Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 57. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 57. Psalm.

Auch dieser Psalm gehört zu denjenigen, welche als ein köstliches, güldenes Kleinod Davids überschrieben sind und welche von David in der alleräußersten Noth und Trübsal gebetet worden sind, ihm eingegeben von dem heiligen Geist. Es ist das jederzeit bei den Kindern Gottes die Erfahrung gewesen: Wenn die Noth am größten ist, so ist Gottes Hülfe am nächsten. Wenn alle andern Wege abgeschnitten werden, so macht sich Gott auf, um zu zeigen, daß Er ein Meister im Helfen ist und da lernt der Christ nicht zu schauen auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare, worin eben das Wesen des Glaubens besteht. Es heißt in einem Gesange: Wenn Trost und Hülfe mangeln will, wenn Niemand mehr kann rathen, so setzet Gott der Noth ein Ziel und hilft durch Wort und Thaten; und gerade so ist es. Stellt euch vor, damit ihr den Psalm recht versteht, in welcher Lage sich David befand, als er ihn betete. Er war auf der Flucht vor dem König Saul, der ihm den Tod geschworen hatte. Aus seinem Hause glücklich entkommen, hatte sich David in die Wüste begeben und da eine Wohnung gesucht, wo sonst kein menschlicher Fuß hinkommt. Aber auch da ließ ihm Saul keine Ruhe, er dürstete nach Davids Blut.

So war er ausgezogen mit 3000 seiner Leute David gefangen zu nehmen, und hätte Gott David nicht beschützt, sicherlich wäre er in Sauls Hände gerathen. Endlich blieb für David nichts anders übrig, da Saul ihm ganz nahe war, als in eine Höhle zu fliehen, der es so viele in der Wüste Juda gab. Da saß nun David mit seinen 400 Treuen in dem tiefsten Winkel der Höhle und Saul mit seinen 3000 Kriegern war ihm auf den Fersen, die Nacht rückt heran und mit ihr kommt Saul der Höhle immer näher. Was soll nun werden? Muß sich David nicht verloren geben? Alles kommt jetzt darauf an, daß er nicht entdeckt wird. Da bringen ihm die Leute, welche er als Wächter ausgestellt hat, die Botschaft: Saul kommt in die Höhle und will darin mit seinen vornehmsten Generälen und Offizieren ruhen, die andern Soldaten aber sollen vor der Höhle wachen. Dabei merkt euch, Saul war nicht ein Feind wie andere Feinde. Bei andern Feinden hätte David sprechen können: Ihrer sind 3000 Mann und wir 400, aber es ist eine Kleinigkeit durch Gottes Kraft 3000 mit 400 zu besiegen! und dann wäre ein Kampf auf Leben und Tod angefangen, der von David entweder mit einem ehrenvollen Tode oder mit einem ehrenvollen Siege beschlossen wäre. Aber das durfte und konnte David nicht thun, weil er ein frommer Mann war. Der Mann, der vor der Höhle lagerte, ja der sich in die Höhle begeben hatte, war sein König, und gegen seinen König darf man die Hand nicht erheben, gegen den darf man nicht kämpfen. Und ob der König uns mit Füßen treten wollte, was oft genug schon geschehen ist von gottlosen Königen, so bleibt uns nichts anders übrig, als zu dulden und zu beten.

Wir dürfen Vorstellungen machen dem ungerechten Könige, aber nie darfst du deine Hand gegen ihn erheben, denn es steht geschrieben: Dem Obersten deines Volkes darfst du nicht fluchen 2. Mose 22,28. Wird David verfolgt, so darf er sich nicht wehren, darf auch seinen Leuten nicht befehlen noch erlauben das Schwert gegen den König zu ziehen. Wie macht es David? Wie es die Kinder Gottes immer machen. Da er auf das Sichtbare ganz verzichten muß, so richtet er seine Augen auf das Unsichtbare und fängt so mächtig an zu beten, daß dieses Gebet mit Recht ein güldenes Kleinod Davids genannt wird. Wer so beten kann, daß er nicht im geringsten an der Hülfe Gottes zweifelt, der ist wie mit 100,000 Kriegsleuten umgeben und Niemand darf ihn antasten. David spricht: Sei mir gnädig, Gott, sei mir gnädig; denn auf Dich trauet meine Seele, und unter dem Schatten Deiner Flügel habe ich Zuflucht, bis daß das Unglück vorüber gehe. Ich rufe zu Gott, dem Allerhöchsten, zu Gott, der meines Jammers ein Ende macht. Er sendet vom Himmel und hilft mir von der Schmach meines Versenkers. Gott sendet Seine Güte und Treue. Alle andere Hülfe ist aus, aber Gottes Hand nicht; auf Menschen kann er nicht mehr rechnen, sei Du mir gnädig, sagt er; von der Erde erwartet er keine Hülfe, sende Du mir Deine Hülfe vom Himmel, mein Gott. Und daß Gott das thun wird, das weiß er, denn Gott ist gütig und treu. Gott sendet Seine Güte, denn die Bibel sagt, daß Er gütig ist und darum Seine Lust hat am Helfen. Und ist es wahr, daß Gort gütig ist, daß Er Seine Lust daran hat den Menschen zu helfen, wird Er denn nicht auch David helfen? Bist Du gütig, so hilf mir, denn Du siehst, daß ich in der Noth bin.

Aber auch die Treue zwingt Gott zur Hülfe. Denn hat Er nicht gesagt: Rufe Mich an in der Noth, so will Ich dich erretten und du sollst Mich preisen? Ps. 50,15 und: Der HErr erhört Gebet, darum kommt alles Fleisch zu Ihm? Ps. 65,3. Hilft Gott nicht, so ist Sein Wort ein Lügenwort und Seine Treue wird zu Schanden. So muß alles Gebet des Glaubens erhört werden. David ist im Gebet zu Gott gegangen und hat gesagt: Ich kann und darf mir nicht helfen, nun hilf Du mir durch Deine Güte, Treue und Allmacht. Mit solchem Gebet dringt David durch und erlangt den Sieg, daß er, da noch nichts von Hülfe zu sehen ist, schon anfängt zu danken und zu preisen für die Erhörung -seines Gebets. Er sagt: Mein Herz ist bereit, Gott, mein Herz ist bereit, daß ich singe und lobe. Wache auf, meine Ehre, wache auf Psalter und Harfe; frühe will ich mich aufmachen. HErr, ich will Dir danken unter den Völkern, ich will Dir lobsingen unter den Leuten. So gewiß ist er der Erhörung seines Gebets, daß er angefangen hat mit Bitten und Flehen und aufhören kann mit Loben und Danken. Seht, das ist Glaubensgebet. Mögen die Dinge so schlimm stehen, wie sie wollen, das schadet nichts, wenn man nur im Glauben beten kann. Er beschreibt seine schwere Lage mit den Worten: Ich liege mit meiner Seele unter den Löwen. Die Menschenkinder sind Flammen, ihre Zähne sind Spieße und Pfeile, und ihre Zungen scharfe Schwerter. Erhebe Dich, Gott über den Himmel, und Deine Ehre über alle Welt. Sie stellen meinem Gange Netze, und drücken meine Seele nieder; sie graben vor mir eine Grube, und fallen selbst darein. Ja, die Noth ist groß, aber David hat schon weit überwunden und den Sieg in den Händen, darum: Lobe den HErrn meine Seele, und was in mir ist Seinen heiligen Namen, denn wir haben einen Gott, der da hilft, und den HErrn HErrn, der vom Tode errettet; Seine Güte ist so weit der Himmel ist und Seine Wahrheit, so weit die Wolken gehen. Von dieser Kunst des Betens sagt Johannes: Und das ist die Freudigkeit, die wir haben zu Ihm, daß, so wir etwas bitten, d. h. im Glauben, nach Seinem Willen, so höret Er uns. Und so wir wissen, daß Er uns höret, was wir bitten, so wissen wir, daß wir die Bitte haben, die wir von Ihm gebeten haben 1. Joh. 5,14-15. Ich brauche nichts von der Hülfe zu sehen, brauche nur im Glauben gebetet zu haben und ich habe die Erhörung meines Gebets. Das Beten, das wahre Beten kann nur im Glauben geschehen, und alles Gebet, das nicht im Glauben geschieht, d. h. mit der wahrhaftigen Zuversicht, mein Gebet ist erhört, kann wohl Lippengeplapper genannt werden, aber kein Gebet. Daher könnt ihr sehen wie wenig gebetet und wie viel geplappert wird. Luther nennt mit Recht das Vater Unser den größten Märtyrer; mit den Lippen beten es Alle, mit dem Herzen aber die Wenigsten. Die Menschen, welche beten und nicht glauben, daß ihr Gebet erhört wird, die kommen mir vor wie eine Räuberbande , welche in den Wald ruft und sich dann auf die Lauer legt, ob es auch Jemand gehört hat. Gott hat das Gebet besohlen, die Menschen thun es auch, aber den Glauben, daß Gott ihr Gebet erhört habe oder erhören werde, haben sie nicht. Diese Leute kommen mir vor wie die Boten der Pharisäer, welche auflauern sollten, ob Jesus nicht etwas sagen würde, womit sie Ihn zu Schanden machen könnten. Da habt ihr zugleich die Antwort auf die Rede so vieler Menschen, welche sagen: Ich weiß auch gar nicht, warum mein Gebet nicht erhört wird? Höre, du betest nicht, du plapperst nur mit den Lippen; aber nicht dem Lippenplapperer, sondern dem Beter hat der HErr die Erhörung zugesagt. Fang einmal an im Glauben zu beten, - welchen Glauben aber nur der heilige Geist geben kann - ich sage dir, du sollst die Wunder Gottes schauen. Wer im Glauben betet, der zweifelt nicht an der Erhörung, denn Gott kann nicht lügen; Er sendet Seine Güte und Treue, und darum muß dein Gebet erhört werden. Amen.

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