Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 3 Capitel.

Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 3 Capitel.

Seine Vereinigung mit Christo.

Dieses, mein Sohn, nehme ich von dir an, sprach er; beharre nur darinne; heisse und bleibe mein eigen. Du warest zwar mein, und bist es von Ewigkeit; aber vorhin wusstest du dieses nicht. Ich habe für dich schon lange diese Freude zubereitet, zu welcher ich dich anjetzo einführe; aber du verstundest es nicht. Ich führete dich wunderbare Wege und durch viele Umschweife zu mir, welches du nicht erkanntest, und was ich, Regierer aller meiner Auserwehlten, damit im Sinne hatte, wusstest du nicht, ja merktest nicht einmal auf mein Werk bey dir. Aber ich bin doch allenthalben mit dir gewesen, und deswegen habe ich dich eine Zeitlang durch diese Umwege geführet, damit ich dich zuletzt desto näher zu mir führen möchte. Nichts konnte dich die Welt, nichts deine Führer, nichts ein weiser Salomo lehren; mit nichts konnte ich dich reich machen, mit nichts sättigen, mit nichts die Begierden deines Herzens befriedigen, denn dieses war darinne nicht zu finden, was du gesuchet hast: Aber nun will ich dich alles lehren, dich recht reich machen.

Dieses allein verlange ich von dir: Was du immer in der Welt gesehen, und was du vor menschliche Bemühungen bey weltlichen Dingen wahrgenommen, dieses sollst du nun auf mich wenden und kehren; und das soll, so lange du lebest, deine Arbeit und Beschäftigung seyn. Denn was die Menschen in der Welt suchen, und nicht finden, das will ich dir zur Genüge geben, nemlich Friede und Freude.

Du hast in deiner Pilgrimschaft gesehen, wie im Ehestande diejenigen, die einander lieb gewinnen, alles verlassen, damit sie einander zum Eigenthum ergeben seyn mögen. Thue du auch also: Verlaß alles, auch dich selbst, und übergib dich mir völlig; so wirst du mein seyn, und es wird sodann mit dir wohl stehen. So lange du aber dieses nicht thun wirst, so kannst du zu keiner Befriedigung deines Gemüths kommen; dessen ich dich gewiß versichert haben will. Denn in der Welt ist alles veränderlich, woran du dich immer mit deinen Sinnen und Begierden wirst halten wollen. Ausser mir wird dich alles bald so bald anders zerstreuen und beunruhigen, zuletzt aber dich verlassen, und die Belustigung, welche du darinne gesucht, wird sich in Traurigkeit verwandeln. Derohalben will ich dir treulich rathen, mein Sohn: Laß alles fahren, und ergreife nur mich; werde mein, und ich dein! Wir wollen uns mit einander an diesem sichern Orte einschliessen, und da wirst du wahrhaftigere Ergetzung finden, als in dem leiblichen Ehestande können gefunden werden. Suche nur mir zu gefallen, mich zum Rathgeber, Führer, Zeugen, Gesellen und Mitgenossen aller deiner Sachen zu haben, und so oft du zu mir redest, sprich: Ich allein und du, mein Herr! Um einen dritten (Mann) hast du niemals zu sorgen; halte dich nur zu mir, siehe auf mich, besprich dich liebreich mit mir, umarme mich, küsse mich, und sey hinwiederum alles dessen von mir gewärtig.

In dem andern Stande hast du gesehen, mit was für unendlicher Arbeit gewinnsüchtige Leute sich beladen, was für Vortheile sie ergreifen, und in was Gefahr sie sich wagen. Alle diese Bemühungen halte für eitel; indem du weist, daß nur ein Einiges noth sey, nemlich die Gnade Gottes. Und derohalben laß die den einzigen Beruf, welchen ich dir anbefohlen, angelegen seyn; verrichte deine Arbeit treulich, aufrichtig und mit stillem Wesen; das Ende und den Ausgang aller Dingen aber laß mir befohlen seyn.

Unter den Gelehrten hast du gesehen, wie sie alles zu ergründen sich bemühen: Der Gipfel aber deiner Gelehrsamkeit sey, mich in meinen Werken zu erforschen, und wie ich dich und alle Dinge so wunderbar regiere. Hier findest du mehr Materie zum Meditiren, als jene dorten, und zwar mit unaussprechlicher Ergetzlichkeit. Anstatt aller Bibliotheken, (welche durchzulesen eine unendliche Arbeit, der Nutzen aber davon sehr geringe, der Schade hingegen sehr gemein, und die Abmattung unvermeidlich und beschwerlich ist,) gebe ich dir dieses Büchlein, (die Bibel,) in welchem du alle Künste enthalten finden wirst. Hier soll deine Grammatica (Worterklärung) seyn die Erwägung meiner Worte; deine Dialectica (Lehre Vernunfschlüsse zu machen) der Glaube an dieselben; deine Rhetorica (Rednerkunst) Gebet und Seufzer; deine Physica (Naturforschung) die Betrachtung meiner Werke; deine Metaphysica (Erforschung übernatürlicher Dinge) die Belustigung an mir und an ewigen Dingen; deine Mathematica (Meß- und Rechenkunst) die Berechnung, Ueberwegung und Abmessung meiner Wohlthaten; wie auch des Undanks der Welt gegen dieselben; deine Ethica (Tugendlehre) meine Liebe, welche dir die Regel aller Pflichten gegen mich und den Nächsten an die Hand geben wird. Alle diese Gelehrsamkeit aber wirst du nicht darum suchen zu erlangen, daß du damit pralest, sondern nur, daß du dich dadurch immer mehr zu mir nahest. Denn je einfältiger du bey dem allen bleiben wirst, je gelehrter du in der That seyn wirst, weil nur den einfältigen Herzen mein Licht aufgehet.

Du hast unter den Aerzten gesehen, wie sie allerhand Mittel suchen zur Beschirmung und Verlängerung des Lebens; aber warum willst du dich ängstlich bekümmern, wie lange du leben sollst? Ist denn solches in deiner Macht? Du kamst ja nicht auf die Welt, wenn und zu welcher Zeit du wolltest; du wirst auch aus derselben nicht gehen, wenn du wirst wollen; sondern dieses regieret allein meine Vorsehung. Derowegen siehe du nur zu, daß du recht und wohl lebest; ich will schon sehen, wie lange du leben sollst. Lebe einfältig und aufrichtig nach meinem Willen, so will ich dir zu gefallen dein Arzt seyn; ja ich will dein Leben und die Länge deiner Tage seyn. Sonst ist ohne mir auch die Arzney nur Gift; hingegen, wenn ich will, so muß Gift zur Arzney werden. Derohalben befiehl du nur mir dein Leben und deine Gesundheit; im übrigen bekümmere dich im geringsten nicht darum.

In und bey der Rechtsgelahrtheit hast du wunderliche und verworrene menschliche Händel gesehen, und wie man da lehret sich um seine Sachen auf mannigfaltige Art herumzerren. Bey dir sey dieses deine Rechtsgelehrsamkeit, daß du weder etwas fremdes noch eigenes einem andern misgönnest; sondern was ein jeder hat, dasselbe ihm lassest; und wenn auch jemand etwas von dem Deinen bedarf, ihm solches nicht weigerst; wenn du etwas schuldig bist, solches entrichtest; und wenn du auch über deine Schuldigkeit behülflich seyn kannst, dich auch dazu verbunden erkennest; ja, um Friedens willens alles, auch dich selbst hintan setzest, so, daß, wenn dir jemand den Rock nimmt, du ihm auch den Mantel lassest; wenn dich jemand auf den einen Backen schlägt, du ihm auch den andern darreichest. Dieses sind meine Rechte. Wirst du dieselbe beobachten, so wirst du Frieden erhalten und bewahren.

Du hast in der Welt gesehen, was die Leute bey Verrichtung des Gottesdiensts für Ceremonien treiben, und deswegen so viele Streitigkeit haben: Dein Gottesdienst aber sey, daß du mir in der Stille dienest, und dich an keine Ceremonien bindest, denn ich binde dich nicht an dieselben; und wenn du mir nur, wie ich dich lehre, im Geist und in der Wahrheit dienen wirst, so zanke weiter mit niemand, wenn sie dich gleich einen Heuchler, oder was es immer seyn möchte, nenneten; sondern siehe nur immer in der Stille auf mich, und warte meines Dienstes in der Stille ab.

Unter den Obrigkeiten und Amtleuten menschlicher Gesellschaft hast du wahrgenommen, wie die Leute sich gern in die höchsten Aemter zur Beherrschung anderer eindringen: Du aber, mein Sohn, so lange du lebest, siehe dich immer nach der niedrigsten Stelle um, und wünsche dir lieber zu gehorchen, als zu befehlen; denn es ist leichter und sicherer, ja auch bequemer, hinter andern, als vorne an der Spitze stehen. Wofern du aber doch jederzeit regieren und befehlen willst, so regiere dich selber; Seel und Leib übergeb ich dir anstatt eines Königreichs. Wie viel in dem Leibe Glieder, und wie viel in der Seele verschiedene Bewegungen sind, so viel Unterthanen wirst du haben. Diese suche zu regieren, damit das Reich wohl bestehe: Und wird es dabey meiner Vorsehung gefallen, dir ausser diesem noch etwas mehreres anzubefehlen; so gehe in Gehorsam daran, und verrichte es treulich, nicht wegen eigenen Gefallens, sondern weil ich dich dazu berufen habe.

Im Stande der Kriegsleute hast du gesehen, wie man daselbst die Tapferkeit im Vertilgen und Ausrotten seines eigenen Geschlechts setzet: Ich aber will dir andere Feinde anzeigen, an welchen du von diesem Augenblick an einen tapfern Heldenmuth zu beweisen trachten sollst, nemlich den Teufel, die Welt, und deine eigene fleischliche Begierden. Gegen diese wehre dich, und jage, so gut du immer kannst, die ersten beyden von dir; die letztern aber erschlage, ermorde und tödte. Wirst du dieses Heldenmäßig verrichten, so wirst du eine herrlichere Krone, als die Welt giebt, erlangen: Dieses verspreche ich dir ganz gewiß.

Du hast auch gesehen, was die Leute auf dem Schlosse des vermeynten Glückes suchen, und worauf sie pochen, nemlich auf Güter, Wollust und Herrlichkeit: Aber achte du diese Dinge nichts, denn sie bringen keinen Frieden, sondern vielmehr Unruhe. Und warum willst du dich um viele zeitliche Güter bestreben? und wozu willst du sie verlangen? Das Leben kann mit wenigem erhalten werden, und mir kommt es ja zu, einen jeden, der mir dienet zu versorgen. Derohalben suche dir lieber die innern Schätze, nemlich Erleuchtung und Gottseligkeit, zu sammlen, so will ich dir alles andere zugeben. Himmel und Erde soll dir mit einem ewigen Erbrecht zugehören: Dessen sey gewiß! Es wird dich dieses auch nicht, wie jenes, quälen und martern, sondern vielmehr erfreuen.

Leute in der Welt suchen gern Gesellschaft: Du aber hüte dich für dem Getümmel, und liebe die Einsamkeit. Die Gesellschaft dient zu nichts, denn nur zu Sünden und unnöthigen Dingen, oder wenigstens zum Müßiggang und Zeitverderb. Bist du doch niemals allein; Und wenn du auch allein zu seyn scheinest, so fürchte dich nicht, denn ich bin mit dir, und die Schaaren meiner Engel; mit uns kannst du dich besprechen. Wenn du aber zuweilen auch nach einer sichtbaren Gesellschaft begierig seyn möchtest, so suche dir solche, die eben dieses Geistes sind, damit eure Gemeinschaft und Gesellschaft dahin gerichtet sey, daß ihr euch mit einander in Gott gründet und stärket.

Jene setzen im Wohlleben, überflüßiger Speise und Trank, und Lachen ihr Vergnügen: Dir sey hingegen lieb, mit mir und meinet wegen, wenn es die Noth erfordert, zu hungern, zu dursten und zu weinen, auch Wunden und alles zu leiden. Werde ich dir aber etwas zur leiblichen Ergetzung darreichen, so kannst du dich dabey auch, (doch nicht wegen der Sache, sondern um meinet willen,) und in mir erfreuen.

Dort hast du gesehen, wie sie nach Herrlichkeit und Ehre trachten: Du aber achte nicht der Leute Reden; ob sie von dir Gutes oder Böses sprechen, da liegt nichts daran. Wenn Ich nur mit dir zufrieden bin, und du nur weist, daß du mir gefällest; sonst frage weiter nichts darnach, ob du den Leuten gefällest, deren Gunst nur unbeständig, unvollkommen und ganz verkehrt ist: Denn sie lieben öfters, was Hassenswürdig ist, und was Liebenswürdig das hassen sie. Mann kann unmöglich jedermann gefallen. Willst du einem gefallen, so werden viele andere einen Abscheu für dir haben. Demnach so laß alles fahren, und siehe auf mich alleine, so wirst du am besten thun. Wenn wir nur uns mit einander in gutem Vernehmen befinden werden, so wird weder dir noch mir der Menschen Zunge etwas zulegen oder benehmen können. Suche nicht vielen bekannt zu seyn, mein Sohn. Dein Ansehn sey im Niedrig werden; und, wenn die Welt auch (wo es möglich wäre,) gar nichts von dir wüste, das ist das allerbeste und sicherste. Indessen werden doch meine Engel von dir wissen, und mit dir sprechen, auf deinen Dienst bedacht seyn, und deine Werke auf Erden sowohl als im Himmel, wenns noth seyn wird, verkündigen: Dessen sey versichert! Sonderlich, wenn die Zeit der Verbesserung aller Dinge kommen wird, werdet ihr alle, die ihr euch mir ergeben, zu unaussprechlicher Herrlichkeit vor den Engeln und vor der ganzen Welt herbey geführet werden; gegen welcher Herrlichkeit aller Pracht dieser Welt weniger als ein Schatten ist.

Derohalben, mein Sohn, sage ich dir noch kürzlich und in einer Summa; Hast du Güter, Wissenschaft, Schönheit, Verstand, Menschengunst, und was immer in der Welt vortrefflich genennet wird, so erhebe dich deswegen nicht; hast du es aber nicht, so achte es auch nicht, sondern laß alle diese Dinge, sie mögen sich bey dir oder andern befinden, draussen bleiben, und habe du deinen Umgang innerlich allein mit mir. Und also such dich von allen Creaturen zu entblössen, ja auch dir selber abzusagen; so wirst du mich finden, und in mir die Fülle des Friedens geniessen können: Das versprech ich dir.

Darauf antwortete ich nun: Herr mein Gott, ich erkenne, daß du selber alles bist. Wer dich hat, kann leichtlich die ganze Welt entbehren, weil er in dir mehr hat, als er begehren kann. Ich habe bis anhero geirret, jetzt aber werde ich verständiger. In der Welt bin ich herum gewallet, und habe Ruhe in den erschaffenen Dingen gesuchet; aber jetzt wünsche ich von Stund an ausser dir keine andere Ergetzung. Dir ergebe ich mich gleich anitzo ganz und gar. Stärke du mich nur selber, damit ich von dir nicht zu den Geschöpfen wieder hinfalle, und die Thorheit, welcher die Welt voll ist, aufs neue begebe. Deine Gnade bewahre mich! denn auf dieselbe verlaß ich mich allein.

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