Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 9. Psalm.

Harms, Ludwig - Der Psalter - Der 9. Psalm.

Dieser Psalm führt eine merkwürdige Ueberschrift, sie heißt: „Ein Psalm Davids, von der schönen Jugend vorzusingen“. Es ist diese Ueberschrift von Vielen verschieden übersetzt worden. Luther übersetzt sie in dem Sinn, daß der Psalm von der schönen Jugend vorgesungen werden soll. Auf daß ihr nun auch versteht, was Luther damit meint, so merkt euch, daß die Soldaten im Morgenlande die Jünglinge oder Knaben genannt werden, wie das ja schon in den Büchern Samuelis und der Könige vorkommt. Als Abner und Joab miteinander kämpfen wollten, da hieß es: laßt die Knaben miteinander spielen; und nun fielen die starken Soldaten aufeinander und kämpften einen harten Kampf. Noch jetzt werden die Soldaten im Morgenlande und auch in Afrika bei den Kaffern Jünglinge oder Knaben genannt. So will David haben, daß dieser Psalm von den Soldaten gesungen werden soll, nach errungenem Sieg beim Einzug in die Stadt Jerusalem, denn es ist ein Kriegs- und Siegspsalm. Für Gottes Volk ziemten sich keine Zoten- und Weltlieder, wie sie jetzt die Soldaten singen, obgleich sie Christen heißen. Und das ist das Liebliche in diesem Psalm, David sowohl, als seine Krieger sind sich deß bewußt, daß sie Gottes Kriege führen. Sie sehen ihren Beruf an als einen von Gott gegebenen, darum ziehn sie mit Gott hinein und mit Gott wieder heraus aus dem Krieg. Das waren keine Kriege, die Ehrsucht und Habgier hervor gerufen hatten, wie man das heut zu Tage so oft findet; David wäre viel lieber unter seinem Feigenbaum und Weinstock geblieben, als daß er solche blutige Kriege führte. Aber er mußte sie führen um Gottes und Seines Volkes willen. Darum wenn er auszieht mit Gott und als Sieger mit Gott zurückkehrt, so ist sein erstes Geschäft, daß er dem HErrn dankt für Seine Gnade. Mit solchem Dank beginnt auch unser Psalm: Ich danke dem HErrn von ganzem Herzen, und erzähle Deine Wunder. Ich freue mich und bin fröhlich in Dir, und lobe Deinen Namen, Du Allerhöchster. Da ist nichts als Dank, Lob und Preis, womit er dem HErrn die Ehre giebt für das, was Er gethan hat. Wenn er spricht von dem, was im Kriege geschehen ist, so sagt er nicht: ich will meine Heldenthaten erzählen, sondern: von Deinen Wundern, HErr, will ich reden. Er giebt dem HErrn allein die Ehre, denn nicht David hat die Feinde besiegt, sondern der HErr. Darum sagt er im folgenden Verse: Du hast meine Feinde hinter sich getrieben; sie sind gefallen und umgekommen vor Dir. Nicht durch meine Kraft und Geschicklichkeit, nein durch Deinen starken Arm ist es geschehn. Ach wie ganz anders machen es die Heiden und die Christen unserer Zeit. Kehrt jetzt ein Sieger aus der Schlacht zurück, gleich wird ein Triumphbogen gebaut. Wem? Dem lieben Gott? O bewahre, der kriegt nichts ab von der Ehre. Dem Könige, den Generälen, den Soldaten, das sind jetzt die Herren vom Stuhl. David giebt die Ehre allein dem HErrn, jetzt nehmen sie die Leute für sich. Darum bringt er vor den HErrn Preis und Dank und freut sich in seinem Gott. Denn, sagt er, Du führest mein Recht und Sache aus; Du sitzest auf dem Stuhl, ein rechter Richter. Siehe, will er sagen, ich kämpfe Gottes Kriege und das ist eine gute Sache, die Heiden kämpfen des Teufels Kriege und das ist eine böse Sache; darum macht sich der HErr auf und hilft mir. Dann fährt er fort: Du schiltst die Heiden, und bringst die Gottlosen um; ihren Namen vertilgst Du immer und ewiglich. Die Schwerter des Feindes haben ein Ende; die Städte hast Du umgekehrt; ihr Gedächtniß ist umgekommen sammt ihnen. Ist das nicht ein neuer Beweis davon, wie er dem HErrn die Ehre giebt! Wer hat es gemacht, daß die Schwerter der Heiden ein Ende haben? wer hat ihre Städte umgestürzt? Das hat der HErr gethan! Und wenn die Heiden Feinde des Reiches Gottes bleiben wollen, so werden sie vertilgt und ausgerottet, daß ihres Namens nicht gedacht wird. Fragt die jetzige Zeit, die eine christliche Zeit sein will, was sie für eine Sprache führt in ähnlichen Fällen. Da ist neulich mit vielem Gepränge der 18. Oktober gefeiert; fragt mal, wer hat am 18. October 1813 die Schlacht bei Leipzig gewonnen? Die Antwort wird sein: der Kaiser Alexander, und der Kaiser Franz, und der König Friedrich Wilhelm, und seid ihr damit noch nicht zufrieden, so nennen sie euch noch ein Paar Dutzend Generäle. Aber dem HErrn geben sie die Ehre nicht. David führt eine andere Rede, er sagt: der HErr hat die Städte umgestoßen und die Schlacht gewonnen. Wenn nun auf solche Weise dem HErrn die Ehre gegeben wird, so zeigt David damit zugleich das Bewußtsein, daß er des HErrn Kriege führt und daß er deßhalb fest auf den Schutz des HErrn rechnen kann. Wenn wir Davids Leben betrachten, können wir uns da wundern über diesen Heldenkönig? Seines Gleichen giebt es auf Erden nicht. Das kleine Land Kanaan ist ringsum mit Feinden umgeben, in diesem Lande sitzen die Kananiter und haben hier eine Stadt und da eine; nun zieht David gegen die, die ihn auf den Tod hassen und die dem Volke Gottes den Untergang geschworen haben. Gegen diese Feinde soll er das Schwert ziehen und den Bogen spannen mit seinen wenigen Soldaten, hätte er dabei nicht verzagen können? In der nächsten Umgegend von Kanaan wohnten die Philister, Ammoniter, Moabiter, Syrer u. s. w., im Lande wohnten Feinde, die Josua nicht vertilgt hatte, z. B. die Jebusiter; und alle diese Feinde schnaubten voll Wuth gegen Israel, weil es Gottes Volk war. So fand es David, als er König wurde, - wenn ihm dabei der Muth entfallen wäre, wer wollte sich wundern? Aber er hat die feste Zuversicht: Gott hilft mir, und in dieser Gewißheit gewinnt er mit Gott den Sieg; obgleich Sein Volk klein ist, schlägt er doch die Moabiter, Ammoniter u. s. w. und gewinnt allenthalben Siege. Er gewinnt die Burgen im Lande, ob sie auch so fest sind, daß ein Lahmer sie vertheidigen kann; er jagt die Feinde aus dem Lande, ob ihrer auch noch so viel ist. Nach diesem Siege kommt der Mann Gottes zu Hause, legt alle Ehre und allen Ruhm vor Gott nieder und spricht: das hat Gott gethan, nicht ich, das ist nicht mein Werk, sondern Gottes Werk, Gott der HErr ist selbst der Feldherr gewesen. Wie köstlich ist doch dieser Heldenmuth und diese Demuth, diese Kriegstapferkeit und dieses Loben und Preisen, das allen Ruhm allein dem HErrn giebt. Wenn wir das recht betrachten, so können wir leicht erkennen, wie wahr es ist, was die Bibel sagt: David ist ein Mann nach dem Herzen Gottes. Nachdem wir gehört haben von den Siegen Davids und wie er dem HErrn die Ehre gegeben, möchten wir wohl fragen: wie kam das, daß David so herrliche Siege von Gott erhielt? ist seine Frömmigkeit, seine Würdigkeit, seine Tapferkeit der Grund? Betrachten wir die Antwort unsers Psalms auf diese Frage, so tritt uns darin so recht das innere Leben Davids vor die Augen, denn es heißt: Und der HErr ist des Armen Schutz, ein Schutz in der Noth. Darum hoffen auf Dich, die Deinen Namen kennen, denn Du verlassest nicht, die Dich, HErr, suchen. Sehet darum, sagt David, hat mir der HErr den Sieg gegeben, weil ich ein Armer bin und des Armen Schutz ist der HErr, weil ich ein Schwacher bin und dem Schwachen hilft der HErr, weil ich beten kann und die Sein Antlitz suchen, werden nicht zu Schanden. Er wirft weg alle eigne Kraft, Würdigkeit, Gerechtigkeit und Ehre und will nichts anders sein, als ein blutarmer Sünder, deß sich Gott aus Gnaden erbarmt, als ein Schwacher, den Gott stark macht, der aber, weil er arm und schwach ist, die Kunst kennt, im Gebet seine Zuflucht zu Gott zu nehmen. Das setzt dem Heldengesange die Krone auf. Ja, meine Lieben, so ist es, was der HErr den Menschen giebt, aus Gnaden giebt Er es ihnen; denn es ist hier kein Unterschied, wir sind allzumal Sünder und mangeln des Ruhms, den wir an Gott haben sollen und müssen alle von der Gnade leben. Aber leider, leider, die Wenigsten erkennen es, daß es Gnade ist, die Meisten meinen, daß es verdienter Lohn sei, wenn der HErr uns segnet, ja sie meinen wohl gar, der HErr habe ihnen zu wenig gegeben. Weil David ein Kind Gottes ist, darum hilft ihm der HErr- und alle Ehre, die dadurch auf ihn kommt, bringt er dem HErrn, dem sie gebührt. So hat es David bis dahin gehalten, so soll es auch ferner sein: er will sich allein auf den HErrn verlassen, aus Seiner Hand den Sieg nehmen und dann als Sieger in die Thore Jerusalems einziehen. Zugleich ist das sein Trost, die Menschen können erkennen, daß des HErrn Heer stärker ist als Satans Heer, und daß des HErrn Heer des Satans Heer überwindet. Hat David in dem ersten Theil des Psalms den HErrn gelobt und gepriesen für Seine Hülfe, so bringt er im letzten Theile desselben vor Gott die Bitte, daß Er, der bis dahin geholfen habe, auch ferner helfen möge. Er hat etwas von dem erfahren, was Paulus Röm. 5, 4 ausspricht: Erfahrung bringt Hoffnung; denn habe ich einmal die Hülfe Gottes erfahren, so habe ich die Hoffnung, daß der Gott, der geholfen hat, auch ferner helfen werde. Nun betet David weiter: HErr, sei mir gnädig, und siehe an mein Elend unter den Feinden, der Du mich erhebest aus den Thoren des Todes. Kein Feind kann David schaden, selbst der Tod nicht, von dem er im Kriege allenthalben umgeben war. Er gehörte nicht zu den Königen unserer Tage, die sich, wenn es in den Krieg geht, auf Nummero Sicher setzen und aus der Ferne dem Kampfe zuschauen, die Soldaten und Officiere aber kämpfen lassen; denn das ist sehr selten geworden, daß ein König dem andern zu Leibe geht und so selbst dem Feind ins Angesicht sieht. Sondern David geht selbst mit in den Krieg, stürzt sich in die Reihen der Feinde und die Soldaten seinem Beispiele folgend, gewinnen den Sieg. Darum ist er immer dem Tode nahe; doch er weiß, daß kein Tod ihn tödten kann, wenn Gott es nicht haben will. Soll er aber sterben, so thut er das gern; soll er am Leben bleiben, so mögen tausend Schwerter zu seiner Linken und zehn tausend zu seiner Rechten zucken, der HErr erhält ihn und giebt ihm den Sieg. Mit dieser Ueberzeugung geht er im Kriege dem Feinde entgegen. Zwar haben die Feinde dem David eine Grube gegraben und ein Netz gestellt, aber das gereicht zu ihrem eigenen Verderben. Wir sehen daraus, daß die Feinde nicht nur mit Macht, sondern auch mit List und Falschheit gegen David kämpfen; aber mit Gottes Macht kann er sie vernichten. Ein Wort aus dem Munde des Allmächtigen, der Davids Schutz ist, kann sie verderben. Und wie merkwürdig, da ist die Grube, die sie David gegraben haben, - sieh einmal zu, wer darin liegt, - nicht David, sondern die Feinde; da ist das Netz, das sie David gestellt haben, - sieh einmal hin, wer zappelt darin? - David? Nein, die Feinde. Der HErr hat sie zu Schanden gemacht. Darum kann er sagen: Ach, daß die Gottlosen müßten zur Hölle gekehrt werden, alle Heiden, die Gottes vergessen. Wenn die Menschen sich nicht bekehren wollen, so bleibt nichts anders übrig, als Ausrottung und Vertilgung; und daß die Feinde Davids sich nicht bekehren wollten, sehen wir daraus: Gott konnte Wunder und Zeichen thun, aber sie achteten nicht darauf. Wir sehen das z. B. aus der Geschichte, als die Bundeslade von den Philistern weg genommen war 1. Sam. 4, 3-11 und 5, 1-12. Sollte man nicht meinen, das Volk der Philister müßte sich bekehren, da es solche Zeichen und Wunder sah? aber nein, daran ist kein Gedanke. Darum betet David: HErr, stehe auf, daß Menschen nicht Überhand kriegen; laß alle Heiden vor Dir gerichtet werden. Gieb ihnen, HErr, einen Meister, daß die Heiden erkennen, daß sie Menschen sind. Das sind merkwürdige Worte. Wissen denn die Heiden nicht, daß sie Menschen sind? Was David sagt ist wörtlich wahr. Nein, die Heiden wissen nicht, daß sie Menschen sind; in ihrem Unglauben und Aberglauben meinen sie, daß sie Götter sind. Und darum glauben sie nicht, daß Gott das Regiment in den Händen habe und behalte, sondern denken, daß sie es haben und daß es ihnen zukomme. An einer andern Stelle im Psalm heißt es von den Heiden, d. h. von den Gottlosen - Sie brüsten sich wie ein fetter Wanst, was sie reden, das muß wie vom Himmel geredet sein, und der Pöbel fällt ihnen zu mit Haufen. Gott haben sie abgeschafft, sie wollen das Regiment führen, Nun bittet David: Gieb ihnen einen Meister. Solch ein Meister war z. B. David, der es ihnen meisterhaft zu zeigen wußte, daß sie Menschen seien und keine Götter, denn er klopfte sie tüchtig auf die Finger; und wenn das nicht helfen wollte, dann nahm er das Schwert und den Bogen und sie mußten sterben. Ob sie im Tode noch wohl daran gezweifelt haben, daß sie Menschen sind? ich glaube es nicht. So sorgt Gott dafür, daß die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Auch jetzt meinen die Leute, daß der liebe Gott nichts mehr zu sagen habe, weder in den weltlichen Reichen, noch in der Kirche; sie glauben nicht mehr, daß sie Manschen sind. Aber Gott wird ihnen einen Meister setzen. Gott möge uns davor bewahren, daß die Menschen nicht Ueberhand nehmen, denn die sind alle von Natur Teufelskinder. Der HErr muß die Ueberhand behalten, dann ist es noch auszuhalten auf dieser armen, sündigen Erde. Darum helft beten, daß die Gottlosen nicht Ueberhand nehmen, sondern erkennen, daß sie Menschen sind, d. h. nichts als Staub und Asche. Amen.

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