott nicht ganz im Vertrauen hingeben. Vertrauen auf Gott und weltliches, sündiges Wesen schliessen sich gegenseitig aus.

Je mehr sündiges Wesen der Ehrliebe, des Geizes, der Genusssucht etc. je weniger wahres Vertrauen zu Christus.

Darum ist entschiedenes Absagen jeder Sünde und Bereitsein zu jedem Entsagungs- und Todesweg notwendig.

Die Sündenentsagung und Selbstverleugnung muss eine ganze und gegenwärtige sein, fest bleiben und wachsen.

Hiermit hängt eng zusammen, dass wir nicht sagen dürfen: Ich will später und allmählich dieser Sünde und dem Eigenwillen entsagen, sondern es ist nötig, dass wir es jetzt ganz tun wollen. Es ist nämlich ein Irrtum, wenn wir, nachdem uns verschiedene Sündenwurzeln in unseren Herzen aufgedeckt sind, ihnen nicht allen auf einmal entsagen und sie in den Tod Christi geben wollen.

Das Fleisch muss jetzt gleich nach allen Seiten hin im Aufblick aufs Kreuz in den Tod gegeben werden, es koste was es wolle. Je schneller und umfassender und entschiedener geschieht, desto kürzer ist der Schmerz und desto seliger die Folgen der inneren Freiheit in Jesus.

D) Gänzliche Hingabe von Leib und Seele an den Herrn zum bleibenden, völligen, gehorsamen Eigentum.

Die ergänzende andere Seite der entschiedenen Absage von jeder Sünde und der beständigen Selbstentsagung, ist die völlige Hingabe an Jesus. Beides hängt eng und untrennbar zusammen. Das eine ist die negative, das andere die positive Seite. Das eine kann ohne das andere nicht sein. Niemand kann sich wirklich und freudig selbst verleugnen und aufgeben, ohne sich an ein Besseres und Höheres hinzugeben.

Innerhalb des Christentums zeigt sich eine Selbstertötung und Abmarterung ohne kindliche, vertrauende Hingabe an den Heiland als ein ungesunder Asketismus und falscher, mürrischer Pietismus.

Die Aneignung der Todeskräfte Jesu wird erst völlig durch die Aneignung der Auferstehungskräfte. Weil Entsagung und Hingabe nun so eng zusammenhängen, so lässt sich auch die Hingabe nicht beschreiben, ohne einiges von dem bei der Entsagung Gesagten zu wiederholen.

Jede wahre Bekehrung und Wiedergeburt ist mit einer Hingabe an Christus verbunden; aber bei den meisten Gotteskindern ist später noch eine erneute, völlige Hingabe notwendig.

Auch bei der Aufforderung an die nach tieferen Heiligung hungernden Gotteskinder zu einer völligen Übergabe an Christus, zum Sterben mit Christus und zum Leben in und für Christus entsteht die Frage: Aber ist den der Christ nicht schon bei der Bekehrung und bei der Geistestaufe Christus zum Eigentum ergeben? Gibt es denn etwa eine Bekehrung ohne Hingabe an Christus? Ist nicht gerade dies das Wesen der Bekehrung, dass der Mensch aus sich selbst, d.h. aus seiner Schuld und seinem eigenen, sündigen Wesen herausflieht zu Christus und sich Christus zur Erlösung und zum Eigentum ergibt? Darauf muss man erwidern: Ganz gewiss gibt es keine Rechtfertigung und Lebendigwerdung in Christus ohne Hingabe an Christus ohne das Verlangen, Christi erlöstes Eigentum zu sein und zu bleiben. Die Seligkeit der Sündenvergebung und Gotteskindschaft besteht hauptsächlich in diesem Bewusstsein: Er ist mein und ich bin sein. Es ist auch bei einer Christenseele ganz gut möglich, dass die Hingabe an Christus in der Bekehrung so entschieden und ganz ist und so aufrichtig wächst, dass für eine zeitlich bestimmte, erneute und die innere Sachlage wesentlich und augenblicklich ändernde Hingabe kein Raum ist.

In der Bibel ist mehr von der ersten Übergabe bei der Bekehrung die Rede. Wohl aber werden schwache und strauchelnde Gotteskinder ermahnt sich von neuem dem Herrn ganz hinzugeben, um seine Hilfe und Heiligungsmacht zu erfahren (Offb. 3,20 / 2. Kor. 6,17). Aber es ist da eine ganze Übergabe gemeint und nicht ein fortwährendes Übergeben ohne das Bewusstsein, dass man sich übergeben hat.

So ist auch die Stelle in Röm. 12,1 „So ermahne ich euch, liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr eure Leiber begebet (dargestellt habt) zum Opfer offenbar nicht eine Ermahnung zur Übergabe an Unbekehrte zur Bekehrung, sondern an gläubige, wiedergeborene Seelen zur tieferen und fortwährenden Heiligung, vgl. 1. Petr. 1,14.

Also hat kein Bekehrter, welcher noch in manchen Schwachheitssünden lebt, das Recht, die Ermahnung zur Übergabe damit von sich fern zu halten.

In der Bekehrung übergibt ein Empörer sein in Sünden totes Herz.

Röm. 12,1 steht im Aorist „dargestellt zu halten“. Also ist der Sinn: „Dass ihr eure Leiber entschieden übergeben habt zum Opfer.“ Paulus kann die Römer doch nicht ermahnen, dass sie sich jetzt zum ersten Mal zum Opfer begeben sollen, als ob sie es noch nie getan hätten und alle noch nicht geheiligt werden.

Wohl aber ermahnt er sie alle, mit dieser völligen Hingabe und Absonderung von der Welt (2. Kor. 6,17) Ernst zu machen, wenn es noch nicht so sein sollte. Auch liegt in der Ermahnung dies, dass die Hingabe immer der wachsenden Erkenntnis gemäss völliger und gründlicher werden soll. Wächst sie so, dann ist sie trotz ihrer Wachstumsbedürftigkeit im biblischen Sinne völlig.

Wir haben also nicht anzunehmen, dass nach der Bibel bei jedem gläubigen Christen ein zweiter, zeitlich bestimmter Vorgang einer völligen Hingabe eintreten müsse. Aber das ist nach der tatsächlichen Erfahrung wahr, dass bei den meisten gläubigen Christen nicht lange nach der Bekehrung und dem ersten Liebesfeuer ein Mangel an völliger Glaubenshingabe und ein teilweises wandeln in Selbstregierung oder Selbstquälerei oder Weltdienerei sich zeigt.

Die gänzliche Übergabe zum bleibenden, geheiligten Eigentum ist nur möglich bei klarer Glaubenserkenntnis von der aus aller Sündenmacht jetzt und stets erlösenden Macht des Blutes, Wortes und Geistes Christi.

Bei vielen ist der Grund dafür, dass sie nicht ganz Gott geweiht sind, ein Mangel an vollem Ernst und ganzer Treue in der Nachfolge Jesu und ein teilweise sich gehenlassen in sündlich-weltliches Wesen. Bei anderen aber ist der Hauptgrund ein Mangel an Erkenntnis der den Gläubigen gegenwärtigen, völligen Erlösung von aller verunreinigenden Sündenmacht und demgemäss ein Mangel an der Vertrauensgewissheit, dass Jesus vor jeder wirklichen Sünde bewahren und in jeder Anfechtung und Versuchung als der gute Hirte, ohne dass es zu Sündenfällen und inneren Verunreinigungen kommt, durchleiten kann und will (1. Kor. 10, 12-13).

Man erwartet Straucheln und eine gewisse Machtentfaltung des Fleisches und es geschieht dem Halbglauben und Unglauben gemäss. Wo nun diese in Gottes Wort gegründete Überzeugung nicht ist - dass es fortwährende Bewahrung vor jeder Sünde in Jesu möglich ist und dass Jesus willig und mächtig ist, den ganzen Menschen, der sich ihm im Glauben ganz ergibt, nach Geist, Seele und Leib zu heiligen und in grossen und kleinen Anfechtungen täglich und stündlich sein gegenwärtiger Herr, Leiter, Beschützer und Retter zu sein - da ist völlige Hingabe an Jesus zur Heiligung unmöglich.

Dies ist von grösster Wichtigkeit, dass wir uns darüber klar sind, dass niemand sich Christus zur gründlichen Heiligung und steten Bewahrung vor Sünden völlig hingeben kann, der aus Gottes Wort nicht völlig überzeugt ist, dass solche Heiligung und Erlösung von aller Ungerechtigkeit und von allen das Gewissen befleckenden Unreinigkeiten jetzt für ihn in Christus stetiger Führung möglich und erreichbar ist.

Es ist ein Grundgesetz des menschlichen Geistes, dass niemand sich zu einer guten Tat moralisch angetrieben und verpflichtet fühlen kann, von der er fest überzeugt ist, dass sie von ihm unmöglich vollbracht werden kann. Er kommt sich vor wie ein Schuldner, der seine Schulden nicht bezahlen kann.

So kann auch der Christ sich völlig angetrieben und verpflichtet fühlen, sich zu steten, heiligen Dienst Gott zu ergeben, so lange er die Überzeugung hat, dass für ihn, den mit Erbsünde behafteten ein stetes, heiliges Leben diesseits des Grabes eine reine Unmöglichkeit ist und dass keine übernatürlichen Kräfte ihm dazu zur Verfügung stehen. Er mag einsehen, dass er eigentlich heilig sein sollte, dass Sünde in einem Christen etwas sehr hässliches und schmerzliches ist, dass ihn seine Sünden und Unreinigkeiten vor Gott in Schuld bringen und ihn unfähig machen, rechten, seligen Frieden in der Gemeinschaft Gottes zu haben.

Aber er kann sich nicht wirklich angetrieben und verpflichtet fühlen zu einem Zustande und einer Handlungsweise, die er für unausführbar und unerreichbar hält. Ja, da er der Meinung ist, dass nur ein Irregeführter sich je einbilden könne, einen solchen heiligen Zustand und solche Siegeskraft in Christus zu erreichen und zu besitzen, so wird er von diesem Streben als vor etwas nicht nur Unmöglichem, sondern auch Vermessenem zurückschrecken.

Es ist ein damit zusammenhängendes Erfahrungsgesetz des menschlichen Geistes, im Natürlichen als auch im Geistlichem, dass der Wille des Menschen von seiner Überzeugung oder Glauben abhängt. Wenn ein Mensch, welcher bis jetzt recht gut gehen konnte, die feste Überzeugung oder Einbildung bekommt, dass er durchaus nicht gehen könne, so kann er auch nicht dazu den Willen in Bewegung setzen oder den Willensentschluss dazu fassen und kann es daher wirklich nicht.

Ebenso, wenn ein Christ der festen Meinung ist, dass er auch nicht durch die Erlösungsgnade und Führung Christi in den Stand versetzt werden kann, ein reines Herz zu erhalten und ohne sündiges Straucheln den Tag über vor Gott zu wandeln, so kann er sich zu solch heiligem Wandel weder wirklich verpflichtet und angetrieben fühlen, noch auch den festen Entschluss dazu fassen und seinen ganzen Willen dazu hingeben. Er kann bei solcher innerer Stellung die Willensentscheidung fassen, viele gute Werke zu tun und allmählich in der Heiligung zu wachsen; aber er kann nicht den festen, unabänderlichen Entschluss fassen und seinen ganzen Willen dazu hingeben, durch die Macht des Blutes Jesu jeder Sünde siegreich zu widerstehen und ein immer gehorsames, reines Eigentum Jesu zu sein.

Niemand kann wirklich den Willen haben, jetzt und heute in Jesu Kraft heilig zu sein und heilig zu wandeln, wenn er dies jetzt in seiner gegenwärtigen Lage für unmöglich und unerreichbar hält und wenn er nicht die Glaubensüberzeugung hat, dass auch Jesus für ihn heute ein gegenwärtiger und von allen Sünden erlösender Heiland ist und sein will (Matth. 28,20 / 1. Joh. 1,7).

Wir sehen aus allen diesen gottgeordneten Gesetzen der menschlichen Seelentätigkeit, wie wichtig die rechte, klare, biblische Lehre von der gegenwärtig möglichen Heiligung und Herzensreinheit in Jesu ist und wie niemand sichere Tritte in der Heiligung tun kann, der nicht vorher in der biblischen Lehre von der Heiligung durch Christi Blut und von der Allmacht der reinigenden und rein bewahrenden Gnade Christi fest gegründet und überzeugt ist. Es ist also klar und offenbar, dass solange der grösste Teil der gläubigen Christen der festen Überzeugung sind, dass sie täglich sündigen müssen - so lange wird auch kein festes, zielgewisses Streben nach Heiligung in ihnen sein.

So rennt auch manche Seele gegen die Sündenketten an, die sie binden; aber sie hat keine Hoffnung auf Befreiung und macht keinen ernstlichen Versuch, im Glauben an den gegenwärtigen Erlöser frei zu werden.

Ein gläubiger Christ, der sich Christus zum bleibenden Eigentum und steten Gehorsam in der Kraft des Heiligen Geistes ergeben will, muss überzeugt sein, dass er die Gebote (d.h. Aufträge und Anweisungen) Gottes im Glauben an Jesus wirklich halten und befolgen kann, dass der barmherzige Vater ihm, seinem Kinde in Christo, keine unmöglichen, unerträglichen Gebote und Befehle gibt.

Ein Kind Gottes muss die innere Glaubensgewissheit und kindliche Zuversicht haben, dass der gute Hirte Jesus, ihm alle tägliche Befehle und Aufträge mit vorsorglicher Weisheit und Rücksichtnahme auf seine Kraft gibt und nichts befiehlt, was ihm im Glauben nicht auch möglich wäre.

(1. Joh. 5,3-5 / Matth. 11, 29-31).

Dem gegenwärtigen Erkenntnis- und Glaubensstandpunkt gemäss soll die Hingabe stets ganz sein. Aber vom Standpunkte Gottes objektiv betrachtet ist niemand völlig und vollendet Jesus übergeben; denn kein Christ ist so völlig Gott geweiht, dass er bei tieferen Offenbarungen von Jesus Gnadenmächten und Jesu heiliger Liebe sich nicht noch völliger Gott ergeben und auf den Altar Christi in noch vollkommenerer Weise zum heiligen, Gott wohlgefälligen Opfer legen müsste.

Die Ermahnung an die Christen in Laodizäa zur völligen Übergabe.

Offb. 3,14-22.

Dass Abweichungen und Schwankungen auch bei bekehrten Christen oft eine erneute Reinigung und Hingabe an Jesus in einem bestimmten Vorgange nötig ist und dann zu neuer innerer Kraft und Seligkeit in Jesus führt, dafür ist unter anderen eine klare Beweisstelle in Offb. 3, 20: „Siehe ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich eingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.“

Diese Worte sind, was sehr bemerkenswert ist, an eine christliche Gemeinde gerichtet, welcher die strafenden Worte gesagt werden mussten: Ich weiss deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist: „Ich weiss deine Werke, dass du weder kalt noch warm bist…….werde ich dich ausspeien aus meinem Munde, du sprichst: ich bin reich…..und weisst nicht, dass du bist und weisst nicht, dass du bist elend und jämmerlich, arm, blind und bloss.“

Den Christen unserer Zeit tut eine völlige Glaubenshingabe an Jesus besonders not.

Wie mit den Christen zu Laodizäa, so steht es auch mit den Christen unserer Zeit. Jeder, der mit etwas geistlichem Sinne die Christenherzen unserer Tage etwas näher kennen gelernt hat, wir darin zustimmen, dass es an der wahren geistlichen Armut, an der entschiedenen Weltentsagung und der völligen Herzenshingabe an Jesus vielfach und oft in sehr trauriger Weise mangelt. Man will wohl ein gläubiger Christ sein, aber um Jesus Willen meiden, leiden und opfern will man nicht. Während der Teufel viele Diener hat, finden sich zehntausende von bekehrten Christen, die fast gar nichts für den Herrn opfern wollen, sondern sehr darauf bedacht sind, dass ihnen alles christliche Tun mit weltlicher Ehre und weltlichem Nutzen und Annehmlichkeiten des Wohllebens belohnt werde.

Man will wohl ein gläubiger Christ sein und religiösen Trost sich sagen lassen, aber man will nicht von vornherein mit der Führung Gottes sich zufrieden geben. Die Mehrzahl können ihre Zukunft und alles was sie haben noch nicht Gottes Vaterhände legen und noch nicht fest glauben, dass der Weg zum Sterben mit Christus zum Leben der beste ist und können noch nicht mit williger Ergebung sprechen: Dein Wille geschehe.“

Die Heiligung des Namens Gottes, das Kommen des Reiches Jesu und das Geschehen des Willens Gottes sind noch nicht in Wahrheit ihre ersten Bitten und ihr Hauptwunsch, sondern viel Eigenes steht in ihrem Herzen noch darüber. Aus dieser mangelhaften Glaubenshingabe kommen dann in den Proben und Versuchungen des Lebens die vielen inneren Strauchelungen (Der Versuchung zum Opfer fallen) und Beängstigungen. Eine halbe Glaubenshingabe an Jesus gibt eben ein schweres Christenleben mit viel Schmerz und Enttäuschung und wenig Friede und Freude. Solche Christen haben die Schmerzen der Weltkinder und die Schmerzen des christlichen Herzens zugleich zu tragen, ohne dass der Friede Gottes in ihren Herzen stets triumphieren könnte.

Es liegt auf der Hand, dass solche Seelen keine rechten Streiter für Jesus sind, die ihm Ehre machen und viel ausrichten.

Das Wesen der völligen Übergabe

Nachdem wir gesehen haben, dass eine völlige Hingabe an Jesus zur tieferen Heiligung nötig ist, so ist es gut, dass wir uns über das Wesen dieser Hingabe noch gründlicher klar werden.

Hauptstellen: Röm. 12,1-2 / 14,7-9 / 2. Kor. 5,14-21 / Gal. 2,19-21 / 5,1-26.

Wer an das grosse erlösende Wunder des Opfers Jesu wirklich durch den Heiligen Geist innig glaubt, der verliert mit Freuden in der Liebeshingabe sein vermeintliches Eigentumsrecht über sich. Er sieht: Ich habe gar kein Recht mehr für mich und meine Ehre, meinen Gewinn und mein Vergnügen zu leben, sondern nur als ein durchs Blut rechtmässig erkauftes, gehorsames Eigentum Jesu habe ich noch ein Existenzrecht und kann ich noch glücklich werden.

So stirbt am Kreuze (und sonst nirgends) die Grundsünde des Menschen, der hochmütige Selbstständigkeitssinn Gott gegenüber. Dann will der Mensch nicht mehr wie Adam und Eva, ohne Gott etwas sein, werden, haben und geniessen und nicht mehr selbst wissen und bestimmen was gut und böse ist, sondern er sieht ein: Alle meine Lebenskräfte müssen aus dem auferstandenen Leben Christi kommen und alle meine Lebenswurzeln und Bestrebungen müssen auf Gott gehen und nur so darf ich in der Welt leben und Gottes weltliche Gaben gebrauchen; sonst bin ich bei allem guten Scheinen doch durchaus sündig, untreu und dem Verderben verfallen.

Was soll uns nun zu solchem Selbstopfer die Kraft geben?

Die in unser Herz, ausgegossene Liebe durch den Heiligen Geist. (Röm. 5,5 / 2. Kor. 5,14-15 / Röm. 14, 7-9 / 1. Joh. 4,18).

Nur durch den Heiligen Geist der Liebe kann solch ein Opfer der Liebe von uns wirklich gebracht werden. Nur in ihm können wir treu und selig verharren.

Denn auch Christus, als unser menschlicher Vorgänger, hat sich nicht nur durch den Heiligen Geist so heilig und Gott wohlgefällig opfern können. Vgl. Hebr. 9,14 „Christus hat sich selbst durch den Heiligen Geist Gott geopfert.

Man darf die Bedeutung des Leibes, als des Organes, durch das die Seele auf Erden wirken muss, für das ganze Christenleben nicht unterschätzen. Die Erbsündigkeit besteht zum grossen Teile gerade darin, dass die Menschen Fleisch geworden sind und dass der Leib mit seinen erlaubten und unerlaubten Trieben sich ganz in die Herrschaftsstellung gedrängt hat. Der Geist und die Vernunft müssen in dem sündigen Menschen dem Leibe dienen, um ihm seine Triebe und Begierden der Augenlust und dem Übermut des Lebens befriedigen helfen.

Die Folge dieses verderbten Zustandes ist es auch, dass die Religion von den Menschen so oft ganz in den Dienst des Irdischen und Leiblichen herabgezogen wird.

Auch die völlige Übergabe kann und soll der wachsenden Erkenntnis und der wachsenden Aufgaben gemäss wachsen und sich vertiefen.

Aber wenn nach einiger Zeit teilweisen Abirrens oder des Mangels an Erkenntnis der Heiligungsmacht Jesu die Hingabe eine entschiedene, bestimmte und einmalige sein soll, so schliesst dies nicht aus, dass sie eine sich vertiefende ist, je mehr unsere Erkenntnis von der Heiligkeit Gottes und Liebe Christi und der Grösse unserer christlichen Aufgaben wächst. Bei jeder neuen, grossen Aufgabe, jedem neuen grossen Leiden, oder wunderbaren Durchhilfe kommt es, wenn das Herz richtig steht, zu einer erneuten und vertieften Hingabe an Jesus.

Wir tun gut daran, von Zeit zu Zeit zu prüfen, ob unsere Hingabe noch so völlig sei, wie einst.

Wir sollen immer wieder um das Feuer des Heiligen Geistes bitten, dass unsere Hingabe eine immer völligere sein kann!

Denn nur durch den Heiligen Geist können wir als ein lebendiges, gottwohlgefälliges Opfer auf dem Altar des Kreuzes Christi bleiben.

Es ist also auch bei einer einmaligen Hingabe noch Raum genug für den allmählichen Fortschritt, um den viele so besorgt sind, dass sie lieber mit einer teilweisen Hingabe sich begnügen. In der Tat ist es aber so, dass nur bei gänzlich, völliger Hingabe dieser allmähliche Fortschritt gesichert ist und dieselbe ein allmählicher Rückschritt zu befürchten ist. Denn wenn der Christ noch nicht völlig Gott ergeben und geweiht ist, so kann er nicht mit vollem Vertrauen gewisse Hilfe und Gnadenbeistand zu innerem Wachstum erwarten.Wenn man manchen Christen, der so für allmähliches Wachstum und gegen diese entschiedenen Übergabe redet, fragt: Bist du denn in den Letzten Jahren geistlich gewachsen? So muss er antworten: „Davon spüre ich wenig, eher spüre ich Rückgang.

Besonders soll ein Straucheln oder ein Verstricktwordensein in sündige Dinge den Christen antreiben, dass er nach der Ursache und nun gründlicher den sündlichen Dingen und allem eigenem Leben absterbe und sich völliger Christus hingebe.

Zeugnisse aus alter und neuer Zeit von einer gesegneten zweiten, völligen Übergabe im Leben gesegneter Christen.

In vielen Lebensläufen gesegneter Jünger und Jüngerinnen Jesu bestätigt es sich durch die Erfahrung, dass sie nach einer zweiten, völligeren Übergabe an Jesus zu einer bestimmten Zeit eine bedeutende Vermehrung ihrer geistlichen Kraft, innerer Freudigkeit und Fruchtbarkeit erfahren durften, die auch für das ganze Leben blieb.

Nachdem Teerstegen schon viele Jahre ganz von der Welt abgeschieden nur in Jesus gelebt hatte, kam es bei ihm nach einer Zeit fünfjährigen Halbdunkels in der Gründonnerstagsnacht 1724 durch die Macht der Liebe Christi zu einer solchen völligen Übergabe, in der er sein ganzes Leben geblieben ist. Er machte sie schriftlich mit folgenden Worten:

Meinem Jesu!

Ich verschreibe mich Dir, meinem einzigen Heiland, Jesu Christo, zu deinem völligen und ewigen Eigentum. Ich entsage von Herzen allem Recht und Macht, so mir der Satan über mich selbst zu Unrecht möchte gegeben haben, von diesem Abend an, an welchem Du, mein Blutbräutigam, mein Goel(?), durch deinen Todeskampf, Ringen und Blutschwitzen im Garten Gethsemane mich Dir zum Eigentum erkauft, die Pforte der Hölle zersprengt und das liebevolle Herz Deines Vaters mir eröffnet hast. Von diesem Abend an sei Dir mein Herz und meine ganze Liebe auf ewig zum schuldigen Dank ergeben und aufgeopfert!

Von nun an bis in Ewigkeit nicht mein, sondern dein Wille geschehe! Befiehl, herrsche und regiere in mir; ich gebe dir Vollmacht über mich und verspreche, mit deiner Hilfe eher mein Blut bis auf den letzten Tropfen vergiessen zu lassen, als mit Willen und Wissen, in- und auswendig, Dir untreu oder ungehorsam zu werden. Siehe da hast du mich ganz, süsser Seelenfreund, damit ich in keuscher, jungfräulicher Liebe Dir stets anhange. Dein Geist weiche nicht von mir; Dein Todeskampf unterstütze mich. Ja, Amen. Dein Geist versiegle es, was in Einfalt geschrieben, Dein unwürdiges Eigentum.

In dieser Übergabe Urkunde ist das Wesen der Herzensübergabe zur völligen Heiligung so klar und deutlich beschrieben, wie es kaum besser geschehen kann.

Alles was in den letzten Jahren über diese tiefe Herzensübergabe zur stetigen Heiligung durch das Bleiben in Jesus Gutes gesagt und geschrieben ist, das ist hierin schon enthalten.

Die völlige Übergabe durch den Heiligen Geist zum bleibenden, geheiligten Opfer auf den Altar des Kreuzes ist, wenn man tiefer nachforscht, das innerste Heiligtum des Glaubens und das Geheimnis der Kraft und des Sieges bei allen tiefer geheiligten Seelen, mag nun ein zeitlich bestimmte zweite Übergabe stattgefunden haben oder nicht.

In manchen unserer besten Gesangbüchern lautet eine gerade oft die tiefsten und herrlichsten Lieder zusammen gefasste Überschrift: Von der Übergabe des Herzens an Jesus. Es sind dies fast sämtliche Lieder, welche die heiligen Sänger nach besonderen inneren Erfahrungen im Christenlaufe und nach einer erneuten, völligen Hingabe an Jesus gedichtet haben.

In den letzten Jahren haben im Zusammenhange mit der Heiligungsbewegung viele Hunderte von Seelen und unter diesen vielen Männer, welche schon als reich gesegnete, bekannt waren, klares Zeugnis abgelegt, dass sie durch eine völlige Glaubenshingabe ihres ganzen Wesens an Jesus, einen bisher nicht geahnten Frieden und stete Siegeskraft in allen Versuchungen des Lebens erlangt haben. 1.Joh. 2,13-14).

Bei einer völligen Hingabe findet meistens aber an irgend einem Punkte ein Kampf statt, zwischen der Seele und dem Geiste Gottes, über einen Winkel im Herzen, in welchem der alte Mensch noch herrscht und nicht streben will, oder über einen Götzen, oder über ein tief eingewurzeltes Misstrauen und einem Kleinglauben in Bezug auf die heiligende Gnadenmacht Christi oder über einen Rest von Selbstvertrauen und Selbstheiligungssterben.

Schwierigkeiten bei der völligen Übergabe in Bezug auf das Gefühl.

Eine besondere Schwierigkeit zeigt sich bei Christen die nach dem Heilswege trachten, die dann sagen: Wie haben nun vor dem Kreuze Christi alle erkannte Sünde und allem eigenem Wirken entsagt und uns ganz Jesu, zum gehorsamen Eigentum und Liebesdienst ergeben; aber wir fühlen es nicht, dass es mit uns anders geworden ist. Wir sind fast noch genauso zaghaft und schwach wie vorher.

Es fehlt hier an der klaren, kindlichen, zuversichtlichen Glaubenserkenntnis, dass wenn uns der Heilige Geist zur gänzlichen Hingabe an Jesus gebracht hat, er auch unbedingt seinem Versprechen gemäss willig ist, das ihm anvertraute Opfer anzunehmen und zu heiligen (wir fühlen es, oder fühlen es nicht) wenn wir unsere Hingabe gemäss Vertrauen auf Jesus wandeln. Die Übergabe ist nicht eine Sache des Gefühls, das immer schwankend ist, sondern der Heilige Geist ist es, der unseren Willen und unsere Treue stark macht, diesen Schritt zu tun.

Wer weiss, dass er sich mit ganzem Willen Jesus ergeben hat, der soll auch im Glauben wissen, dass Jesus ihn angenommen hat zu seinem Tempel und bräutlichen Eigentum, um ihn nun von der Welt, dem Teufel, der Sünde und dem Fleisch zu beschützen und täglich und stündlich sicher auf heiligem Wege zu leiten, so dass er im Glauben auch ohne Gefühl allezeit sagen kann:

Sicher in Jesu Armen, sicher an seiner Brust,
Ruhend in seiner Liebe, da find ich Himmelslust.

Solches Vertrauen, wenn es sein muss ohne besondere Gefühle, bringt und erhält Frieden, zwar nicht immer selige Gefühlswallungen, aber doch ein beruhigendes Bewusstsein des Geborgenseins und des gewissen Sieges.

Übergabe und Liebe.

Man könnte die gänzliche Hingabe an Jesus auch nach dem Vorgange vieler Bibelstellen als ganze Liebe uns Liebeshingabe und Liebesgehorsam zu Gott und Jesu bezeichnen. Es heisst in Joh. 14, 21-23: „Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist es, der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden und ich werde mich ihm offenbaren.“ „Wer mich liebt, wird mein Wort halten und mein Vater wird ihn lieben und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm machen.

Dies Wort ist eine Ermahnung und eine Verheissung an begnadigte Gotteskinder und an Jünger und enthält die wichtige Lehre, dass nur solche Jünger - die sich Jesu in treuer Liebe ganz hingeben und seine Gebote befolgen - die herrliche Einwohnung der Liebe des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes, werden geniessen können.

Wer im Glauben Vergebung und Glaubenskräfte erlangt hat, der soll auch, die ihm geschenkte Liebeskraft nun üben. Je mehr er liebt, wird er fähig durch die Glaubenshingabe in immer tiefere Gemeinschaft mit der Liebe des himmlischen Vaters zu kommen und von ihr allein getrieben zu werden.

Es geht alles von Glauben zu Glauben, dass aus dem Glauben an Jesus die Liebe geboren wird und je mehr diese Liebe in Liebeshingabe und Liebesgehorsam geübt wird, desto mehr kann sich der Glaube die Kräfte und das Wesen Jesu aneignen und so die Seele ein Tempel Gottes werden. Wer die vom Heiligen Geist empfangene, göttliche Liebeskräfte nicht in treue Übung setzt, der wird auch unfähig zu Grösserem und mehr von dem göttlichen Leben - er wird unfähig mehr von dem göttlichem Leben und der göttlichen Liebe im Glauben zu erfassen.

In diesem Sinne sagt Zinzendorf. „Lass dich jenes umso heisser lieben, als es noch im Glauben sich muss üben.“

Mancher dem das Wesen der Übergabe unter diesem Wort nicht recht verständlich und unausführbar erscheinen will, wird es besser verstehen, wenn es ihm als Liebeshingabe erklärt wird.

Andere möchte die Übergabe am klarsten erscheinen, wenn sie als unbedingter Glaubensgehorsam so erklärt wird, dass völliger Gehorsam und völliger Glaube die beiden notwendigen Mittel zur Teilnahme an der stets rein bewahrenden Kraft des Blutes sind. Jedenfalls haben wir festzuhalten, dass der Glaube und die Übergabe oder Vertrauen und Gehorsam nicht zu trennen sind.

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