Hahn, Johann Michael - 7. Betrachtung (Brief)

Hahn, Johann Michael - 7. Betrachtung (Brief)

Wie jeder bußfertige Sünder Vergebung erlangen und zur Gemeinschaft mit Gott kommen könne. Wer in seinem Beruf ohne Schaden durchkomme.

Text: 1. Joh. 1,5-10. Lied: II, 216.338.

Dein Schreiben enthält Fragen, mit denen du mich wohl hättest verschonen können. Ich werde dir aber doch in Kürze antworten, so gut ich es kann.

Zuerst fragst du, ob wohl ein Sünder von deiner Art vom Herrn auch angenommen werde und Vergebung erlangen könne. Dabei bekanntest du einige Soldaten-Sünden. Ich dachte, du solltest daran keinen Zweifel haben und längst wissen, daß Gott reumütige Sünder annimmt, und daß er ihnen um Christi willen alle Sünden ohne Ausnahme, seien sie groß oder klein, seien es deren viele oder wenige, vergibt. Alle Sünden, welche erkennt, bekannt, bereut und gehaßt werden, vergibt Gott freilich, wenn man sie anders zu lassen von Herzen entschlossen ist. Wollte man aber nur darum Vergebung haben, um von der Unruhe des Herzens los zu sein, und nicht in erster Linie deshalb, daß man von der Sünde auch frei und los wird, so hat die Reue und Buße nicht die rechte Art. Es muß den treuen Seelen nicht nur um Vergebung, sondern hauptsächlich um Reinigung von Sünden zu tun sein. Wer aber Freiheit von der Herrschaft der Sünde sucht, der erstattet auch, soviel als möglich, das veruntreute Gut wie ein Zachäus, damit kein Bann auf ihm bleibe. Und wenn Gott dir vergeben soll, so mußt du auch deinem Nebenmenschen, der an dir gesündigt hat, vergeben, er sei, wer er wolle. Ferner mußt du auch den festen Vorsatz fassen, mit Wissen und Willen nie mehr zu sündigen. Auf ernste Reue wird dir Gott vergeben; doch mußt du dich auch zur Ausführung seiner Gnadengerichte an dir verstehen. Denn „Zion wird durch Recht erlöset werden, und ihre Wiederkehrenden durch Gerechtigkeit“ (Jes. 1,27). Die Reinigungsarten, die Gott für dich anwendet, mußt du dir gefallen lassen.

Weiter fragst du: „Kann ein solcher Sünder, wie ich einer bin, auch zur Gemeinschaft mit Gott und zu gewisser Versicherung der Vergebung seiner Sünden gelangen?“ Antwort: Ja, das kann wohl sein. Doch sollst du dies noch besser verstehen lernen. Merke doch, was in 1. Joh. 1 geschrieben steht, so hast du auf deine Fragen eine recht deutliche Antwort! Denn so wir im Lichte wandeln, wie unser Heiland nun als Gott-Mensch im Lichte ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander, und das Blut Jesu Christi macht uns rein von aller Sünde. Wer wandelt aber im Licht? Nicht wahr der, welcher im Licht die Finsternis erkennt, sie flieht und haßt, sie auch ohne Falsch bekennt und gerne von ihr frei wäre? Ein solcher hat an Jesu Christo, dem einzig Gerechten, einen Fürsprecher und Versöhner; das sagt dir der Apostel Johannes im 2. Kapitel. Daher soll keiner, der von seinen Sünden frei und los sein will, an der Vergebung zweifeln, auch wenn er von ihnen angefochten ist. Wenn aber eine Seele, die boshafter, doppelherziger, falscher Art ist, gerne Vergebung hätte, und doch so manches vom Alten beibehalten und gleichsam verbergen möchte, so wandelt sie nicht im Licht und kann keine Gemeinschaft mit Gott haben. In ihm ist keine Finsternis, und es soll sich keiner einbilden, daß er mit einer einzigen Sünden- oder Finsternisliebe in Gottes Lichtsgemeinschaft bestehen könne. Wer aber das, was Gott haßt, auch haßt, ist ja einig mit Gott und will, was Gott will. Ob ein solcher schon noch Sünde fühlt, kann er doch in Gottes Gemeinschaft bestehen, kann Vergebung erlangen und glauben. Eine solche lichtliebende Seele wird der heilige Geist von der Vergebung der Sünden versichern. Wo er dies aber nicht tut, da muß heimliche Tücke vorhanden sein, und darum ist es notwendig, daß der, welcher an der Vergebung zweifelt, nach der Ursache seines Unglaubens forscht.

Durch das, was ich dir bisher geschrieben habe, solltest du vorbereitet sein, zu verstehen, was ich dir auf deine dritte Frage antworten möchte; sie lautet: „Wenn denn nun ein neuer Krieg ausbrechen und ich wieder zum Militär einberufen werden sollte, wie werde ich unter der schrecklichen Lebensart der Soldaten durchkommen können?“ Antwort: Du wirst durchkommen gerade so, wie du willst. Wirst du in der Lichtsgemeinschaft Gottes bleiben wollen, so wird dich die Finsternis immer mehr in dieselbe hineintreiben; du wirst immer mehr Lichtslust verspüren und Lichtskraft anziehen und somit im Lichte gegründeter werden. Wirst du aber ein Behagen an den sündlichen Fleischeswerken der Kriegsleute haben und denselben nicht alsbald entweichen, so wirst du wollen, was das Fleisch will, und wirst so nach und nach in die Gemeinschaft der Sünder treten. Es kommt darauf an, ob dir die Bitterkeit der Sünde einen so tiefen Eindruck gemacht hat, daß du dich entschlossen hast, all die Tage deines Lebens dich vor solcher Betrübnis deiner Seele zu hüten, und ob die Liebe zum Licht einen bleibenden Sitz in dir gewonnen hat. Kurz, es kommt auf deinen Willen an.

Wenn du unter den Kindern der Welt und den Sündern eine Angst fühlst, so ist dies ein gutes Zeichen; durch sie kannst du verwahrt bleiben. Bitte nur, daß dich diese Begleiterin nicht verlasse! denn wenn sie von dir weichen würde, so könntest du verloren sein. Sollte der edle Geist in dir sich mit den Sündern gemein machen? Das ist unmöglich. Ist demnach reine Lichtsliebe herrschend in dir, so wird sie dich befähigen, gegen die Anläufe der Finsternis zu bestehen. Ist aber nur anfänglicher Lichtslust in dir, so wird diese nach Freiheit suchen und ringen. Wenn ein höherer Sinn für Licht und Wahrheit in dir ist, wie sollte dir dann an dem, was die Weltkinder üben und lieben, nicht ekeln! Es wird sich also bald zeigen, ob ein wahres Werk Gottes in dir ist, oder nicht. Zweifle keineswegs daran, daß Gott das, was er angefangen hat, auch hinausführen und vollenden werde! Trachte nur darnach, dich von aller Befleckung des Fleisches und des Geistes reinigen zu lassen, und siehe, wie du die in dir angefangene Heiligung in der Furcht Gottes vollenden mögest!

Bd. XIII, Brief 11.

Mel. Gott sei Dank in aller Welt.

Vater der Barmherzigkeit, Vater der Vollkommenheit, sei mir gnädig, deinem Knecht! Mach mich heilig und gerecht!

Handle nicht nach meiner Sünd mit mir, deinem armen Kind, sondern hab mit mir Geduld, und erzeig mir Gnad und Huld!

Doch, wenn etwas ist in mir, das sich nicht ergeben dir, Vater, das verschone nicht; dieses treffe dein Gericht!

Du vergibst die Sünde mir, die ich nimmer liebe hier, von der ich gern wäre frei; du bist ja gerecht und treu.

Deinen Geist nimm nicht von mir, den ich hab, o Gott, von dir! Lasse ihn doch in mir sein bis ins Himmelreich hinein!

Nimm dich ferner meiner an, daß ich es empfinden kann! Meiner Schwachheit stehe bei! Mache mich vollkommen neu!

I. Lbbd. Nr. 233

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