Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 12. Capitel.

Comenius, Johann Amos - Das wiedergefundene Paradies - Das 12. Capitel.

Daß die Frommen allenthalben Frieden haben.

Wie ich vorhin in der Welt viele Unruhe und vergebliche Bemühung, Grämen und Sorgen, Angst und Furcht allenthalben und in allen Ständen wahrgenommen; also habe hier bey den Gottergebenen desto mehr Ruhe und Zufriedenheit des Gemüths gefunden. Denn sie erschrecken nicht für Gott, indem sie sein Liebesvolles Herz durchaus kennen, und finden in sich selbst nichts, was sie betrüben könnte, weil sie, (wie schon gezeiget) an keinem Guten Mangel haben; ja sie empfinden auch aus denen um sie stehenden Sachen keine Beschwerlichkeit, indem sie dieselben nicht achten.

Zwar läßt ihnen die böse Welt keinen Frieden, sondern thut, was sie nur kann, zu ihrem Spott und Verdruß; raufet, zerret, schläget und verspeyet sie, suchet sie zu Fall zu bringen, und was sie nur noch immer ärgers erdenken kann, thut sie ihnen an; wie ich davon viele Exempel gesehen: Aber ich habe auch erkannt, daß dieses nach der Regierung des allerhöchsten Herrschers geschehe, wenn diejenigen, welche hier gottselig leben wollen, die Narrenkappe und Schellen tragen müssen; und zwar, weil es in der Welt so Brauch ist, und wenn das, was bey Gott verständig ist, der Welt eitel Narrheit scheinet. Derohalben habe ich wahrgenommen, daß viele, die Gott mit überaus herrlichen Gaben ausgerüstet, nichts als ein Spott und Gelächter seyn müßten, auch so gar öfters bey den Ihrigen.

Dieses, sage ich, geschiehet so in der Welt: aber ich sahe, daß die Gläubigen doch dieses nicht achten, sondern ergetzen sich daran, wenn die Welt für ihnen als einem häßlichen Gestank die Nase zuhält, und gleichsam als für einem Gräuel von ihnen die Augen abwendet, sie als Narren verachtet, und als Missethäter verurtheilet und hinrichtet. Denn sie sagten, daß dieses ihr Wahrzeychen sey, woran sie erkenneten, daß sie Christo angehöreten, wenn sie der Welt nicht mehr anstünden. Daher, wer das Unrecht noch nicht fröhlich ertragen könne, der habe noch nicht völlig Christi Geist. Also redeten sie davon, und damit stärkere einer den andern. Sie sagten auch, daß die Welt denen, die ihr angehören, es gleichfalls nicht schenkete, sondern sie zwacke, betrüge, beraube, ängstige, rc. und daher möchte sie immer auch mit ihnen also umgehen; könnten sie ihres Quälens nicht überhoben seyn, so wollten sie es dulden, und es für ein Glück achten, weil der von der Welt ihnen angethane Schimpf und Schaden durch Gottes milde Güte reichlich vergolten werden könne, und ihr Gelöchter, Mißgunst und Unrecht würde sich in lauter Gewinn verwandeln.

Ja ich habe auch dieses hier angemerket, daß, wenn die Welt etwas Glück oder Unglück, Reichthum oder Armuth, Ehre oder Verachtung nennet, so können wahre Christen auch nicht einmal von dem Unterscheid dieser Namen hören, sondern sagen, es sey alles gut, glückselig und ersprießlich, was nur immer von der Hand Gottes kommt. Derowegen betrüben sie sich über nichts, und halten sich bey nichts auf, du magst ihnen zu herrschen oder zu dienen, zu gebieten oder zu gehorchen, andere zu lehren oder von andern zu lernen, befehlen; sie mögen Ueberfluß oder Mangel leiden, so ist ihnen alles einerley, und gehen dabey mit gleichem und unverändertem Gesichte einher, und bekümmern sich allein darum, daß sie Gott gefallen mögen. Sie sagen, daß die Welt so groß nicht sey, daß sie nicht könnte ertragen, noch so vornehm, daß sie nicht konnte vergessen werden. Darum lassen sie sich nicht beunruhigen, weder durch Verlangen nach einer zeitlichen Sache, noch durch Beraubung derselben. Giebet man ihnen einen Backenstreich auf den rechten Backen, so bieten sie auch den andern fröhlich dar; will jemand mit ihnen um den Mantel rechten, so überlassen sie ihm auch den Rock, und übergeben alles Gott, als ihrem Zeugen und Richter; sind auch dabey gewiß, daß diese Dinge dermaleins aufs neue angesehen, und zu rechter Beurtheilung kommen werden.

Es lässet sich auch ein Gottergebener Mensch den Haufen der Weltkinder in der Ruhe des Gemüths nicht stören. Denn ob ihm gleich viele Sachen nicht gefallen, so kränket er sich doch dieserwegen nicht bey sich selber: ER läßt zurücke gehen, was nicht will gerade vor sich gehen; er lässet hinfallen, was nicht stehen will; vergehen was nicht dauren will, oder auch nicht kann. Warum sollte sich ein Christ damit quälen, welcher ein beruhigtes Gewissen und im Herzen Gottes Gnade besitzet? Wollen sich die Leute nicht in unsere Gebräuche schicken, so wollen wir uns in ihre schicken, so lange es uns nur unser Gewissen zuläßt. Die Welt wird immer ärger, das ist wahr; aber werden wir sie mit unserm Grämen bessern?

Zanken und zerren sich die Mächtigen der Welt, um Kronen und Scepter, so, daß daraus oft Blutvergießen und Verheerung der Länder und Völker entstehet; so betrübet sich ein erleuchteter Christ auch deswegen nicht, sondern denkt, daß wenig oder nichts daran gelegen, wer die Welt beherrsche. Denn gleich wie die Welt, wenn auch der Teufel selbst das Scepter darüber führen sollte, die Kirche Christi doch nicht vertilgen wird; also hingegen, wenn auch gleich ein Engel mit der Krone darüber gesetzt würde, würde sie doch nicht aufhören Welt zu seyn. Denn welche wahrhaftig fromm seyn wollen, werden immer etwas zu leiden haben. Daher dünket sies einerley zu seyn, es mag wer da will auf dem Throne in der Welt sitzen; ausser daß sie wissen, wenn es die Frommen trift, (wie es durch vielfältige Erfahrung bestättiget worden,) daß sich alsdann viele Schmeichler und Heuchler unter den Haufen der Redlichen mischen; durch solche Vermischung aber auch der Besten ihre Andacht erkaltet. Da hingegen zur Zeit öffentlicher Verfolgung nur die Frommen allein, und zwar mit völligem Eifer, Gott dienen. Absonderlich, wenn man erwäget, daß viele um zeitlicher Ursachen willen, unter dem Vorwand, das gemeine Beste, die Religion, Ehre und Freyheit des Vaterlandes zu befördern, sich nur selber suchen; und, wenn man sie, wie sie sich in der Wahrheit befinden, betrachtet, es sich zeiget, was in ihrer Haut stecket, und daß sie nicht Christo, sondern nur sich selbst Königreich, Freyheit und Ansehen behaupten wollen. Ein Christlicher Mensch lässet demnach dieses alles gehen, wie es gehet, oder gehen kann, und hat genug daran, wenn er bey sich selbst daheim in seinem Herzen Gott und seine Gnade haben und behalten kann.

Ja auch die Anfechtungen, welche die Kirche Gottes überfallen, machen einer erleuchteten Seele keine Unruhe: Denn sie weiß gewiß, daß der Triumph doch zuletzt auf ihre Seite seyn wird, welcher ohne Sieg nicht erfolgen kann, gleichwie auch kein Sieg ohne Streit, und kein Streit ohne Feinde und heftiges Ueberwerfen mit denselben entstehet. Derohalben sie denn alles, was ihnen oder andern begegnet, tapfer übernehmen, weil sie dessen gewiß sind, daß der Sieg doch allezeit auf Seiten Gottes bleibe, der gewißlich seine Sachen zu dem bestimmten Ziel bringen wird, wenn gleich Felsen, Berge, Einöden, Meer, ja auch selbst der Abgrund sich ihm in Weg legen wollten, und daß ihm zuletzt doch alles werde weichen müssen. Sie wissen auch, daß das Stürmen wider Gott nur zur Ausbreitung seiner Herrlichkeit müsse beförderlich seyn; Denn wenn eine zur Ehre Gottes angefangene Sache keinen Widerstand hätte, möchte man gedenken, daß es von Menschen angefangen, und mit Menschenkräften ausgeführet sey. Dannenhero, je toller die Welt sammt allen Teufeln sich widersetzen, desto herrlicher offenbaret sich Gottes Macht und wunderbare Hülfe.

Und wenn sich endlich auch solche Zufälle ereignen, (gleichwie ich davon manche Exempel gesehen,) welche ihnen im Herzen Kummer und Unruhe verursachen wollen; so kann solches doch nicht lange bey ihnen dauren, sondern zergehet so schnell, wie eine trübe Wolke beym Glanz der Sonnen. Wogegen sie aber zweyerley Mittel gebrauchen: 1) Wenn sie dabey an die frohe Ewigkeit gedenken, welche hinter dieser zeitlichen Beschwerlichkeit stehet, und auf sie wartet. Denn was uns hier begegnet, ist zeitlich, und wie bald es entstehet, so bald vergehet und verschwindet es auch wieder. Und deswegen ist es weder der Mühe werth, etwas von den zeitlichen Dingen zu begehren, noch um derselben willen sich zu betrüben, weil alles in einem Augenblick vorbey rauschet. 2) Wenn sie bey sich daheim in ihrem Herzen sich mit ihrem allerliebsten Gast besprechen, so können sie dadurch alle Bangigkeit und Bekümmerniß, wenn sie auch noch so groß wären, gar leicht vertreiben. Denn Gott ist und bleibet ihres Herzens Trost, und ihr ewiges Theil, zu welchem sie sich daher jederzeit mit ihrem Herzen wenden, und ihm alles, was sie bekümmert, offenherzig vortragen und entdecken. Und hierinn haben sie die größte Freyheit und Freymüthigkeit, daß sie mit jeder Sache gleich zu Gott dem Herren laufen, und alles, wo sie sich vergangen, wo sie gefehlet, wo sie etwas versehen und gestrauchelt haben, imgleichen was sie schmerzet, oder was sie verlangen, in seinen väterlichen Schoos auszuschütten, und allenthalben mit allem sich ihm vertrauen dürfen. Da nun Gott solche kindliche liebreiche Zuversicht nicht anders als angenehm seyn kann, so muß er ihnen auch seinen Trost mittheilen und sie unterstützen. Daher er ihnen zu Ertragung der Leiden alle nöthige Kräfte darreichet, also, daß, je mehr sich das Leiden bey ihnen häufet und vermehret, desto mehr auch der Friede Gottes, welcher alle Vernunft übertrifft, in ihrem Herzen zunimmt.

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