Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 34. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 34. Psalm.

Vers 1-11.

Dieser Psalm ist überschrieben: Ein Psalm Davids, da er seine Geberde verstellte vor Abimelech, der ihn von sich trieb, und er wegging. 1. Samuelis 21 wird uns erzählt, was für eine Sache das gewesen sei. David befand sich bei Saul in solcher Todesgefahr, daß er es bei ihm nicht aushalten konnte. Da meinte er, bei den Erzfeinden Israels, bei den Philistern, lebe er sicherer, als bei Saul, seinem Könige und Schwiegervater; und so ist's auch, die Frommen sind bei ihren Feinden, den Heiden, sicherer, als bei ihren abgefallenen Glaubensgenossen. Der Haß der Heiden ist ein menschlicher, der Haß der abgefallenen Christen aber ist ein teuflischer. So viel ärger der Teufel ist, als die Menschen, so viel ärger ist auch der teuflische Haß der abgefallenen Christen, als der Hatz der unbekehrten Heiden. Darum gedachte David mit Recht: Bei den Philistern kann ich sicherer wohnen, als bei meinem Volk Israel und bei meinem König und Schwiegervater Saul. Hier scheint nun ein Widerspruch in der Bibel zu sein, denn in unserm Psalm heißt der Philisterkönig Abimelech und 1. Sam. 21 heißt er Achis. Da freuen sich die Gottlosen und sprechen: Seht ihr wohl, die Bibel ist ein Lügenbuch, sie widerspricht sich selbst. Aber wie dumm würde doch die Schrift sein, wenn sie sich so selbst widerspräche, und David ist ja selbst bei dem Philisterkönig gewesen, der mußte es doch wissen. Die Leute, die über die Bibel herfallen, das sind die Dummen, sie zeigen, daß ihre Dummheit die Ursache des Widerspruchs ist. Wären sie ein bischen klüger, so würden sie wissen, daß Abimelech der Titel, Achis aber der Eigenname gewesen ist, etwa wie wir sagen: König Georg. So ist auch dieses kein Widerspruch. Wir finden Aehnliches auch öfter in der Bibel, z. B. die Könige Egyptens hießen alle Pharao, und da hieß denn der Eine Pharao Hophra, der Andere Pharao Necho u.s.w.; die Königinnen von Mohrenland hießen alle Kandace. Als David nun bei Abimelech war, sagten dessen Diener zu ihm: Das ist der David, der die Philister schlug, auf, laß ihn greifen! Als David das hörte, verstellte er sein Angesicht vor ihnen, kollerte unter ihren Händen, stieß sich an die Thür am Thor und sein Geifer stoß ihm in den Bart. Da sprach Achis zu seinen Knechten: Bringt den Unsinnigen weg, haben wir nicht schon Unsinnige genug im Volk, daß ihr diesen auch noch herbringt und er bei uns rase? So ward David weggeschickt und entrann der Gefahr. Das war nun alles klug und geschickt von David eingerichtet, aber recht war es nicht, denn er log, da er seine Geberden verstellte. Er meinte freilich, die Noth triebe ihn dazu, es sei eine Art Kriegslist, daß er das thäte. Ja, so sprechen die Leute und sind dann in der Gefahr, die allerschändlichsten Lügner zu werden, weil sie immer einen Vormund haben und einen Ausweg wissen; ihre Klugheit führt sie in die Sünde hinein. Gerade die klügsten Leute sündigen und lügen oft am meisten. So konnte auch der König David, der sonst ein Mann heißt nach dem Herzen Gottes, so tief in den Unglauben fallen. Und er hätte doch jeden getrost ins Angesicht sehen können, wie er nachher that: Wenn sich ein Heer wider mich leget, so fürchte ich mich nicht. Aber so geht es, wenn man auf das Sichtbare und nicht auf das Unsichtbare sieht. Als Petrus auf Jesum sieht, da geht er auf dem Meere; als er auf die sichtbaren Wellen sieht, da geht er unter. Matthäi 14, 27-32. So auch David. Aber, o ein gnädiger Gott, der sich auch der Schwachen annimmt, daß Er auch hier David nicht verstößt! Er errettet ihn, und wird nachher gewiß ihn hinlänglich erleuchtet haben durch den heiligen Geist, daß er sich in Buße zu Gott wandte mit der Bitte um Vergebung der Sünden. Und hat das ein Sünder gethan, so nimmt Gott ja die Sünden so völlig hinweg, als würfe Er sie ins Meer; die Sünde ist ganz vergeben. Dann geht das Loben und Danken, das Rühmen und Preisen an. Einen solchen seligen Lobgesang haben wir auch hier vor uns im 34. Psalm. David hebt an: Ich will den HErrn loben allezeit, Sein Lob soll immerdar in meinem Munde sein. Sein ganzes Leben weiht er da dem HErrn und dem Lobe Gottes allezeit, immerdar will er Ihn loben. Er will Ihn auch nicht bloß im Stillen loben, sondern laut soll sein Lob erschallen. Ich will Ihn nicht bloß loben, sondern in meinem Munde soll Sein Lob sein, daß es nicht im Herzen verborgen bleibe, sondern aus den Lippen ertöne. David hat nie zu den Frommen gehört, die sich mit ihrer Frömmigkeit verkriechen und sprechen: Nur ganz still, daß kein Mensch meine Frömmigkeit erfährt. Das ist das falsche Christenthum der neumodischen Frommen. David nicht also, er läßt seine Stimme laut erschallen, nicht, damit es die Leute hören, aber unbekümmert, ob die Leute es hören; ja sie sollen es auch hören, das Lob des lieben Gottes. - Meine Seele soll sich rühmen des HErrn, daß die Elenden hören und sich freuen. Preiset mit mir den HErrn, und lasset uns mit einander Seinen Namen erhöhen. So soll die wahre Frömmigkeit der Frommen nicht bloß Ausdruck des Herzens, sondern auch Zeugniß des Mundes sein vor Gott und Menschen; und als Zeugniß soll es wieder den Segen bringen, daß die Elenden es hören und dadurch gestärkt und erquickt werden, und sie dann mit einander den HErrn erhöhen und Seinem Namen preisen. Die Elenden sind die, die gern fromm sein möchten, aber es nicht anzufangen wissen; die ihre Sünden erkennen, aber noch nichts von Vergebung der Sünden erfahren haben. Sie sind elend, sie fühlen ihren Jammer und Noth, aber die Hülfe ist ihnen noch verborgen. Da geht z. B. solch ein Elender an einem Hause vorbei, worin Abendandacht gehalten wird, es wird etwa gerade der Gesang gesungen: O mein HErr Jesu Christ, der Du so geduldig bist am Kreuz für mich gestorben rc., muß er da nicht getröstet werden? O die glücklichen Menschen, muß er denken, sie schämen sich des HErrn nicht und preisen Ihn, daß Er so willig für sie gestorben ist. Ja, es ist möglich, daß er selbst in das Haus hineingeht und sagt: Erzählt mir doch von diesem Jesu. Seht, so sollen wir das Lob nicht im Herzen behalten, sondern es laut tönen lassen, so daß es auch gehört werde, aber nicht damit man scheine mit seinem Christenthum. Ein Licht kann nicht verborgen sein, wo es angezündet wird, es muß leuchten. Ich soll mit dem Christenthum nicht prahlen, soll es aber auch nicht unter dem Scheffel stellen, sondern einfach und unbefangen wandeln als der, der ich bin, als Christ, und mich in Worten und Werken als Christ zeigen. Dann hören es die Elenden von selbst und bekehren sich. Der rechte Glaube muß sich als eine heilsame Pestilenz, die nicht zum Tode, sondern zum Leben ansteckt, erweisen. Aber gerade, weil er ansteckt, so heißt es denn, wie neulich bei den Blattern: Weg, weg von den Frommen, sie stecken an mit ihrem Glauben, denn sie leuchten mit ihrem Christenthum im Leben. David zeigt nun, als was für einen Gott er den HErrn erkannt habe. Er wird ja nicht aufgehört haben, solch Zeugniß, des Glaubens zu geben, da sind denn auch zu ihm die Elenden gekommen und haben ihn gefragt um dieses und jenes und er hat ihnen dann aus seiner eigenen Erfahrung geantwortet: Da ich den HErrn suchte, antwortete Er mir, und errettete mich aus aller meiner Noth. Dieses ist die selige Erfahrung, die er gemacht hat und die er nun erzählt. Als ich den HErrn suchte, errettete Er mich. Er mag wohl schon, als er unter den Händen der Philister kollerte, die Fäuste derselben gefühlt haben, die ihn greifen wollten. Da hat er wohl gemeint, es sei doch besser zu beten, als zu kollern, darum rief er den HErrn an und der hat ihn errettet. Und so habe ich's, will er sagen, immer erfahren, wenn ich den HErrn suchte. Ich habe den lebendigen Gott, der wahrhaftig Gebet erhört. Das ist Trost für die Elenden: Als einen lebendigen Gott habe ich Ihn erkannt. Eher aber ist das Christenthum nicht einen Schuß Pulver werth, als bis du den lebendigen Gott hast; todte Götter, Gedankengötter sind nichts werth, die haben die Heiden auch. Hast du aber den Gott, der Gebet erhört, dann laß die Leute spotten, laß sie lachen, Gott dein Heil, wird in Eil sie zu Schanden machen. Was mir Gottes Wort und meine Erfahrung sagt, das kann mir kein dummer Junge von Philosoph streitig machen. Und so geht es allen Frommen. Welche Ihn ansehen und anlaufen, deren Angesicht wird nicht zu Schanden. Darin stimmen sie alle überein.- Wer nur seine Zuflucht zu dem lebendigen Gott nimmt, der wird nimmer zu Schanden. So ist's im Allgemeinen, so ist's im Einzelnen. Ein Elender ist etwa zu David gekommen, David hat ihm seine und aller Frommen Erfahrung gesagt, und was ist die Folge davon gewesen? Da dieser rief, hörte der HErr, und half ihm aus allen seinen Nöthen. Also auch der macht nun dieselbe Erfahrung. Er hat sich Trost und Rath von David holen wollen, da hat David ihm den Gebetsweg gewiesen. Er probirt es, ruft zum HErrn und siehe, der HErr hört ihn auch. So ist David eine lebendige Kohle gewesen, durch seine Gluth sind andre Kohlen auch glühend geworden; ein lebendiger Zeuge ist er gewesen, durch den sich Viele bekehrt haben. Weil aber gewöhnlich das größeste Hinderniß des freien Bekenntnisses die Furcht ist, so giebt David nun dagegen das köstliche Mittel: Der Engel des HErrn lagert sich um die her, so Ihn fürchten, und hilft ihnen aus. Ich gehe, wo ich gehe, ich stehe, wo ich stehe: Gottes Engel sind bei mir. Selbst wenn ich in die greuliche Eisenbahn gehe, wenn ich in ein Wirthshaus muß wo die Spötter sitzen, wo der Eine flucht, der Andere säuft, der Dritte spielt, so weiß ich doch, daß die Engel mit hinein gehen; denn ich gehe nur dahin, wohin ich muß. Und müßte ich, ich ginge in die Hölle hinein, denn die Engel des HErrn gingen mit mir. Wer das so recht glaubt, der kennt gar keine Furcht, ob er allein ist, oder unter Hunderten, ob er unter Frommen ist, oder unter Gottlosen, er geht getrost seinen Weg, denn er glaubt, daß der Engel des HErrn mit ihm geht. Die Leute glauben es nur nicht, darum sind sie so bange. Wer es aber glaubt, der wird reichlich getröstet, also, daß er ausrufen kann: Schmecket und sehet, wie freundlich der HErr ist; wohl dem, der auf Ihn trauet. Ja, freundlich ist der HErr, das Gebet erhört Er, die Engel stellt Er um uns her; glücklich wer sagen kann: Du bist mein Gott. Darum die Ermahnung: Fürchtet den HErrn, ihr Seine Heiligen; denn die Ihn fürchten, haben keinen Mangel. Fürchtet den HErrn, damit meint er die kindliche Furcht, die nur ein Zittern einflößt, nicht gegen Gott, sondern gegen die Sünde. Ich bebe nicht vor Gott, Er ist ja mein Gott; aber vor der Sünde bebe ich, daß ich durch sie nicht meinen Gott und Heiland betrübe, das kann und will ich doch nicht. Die sich aber fürchten vor Gott und sich vor der Sünde hüten, die werden keinen Mangel haben, denn sie werden ja nun von Gott als Seine rechten Kinder, die sich kindlich vor Ihm scheuen, aufs Gnädigste beschützt und versorgt. Die Reichen müssen darben und hungern; aber die den HErrn suchen, haben keinen Mangel an irgend einem Gut. Sind die Reichen denn wirklich reich? Nein, die Frommen sind die Reichen, denn jene werden hungern und darben. Können sie den Reichthum mitnehmen, wenn sie sterben? Den lebendigen Gott haben sie nicht gesucht, der Reichthum ist ihr Gott gewesen; sind sie denn nicht die Allerärmsten, die in die Ewigkeit gehen nackt und bloß, arm und jämmerlich? Die armen, armen Menschen! Aber die den HErrn suchen, haben keinen Mangel an irgend einem Gut. Erstlich habe ich, so lange ich lebe, Tag für Tag mein ehrlich Brot, das bescheert mir mein Gott, denn ich verstehe das Beten und das Arbeiten, und wer das versteht, der hat immer genug, braucht nicht als Betrüger aus der Welt zu gehen und kein Hunger- und Bettelbrot zu essen. So habe ich hier nie Mangel gehabt, ich bin satt geworden, wie der Reiche, ich habe einen Rock gehabt, wie der Reiche, und - habe dabei keine unruhige Nacht gehabt, wie der Reiche. Und wenn ich dann sterbe, lasse ich nichts hier, ich nehme alle meine Güter mit: Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, und einen getreuen Gott und Heiland. Geht hin, ihr armen Reichen, euer Reichthum ist gut die Säue zu füttern, ihr nehmt nichts davon mit; ich dagegen nehme Alles mit, wenn ich sterbe, ja ich gehe in den Himmel, um nur noch reicher zu werden durch das selige Anschauen meines HErrn Jesu. Amen.

Vers 12-23.

In der zweiten Hälfte dieses Psalms zeigt David, wie mit einem solchen Leben des Dankens, Lobens, Singens und Preisens des HErrn verbunden sein muß ein Leben in der Furcht des HErrn. Wo das nicht ist, da wird Jedermanns Mund sprechen: Sieh die Heuchler, mit dem Munde singen sie und ihr Wandel ist gottlos und weltlich. Darum höret, was David sagt: Kommt her Kinder, höret mir zu, ich will euch die Furcht des HErrn lehren. Wir wollen thun, was er sagt. Kommt her! Nun wir sind gekommen. Höret mir zu; das ist deshalb um so wichtiger, weil er uns die Furcht des HErrn lehren will und wir gern selig werden wollen. Indem uns David die Furcht des HErrn lehrt, zeigt er uns zugleich, wie wir das erlangen, was wir alle von Herzen wünschen, nämlich ein gutes Leben. Er sagt: Wer ist, der gut Leben begehrt, und gerne gute Tage hätte? Das wünscht ihr ja so sehr, gut Leben begehrt ihr, gute Tage wollt ihr haben; so merket denn auf Davids Worte, daß euer Wunsch erfüllt werde. Aber es ist vielleicht ein Unterschied da in dem, was Gott gut Leben und gute Tage nennt, und was ihr so nennt. Ihr nennt das vielleicht gutes Leben, wenn ihr bei den Fleischtöpfen dieser Welt sitzt, den Leib putzt, daß er zwei Mal so viel Platz einnimmt, als sonst, auf dem Sopha ruht und dergleichen. Da rathe ich euch, höret zu, was Gott gut Leben nennt, und da doch Gott offenbar weiser ist, als ihr, so beuget euch unter Gottes Hand und lasset eure Gedanken fahren. Was sagt Er denn? Behüte deine Zunge vor Bösem, und deine Lippen, daß sie nicht falsch reden. Das ist das Erste, was nöthig ist, wenn man gute Tage haben will: Ein aufrichtiges Herz und einen aufrichtigen Mund. Mit einem Lügen- und Klatschmaul, das Böses redet und Lügen spricht, vertreibst du die guten Tage. Bewahre denn deine Zunge vor bösen, d. h. bissigen Worten, die einen beinah glauben machen sollten, daß deine Lippen scharf sind wie ein Scheermesser und deine Zunge spitz wie eine Nadel. Hüte dich aber auch vor dem Lügenreden und laß deine Zunge nicht falsch sein. Denn diese beiden Dinge: Das Lästerreden und das Lügenreden sind recht eigentlich Werke des Teufels, der ein Mörder und Lügner ist von Anfang. Darum um Gotteswillen, behüte deine Zunge, daß sie nicht Böses rede, daß kein scharf, bitter, bissig Wort über deine Lippen gehe, du bist sonst ein Kind des Teufels; aber auch kein Lügenwort, sonst bist du ebenfalls ein Kind des Teufels. Woher kommt so viel Elend auf Erden, Feindschaft, Hader, Neid, Zorn? kommt das nicht alles her von der bissigen, lügenhaften Zunge? Die Leute können das Beißen nicht lassen, weil sie im Zorn der Teufel treibt, und das Lügen können sie nicht lassen, weil sie in der Lügenhaftigkeit der Teufel treibt, und so bringen sie Land und Leute zusammen durch ihr böses Maul. Aber laß vom Bösen und thue Gutes; suche den Frieden und jage ihm nach. Die Sünde ist noch immer der Leute Verderben gewesen, noch nie hat sie Jemand glücklich gemacht. Darum laß ab vom Bösen, du weißt ja, wer zur Sünde verführt hat von Anfang an. Wer hat gesagt zu Eva im Paradiese: Ja, sollte Gott gesagt haben: Ihr sollt nicht essen von allerlei Bäumen im Garten? 1 Mose 3, 1. Der Teufel hat's gesagt. Was bist du nun, wenn du Sünde thust und dich vom Teufel verführen lassest? Ein Teufelskind. Willst du also ein Kind des Friedens sein, so laß vom Bösen, und wovon du weißt, daß es böse ist, thue es um Gottes willen nicht. Das Böse ist die giftige Schlange, nimmst du sie in die Hand, so beißt sie dich, daß du stirbst. Das aber ist böse, was Gott verboten hat an Worten und Werken in den heiligen zehn Geboten. Der HErr Jesus, der nicht lügt, sagt: Aergert dich dein Auge, so reiß es aus und wirf es von dir. So mußt du lieber sterben, als das thun, was du für böse erkannt hast. Das ist der Kampf mit der Sünde auf's Blut und nur wer den führt, hat gute Tage. Aber höre weiter: Du sollst nicht bloß das Böse lassen, sondern auch fleißig sein das Gute zu thun. Und wahre Liebe treibt dich auch dazu, weil du weißt, daß du durch alles Gute, was du thust, den Heiland erfreuest. Ferner: Suche Frieden. Ja, das thut auch der wahre Christ, er kann nicht in Unfrieden und Streit leben; er sucht den Frieden nicht bloß, er jagt ihm nach. Es ist ihm, als ob er in der Hölle lebte, wenn er in Zank und Streit sein muß. Darum, wie boshaft sind die Menschen, wie sehr müssen sie die Hölle lieben, wenn sie hier schon die Hölle bauen durch Streiten und Zanken. Ja, wahnwitzig sind die Leute, die der Sünde dienen, und meinen, Zank und Streit gehöre zum täglichen Brot. Die heilige Schrift meint's anders, sie sagt: Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes. Kinder heißen Matth. 5, 9. Friede sei mit euch, sagt der HErr Jesus, der Teufel aber: Unfriede sei mit euch. Jesus sagt: Meinen Frieden lasse Ich euch, Meinen Frieden gebe Ich euch Joh. 14, 27. Schon in der Weissagung Jesaias 9, 6 wird Er der Friedefürst genannt; und Friede auf Erden, sangen die Engel bei Jesu Geburt Luc. 2, 14. Darum suche Frieden und jage ihm nach. Wenn du dieses nun alles thust, bist du armer Mensch denn nicht ganz und gar darunter durch? bist du nicht wie ein armes, hilfloses Schaf, mitten unter den Wölfen? werden dich die bösen Menschen nicht unter die Füße treten? Ja, so sagt die Vernunft und das eigene Herz, ich muß unter die Füße getreten, ich muß gebissen werden, wenn ich nicht beiße. Die Bibel aber sagt: Das ist alles nicht wahr, weil wir einen Gott im Himmel haben, der den Frommen beisteht und der Gottlosen Feind ist. Die Augen des HErrn sehen auf die Gerechten, und Seine Ohren hören auf ihr Schreien. Das Antlitz aber des HErrn stehet über die, so Böses thun, daß Er ihr Gedächtniß ausrotte von der Erde. Laß denn deine Vernunft ganz still schweigen, und höre was dein Gott sagt. Seine Augen sehen auf dich, Er weiß alle deine Noth und deinen Jammer, und dein Gott hat ein Vaterherz gegen dich. Kommt nicht ein Vater seinem bedrängten Kinde, dessen Noth er weiß, zu Hülfe? kann er ihm die Hülfe versagen? Noch unmöglicher ist das bei Gott, der Alles sieht und weiß. So weiß ich nun gewiß, daß die Menschen mit dem Bösen, was sie gegen mich vorhaben, nicht zum Ziele kommen. Er höret auf das, was ich Ihm sage, und Sein Hören ist zugleich ein Erhören. Darum ob Tausend fallen zu meiner Rechten und Zehntausend zu meiner Linken, so fürchte ich mich doch nicht, was wollen mir Menschen thun? Aber gegen die Gottlosen steht Sein Antlitz, daß Er ihr Gedächtniß ausrotte. Und vor Solchen willst du dich fürchten? Ich sahe einen Gottlosen, der war trotzig, und breitete sich aus und grünte wie ein Lorbeerbaum. Da man vorüber ging, siehe, da war er dahin; ich fragte nach ihm, da ward er nirgend gefunden Ps. 37, 35. 36. Darum fürchte dich nicht, wenn es dem Gottlosen so wohl geht, wundere dich nicht und meine, es werde ihm gelingen. Zwar sagt Assaph im 73. Psalm: Ich aber hätte schier gestrauchelt mit meinen Füßen, mein Tritt hätte beinahe geglitten. Denn es verdroß mich auf die Ruhmräthigen, da ich sahe, daß es den Gottlosen so wohl ging.

Sie sind nicht im Unglück, wie andere Leute, und werden nicht wie andere Menschen geplaget. Darum muß ihr Trotzen köstlich Ding sein, und ihr Frevel muß wohlgethan heißen. Ihre Person brüstet sich wie ein fetter Wanst, sie thun, was sie nur gedenken. Was sie reden, das muß vom Himmel herab geredet sein; was sie sagen, das muß gelten auf Erden. Darum fällt ihnen ihr Pöbel zu, und laufen ihnen zu' mit Haufen wie Wasser. Aber ich ging in Dein Heiligthum, und da ward ich getröstet, als ich ihr Ende sah. Darum fürchte dich nicht, bete für sie und vergilt so Böses mit Gutem. Wenn die Gerechten schreien, so höret der HErr, und errettet sie aus aller ihrer Noth. Das Schreien der Gerechten geht Gott durch Mark und Bein, Er muß Sein Ohr neigen und kann Sein Herz nicht verschließen. Weil Er Vater ist und die Frommen Seine Kinder sind, so ist es Kindesschreien, was durch Sein Herz geht, und welcher Vater kann dagegen Sem Herz verschließen? Gott muß Sein Ohr neigen zu den schreienden Kindern und sie erretten aus aller Noth, wie Er es von jeher gethan hat. Willst du aber ganz gewiß sein, daß dein Gebet nicht unerhört bleiben kann, so komme nicht anders als mit gebrochenem Herzen und zerschlagenem Gemüth. Der HErr ist nahe bei denen, die zerbrochenen Herzens sind, und hilft denen, die ein zerschlagenes Gemüth haben. Anders darfst du nicht kommen, denn die Stolzen stößt Er vom Stuhl. Nur den Demüthigen giebt Er Gnade, und das sind die Demüthigen, die zerbrochenen Herzens sind. Die armen Sünder, die zu Gott in Buße und Glauben kommen, die mögen sich nahen zu jeder Zeit, was sie beten, das wird erhört, denn sie bringen die Bedingung mit, die Gott gestellt hat. Wie kann der auch beten, der nicht ein zerbrochenes Herz hat? Hast du schon je einen Reichen um ein Stück Brot bitten sehn? Aber der Arme, deß Kisten und Kasten leer sind, der schreit: Ach, lieber Gott, nur ein Stück Brot, daß ich nicht umkomme! Der Reiche kennt den Hunger nicht. Wer keine Gnade bedarf, der ruft und schreit nicht um Gnade; aber die armen Sünder rufen und schreien um Gnade und Vergebung der Sünden, und bekommen sie auch. So mögen sie denn immerhin viel leiden, aber der HErr hilft ihnen aus dem Allen. Freilich leiden müssen sie, denn da ist der böse Feind, der Teufel, da sind alle Teufelskinder, die mir das größte Herzeleid machen, und am liebsten alle Frommen an die Bäume hängten, oder sie von Christo abführten. Aber der HErr hilft aus dem Allen; will Er mich leiblich erretten, so kann Er es, wie Er Mose errettet hat aus den Plagen Egyptens; und will Er mich durch den Märtyrertod erretten, so ist mir das noch lieber. Also überwunden werden kann ich nicht, der HErr hilft aus dem Allen und bewahrt alle meine Gebeine, daß derer nicht eins zerbrochen wird. Den Gottlosen wird das Unglück tödten, und die den Gerechten hassen, werden Schuld haben. So stellt Er beide zusammen: Den Gottlosen, den das Unglück treffen wird und den Frommen, der keine Schuld hat. Sicherlich muß das Unglück den Gottlosen tödten, denn Gott hat gesagt: Du sollst des Todes sterben. Das geschieht an jedem Sünder, der sich nicht bekehrt, er muß sterben und hinabfahren in die ewige Verdammniß. Seine Sünde ist ihm nicht vergeben, seine Schuld muß er tragen, er ist Gottes Feind. Aber die Frommen werden keine Schuld haben. Sie haben Vergebung der Sünden, denn sie sind's ja gewesen, die mit zerschlagenem Herzen in Buße und Reue zu Gott gekommen sind. Da haben sie Vergebung der Sünden bekommen, ihre Schuld ist von ihnen genommen, und wo Vergebung der Sünden ist, da ist auch Leben und Seligkeit, sie sind ewiglich erlöset. Amen.

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