Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 11. Capitel.

Harms, Ludwig – Der Hebräerbrief - Das 11. Capitel.

Vers 1-10.

Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht deß, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet. Durch den haben die Alten Zeugniß überkommen. Durch den Glauben merken wir, daß die Welt durch Gottes Wort fertig ist; daß alles, was man siehet, aus Nichts geworden ist. Durch den Glauben hat Abel Gott ein größeres Opfer gethan, denn Cain, durch welchen er Zeugniß überkommen hat, daß er gerecht sei, da Gott zeugete von seiner Gabe; und durch denselben redet er noch, wiewohl er gestorben ist. Durch den Glauben ward Enoch weggenommen, daß er den Tod nicht sähe, und ward nicht erfunden, darum, daß ihn Gott wegnahm; denn vor seinem Wegnehmen hat er Zeugniß gehabt, daß er Gott gefallen habe. Aber ohne Glauben ist es unmöglich Gott gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß Er sei, und denen, die Ihn suchen, ein Vergelter sein werde. Durch den Glauben hat Noah Gott geehret, und die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses, da er einen göttlichen Befehl empfing von dem, das man noch nicht sahe; durch welchen er verdammte die Welt, und hat ererbet die Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt. Durch den Glauben ward gehorsam Abraham, da er berufen ward auszugehen in das Land, das er ererben sollte; und ging aus, und wußte nicht, wo er hinkäme. Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande, als in einem fremden, und wohnte in Hütten mit Isaak und Jacob, den Miterben derselben Verheißung. Denn er wartete auf eine Stadt, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist.

Der heilige Apostel Paulus hatte am Schlüsse des zehnten Capitels das Wort angeführt: Der Gerechte aber wird des Glaubens leben, und wollte damit anzeigen, daß es für alle armen Sünder nur Einen Weg zur Seligkeit gebe, nämlich den Weg des Glaubens. Was er da nun als Lehre ausgesprochen hat, das beweiset er im 11. Capitel durch Beispiele der Schrift, daß nach dem Sündenfall kein Mensch anders selig geworden ist als durch den lebendigen Glauben. Er sagt: Es ist aber der Glaube eine gewisse Zuversicht deß, das man hoffet, und nicht zweifelt an dem, das man nicht siehet. Damit beschreibt der Apostel das Wesen des Glaubens. Der Glaube ist also eine unumstößliche, zweifellose Gewißheit. Das müßt ihr recht fest halten, denn in unserer Zeit meinen die Leute, glauben heiße in irgend einer Sache ungewiß sein; sie haben also gerade die entgegengesetzte Erklärung des Worts als die Bibel. Was die Menschen gesehen, gehört, geschmeckt, gefühlt haben, das nennen sie erst unumstößliche Gewißheit. Glauben heißt bei ihnen so viel als: Es kann sein, es ist wahrscheinlich rc. Aber damit sprechen sie nicht die Gewißheit, sondern geradezu die Ungewißheit aus. Auf weltliche Dinge paßt am Ende diese Erklärung auch noch, aber nie und nimmer auf göttliche und geistliche Dinge. Der rechte Glaube ist göttliche Gewißheit. Der heilige Geist macht mich durch den Glauben der göttlichen Dinge so gewiß, daß ich tausend Mal darauf sterben kann. Daraus merken wir, daß es der Glaube nie mit sichtbaren Dingen, sondern immer nur mit unsichtbaren Dingen zu thun hat. Was ich sehe, das brauche ich nicht zu glauben, denn ich weiß es ja. Ich glaube z. B. daß ich Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit habe, daß Gott mein Gebet erhört rc., das glaube ich, sehen kann ich es aber nicht. Die göttlichen Dinge mit der unumstößlichen Gewißheit annehmen und sein ganzes Vertrauen und Zuversicht darauf setzen, das heißt glauben. Da könnt ihr sehen, wie wahr es ist, was Vater Luther in der Erklärung des 3. Artikels sagt: Ich glaube, daß ich nicht aus eigener Vernunft oder Kraft an Jesum Christum glauben oder zu ihm kommen kann. Der HErr Jesus sagt: Das ist Gottes Werk, daß ihr glaubet an Mich. Dieser Glaube hat die heiligen Märtyrer auf den Scheiterhaufen gebracht und hat sie getrost gemacht, Alles um des HErrn willen zu leiden. Das ist der Glaube, in welchem man fröhlich und selig sterben kann, durch den man sprechen kann: Ich bin gewiß, daß weder Tod noch Leben, weder Engel, noch Fürstenthum, noch Gewalt, weder Gegenwärtiges, noch Zukünftiges, weder Hohes noch Tiefes, noch keine andere Kreatur mag uns scheiden von der Liebe Gottes, die in Christo Jesu ist unserm HErrn. Das ist der Glaube, durch welchen die Alten Zeugniß empfangen haben.

Nun fährt der Apostel fort: Durch den Glauben merken wir, daß die Welt durch Gottes Wort fertig ist; daß Alles, was man siehet, aus nichts geworden ist. Im 1. Buch Mose im l. Capitel lesen wir, daß Gott am Anfang Himmel und Erde geschaffen habe, und zwar aus Nichts durch Sein allmächtiges Wort. Das merken wir nun durch den Glauben, denn kein Mensch hat dabei gestanden, kein Mensch hat es gesehen, die Bibel sagt es uns und darum glauben wir es, und durch den Glauben wissen wir es. Wer diesem Schöpfungsbericht der Bibel nicht glaubt, der kommt auf die allerdümmsten albernsten Dinge, die allerdings nur aus einem verbrannten Gehirn kommen können. Wie es bei der Schöpfung zugegangen, das hat Gott Moses geoffenbart, Moses hat es in die Bibel geschrieben und wir glauben es dem HErrn aufs Wort.

Nun kommt der Apostel auf einzelne Personen zu sprechen. Er sagt: Durch den Glauben hat Abel Gott ein größeres Opfer gethan, denn Kain; durch welchen er Zeugniß überkommen hat, daß er gerecht sei, da Gott zeugete von seiner Gabe; und durch denselben redet er noch, wiewohl er gestorben ist. Kain und Abel waren beide Sünder, deßhalb mußten sie Opfer bringen. Gott hatte nach dem Sündenfall die Offenbarung gegeben, daß Er den Weibessamen d. i. Christum senden wollte, der der Schlange d. i. dem Teufel, den Kopf zertreten sollte, und der sollte das Versöhnungsopfer für die Sünden der ganzen Welt werden. Nun richtete Gott Vorbilder ein auf Christum und dazu gehörte auch vornehmlich das Opfer. Zwar konnte dies Opfer die Sünden der Menschen nicht wegnehmen, aber die es im Glauben brachten, die sahen dabei auf das zukünftig verheißene Opfer Christum und hatten dadurch Tilgung ihrer Sünde. Die Gläubigen des alten Testaments dachten sich das Opfer auch gar nicht anders, als ein Vorbild auf Christum. Die Ungläubigen dagegen legten den ganzen Werth auf ihr Opfer und betrachteten es gleichsam als eine Abfindung mit Gott. Abel nun war gläubig, Kain nicht; Abel sahe im Glauben auf Jesum, Kain nicht; darum gefiel Gott Abels Opfer und Kains Opfer gefiel Ihm nicht. Er gab Abel das Zeugniß, daß er gerecht sei, indem Er sein Opfer gnädig ansah, was Er bei Kain nicht konnte. Gott sahe aber das Opfer gnädig an um der Person willen, die es brachte und weil die Person, Abel, gläubig war, so gefiel Gott dessen Opfer; und weil Kain ungläubig war, so gefiel Ihm dessen Opfer nicht. Das Opfer macht den Menschen nicht Gott wohlgefällig, sondern der gläubige Mensch macht das Opfer Gott wohlgefällig. Nicht die Frucht macht den Baum gut, sondern die Frucht beweiset die Güte des Baumes. Durch diesen Glauben lebt er noch, wiewohl er schon gestorben ist. Heute habt ihr dies Zeugniß wieder gehört, daß Abel gerecht sei, und dies Zeugniß soll so lange währen, wie Gottes Wort gepredigt wird.

Nun kommt ein zweites Beispiel: Durch den Glauben ward Henoch weggenommen, daß er den Tod nicht sähe, und ward nicht erfunden, darum, daß ihn Gott wegnahm; denn vor seinem Wegnehmen hat er Zeugniß gehabt, daß er Gott gefallen habe. Henoch ist 365 Jahr alt geworden, und weil er ein göttliches Leben führte d. h. im Glauben an den zukünftigen Messias lebte, so hat er zu den wenigen Begnadigten gehört, die den Tod nicht gesehen haben, sondern ist lebendig in den Himmel gefahren. Wir wissen, daß alle Menschen Sünder sind, und daß sie deßhalb sterben müssen. Aber von Henoch und Elias wissen wir, daß sie lebendig gen Himmel gefahren sind. Warum konnte das bei Henoch geschehen? Weil er vorher von Gott das Zeugniß empfangen hatte, daß er gerecht sei. Dabei dürfen wir das ja nicht vergessen, daß Henoch nicht aus sich selbst gerecht war, sondern durch den Glauben an Jesum, der kommen sollte, und daß er in diesem Glauben, kraft dieses Glaubens ein göttliches Leben führte. Aber ohne Glauben ist es unmöglich Gott zu gefallen; denn wer zu Gott kommen will, der muß glauben, daß Er sei, und denen, die Ihn suchen, ein Vergelter sein werde. Daß also Henoch Gott gefallen hat, das ist geschehen um Seines Glaubens willen: denn ohne Glauben ist es unmöglich Gott zu gefallen. Warum? Weil alle Sünder sind. Die Sünder können Gott aber nicht eher gefallen als bis sie gerecht sind, und die Gerechtigkeit bekommt man durch den Glauben an den HErrn Jesum. Nur der Gläubige kann Gott wohlgefallen. Du mußt glauben, daß Gott dein Gott und Heiland ist, dann bist du gerecht.

Jetzt folgt ein weiteres Beispiel: Durch den Glauben hat Noah Gott geehrt und die Arche zubereitet zum Heil seines Hauses, da er einen göttlichen Befehl empfing von dem, das man noch nicht sahe; durch welchen er verdammte die Welt, und hat ererbt die Gerechtigkeit, die durch den Glauben kommt. Er empfing von Gott Unterricht über die zukünftigen Dinge. Gott sagte zu Noah: Ich will die Welt verderben, du aber sollst verschont bleiben. Darum baue einen Kasten, wozu Ich dir das Maaß geben will. Wenn dann die Sündfluth kommt, so gehe in den Kasten mit deinem Weibe, mit deinen Söhnen und deren Weibern und nimm zu dir die Thiere, die Ich dir sagen werde. Das hat Noah geglaubt, und indem er es glaubte, hat er ein Zwiefaches gethan: 1. er baute den Kasten, und 2. er predigte von der Sündfluth. Dadurch bewies er seinen Glauben. Durch diesen Glauben hat er verdammt die ungläubige Welt. Das müßt ihr euch aber nicht verkehrt vorstellen. Er hat nicht zu Diesem oder Jenem gesagt: Du bist verflucht, du bist verdammt! sondern durch seine Predigt und Wandel trat die Wahrheit Gottes so mächtig an die Leute heran, daß sie sich entscheiden mußten, entweder mit Noah gerettet zu werden, oder im Wasser umzukommen und dann in die Hölle zu fahren. Das ist noch heute ebenso. Meine Predigt als Christ durch Wort und Wandel verdammt noch heute die ungläubige Welt. Mein Kirchengehen verdammt die Kirchenverächter, mein Beten verdammt die Flucher, mein keuscher Wandel verdammt die Hurer, meine Aufrichtigkeit und Wahrheitsliebe verdammt die Lügner. Meine Gottseligkeit überhaupt verdammt die Gottlosigkeit der Welt, ich brauche kein Wort zu sagen zu Diesem oder Jenem, daß er verdammt sei. So ist Noah gerettet worden, während die Ungläubigen in der Sündfluth umgekommen sind. Ja Noahs Glaube ist ein hoher Glaube. Die Vernunft mußte sagen: Wo soll denn das viele Wasser herkommen? Aber darnach fragte Noah nicht, sondern er glaubte es einfach, weil Gott der HErr es gesagt hatte. Diesen Glauben beweist er durch die That. Es war wirklich keine Kleinigkeit, einen solchen Kasten zu bauen, 300 Ellen lang, 50 Ellen weit und 30 Ellen hoch, dreistöckig. War denn Noah ein Zimmermeister? Was hatte er für Zimmergesellen? Was mögen die Ungläubigen bei dieser Arbeit gespottet haben, da Noah den Kasten auf dem trockenen Lande bauete. Da hat es gewiß geheißen: Der Noah ist wohl verrückt geworden, er will am Ende auf dem Trockenen das Schiffen lernen. Aber Noah wird wohl gedacht haben, was Paul Gerhard später so schön sagt: Laß sie spotten, laß sie lachen, Gott, mein Heil wird in Eil sie zu Schanden machen. Wie es aber hernach anfing zu regnen, wie Gott die Fenster des Himmels und die Brunnen der Tiefe öffnete, da haben die Ungläubigen aufgehört mit Spotten, und als sie ersoffen im Wasser, da haben sie geglaubt, daß eine Sündfluth nicht kommen werde, sondern da sei, - aber zu spät. So wird es noch vielen Leuten gehen, die nicht glauben wollen, daß es eine Hölle gibt; wenn sie erst in der Hölle gepeinigt werden, dann werden sie wohl glauben, daß es eine Hölle gibt.

Der Apostel fährt fort: Durch den Glauben ward Abraham gehorsam, da er berufen ward auszugehen in das Land, das er ererben sollte; und ging aus und wußte nicht, wo er hinkäme. Durch den Glauben ist er ein Fremdling gewesen in dem verheißenen Lande, als in einem fremden, und wohnte in Hütten mit Isaak und Jakob, den Miterben derselben Verheißung. Denn er wartete auf eine Stadt, die einen Grund hat, welcher Baumeister und Schöpfer Gott ist. Das ist auch ein Beispiel des Glaubens, das seines Gleichen nicht hat auf Erden. Abraham gehörte einer Familie an, die den Götzen diente, wie uns Josua 24 erzählt wird. Da offenbart sich ihm der wahre lebendige Gott und sagt: Gehe aus deiner Freundschaft und aus deines Vaters Hause in ein Land, das Ich dir zeigen will. Abraham glaubt dem HErrn, darum ist er gehorsam. Merket euch das: Wahrer Glaube und treuer Gehorsam gehören zusammen. Wer da sagt, daß er an den HErrn Jesum glaubt, und ist dem HErrn Jesu nicht gehorsam, der lügt. Wohin sollte Abraham gehen? Gott sagte zu ihm: Gehe in ein Land, das Ich dir zeigen will. Damit will Gott sagen: Ich weiß das Land wohl, du brauchst es nicht eher zu wissen, als bis du darin bist. Da galt es zu glauben, wo nichts zu sehen war; das war, wenn ich so sagen soll, dem lieben Gott auf tauben Dunst glauben. Weiter, Gott bringt ihn nach Kanaan und sagt: Dies Land habe Ich dir und deinem Samen gegeben. Aber die Heiden sind noch darin und Abraham steht mit seinem Weibe allein da, wer soll denn das Land erobern? Abraham hat keinen Sohn, er ist alt und Sarah ist alt, wo soll der Sohn herkommen? Auf diese Fragen der klugen Vernunft hört Abraham nicht, sondern er bleibt einfach dabei: Gott hats gesagt, nun mag Er zusehen, wie Er das fertig bringt, was Er versprochen hat. Er thut die Augen zu, wo nichts zu sehen ist und glaubt. Sehet das heißt glauben. Amen.

Vers 11-20,

Durch den Glauben empfing auch Sara Kraft, daß sie schwanger ward, und gebar über die Zeit ihres Alters; denn sie achtete Ihn treu, der es verheißen hatte. Darum sind auch von Einem, wiewohl erstorbenen Leibes, Viele geboren, wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Rande des Meers, der unzählig ist. Diese Alle sind gestorben im Glauben, und haben die Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne gesehen, und sich der vertröstet, und wohl begnügen lassen, und bekannt, daß sie Gaste und Fremdlinge auf Erden sind. Denn die solches sagen, die geben zu verstehen, daß sie ein Vaterland suchen. Und zwar, wo sie das gemeint hätten, von welchem sie waren ausgezogen, hatten sie ja Zeit, wieder umzukehren. Nun aber begehren sie eines bessern, nämlich eines himmlischen. Darum schämet sich Gott ihrer nicht, zu heißen ihr Gott, denn Er hat ihnen eine Stadt zubereitet. Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward, und gab dahin den Eingebornen, da er schon die Verheißung empfangen hatte, von welchem gesagt war: In Isaak wird dir dein Same geheißen werden; und dachte, Gott kann auch wohl von den Todten erwecken, daher Er auch ihn zum Vorbilde wieder nahm. Durch den Glauben segnete Isaak von den zukünftigen Dingen den Jakob und Esau.

Der heilige Apostel hat angefangen, in diesem Capitel die großen und mächtigen Beispiele des Glaubens aus dem alten Testamente aufzustellen, damit wir durch die Betrachtung derselben unsern Glauben stärken möchten. Wir haben das letzte Mal betrachtet die Beispiele eines Abel, Henoch, Noah rc. Nun heißt es weiter: Durch den Glauben empfing auch Sara Kraft, daß sie schwanger ward, und gebar über die Zeit ihres Alters; denn sie achtete Ihn treu, der es verheißen hatte. Darum sind auch von Einem, wiewohl erstorbenen Leibes, Viele geboren, wie die Sterne am Himmel und wie der Sand am Rande des Meeres, der unzählig ist. Es wird uns in der heiligen Schrift erzählt, daß Abraham die Verheißung von Gott empfangen habe, daß Sara ihm einen Sohn gebären würde, der der Stammvater des Messias sein sollte. Darüber gingen nicht ein Jahr, sondern Jahrzehnde hin, und der Sohn war immer noch nicht da. Endlich war Abraham hundert Jahre und Sara neunzig Jahre alt geworden, aber der verheißene Sohn war noch nicht geboren; wurde dadurch Gottes Verheißung aufgehoben? Nein. Gott erschien dem Abraham im Hain Mamre und sagte: Heute über ein Jahr soll Sara einen Sohn haben, und auf dies Wort des HErrn ward Sara schwanger. Auf natürliche Weise war daran nicht mehr zu denken, denn Sara und Abraham waren schon alt und wohlbetagt; es ging nur durch den Glauben, mit dem die Verheißung Gottes ergriffen wurde. Aber wie stimmt das Wort des Apostels mit 1. Mose 18, wo uns gesagt wird, daß Sara über das Wort des HErrn lachte? Sie lachte eben aus Unglauben, und wenn Sara nicht glaubte, kann dann gesagt werden, sie habe geglaubt? Merket euch, es hat noch nie einen Gläubigen auf der Welt gegeben und gibt auch noch keinen, von dem man nicht sagen könne, er habe einmal nicht geglaubt. Den Glauben bringt man nicht mit auf die Welt, und wenn wir im Glauben stehen, so hat es doch auch für uns Zeiten gegeben, wo wir kleingläubig waren, und noch täglich müssen wir beten: HErr, stärke uns den Glauben. Von solchen Beispielen ist die ganze Schrift voll; denkt an den frommen Zacharias, Luc. 1. Die Verheißung des HErrn, daß Sara in ihrem Alter noch gebären sollte, war ihr etwas Unerhörtes, und darum glaubte sie nicht. Daß sie aber hernach doch geglaubt hat, das beweist die Geschichte, denn sie ist schwanger geworden und hat den Isaak geboren. Aus Isaak aber ist ein ganzes Geschlecht geworden, zahlreich wie der Sand am Meere und wie die Sterne des Himmels.

Nun zeigt der heilige Apostel weiter, daß das Einzige, wodurch die Menschen selig geworden sind und noch selig werden, der Glaube an den HErrn Jesum ist. Er sagt: Diese Alle, die im Vorigen genannt sind, sind gestorben im Glauben und haben die Verheißung nicht empfangen, sondern sie von ferne gesehen, und sich der vertröstet und wohl begnügen lassen, und bekannt, daß sie Gäste und Fremdlinge auf Erden sind. Sie sind selig gestorben im Glauben an den verheißenen Messias; die Verheißung haben sie nicht erlangt, sondern nur von ferne gesehen. Was ist das, die Verheißung? Ists etwa die Seligkeit? Dann wären sie ja nicht selig geworden. Daraus könnt ihr sehen, daß die Verheißung etwas anders ist als die Seligkeit; denn nachher heißt es, daß sie selig geworden sind. Was ist denn die Verheißung? Die Menschwerdung Jesu Christi, d. h. sie haben Jesum Christum nicht gesehen ins Fleisch kommen. Sie haben geglaubt an den verheißenen Heiland, wir glauben an den erschienenen Heiland. Sie haben nicht daran gezweifelt, daß Er kommen werde, damit haben sie sich begnügt und sich deß getröstet, und das konnten sie auch, denn an der Seligkeit schadete ihnen das nichts, daß Jesus noch nicht Mensch geworden war, da Jesus immerdar selig macht, die an Ihn glauben. Das aber ist einerlei, ob man glaubt, Jesus soll erst kommen, oder Er ist schon gekommen. So sind sie eben so gewiß selig geworden, wie wir als Kinder des neuen Bundes selig werden. Weil sie an den HErrn Jesum glaubten, so wußten sie auch, daß sie hier Gäste und Fremdlinge waren, und weil sie das wußten, darum trachteten sie nach der himmlischen Heimath. Das war ihnen einerlei, ob Jesus schon gekommen sei, oder ob Er noch kommen sollte; sie wußten es gewiß, daß sie durch den Tod in die himmlische Heimath gebracht wurden. Denn die solches sagen, die geben zu verstehen, daß sie ein Vaterland suchen. Und zwar, wo sie das gemeint hätten, von welchem sie waren ausgezogen, hatten sie ja Zeit, wieder umzukehren. Diese Alle suchten die himmlische Heimath, ja sie hatten sie schon gewiß im Glauben, darum hatten sie eine bessere Heimath als die irdische. Wenn sie hätten in die irdische Heimath zurückkehren wollen, so brauchten sie nicht an den HErrn Jesum zu glauben; wer aber in die himmlische Heimath gelangen will, der muß an den HErrn Jesum als an seinen HErrn glauben. Darum schämet sich Gott ihrer nicht, zu heißen ihr Gott; denn Er hat ihnen eine Stadt zubereitet.

Nun folgt ein Beispiel so wunderbar, daß es seines Gleichen nicht hat: Durch den Glauben opferte Abraham den Isaak, da er versucht ward, und gab dahin den Eingebornen, da er schon die Verheißung empfangen hatte, von welchem gesagt war: In Isaak wird dir dein Same geheißen werden; und dachte, Gott kann auch wohl von den Todten erwecken, daher er auch ihn zum Vorbilde wieder nahm. Bedenket es doch einmal, Isaak war der, an dem Abrahams Seele hing; er war sein einziger Sohn, von ihm sollte der Messias kommen. Starb Isaak ohne Nachkommen, so war die Möglichkeit, daß der Messias geboren werden sollte, aufgehoben, und damit die ewige Seligkeit; denn nur durch den Glauben an den Messias kann ein Mensch selig werden. Dieser Glaube hing aber auf das Genaueste mit Isaak zusammen. War Isaak weg, so war der Messias weg, war der Messias weg, so war Abrahams Seligkeit weg, - und nun heißt es auf einmal: Schlachte deinen Sohn Isaak! War Isaak todt, so konnte er keine Kinder zeugen, die des Messias Stammväter werden konnten. Dazu war dies vor Abrahams Vernunft ein Widerspruch in Gott. Gott hatte verheißen, daß aus Isaaks Nachkommen der Messias geboren werden sollte, und nun befiehlt Er, ehe Isaak Kinder zeugen konnte, Abraham sollte ihn schlachten und opfern. Vor der Vernunft war da ein Widerspruch zwischen Gottes Verheißung und Befehl. Die Vernunft mußte sagen: Ist die Verheißung wahr, so kann der Befehl nicht wahr sein, oder ist der Befehl wahr, so kann die Verheißung nicht wahr sein. Hier galt es nun, alle Vernunft gefangen zu nehmen unter den Gehorsam Christi. Welchen Schluß mußte nun Abraham als ein Gläubiger machen? Er mußte folgenden Schluß machen: Gott hat die Verheißung gegeben, das ist wahr, ich habe es selbst gehört, und Gott kann nicht lügen, aber Gott hat auch den Befehl gegeben, den habe ich ebenfalls gehört, - nun laß Gott zusehen, wie Er damit fertig wird, mich geht das nichts an; Gottes Verheißung glaube ich, Gottes Befehl bin ich gehorsam, was daraus kommen mag, das ist Gottes Sache, Gott muß dafür aufkommen. Und siehe, Gott gibt ihm den wunderbaren Trost ins Herz, daß Er ja auch den Isaak von den Todten auferwecken könne. So will denn Abraham seinen Sohn schlachten und opfern, da spricht Gott vom Himmel: Nun sehe Ich, daß du an Mich glaubst, weil du Mir gehorsam bist; lege deine Hand nicht an den Knaben. So gibt Gott Abraham seinen Sohn wieder zurück und erneuert die Verheißung. Diese Geschichte ist ein Vorbild auf unsern HErrn Jesum. Wie Isaak sterben sollte, so ist unser HErr Jesus wirklich gestorben für uns, und wie Gott den Isaak auferwecken konnte von den Todten, so hat Er Seinen liebsten Sohn wirklich auferweckt am dritten Tage.

Zum Schluß heißt es in unserm Text: Durch den Glauben segnete Isaak von den zukünftigen Dingen den Jakob und Esau. Zwei Söhne hatte Isaak, Esau und Jakob; aber er segnete nicht den Esau und Jakob, sondern den Jakob und Esau, weil aus Jakobs Geschlecht der Messias geboren werden sollte. Das war eine Glaubensthat und darum der Natur des Isaak zuwider. Er hätte viel lieber den Esau vor Jakob gesegnet, doch Gott wollte es nicht also. Zwar war Esau durch Betrug Jakobs der Segen entgangen, aber Gott hatte den Segen auch eigentlich für Jakob bestimmt, darum blieb er gesegnet. Sehet, meine Lieben, das ist der einzige Weg zur Seligkeit im ganzen alten und neuen Testament: Aus Gnaden allein durch den Glauben. Da gilt kein Verdienst, kein Erstgeburtsrecht, sondern nur die Gnade Gottes in Christo Jesu, die man durch den Glauben ergreift. Amen.

Vers 21-29.

Durch den Glauben segnete Jakob, da er starb, beide Söhne Josephs, und neigte sich gegen seines Scepters Spitze. Durch den Glauben redete Joseph vom Auszug der Kinder Israels, da er starb, und that Befehl von seinen Gebeinen. Durch den Glauben ward Moses, da er geboren war, drei Monate verborgen von seinen Eltern, darum, daß sie sahen, wie er ein schönes Kind war; und fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot. Durch den Glauben wollte Moses, da er groß ward, nicht mehr ein Sohn heißen der Tochter Pharaos; und erwählte viel lieber mit dem Volk Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sunden zu haben; und achtete die Schmach Christi für größern Reichthum, denn die Schätze Egyptens; denn er sähe an die Belohnung. Durch den Glauben verließ er Egypten, und fürchtete nicht des Königs Grimm; denn er hielt sich an den, den er nicht sähe, als sähe er ihn. Durch den Glauben hielt er die Ostern und das Blutgießen, auf daß, der die Erstgeburten würgte, sie nicht träfe. Durch den Glauben gingen sie durch das rothe Meer, als durch trocknes Land; welches die Egypter auch versuchten, und ersoffen.

Wir haben das letzte Mal Abrahams und Isaaks Glauben betrachtet, welchen der heilige Apostel uns zum Vorbilde und Stärkung des Glaubens zeigte. Wir wollen ihm heute wieder folgen und andere Beispiele des Glaubens sehen, die er uns vorführt. Er sagt zuerst: Durch den Glauben segnete Jakob, da er starb, beide Söhne Josephs, und neigte sich gegen seines Scepters Spitze. Dieser Segen, welchen Jakob über die beiden Söhne Josephs auf seinem Sterbelager aussprach, wird deßhalb auf den Glauben zurückgeführt, weil er nicht auf menschlicher Ordnung, sondern auf Gottes Befehl ruhete. Nach menschlicher Ordnung mußte Manasse, als der älteste Sohn den Segen haben, aber auf Gottes Befehl segnete Jakob den Ephraim. Dieser Gehorsam gegen Gott kam aus dem Glauben, wie denn immer der Gehorsam die Frucht des Glaubens sein muß.

Joseph, dem dies nicht gefiel, wollte, daß Manasse zuerst gesegnet werden sollte und nicht Ephraim, darum sagte er: Nicht so, mein Vater; dieser Manasse ist der Erstgeborne, lege deine rechte Hand auf sein Haupt. Aber Jakob antwortete: Ich weiß wohl, mein Sohn, ich weiß wohl. Dieser soll auch ein Volk werden, und wird groß sein; aber sein jüngster Bruder wird größer denn er, und sein Same wird ein groß Volk werden 1. Mose 48,18-19. Der wahre Glaube gründet sich auf Gottes Wort, davon läßt er sich nicht abbringen, wenn auch alle Menschen und die eigene kluge Vernunft ihn davon abbringen wollen. Er neigte sich gegen seines Scepters Spitze. Der alte Mann will nicht liegend im Bette beten, das ist ihm ein Greuel; er will in Ehrerbietung gegen Gott anbeten, darum richtet er sich in die Höhe, an seinem Scepter. Sehet da den Unterschied zwischen der alten und neuen Frömmigkeit. Die neue Frömmigkeit kann beten, wie es ihr gefällt, im Sitzen und Liegen, zum Aufstehen und Knieen sind die Christen jetzt zu faul und zu hochmüthig. Dieser alte Mann mag und kann nicht im Liegen beten, er muß sich aufrichten, und dazu treibt ihn Keiner mit der Peitsche, sondern sein demüthiges Herz. Wenn ihr beim Tischgebet stehet oder in der Hausandacht die Kniee beuget, so lasset euch nicht durch die neue Mode von solcher schönen Sitte abbringen, sondern denket an den alten Jakob, der nicht im Liegen beten mochte.

Nun kommt das Beispiel Joseps, der nächst dem Könige der erste Mann in ganz Egypten war. Als es mit ihm zum Sterben kam, da dachte er nicht an die Herrlichkeit dieser Welt, sondern der heilige Geist erinnerte ihn an das Wort: Vierhundert Jahre sollt ihr Fremdlinge in Egypten sein und dann wieder nach Kanaan geführt werden. Zwar war damals noch nicht zu denken an solchen Auszug, denn Israel war hochgeachtet und geehrt in Egypten, aber Joseph glaubte der Verheißung Gottes, darum rief er seine Kinder an sein Sterbebett und redete von dem Auszug der Kinder Israel und that Befehl von seinen Gebeinen.

Nun zeigt uns der Apostel das Beispiel Moses, das auch einzig in seiner Art in der ganzen Bibel dasteht. Von Moses heißt es: Mit Andern rede Ich durch Gesichte und Träume, aber mit Moses rede Ich wie ein Freund mit seinem Freunde. Der Apostel sagt: Durch den Glauben ward Moses, da er geboren war, drei Monate verborgen von seinen Eltern, darum, daß sie sahen, wie er ein schönes Kind war, und fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot. Die Erhaltung des Moses in seiner zarten Kindheit ist wahrlich ein Glaubenswerk. Zur Zeit seiner Geburt hatte der König Pharao den Befehl gegeben, daß alle Knäblein gleich nach der Geburt getödtet werden sollten. Aber seine Eltern fürchteten Gott und deßhalb fürchteten sie Pharao nicht, wie ja immer die wahre Gottesfurcht alle Menschenfurcht austreibt. Deßhalb verbargen sie das Kind drei Monate lang, noch dazu, da es ein schönes Kind war, und sie auch wohl wußten, daß Gott etwas Besonderes mit dem Kinde vorhabe. Weil sie ihn aber nicht länger verbergen konnten, da er wahrscheinlich ein tüchtiger Schreier war, und sich selbst verrathen konnte, so machten sie ein Kästchen, legten ihn darein und stellten dasselbe in das Schilf am Rande des Nil, wo die Tochter ihres bittersten Feindes alle Tage badete. Sie dachten, wenn des Königs Tochter das weinende Kindlein sieht, dann wird sie sich darüber erbarmen und es als ihr Kind erziehen. Das thaten sie im Glauben. Nach der Vernunft war ihr Händeln recht thöricht, da hätten sie das Kind so weit wie möglich aus Pharaos Nähe bringen müssen. Aber ihr Glaube wird nicht zu Schanden. Die Tochter Pharao findet das Kindlein und zieht es auf als ihren Sohn, der König darf ihm kein Leids thun. Am Hofe Pharaos sollte er äußerlich herangebildet werden zu dem großen Werke, welches Gott ihm auftragen wollte; denn hier wurde er unterrichtet in der Weisheit der Egypter. Aber welche Wunder sahe man an ihm, als er zum Jüngling herangewachsen war.

Der Apostel sagt: Durch den Glauben wollte Moses, da er groß ward, nicht mehr ein Sohn heißen der Tochter Pharao, und erwählte viel lieber mit dem Volke Gottes Ungemach zu leiden, denn die zeitliche Ergötzung der Sünde zu haben; und achtete die Schmach Christi für größeren Reichthum, denn die Schätze Egyptens; denn er sahe an die Belohnung. Durch den Glauben verließ er Egypten, und fürchtete nicht des Königs Grimm; denn er hielt sich an den, den er nicht sahe, als sähe er Ihn. Moses, als Prinz erzogen am königlichen Hofe in aller Weisheit, Herrlichkeit und Ueppigkeit der Egypter, wußte, daß er zu dem Volk der Juden gehörte, das Gottes Volk war. Nun trieb es ihn zur Entscheidung, ob er sich von den Egyptern trennen wollte und zu seinem Volke zurückkehren, oder ob er ein Unterdrücker seines Volkes werden wollte. Wollte er es mit seinem Volke halten, so konnte er nicht am königlichen Hofe bleiben; wollte er ein Unterdrücker seines Volks werden, so mußte er die Zugehörigkeit zu seinem Volk aufgeben. Er erwählt das Erstere und verachtet alle Lust und Freude, die ihm das Hofleben bietet. Er bespricht sich nicht erst mit Fleisch und Blut, sondern achtet die Schmach Christi höher als Alles, was die Welt bieten kann. Wie kann der Apostel sagen: Moses achtete die Schmach Christi höher als die zeitliche Ergötzung der Sünde, da Christus noch nicht erschienen war? Christus war den Vätern verheißen, daß Er kommen sollte und an diese Verheißung glaubte Moses, als ob er Ihn schon sähe. In diesem Glauben hatte er das Heil, Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit, und darum konnte er auch die Schmach Christi tragen. Wenn du sagst, du glaubst an Gott, so ist das ein Gerede, das die Welt gern hört und du brauchst keine Schmach zu leiden; sagst du es aber den Leuten, daß du an den HErrn Jesum glaubst, dann brauchst du für Schmach nicht zu sorgen. Moses ist selig im Glauben an den zukünftigen Messias und er will einst die himmlische Seligkeit ererben, darum hält er es mit dem Volke Gottes, wo der verheißene Messias angebetet wird. Daß er sich nicht fürchtete vor des Königs Grimm, das sehen wir daraus, wie er den Egypter erschlug. Er wollte das Volk befreien aus seiner Knechtschaft, aber noch durch seine eigene Kraft; darum mußte Gott ihn erst überzeugen von seiner eigenen Untüchtigkeit. Denn Gott kann nie einen Menschen brauchen zu Seiner Reichsarbeit, der sich selbst für tüchtig hält. Je untüchtiger wir uns glauben zu einem Gotteswerk, desto tüchtiger sind wir vor Gottes Augen, denn dann nehmen wir unsere Tüchtigkeit von Gott. So ist's auch mit Mose. Er mußte fliehen und aus 2. Mose 4 sehen wir, wie wenig fähig sich Moses dazu hielt, das Volk Israel auszuführen aus Egypten. In der Einsamkeit bei den Schafen ist er klein und demüthig geworden.

Es heißt weiter: Durch den Glauben hielt er die Ostern und das Blutgießen, auf daß, der die Erstgeburt würgte, sie nicht träfe. Gott wollte alle Erstgeburt in Egypten schlagen, um den starken Sinn des Königs zu brechen; aber die Erstgeburt der Kinder Israel sollte verschont werden. Darum sollten sie das Passahlamm schlachten und mit dem Blute desselben die Pfosten ihrer Häuser bestreichen, auf daß der Würgengel an ihnen vorüberginge. Der Würgengel war ein Engel, der Lust zum Würgen hatte, deßhalb ist's ein böser Engel oder gar der Teufel selbst gewesen. Zu solcher Arbeit braucht Gott die guten Engel nicht, sondern die bösen, die sind Seine Schinderknechte. Als böser Engel hätte er auch gern die Erstgeburt der Kinder Israel getödtet, aber das durfte er nun nicht, da ihre Häuser mit Blut bestrichen waren, und Gott zu ihm gesagt hatte, daß er in diese Häuser nicht einkehren solle. Konnte denn das bißchen Blut an den Häusern den bösen Engel zurückhalten? Nach der Vernunft mußte man sagen: Nein; aber der Glaube ist Gott gehorsam, auch wenn’s gegen die Vernunft geht, und sagt zu Gott: Siehe Du zu, daß Du mit dem fertig wirst, was du angeordnet hast. So sind Gottes Wege immer vor der Vernunft lauter Thorheit; die Gläubigen sind es aber gewohnt, daß Gott solche Wege mit ihnen geht. -

Durch den Glauben gingen sie durch das rothe Meer, als durch trocknes Land, welches die Egypter auch versuchten und ersoffen. Wenn man gerades Weges von Egypten nach Kanaan zieht, so kann man in zehn bis vierzehn Tagen hinkommen. Statt dessen führt Moses das Volk nicht auf geradem Wege dahin, sondern tief in die Wüste, statt nach Norden nach Süden. Er zieht nicht mit dem Volke um das rothe Meer, sondern an dasselbe, und doch ist keine Brücke darüber gebaut. Warum thut er das? Gott hatte es ihm so befohlen und der Glaube war Gottes Befehl gehorsam. Sie kamen endlich in eine Thalschlucht, wo keine Ziege, geschweige denn ein Mensch den Berg hinaufklettern konnte. Nun kam Pharao ihnen nachgezogen mit einem großen Heer, was sollten sie anfangen. Vor sich hatten sie das rothe Meer, an beiden Seiten steile Felsen und hinter sich die Egypter. Dazu fing das Volk an zu murren, also daß sie Moses steinigen wollten. Was that nun Moses? Er fing an zu beten, und zwar so mächtig, aber ohne ein Wort zu reden, daß Gott zu ihm sagte: Moses, was schreiest du so? Recke deinen Stab über das rothe Meer, und dann ziehet weiter. Wohin? Durchs rothe Meer nach Kanaan. Als Moses seinen Stab ausstreckte, da zertheilte sich das Wasser des Meeres in zwei Hälften und stand zu beiden Seiten als eine feste Mauer, also daß das Volk trockenen Fußes hindurchziehen konnte. Pharao zieht ihnen nach; als aber Israel ganz hindurch ist, da sagt Gott zu Mose: Strecke deinen Stab aus über das Meer, daß das Wasser wieder zusammen komme; Mose that also und Pharao mußte mit seinem ganzen Heere im rothen Meer ersaufen. Das ist die wunderbare That der Allmacht, Weisheit und Liebe Gottes, die zum Heil Seiner Freunde und zum Verderben Seiner Feinde gereichen mußte. Das ist aber auch die Macht des Glaubens, der alle Vernunft gefangen nimmt unter dem Gehorsam Christi; und der Grund dieses Glaubens ist: Der HErr hat es gesagt; damit dringt er durch Alles hindurch. Amen.

Vers 30-40.

Durch den Glauben fielen die Mauern zu Jericho, da sie sieben Tage umher gegangen waren. Durch den Glauben ward die Hure Rahab nicht verloren mit den Ungläubigen, da sie die Kundschafter freundlich aufnahm. Und was soll ich mehr sagen? Die Zeit würde mir zu kurz, wenn ich sollte erzählen von Gideon, und Barak, und Simson, und Jephthah, und David, und Samuel, und den Propheten; welche haben durch den Glauben Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit gewirket, die Verheißung erlanget, der Löwen Rachen verstopfet, des Feuers Kraft ausgelöschet, sind des Schwerts Schärfe entronnen, sind kräftig geworden aus der Schwachheit, sind stark geworden im Streit, haben der Fremden Heer darnieder gelegt. Die Weiber haben ihre Todten von der Auferstehung wieder genommen; die andern aber sind zerschlagen, und haben keine Erlösung angenommen, auf daß sie die Auferstehung, die besser ist, erlangten. Etliche haben Spott und Geißeln erlitten, dazu Bande und Gefängniß; sie sind gesteiniget, zerhackt, zerstochen, durchs Schwert getödtet; sie sind umher gegangen in Pelzen und Ziegenfellen, mit Mangel, mit Trübsal, mit Ungemach, (deren die Welt nicht Werth war), und sind im Elend gegangen in den Wüsten, auf den Bergen, und in den Klüften und Löchern der Erde. Diese Alle haben durch den Glauben Zeugniß überkommen, und nicht empfangen die Verheißung; darum, daß Gott etwas Bessers für uns zuvor versehen hat, daß sie nicht ohne uns vollendet würden.

Der heilige Apostel fügt zu den Beispielen des Glaubens, die er uns schon gezeigt hat, noch einige Beispiele hinzu, daß wir daraus die Natur des rechten Glaubens erkennen möchten. Der Glaube hat ja die Eigenschaft, wie ihr aus den bisherigen Beispielen gesehen habt, daß er nicht sieht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare, und das ist eben das Große und Schwere des Glaubens, weßhalb es auch so wenig rechte Gläubige gibt. Man muß sich immer mehr überzeugen, daß der Glaube der meisten Christen nur Lippengeplapper, oder im bessern Fall der nothdürftigste Anfang des Christenthums ist. Solcher Glaube, der auf das Unsichtbare siebt, als besäße er es schon, ist, wie Luther sagt, das Seltenste, was man auf Erden findet. Die meisten Christen, die sich des Glaubens rühmen, lügen.

Der Apostel führt nun zuerst das Beispiel von der Eroberung Jerichos an, indem er sagt: Durch den Glauben fielen die Mauern zu Jericho, da sie sieben Tage umhergegangen waren. Gott hatte zu Josua gesagt, das Volk Israel solle sieben Tage um die Stadt Jericho herumziehen, aber am siebenten Tage sollten sie diesen Umzug siebenmal halten, und beim siebenten Mal sollten sie ein Feldgeschrei erheben und die Posaunen blasen, dann würden die Mauern niederfallen und ein Jeder könnte dann stracks vor sich über die niedergefallenen Mauern in die Stadt gehen. Nun nehmt eure Vernunft einmal zur Hand und sagt mir, gibt es einen lächerlicheren Befehl als diesen, daß Israel Jericho durch Spazierengehen einnehmen, und daß die Mauern der Stadt durch Blasen und Schreien umfallen sollen? Und das ist der liebe Gott Seinem Volke am Sinne! Josua und das Volk glaubten dem HErrn, ob es auch vor ihrer Vernunft thöricht zu sein schien, und sie glaubten es aus dem Grunde, weil Gott es gesagt hatte. Sie sind dem HErrn aufs Wort gehorsam, ziehen an den ersten sechs Tagen sechsmal um die Stadt und am siebenten siebenmal, und erheben dann ihre Posaunen und das Feldgeschrei. Zuerst ist das den Einwohnern von Jericho gewiß recht lächerlich gewesen, aber daran kehrt sich Israel nicht, denn Israel wußte, daß diesen Heiden am siebenten Tage das Lachen vergehen würde. Ich bin fest überzeugt, wenn wir hätten Jericho einnehmen sollen und Gott hätte uns solche Befehle gegeben, daß wir gesagt hätten: Solche Befehle mag Gott andern Leuten geben als uns, wir sind nicht so thöricht, das zu glauben. Nun ja, wolltest du ohne Gottes Auftrag und Verheißung eine Stadt einnehmen durch Spazierengehen, Feldgeschrei und Posaunen, du würdest sie nimmer gewinnen. Das ist vor allen Dingen nöthig, daß Gott dir den Auftrag und die Verheißung gegeben habe. Denn nicht Israels Feldgeschrei und Posaunen hat die Mauern umgestoßen, sondern Gottes allmächtiger Arm; aber dieses Wunder Gottes war gebunden an Israels Glaubens-Gehorsam.

So ist es jetzt noch. Wenn wir die wunderbare Hülfe Gottes erfahren, so ist sie eben nicht unser Werk, sondern Gottes That; aber Gott der HErr würde uns nicht solche Erfahrungen machen lassen, wenn wir nicht durch das Glaubensgebet Ihn dazu drängten. Daß aber in unsern Tagen wenig Glauben zu finden ist auf Erden, das sehet ihr daraus: Die meisten Christen, wenn sie gebetet haben, legen sich gleichsam auf die Lauer und warten, ob denn Gott auch wohl ihr Gebet erhören werde; und könnten doch der Erhörung ihres Gebetes so gewiß sein, wie der HErr gesagt hat: Alles, was ihr bitten werdet in Meinem Namen, das will Ich euch thun.

Nun folgt das zweite Beispiel: Durch den Glauben ward die Hure Rahab nicht verloren mit den Ungläubigen, da sie die Kundschafter freundlich aufnahm. Rahab glaubte, daß Jericho samt dem ganzen Lande in die Hände der Israeliten fallen würde. Sie sprach das auch offen aus gegen die Kundschafter. Woher wußte sie das? Sie glaubte den großen Thaten, die Gott an Seinem Volke gethan, und sie glaubte den großen Verheißungen, die Gott Seinem Volke gegeben hatte, davon die Kunde in das Land Kanaan gedrungen war. Warum glaubte sie das? Weil Gott es gesagt hatte. Vor ihrer Vernunft mußten solche Verheißungen thöricht sein, denn ihr Volk war viel zahlreicher, tapferer und stärker als Israel, dies Sklavenvolk aus Egypten. Dazu hatten die Kanaaniter große, feste Städte, die bis an den Himmel reichten und waren tüchtige Kriegsleute; Israel aber stand unter freiem Himmel und war nicht gewohnt, Kriege zu führen. Wohl war Israel vierzig Jahre in der Wüste umher gezogen, aber ein Kriegsvolk war es nicht geworden. Womit sollten sie auch in der Wüste Krieg führen? Mit den Sandkörnern vielleicht? Zwar mußten sie einmal in den Kampf mit den Amalekitern, 2. Mose 17, aber wo wäre Israel geblieben, wenn Moses nicht die Hände emporgehoben hätte zu Gott im Gebet? Ein andermal wurden sie geradezu geschlagen von den Feinden dicht vor Kanaan. Und doch glaubte Rahab den Thaten und Verheißungen Gottes. Was sie geglaubt hat, das ist geschehen. Leset die Eroberung des Landes Kanaan im Buche Josua, und ihr müßt sagen: Nicht Israel, sondern Gott der HErr hat das Land erobert. Was für eine Frau war Rahab? Gottes Wort sagt: Sie war eine Hure. Da möchten wir wohl fragen: Wie kam eine Hure zu solchem Glauben? Merket euch, meine Lieben, diese Hure war eine ganz andere Person als die Huren unserer Zeit. Sie war eine Heidin, die Hurerei war ein Stück ihres Gottesdienstes und darum in ihren Augen keine Sünde. Dagegen wissen die Huren in der Christenheit, daß die Hurerei Sünde ist, die den Menschen in die Hölle bringt, und doch dienen sie dieser Sünde. Rahab gehörte zu den aufrichtigen Seelen, denen es Gott gelingen lassen will, darum wirkte die Botschaft von dem Gotte Israels, von dem lebendigen Gott, den Glauben in ihr, und dieser Glaube war es, der sie von dem zeitlichen und ewigen Verderben rettete, während die übrigen Bewohner Jerichos getödtet wurden. Ihr könnt fest glauben, meine Lieben, daß Rahab keine Hure geblieben ist, als sie den lebendigen Gott kennen lernte. Denn das ist nicht möglich, im Glauben an den lebendigen wahren Gott stehen und Hurerei treiben.

Das sind die letzten beiden Beispiele, die der Apostel ausführlicher bespricht. Dann fahrt er fort: Aber nun muß ich inne halten, denn was soll ich mehr sagen? Die Zeit würde mir zu kurz werden, wenn ich sollte erzählen von Gideon, und Barak, und Simson, und Jephthah, und David, und Samuel, und den Propheten die Zeit fehlt mir, euch das Alles zu erzählen. Durch den Glauben haben diese Männer Königreiche bezwungen, Gerechtigkeit gewirket, die Verheißung erlanget, der Löwen Rachen verstopfet, des Feuers Kraft ausgelöschet, sind des Schwertes Schärfe entronnen, sind kräftig geworden aus der Schwachheit, sind stark geworden im Streit, haben der Fremden Heer darniedergelegt. Die Weiber haben ihre Todten von der Auferstehung wiedergenommen; die Andern aber sind zerschlagen und haben keine Erlösung angenommen, auf daß sie die Auferstehung, die besser ist, erlangten. Da ist nichts, was diese Leute nicht erduldet haben, Etliche haben Spott und Geißeln erlitten, dazu Bande und Gefängniß; sie sind gesteinigt, zerhackt, zerstochen, durchs Schwert getödtet; sie sind umhergegangen in Pelzen und Ziegenfellen, mit Mangel, mit Trübsal, mit Ungemach; sie sind im Elend gegangen in den Wüsten, auf den Bergen, in den Klüften und Löchern der Erde.

Von dem Vielen, was hier der Apostel anführt, wollen wir nur Einiges hervorheben. David hat Königreiche bezwungen mehr denn eins. Wenn er in die Schlacht gehen wollte, dann fragte er den HErrn, und was der HErr ihm sagte, das that er, und so war jeder Sieg eine Glaubensthat. Als Samuel sein Richteramt niederlegte, da konnte er sagen: Wer ist unter euch, dem ich Unrecht gethan habe? und alles Volk mußte schweigen; so hat er Gerechtigkeit gewirkt, durch des Glaubens Kraft. Daniel hat der Löwen Rachen verstopft. Ich habe einmal ein altes Bild gesehen, darauf Daniel abgebildet war, umgeben von grimmigen Löwen mit aufgesperrtem Rachen. Daniel saß ruhig da und las in einem Buche, er achtete nicht auf den Grimm der Löwen, denn er glaubte, daß sie ihn nicht antasten durften, da Gott ihnen den Rachen zuhielt. Die drei Männer im feurigen Ofen haben durch ihren Glauben des Feuers Kraft ausgelöscht. Nicht ein Haar ist ihnen versengt worden. Wer hat sie denn beschützt? Hört die Glaubensworte dieser Männer; sie sagen zu dem Könige.-

Das sollst du wissen, daß unser Gott uns wohl retten kann; aber wenn Er es auch nicht will, so wollen wir doch nicht thun, was du forderst, Solcher Beispiele könnten wir noch mehr anführen, die ganze Bibel ist davon voll. Denkt an Gideon, wie er mit dreihundert Mann auszieht gegen hundertzwanzigtausend Feinde. Erzählt das einmal einem General, er wird Augen und Nase aufsperren und sagen: Bist du nicht recht klug? Wolltest du dem eine ähnliche Aufgabe stellen, so würde er dich auslachen, und mit Recht; aber ich glaube, wenn Gott jetzt Einem eine solche Aufgabe stellte, der Mensch würde es nicht annehmen.

Sehet die Propheten an, ihr Leben haben sie in Jammer und Elend zugebracht. Elias mußte in die Wüste fliehen. Jeremias wurde geschlagen und ins Gefängniß geworfen. Jesaias wurde zwischen zwei Bretter gelegt und mit einer hölzernen Säge durchgeschnitten. Wenn wir zu diesen Glaubenshelden des alten Testaments noch die Glaubenshelden des neuen Testaments nehmen, und vergleichen damit unsere Zeit, so finden wir, daß es jetzt traurig aussieht in der Christenheit. Die Christen wollen jetzt gute und bequeme Tage haben, allenthalben akkordieren sie mit der Welt, damit sie in Amt und Würden bleiben und es mit Keinem verderben. Wenn man unsere verfluchte weichliche Zeit mit der guten alten tapferen Zeit vergleicht, da blutet einem das Herz im Leibe. Darum freue ich mich auch so sehr auf das, was bald kommen wird, auf die Verfolgung der Gläubigen, die nicht mehr fern ist, wo es sich zeigen wird, wer treu ist, und wer Muth und Kraft hat, um Christi willen Alles zu leiden und seine Seele zu retten. Alle Anzeichen scheinen darauf hinzudeuten, daß das Reich des Antichrists bald kommen wird, dann muß es offenbar werden, wer acht ist und wer nicht, wer Glauben hat und wer ein Heuchler ist. Man muß sich nicht fürchten vor der Märtyrerzeit, sondern Gott danken, daß es endlich einmal reinere Luft wird in der Kirche, wobei das Glaubensleben auch besser gedeihen kann und man fröhlich in dem HErrn wird, wenn auch unter Leiden und Trübsal. Muß man dabei auch Alles in die Schanze schlagen; wenn man den HErrn bekennt, so will es uns der HErr reichlich vergelten in jenem Leben. Laßt euch durch nichts untreu machen in der schweren Zeit, sondern hebt fröhlich eure Häupter empor, denn je mehr Gewalt der Antichrist zu gewinnen scheint, je größer die Verfolgung wird, desto näher ist die Wiederkunft Christi. Amen.

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