Christlieb, Theodor - Der Segen des Herrn - I. „Der Herr segne dich und behüte dich!“

Christlieb, Theodor - Der Segen des Herrn - I. „Der Herr segne dich und behüte dich!“

4. Mos. 6,24.

Die Auslegung des Namens Gottes als Quelle alles Segens und Schutzes auf die Gemeinde.

4 Mos. 6, 22-27.“Und der Herr redete mit Mose und sprach: Sage Aaron und seinen Söhnen und sprich: Also sollt ihr sagen zu den Kindern Israel, wenn ihr sie segnet: Der Herr segne dich und behüte dich; der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig; der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden! Denn sie sollen meinen Namen auf die Kinder Israel legen, dass Ich sie segne.“

Auf allen Stufen der Offenbarung berichtet die h. Schrift uns von göttlichen Segnungen. Als Gott das Schöpfungswerk vollendet hatte in der Erschaffung der Menschen, da „segnet Er diese: seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde und macht sie euch untertan“ (1 Mos. 1,28), und legt zugleich einen Segen auf die Ruhe des siebenten Tages (2,3). Nachdem die Gewässer der Sintflut verlaufen, wiederholt Er diese Segensworte über dem zweiten Stammvater des Menschengeschlechts, über Noah und seinen Söhnen (1 Mos. 9,1). Wie Er Abraham berief, verheißt Er ihm: „Ich will segnen, die Dich segnen, und verfluchen, die Dich verfluchen; und in Dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden“ (1 Mos. 12,3).

Als die Gesetzgebung am Sinai vollendet war, die ja schon als Ganzes Israel zum Segen und Leben gegeben wurde (3 Mos. 18,5; Röm. 7,10), da erscheint als ihr krönender Abschluss, der alle Strenge des Gesetzes in das freundliche Licht göttlicher Heilsmitteilung aufnehmen, ja immer reichere künftigere Heilsfülle verheißen sollte, der Befehl Gottes durch Mose an Aaron und seine Söhne, mit den Worten unseres Textes das Volk zu segnen. Mit aufgehobenen Händen sollte der Priester dadurch nach dem täglichen Morgen- und Abendopfer (3 Mos. 9,22) den heiligen Namen des Bundesgottes zur Segnung und Behütung, zur Erleuchtung und Begnadigung, zur Heilszueignung und Befriedigung auf die Kinder Israel legen.

Wie der zweite Adam, der Grund und Vermittler alles göttlichen Segens für uns (Eph. 1,3 ff.), aus dem Wasser der Taufe heraufstieg, da ertönen nicht bloß Segensworte von oben über ihm (Matth. 3,17), sondern rauscht die ganze Fülle göttlicher Segensausrüstung für seinen Beruf zur bleibenden Einwohnung sichtbar auf Ihn nieder im Geist Gottes (Joh. 1,33). Und als sein irdisches Lebenswerk, diese beständige Öffnung unerschöpflicher Segensbrünnlein für die verschmachtende Welt, zu Ende war, da drückt Er demselben in Segensworten ein feierliches Schlusssiegel auf, breitet noch einmal die Hände über die Erstlingsgemeinde des neuen Bundes aus, und fährt segnend gen Himmel auf (Luk. 24,50-51).

Auch in unser Leben, Geliebte, haben ohne Zweifel Strahlen göttlicher Segnung von Stufe zu Stufe heller und spürbarer ihr freundliches Licht ergossen. Bei der Taufe, bei der Konfirmation, hoffentlich auch bei der Trauung sind über uns persönlich Segensworte im Namen Gottes gesprochen worden. Und über uns als Glieder der ganzen neutestamentlichen, jetzt so weitverzweigten Gemeinde wird am Schluss des Gottesdienstes, nachdem das Opfer einer erneuten Selbsthingabe an Gott und an das Wort seiner Wahrheit in Gebet und Predigt vorangegangen, als ein göttliches Amen zu diesem geistlichen Opfer als Schlusssiegel des ganzen Gottesdienstes der h. Name Gottes in den Worten des aaronischen Segens ausgesprochen und zur Segnung, Begnadigung, Befriedigung auf uns gelegt (V. 27). Der mannigfache Segen, den die gemeinsame Andacht den Teilnehmern aufs Neue erschloss und zur Aneignung darbot, soll dadurch noch einmal kurz und knapp, aber allseitig zusammengefasst und so mit verstärkter Eindringlichkeit über die Versammlung ausgeströmt werden, um sie mit neuer Kraft auszurüsten für ihr Berufsleben.

So oft bist du schon gesegnet worden. Hat es allemal auch eine Wirkung gehabt? Woher denn noch immer so viel Unsegen in deinem Leben? Der inneren Hindernisse eines tieferen und bleibenden geistlichen Segens mögen ja viele sein. Eines aber ist ohne Zweifel auch das, dass wir so häufig nicht einmal die gewöhnlichste Art, worin uns der Segen Gottes zuströmen soll, die Worte des Schlusssegens, in ihrem tiefen Inhalt und unendlichen Wert begreifen und uns aneignen. Oder ist es nicht eine leidige Erfahrung, dass gerade die Worte, die man am öftesten hört und sogar selbst im Munde führt, nicht immer zugleich diejenigen sind, die man am besten versteht? Je öfter wiederholt, je leichter werden sie zur gedankenlosen Formel. So namentlich auch heilige Worte, Schriftworte. Und unter ihnen gilt dies, nächst dem Vaterunser, von keinen so sehr wie von den Worten des Segens. Gerade darum, weil man sie jeden Sonntag hört, werden die Wenigsten zu tieferem Nachdenken über sie veranlasst. Man glaubt sie zu verstehen, weil man sie von Jugend auf auswendig weiß, und hat doch so selten mehr als eine dunkle Ahnung von ihrer tiefen Bedeutung, von dem unerschöpflich reichen Inhalt der heiligen Gaben, die uns der Herr damit in den Schoß schütten will. Lasst mich euch denn gleich in die Tiefen dieser Worte hineinführen, womit Gott seit den Tagen Moses sein Volk zu segnen befohlen hat.

Der Herr segne dich, der Herr sei dir gnädig, der Herr gebe dir Frieden! Dreimal kehrt der Name desselben Herrn d. i. Jehovas wieder, weil dieser Herr die ganze Fülle des in seinem Namen beschlossenen Heils seinem Volk mitteilen will. Und das ist derselbe Jehova, der sich, als die Zeit erfüllt und das volle Heil erschienen war, als Vater, Sohn und Geist der Welt offenbarte. Erst im Namen des dreieinigen Gottes hat sich die ganze Seinsfülle dieses Jehovanamens zur tiefsten persönlichen Aneignung erschlossen. Aber die Spuren und Keime dieses großes Geheimnisses ziehen sich in leisen Andeutungen und geschichtlichen Vorbildern schon durch das ganze alte Testament hindurch.

Schon im „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“, Abrahams, der willig ist, seinen einzigen Sohn zu opfern, Isaaks, der sich geduldig auf das Holz des Altars legen lässt (1 Mos. 22,9), Jakobs, der in heißem Bußkampf geläutert ein geistlicher Israel wird und dem ganzen Volk den Namen gibt, durch den es ein heiliges, geistliches Priester- und Bundesvolk sein sollte (1 Mos. 32,24 ff; Hos. 12,4-5; 2 Mos. 19,6), tritt uns ein merkwürdiges geschichtliches Vorbild der christlichen Gottesoffenbarung entgegen. Ja von den ersten Worten der h. Schrift an, da Gott erschafft durch sein Wort (vergl. Joh. 1,1-3) und seinen Geist, der auf dem Wasser schwebt (vergl. auch Ps. 33,6), bis zur Darstellung der Erlösung aus Ägypten als eines Werkes Jehovas und seines Engels und seines Geistes (Jes. 63,8-11) ist Gott bald als Vater Israels (5 Mos. 32,6), bald im „Engel des Angesichts“, „in welchem der Name Jehovas ist“ (2 Mos. 33,14; 23,20-21), bald als erleuchtender und belebender Geist tätig (2 Mos. 31,3; 4 Mos. 11,25; Nehem. 9,20), und finden sich daher im alten Testament viele Spuren von Selbstunterscheidungen im göttlichen Wesen (z. B. Jes. 48,16), von einer mehrheitlichen Lebensfülle in Gott bei aller notwendigen Betonung seiner Einheit.

Nicht als ob wir auf einer Stufe, wo es ja vor Allem galt, die Einheit und Einzigkeit Gottes dem Bewusstsein Israels einzupflanzen gegenüber der ringsum drohenden Vielgötterei der Heiden, die christliche Lehre von der Dreieinigkeit Gottes schon als fertige in das alte Testament hineinlesen dürften. Sie konnte da noch keine bestimmt ausgesprochene sein. Aber ihre Keime, der Bildungstrieb zu ihrer einstigen klaren Offenbarung war doch durch das ganze alte Testament hindurch tätig. Und eine der Spuren hiervon liegt besonders auch in den Worten des aaronischen Segens vor uns. Wie im himmlischen Heiligtum die Seraphim das „heilig, heilig, heilig ist der Herr Zebaoth“ (Jes. 6,3) in dreifachem Preis Gottes einander zurufen, so soll auch vom irdischen Heiligtum aus der Priester in dreifacher Weise den heiligen Namen Jehovas auf Israel legen. Und wie das ganze Hohepriestertum Aarons, so haben auch die Worte seines Segens zugleich eine prophetische Bedeutung und darum eine neutestamentliche Erfüllung. Der hier dreimal genannte Jehovaname hat sich uns zur Offenbarung Gottes als Vater, Sohn und Geist entfaltet. Mit dem helleren Licht dieser Gotteserkenntnis können wir nun auch die Offenbarung göttlichen Wesens und Waltens im alten Bunde tiefer verstehen, und so auch den Inhalt dieser Segensworte uns reicher aufschließen, als es selbst dem erleuchtetsten Geistesauge und ahnungsvollsten Gemüt frommer Israeliten möglich war.

Daher hat denn auch die christliche Kirche von Alters her teils geradezu an die Stelle unserer Textesworte zum Beschluss des Gottesdienstes den Segen des Vaters, Sohnes und Geistes gesetzt, teils, wie unsre evangelische Kirche, die mosaischen Worte im Sinne des Segens des dreieinigen Gottes, des Weltschöpfers und Erhalters, des Welterleuchters und Erlösers, des Welterneurers und Trösters über die christliche Gemeinde ausbreiten lassen1).

Und gibt uns denn nicht der Inhalt dieses dreigliedrigen Segens das Recht zu solcher Auffassung ganz klar? „Der Herr segne dich und behüte dich“, die Quelle alles Segens und Lebens, der Schöpfer der Welt, der zugleich ihr Erhalter und Behüter, - der Vater. „Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei dir gnädig“, der sich offenbarende Gott, das wahrhaftige Licht, das alle Menschen erleuchtet (Joh. 1,9), gehe auch dir auf, leuchte über dir und sei dir gnädig, der Sohn, von dessen Fülle wir alle genommen haben Gnade um Gnade (Joh. 1,16). „Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden“, der Herr, der durch Zuneigung seines Antlitzes den Menschen aus der Not rettet (Ps. 33,18 ff), und der seine fürsorgende Einwirkung auf den Menschen am Tiefsten zu erkennen gibt durch Rettung aus dem Elend und Unfrieden der Sünde, durch Mitteilung und persönliche Zueignung des Heils, der erhebe sein Angesicht zu dir, auf dich, trage es in dich hinein, durchdringe dich mit seinem Licht und Trost und gebe dir dadurch Frieden, der heilige Geist, der Tröster.

Siehe, wie fein die Schranke alttestamentlicher Gottesoffenbarung einhaltend und doch deutlich die reicheren Segensquellen des neuen Bundes vorbereitend, ja schon mit umfassend zeigt sich uns der Inhalt dieser Worte in dem Einen Herrn, der aber erst durch Leuchtenlassen seines Angesichts zur Begnadigung und durch Zuwendung desselben zu persönlicher Befriedigung, durch Sendung des Sohnes und Geistes sein volles Heil erschließt. Wie eine Knospe, deren volle Blüte, deren ganzer Duft und köstliche Frucht sich erst den Kindern des neuen Bundes entfalten konnte, so stehen diese Worte heute vor uns, dass man sich fast wundern muss, wie unser Glaube an den Dreieinigen immer noch dem Volk Israel ein solcher Gräuel sein kann. Daher konnte denn der Apostel in seinem Segensgruß an die Gemeinde statt des Einen, dreimal genannten Namens und des zweimal genannten Angesichts Jehovas den innersten Kern, die neutestamentliche Erfüllung dieses prophetischen Priestersegens, den Segen Gottes des Vaters und seiner doppelten Offenbarung im Sohn und im Geist, nämlich die Liebe Gottes, die Gnade unsers Herrn Jesu Christi und die Gemeinschaft des heiligen Geistes setzen (2 Kor. 13,13).

Wie beim Beginn, so sollst Du auch beim Schluss des Predigtgottesdienstes mit der ganzen Heilsfülle des dreieinigen Gottes gesegnet d. h. das, was du bist, durch Gottes Schöpfung und Regierung geworden bist, soll aufs Engste mit Allem, was Gottes Liebe der Welt zum Heil von Sünden zu Teil werden ließ, verknüpft, dein persönlicher Anteil an allen Verheißungen Gottes, die Zusage göttlichen Wohlgefallens dir feierlich bestätigt werden. „Denn sie2) sollen meinen Namen auf die Kinder Israels legen, dass Ich sie segne.“ Gottes Namen, nicht als leeres Wort, sondern als heilige, lebendige, wirksame Kraft sollen sie über das Volk aussprechen, Segen erflehen und im Erflehen ihn erteilen, und so den Namen Gottes legen auf die Gemeinde, dass er auf ihr ruhe als heilige Segenskraft, Gnadenkraft und Friedenskraft. Sie sollen durch das Erflehen der besonderen Wirksamkeit Gottes nach dieser dreifachen Seins- und Offenbarungsweise hineingreifen in die innersten Tiefen, in den wunderbaren Reichtum göttlicher Lebens- und Liebesfülle, und diese als heilige, heilende und heiligende Kraft legen auf die Gemeinde.

Lasst uns denn in Ehrfurcht und Dankbarkeit dieses Wunder göttlicher Güte und Herablassung betrachten, wie der Name des Herrn dreifach auf sein Volk gelegt werden soll. Aber weil die Fülle dieses Segens zu groß ist, halten wir uns heute unter dem Gnadenbeistand des heiligen Geistes nur das erste Drittteil des Ganzen vor Augen:

die Auflegung des Namens Gottes als Quelle alles Segens und Schutzes auf die Gemeinde, und betrachten dieselbe, den Textesworten folgend, in ihrer doppelten Wirkung

  1. zur Segnung;
  2. zur Behütung.

Herr unser Gott, dreieiniger Herr, wir schicken uns zu einem großen und herrlichen Werke an, wir wollen den Reichtum Deines Segens betrachten aus den Worten, die Du uns selbst gelehrt hast, und müssen dabei, soweit es unserem blöden Auge möglich ist, hinabsteigen in die wunderbaren und geheimnisvollen Tiefen Deines dreifaltigen Wesens; o salbe Du selber hierzu unsre Augen, dass wir sehen mögen (Off. 3,18.)! Wir sind so oft gesegnet worden mit Deinem heiligen Segen, aber wir haben gar selten eine himmlische Kraft hiervon gespürt aus Mangel an Andacht, an herzlicher Begierde, an gläubigem Vertrauen, und auch aus Mangel an Verständnis. O vergib uns diese Trägheit und Härtigkeit des Herzens, decke uns jetzt den ganzen Reichtum Deiner Segensworte auf, mache sie uns recht wichtig und heilig, dass wir Deinen hochheiligen Namen nicht vergeblich empfahen und vergeblich führen, und öffne, so oft Du uns würdigest, Deinen Segen zu empfangen, selbst unsre Herzen, damit sie Segen und Schutz, Licht und Gnade, Heiligung und Frieden von Dir in sich aufnehmen, und Du also ruhest auf uns und in uns und ganz unser werdest! Amen.

1) zur Segnung

„Der Herr segne dich!“ - Wer ist dieser Herr? Es heißt nicht allgemein: Gott, sondern: Jehova, der Herr, segne dich! Hier sprach der Priester wirklich das hochheilige Wort „Jehova“ aus3), dessen Nennung sonst ängstlich vermieden wurde4). Mit diesem Namen bezeichnet sich Gott als den ohne Anfang und Ende sich selbst Gleichen, als den schlechthin Selbständigen und Beständigen, der da ist und sein wird, der Er ist (2 Mos. 3,14), der daher auch für sein Volk ein ewiger Fels bleibt (Jes. 26,4) und alles erfüllt, was Er verheißt oder droht, der Treue und Wahrhaftige (4 Mos. 23,19; Ps. 33,4). Es ist der Bundesgott, auf den sich Israel ewig verlassen soll, der Gott der Offenbarung, der in allem seinem Tun, in Gnade und Gericht derselbe bleibt (2 Mos. 6,5-6; 5 Mos. 7,9-10; Ps. 18,3), der lebendig wirksam eintritt und eingreift in die Welt und sein Reich unter den Menschen aufrichtet, aber gerade in ihm als der ewig Unveränderliche erkannt wird, weil Er es in freiem, selbständigem, aber stets mit sich übereinstimmendem Walten dem von Ihm bestimmten Ziele zuführt.

Und welche Seite und Tätigkeit dieses Herrn nun im Besonderen gemeint ist, darauf weisen uns die Worte „segnen“ und „behüten“. Die Quelle alles Segens, alles Lebens und daher auch alles Heils, die Quelle aller Behütung, alles Schutzes, aller Erhaltung, wer anders ist das als Gott der Vater, der Schöpfer und Erhalter der Welt? Dieser Herr segne dich! Lerne daraus vor Allem, so oft du den Segen empfängst, dass du dir nicht, wie es häufig geschieht, vorstellen darfst, es segnen Menschen dich, sondern Jehova selbst, von dem alle gute Gabe kommt, will und soll dich segnen bei diesen Worten, und ebenso auch bei dem zweiten und dritten Teil, denn Gottes Befehl lautet: „sie sollen meinen Namen auf die Kinder Israel legen, dass Ich - nicht ihr Menschen - sie segne.“

Und weiter kannst du hieraus lernen, dass das erste Wort des Segens zugleich der ganze Segen, ist und alle folgenden Teile in sich begreift; denn in allen Teilen sollst du nichts als gesegnet werden. Auch hierin liegt ein Fingerzeig, dass in diesem ersten Teil des Segens der Name Gottes des Vaters auf die Gemeinde gelegt werden soll. Denn in dem Vater ist ursprünglich auch die ganze Offenbarung Gottes als Sohn und Geist beschlossen, und im Werk des Vaters, in der Schöpfung, ist auch der ganze ursprüngliche Segen der Welt enthalten; darum muss auch der Segen, der alle Teile des Segens in sich begreift, der Segen des Vaters sein. Wie aber das Wesen Gottes sich erschloss in der Offenbarung des Sohnes und Geistes, und wie das Werk der Schöpfung sich nur vollenden konnte im Werk der Erhaltung, Erlösung und Heiligung, so entfaltet sich auch der Segen des Worts: der Herr segne dich! in seine einzelnen Teile und vollendet sich durch Behütung, Begnadigung und Befriedigung.

Was heißt nun das: Gott der Herr, der Vater im Himmel segne dich? Wenn Menschen einander im Namen Gottes segnen, grüßen zur Bewillkommnung oder zum Abschied, wie dort die Schnitter dem grüßenden Boas antworten: „der Herr segne dich“ (Ruth 2,4), und die Priester bei der nächtlichen Tempelwache einander zuriefen: „der Herr segne dich aus Zion, der Himmel und Erde gemacht hat“ (Ps. 134,3), so heißt das: sie wünschen einander Glück und Heil von Gott Wenn ein sterbender Vater seine Kinder segnet, so heißt das: er erfleht für sie Gutes von Gott. Doch hierbei kann die glaubensvolle Zuversicht des Segnenden, der, die Morgenluft der nahen Ewigkeit witternd, mit hellem Blicke hinausgreift in die Zukunft, so lebendig sein, dass er das, was er anwünscht, bereits vor sich schaut als erfüllt, wie wir es bei Jakob und Mose sehen, und bei solchem Segen geht dann das Erflehen über ins wirkliche Erteilen des Guten oder doch eines heiligen Unterpfandes desselben.

Und dies muss noch viel mehr stattfinden, wenn Gott selbst segnet. Bei Ihm handelt es sich nicht um bloßes Wünschen, sondern um wirkliches Austeilen. Er hat ja nicht nötig von einem Andern Gutes zu erflehen, weil er selbst die Quelle alles Guten ist. Und was Er spricht, geschieht. Wort und Tat ist bei Ihm Eins. So ist auch sein Segnen lauter Kraft und Wirkung. In seinem Munde (V. 27) kann dies Wort also nur bedeuten: die Fülle des Guten zu unserem leiblichen und geistlichen Wohl mitteilen, es unmittelbar widerfahren lassen, in den Worten des Segens selbst das sogleich darreichen, was diese Worte enthalten, wie auch Christus, wenn Er die Seinen segnete: „Friede sei mit euch“, ihnen in diesen Worten den Frieden selbst mitteilte. Weil aber die Menschen wie eben die Jünger zeigen, nur so weit sie empfänglich und heilsbegierig, den Segen Gottes wirklich empfangen können, so lässt Er durch seinen menschlichen Diener die Segensworte in der Form des Wunsches aussprechen, der sich je nach seiner Herzensstellung bei dem Einen erfüllt, bei dem Andern nicht: Der Herr segne5) dich! Die Quelle öffnet sich im Namen des Herrn für Alle; aber nur die Dürstenden trinken und nehmen. Und bei diesem allerersten Stück des Segens, das sich vorerst noch nicht in einzelne Segensworte entfaltet, liegt daher die ganze Alles einschließende Segensfülle in dem Einen Wort „segnen“ selbst und die ganze Segenskraft in der Person dessen, der dich segnen soll in und unter den Worten, die Er über dich aussprechen lässt. Lass dir darum das Wesen dieses segnenden Vaters in einigen wenigen Grundzügen vorführen!

Stelle dir diesen Herrn einmal vor als die Quelle alles Lebens und aller Kraft in der Welt, als „die lebendige Quelle“ (Ps. 36,10, vergl. Jerem. 2,13), als „den Vater, der das Leben hat in Ihm selber“ (Joh. 5,26). Wenn dieser allmächtige Herr, von dem geschrieben steht: „Du nimmst weg ihren Odem, so vergehen sie und werden wieder zu Staub; du lässt aus Deinen Odem, so werden sie geschaffen“ (Ps. 104,29-30), gleichsam vor dich hintritt als der Lebendige und Leben Gebende und dich segnet, was anders will Er dir tun, als, wie Er dir das Leben gegeben, so nun auch deine Lebenskraft erneuern und stärken, als Quelle aller Kraft dich auffrischen in deiner Schwachheit, dir die nötige Kraft des Geistes und Leibes geben zu deiner Arbeit, und dich ausrüsten mit Allem, was du brauchst, um vor Ihm zu wandeln als ein wahrhaft Lebendiger?

Aber das ist weit nicht genug. Erinnere dich, dass du als Sünder den Tod in dir trägst, nicht nur den leiblichen, sondern auch einen übermächtigen Hang zum geistlichen. In diesem bejammernswerten Zustand, beladen mit dem Fluch der Sünde, deren Zerstörungsarbeit rastlos in dir fortschreitet, sieht der Herr dich kommen, wenn du vor Ihn trittst, den Segen zu empfangen; sieht voll Mitleid den Todeswurm nagen in deinem Herzen; o liebe Seele, da muss es noch eine ganz andere Bedeutung haben, wenn die Quelle des Lebens dir, dem elenden Schlachtopfer des Todes, begegnet, wenn sie dich ansieht, dich grüßt und segnet, da muss ihr Segen, soll er wahrhaft wirksam sein, zugleich eine heilende, das Leben herstellende Kraft ausüben, die Quelle des Lebens muss sich dir zugleich als Quelle alles Heils beweisen.

Anders segnet Gott die heiligen Engel, für die Er nur Quelle des Lebens und der Seligkeit ist, und anders seine gefallenen, kranken, sterbenden Kinder auf Erden, die zu Ihm seufzen: „meine Seele verlanget nach Deinem Heil“ (Ps. 119,81; 1 Mos. 49,18), und im Andenken an ihr Verderben gern die Wirkung vom Segen haben möchten, dass sie sagen könnten: „Gott ist mein Heil, der Herr ist meine Stärke und ist mein Heil“ (Jes. 12,2)! Für uns ist ein Segen ohne Heilskraft gar kein wahrer Segen. Wer daher uns Segen verspricht, von dem erwarten wir alsbald Heil. Das hat auch Gott ganz wohl gewusst, dass die Kinder Israel seinen Befehl, sie zu segnen, sehr bald so verstehen werden, dass sie daraus eine Heilskraft für ihr leibliches und geistliches Elend erwarten, je mehr sie zur Erkenntnis desselben gelangen würden (Psalm 67,2-3). Und wohl uns, dass wir wissen, es ist Gottes Art nicht, Erwartungen zu erregen, ohne sie zu erfüllen. Er bleibet treu, Er ist Jehova. So muss Er es sich denn auch gefallen lassen, wenn wir das Wort hören: der Herr segne dich, dass unser Herz alsbald schreit: ach, lieber Vater, willst Du mich segnen, so komm doch gleich über mich und in mich als Quelle des Lebens und Heils; es gibt so viel zu heilen und zu beleben in mir; da ist es voll von Moder und Totengebeinen; ich kann Deines Segens gar nicht froh werden, wenn Du mir in ihm nicht zuallererst Deine Heilskraft mitteilst!

Was sage ich? gefallen lassen? O wenn doch nur jedes Herz allemal so rufen würde in rechter Heilsbegierde! Das ist liebliche Musik in Gottes Ohr, nichts hört Er lieber, nichts gewährt Er lieber. Doch, liebe Seele, Er lässt dich gar nicht erst lange darum seufzen. Wenn Er nur dein Herz offen findet, so soll es geschehen, „dass er antwortet, ehe du rufest“ (Jes. 65, 24). Ihm selbst ist es um nichts mehr zu tun, als dass Er in seinem Segen dich erfülle mit seiner Heilskraft. Wenn du vor Ihn trittst, um gesegnet zu werden, so sieht Er dich an mit allen deinen vielen Schäden, Wunden, Krankheiten, dass sein Herz voll von Mitleid wird und Er dir zurufen möchte: komm her, armes, verlorenes Kind, Ich kann dein Elend nicht mehr ansehen, lass doch gleich meinen heiligen Namen als eine Quelle des Heils auf dich legen und gegen das Todesverderben der Sünde einen Lebenshort in dir pflanzen durch meine Kraft, damit auch bei dir der Tod verschlungen werde in den Sieg, Krankheit und Elend in Wohlsein und Seligkeit!

Du darfst, ja du sollst darum das Wort: der Herr segne dich! dir so zueignen, als ob es hieße: der Herr, der Allmächtige und Lebendige, komme über dich und all dein Elend mit der Fülle seines Heils und Lebens!

Doch der Allwissende sieht außer dem Todesverderben der Sünde noch manches Andre daraus Herstammende in dir, dem Er zu Hilfe kommen muss mit seinem heiligen Namen, wenn du wahrhaft gesegnet sein sollst. Er sieht dich von Natur wandeln in großer Finsternis, umringt von vielen Gefahren. Er sieht in dir selber gar viel innere Dunkelheit und Blindheit, sieht dein Herz beschwert mit einer Last von traurigen Sorgen, von schweren Anfechtungen, von dunkeln Zweifeln. Da kann sein heiliger Name für dich nur dann zur Heils- und Segensquelle werden, wenn Er sich dir zugleich erweist als Quelle des Lichtes, wie Er ja ein Licht (1 Joh. 1,5) und ein Vater des Lichtes (Jak. 1,17) heißt. Ohne Licht gedeiht kein Leben in der Welt. Darum muss Gott, soll Er Leben und Heil in dir wirken, auch eine Kraft des Lichts in deiner Dunkelheit werden. Wenn du daher die Worte hörst: der Herr segne dich, so soll zugleich der Name des Vaters des Lichtes auf dich gelegt werden, als ob es hieße: die Quelle des Lichtes durchleuchte alle Dunkelheiten deiner Wallfahrt, der Herr, „bei welchem keine Veränderung, noch Wechsel des Lichts und der Finsternis ist“, senke sich auf dich, auf alle deine Trübsal, auf deine Sorgen und Anfechtungen als ein stilles, unwandelbares Licht des Friedens, als heilige Kraft des Trostes, der Geduld, der Hoffnung! Er pflanze Licht in dich gegen die Finsternis der Sünde und mache vor dir her deinen Weg helle, dass du die Versuchungen von innen und die Gefahren von außen erkennest und vermeidest! Er reiße dich immer völliger los vom ganzen Reich der Finsternis und mache als Vater des Lichtes dich zu einem Kind des Lichtes und Kind des Tages (1 Thess. 5,5)!

Aber der Herr, der dich segnen soll, hat noch einen Ehrentitel in der heiligen Schrift, mit dem wir Ihn besonders gern benennen, weil er uns die teuerste Bürgschaft seiner Bereitwilligkeit zu segnen ist, einen Namen, womit Er im neuen Bund sein heiliges Wesen am Vollkommensten geoffenbart hat, Er heißt auch die Liebe (1 Joh. 4,8). Wir kennen Ihn gar nicht, so wir Ihn nicht an unsrem Herzen erfahren haben als Quelle der Liebe, und nur weil Er diese ist, kann und will Er uns auch segnen als Quelle des Lebens, des Heils und des Lichtes. Er könnte uns nie nahen mit der ganzen Kraft seines Wesens und sich auf uns legen zu wahrhaftigem Segen, wenn Er sich uns nicht erzeigen wollte als Quelle der Liebe. Aus Liebe hat Er dich geschaffen, aus Liebe hat Er sein Liebstes dahin gegeben, dich zu erlösen, als die Liebe will Er sich dir erzeigen in deinem ganzen Leben, ja muss Er sich dir erzeigen, wenn du nur sein bleiben willst. Wenn Er dich vor sein Angesicht treten sieht, um den Segen zu empfangen, so sieht Er in dir nicht nur den elenden, kranken, den mühseligen und beladenen, den kraft- und heils- und lichtbedürftigen Sünder, nein freue dich: Er sieht in dir auch sein Kind herankommen, sein Vaterherz beginnt sich zu regen und in heiliger Liebe erinnert Er sich: an das arme Würmlein, dem Er in der Taufe das feierliche Versprechen gab, sein gnädiger Gott und treuer Vater zu sein! O wie ist doch, muss er denken, die Sünde in ihm groß und mächtig geworden, wie hat sie sein Herz vergiftet, seinen Willen geknechtet, sein Angesicht entstellt! Wie hat die heilige Taufgnade noch so wenig Früchte in ihm gebracht! O einst hab ich es lieben können, wie „Ich Israel lieb hatte, da er jung war“ (Hos. 11,1 ff.); aber es „wandte sich davon und opferte den Baalim“ der Welt, und wollte „nicht merken, wie Ich es in Seilen der Liebe gehen ließ!“ „Was soll ich aus ihm machen?“ Soll Ich nicht das zum Bastard gewordene Kind verstoßen? Aber nein, „mein Herz ist anderes Sinnes, meine Barmherzigkeit ist zu brünstig“ (V. 8), es ist ja doch immer noch mein Geschöpf; wer soll sich seines Elends erbarmen, wenn Ich es nicht tue! Ich habe ihm noch nicht verboten, meinen heiligen Vaternamen sich auflegen zu lassen, so muss Ich es denn segnen aus der überschwänglichen Fülle meiner Vaterliebe!

Nun erst, liebe Freunde, geht uns die tiefste Bedeutung unseres Textes auf: „Der Herr segne dich!“ Es heißt jetzt für uns Kinder des neuen Bundes: der Vater, der die Liebe ist, erfülle sein heiliges Taufversprechen an seinem Kinde, Er komme über dich mit seinem Namen, mit der Kraft und Fülle aller seiner Eigenschaften. Er sorge für alle deine Bedürfnisse des Leibes und der Seele, Er rüste dich aus mit Allem, was du brauchst zu einem heiligen Leben und seligen Sterben, Er schenke dir Alles, was dir heilsam ist für Zeit und Ewigkeit, dass du versorgt von seiner Vatergüte, geleitet von seinen Vateraugen (Ps. 32,8), getragen von seinen Vaterarmen und heimwärts gezogen von seiner Vaterliebe und Gnade allezeit möchtest rühmen können: „Das Los ist mir gefallen aufs Liebliche!“ (Ps. 16,6). Und, merke wohl, das Alles soll nicht bloß geschehen, es wird in den Worten des Segens nicht bloß auf dich herabgefleht, sondern Gott will es tun, es ist sein Wunsch und Befehl, dass du kommest und gesegnet werdest, und Er muss es tun nach seiner Verheißung6), wenn du anders ein herzliches Verlangen hast nach dem goldenen Kleinod eines solchen Vatersegens.

O sieh, wie unendlich viel soll geschehen bei diesen kurzen, oft so wenig zu Herzen genommenen Wörtlein: Der Herr segne dich! Auch dich soll einigermaßen „die Kraft des Höchsten überschatten“ (Luk. 1,35), wenn der Name des heiligen Gottes in seiner wesenhaften und schöpferischen Kraft auf dich gelegt wird. Der allmächtige Gott, die Quelle des Lebens, will dabei dich freundlich ansehen mit deiner Todeswunde im Herzen, und seinen Namen als stärkende, heilende, erleuchtende Kraft legen auf dich mit Allem, was du bist und hast: auf dein Leibesleben, dass Er dich erfülle mit neuer Kraft und Gesundheit zum Leben und Wirken; auf deine Arbeit, dass sie in Gott getan sei und von Ihm gekrönt werde mit gedeihlichem Fortgang; auf dein Hab und Gut, dass es sich mehre unter seinem Segen; auf deine Kämpfe und Leiden, Nöte und Anfechtungen, damit du sie tragen und durchringen lernest in seiner Kraft und sie in dir wirken eine friedsame Furcht der Gerechtigkeit; auf dein Herz, dass Er es fülle mit heiligen Trieben, mit Liebe und Vertrauen; auf deinen Willen, dass Er ihn erfülle mit Kraft und Beharrlichkeit, aber auch mit Demut und Gehorsam; auf deine Erkenntnis, dass Er sie fülle mit göttlichem Licht und göttlicher Wahrheit; auf die zarten Keimlein deines Glaubens und deiner Hoffnung, damit sie tiefere Wurzeln gewinnen und auch in dir der Sieg werden möchten, der die Welt überwinden hat (1 Joh. 5,4).

O wie unendlich viel soll dir geschenkt werden! Gleichwie die Herrlichkeit Gottes das Haus des Herrn erfüllte, als Salomo den Tempel einweihte, also dass die Priester nicht stehen konnten vor der dichten Wolke (1 Kön. 8,10-11), so will die herrliche Kraft Gottes die Seele, die sich Ihm zur Wohnung öffnet und gerne sein Tempel werden möchte, in fast überwältigendem Maß erfüllen, wenn das unbegreifliche Wunder seiner Gnade geschieht, dass der große Name Gottes mit seiner ganzen unendlichen Segensfülle gelegt wird auf das kleine Menschenherz, dass Er darauf ruhe.

Und doch haben wir mit Allem dem nur die Hälfte des Segens erkannt, der durch die Auflegung des Namens unseres himmlischen Vaters von uns geschmeckt werden soll. Dieser Name wird auf dich gelegt nicht nur zur Mitteilung alles Guten und Heilsamen, sondern auch

2) zur Behütung, zur Abwehr alles Bösen.

Darum folgt auf das Wort: der Herr segne dich! das andere, köstliche Wort: „und behüte dich!“ Und das muss notwendig darauf folgen. Denn wie der Vater die Welt nicht bloß geschaffen hat, sondern sie auch erhält, so will Er auch nicht bloß als Schöpfer dich segnen, sondern auch als Erhalter dich erhalten, dich behüten. Zum Geben muss auch das Bewahren kommen, wie umgekehrt zum Wegnehmen auch das Beilegen. Es ist dies also nur die andere Seite derselben heiligen Segenskraft. Indem sie das Gute bringt, treibt sie zugleich das Böse zurück und hält es fern. Wenn die göttliche Lebens- und Heilskraft des Vaters auf dich gelegt wird, dass sie dich ganz und gar durchdringt, da ist sie für dich auch ein heiliger Panzer und Schild gegen das Böse und das Übel. Wer gesegnet ist, wird dadurch auch beschützt, wie dort Israel gegen den Fluch Bileams, dem gesagt wird: „verfluche das Volk nicht, denn es ist gesegnet“ (4 Mos. 22,12). Zugleich zeigt sich uns hier schon, was auch die folgenden Segenssprüche bestätigen werden, dass der allgemeinere Inhalt des ersten Gliedes allemal im zweiten dem Volk noch bestimmter und greifbarer zugewandt wird.

Der Herr behüte dich! Es liegt dem Vater selbst gar viel daran, dass diese Worte seinem Segen beigefügt werden. Denn wie Er die ganze Welt trägt und erhält, so macht Er es sich insbesondere zur Aufgabe, die Menschen zu behüten, und lässt sich mit dem für uns so tröstlichen Namen: Menschenhüter (Hiob 7,20), Hüter Israels (Ps. 121,4), der den Weinberg, den Er gepflanzt, „Tag und Nacht behüten will“ (Jes. 27,3), anreden. Diese Seite seines heiligen Namens soll auf dich gelegt werden in diesem zweiten Teil seines Segens. Der Herr behüte dich! Merke doch hierbei gleich, dass es heißt: der Herr; nicht du selbst sollst dich behüten, denn du kannst dies nicht, sondern der Herr, der allein wahrhaft segnen und allein wahrhaft behüten kann. Von Ihm allein gilt: „der Name des Herrn ist ein festes Schloss; der Gerechte läuft dahinein und wird beschirmt“ (Spr. 18,10). So wird also in diesen Worten und schon im ersten Teile nicht allein Gott um etwas für dich erfleht, sondern auch an dich ergeht darin eine Bitte und Aufforderung: O, wolle dich doch nicht selbst segnen, nicht glauben, du könnest aus eigener Kraft für die Bedürfnisse deiner Seele oder auch nur deines Leibes sorgen; und wolle dich doch nicht selbst behüten, nicht glauben du seist stark und wachsam genug, sondern erkenne, dass alle gute Gabe von oben kommt und dass wir „aus Gottes Macht durch den Glauben bewahret werden zur Seligkeit“ (1 Petr. 1,5)! Gewiss, liebe Freunde, wie wir uns im Segen Gottes Alles müssen schenken lassen, so müssen wir uns von oben sogar auch die Kraft schenken lassen, das Empfangene zu bewahren. Wenn du gesegnet worden bist, so kannst du nicht einmal aus eigener Kraft den Segen bewahren; er verflüchtigt sich alsbald in deinem Herzen, wenn Gottes Gnade ihn nicht behütet. O wie gut ist es darum, dass auf: Der Herr segne dich! sogleich folgt: und behüte dich! Ohne diesen zweiten Segen ginge ja auch der erste verloren! Da haben wir gleich den ersten Gegenstand, den der Herr für uns behüten muss, nämlich den Segen selbst.

Es heißt aber: der Herr segne dich und behüte dich! Du selbst bist also der Gegenstand göttlicher Behütung, wie göttlichen Segens. Und warum heißt es denn dich und nicht euch? Sagt nicht der Herr: „also sollt ihr sagen zu den Kindern Israel, wenn ihr sie segnet?“ Da erwartet man doch: euch, und nicht: dich. Allein mit dem „dich“ wird einmal die ganze Gemeinde gar schön in eine Einheit zusammengefasst und zugleich als geschlossenes Ganzes aus der übrigen Welt, die noch nicht am Bundessegen Teil hat, herausgehoben und ihr gegenübergestellt. Und so wird auch jetzt damit Segen erfleht für die ganze Gemeinde Gottes auf Erden, für das neue Bundesvolk im Unterschied von der gottlosen und christuslosen Welt. Sodann aber wird mit dieser Einzahl „dich“ doch auch zugleich der Einzelne besonders und persönlich gegriffen und unter den Segensstrom gestellt. Und darin liegt eine viel kräftigere Glaubensweckung, eine viel freundlichere Glaubenserleichterung und Stärkung zu persönlicher Zueignung des ganzen Segens, als wenn es nur allgemein hieße: euch. - In der Reformationszeit führte einst die Frau eines Schulmeisters, der seine Kinder den lutherischen Katechismus gelehrt hatte, und dafür von seinem Fürsten zum Feuertod verurteilt worden war, alle Schulkinder und ihre eigenen Kinder zum Fürsten, um den Verurteilten loszubitten; und während die Kinder fußfällig bitten und weinen, nimmt die Frau ihr jüngstes Kind, einen Säugling, hält ihn empor über die flehende Kinderschar dem Fürsten entgegen, dass derselbe besiegt und zu Tränen gerührt ihren Bitten willfährt und den Gefangenen loslässt. An diesen über die andern Kinder emporgehaltenen Säugling erinnert mich das Wörtlein „dich“. Wenn du die Worte hörst: der Herr segne dich und behüte dich, so soll es dir sein, als ob das Wörtlein: „dich“ unter allen den Kindern, die zusammen bittend vor Gottes Thron liegen, dich ganz besonders fasste, dich über die andern emporhöbe und Gott entgegenhielte, dass Gottes Auge auf dich besonders fallen muss. Es soll dir sein, als ob darin für dich gefleht würde: o Vater, leite den Strom deines Segens, den du in der Auflegung deines Namens nun ausgießt über deine Kinder, doch ganz besonders auf diese Seele, dieweil sie dessen besonders bedürftig ist! - O sehet doch, welch eine Kraft der gnädige Gott in ein so kleines Wörtlein legen kann, wie jedes Wort des Segens überquillt von lauter Segen, dass wir gar nicht wissen, für welches von ihnen wir am Meisten zu danken haben!

Also dich selbst und dich besonders mit Allem, was du bist und hast, will Gott, sein auf dich gelegter Name, begleiten mit seiner behütenden Kraft. Dein Leben soll und will Er behüten „wie einen Augapfel im Auge“ (Ps. 17,8), sein „Aufsehen soll bewahren deinen Odem“ (Hiob 10,12); Leib und Seele soll Er dir behüten vor allem Schaden, „vor der Pestilenz, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die im Mittage verderbet“ (Ps. 91,6); Er „erhalte deinen Gang auf seinen Fußsteigen, dass deine Tritte nicht gleiten“ (Ps. 17,5); Er „behüte deinen Mund und bewahre deine Lippen“ (Ps. 141,3), dass sie nicht falsch reden; Er behüte deine Augen vor Hoffart und Neid, vor Eitelkeit und Schalkheit, dass sie deines Leibes Licht bleiben in aller Einfalt (Matth. 6,22 ff.); Er behüte dein Herz vor Versuchungen und Begierden, Er „stärke und bewahre es nach Seiner Treue vor dem Argen“ (2 Thess. 3,3), Er behüte deinen Glauben, dass er „nicht aufhöre“ (Luk. 22,32) und das glimmende Döchtlein nicht auslösche, Er soll „dich behüten vor allem Übel, Er behüte deine Seele, der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit“! (Ps. 121,7-8.)

Kann auch irgend ein Glied, ein Sinn, ein Gedanke, ein Trieb in dir, kann auch irgend etwas von deiner Habe der Behütung Gottes entbehren? Wenn die Hand Gottes schwer z. B. auf der Geschäftswelt liegt, dass die festesten Häuser plötzlich wanken und Manche fallen, dass da und dort auch Reiche im Laufe weniger Wochen sich an den Bettelstab gebracht sehen, wenn ein Kriegssturm unerwartet losbricht und Millionen in Angst und Bekümmernis setzt, da mag es doch wohl manchem Herzen wunderbar süß klingen, mit dem Wort gesegnet zu werden: Der Herr behüte dich! Da mag manche Seele, die sich selbst, das Ihrige und die Ihrigen allezeit sicher glaubte, es für wichtig genug erachten, sich die Kraft und den Segen dieses Wortes im Glauben anzueignen. Aber auch im gewöhnlichen Alltagsleben des Friedens, wie haben wir doch die Behütung durch Gott auf Schritt und Tritt so gar nötig! Wenn deine Arbeit unter Gottes Segen herrlich gedeiht, wie leicht hängt sich dein Herz an die Güter dieses Lebens, wie schnell beschleichen es eitle und hoffärtige Gedanken! Wenn dich unerwartete Verluste treffen, wie leicht regt sich die Lust, es auf eine vielleicht vor der Welt, aber nicht vor dem Gebot der Nächstenliebe erlaubte Weise hereinzubringen! Siehe, da soll der auf dich gelegte Name Gottes dich behüten bei deiner Arbeit vor dem gottwidrigen Dienst des vergänglichen Wesens wie vor eitler Selbstbespiegelung, da sei „der Herr dein Schatten über deiner rechten Hand“ (Ps. 121,5), dass Er sie behüte vor jedem Unrecht gegen den Nächsten. Wenn du die Arbeit beendet hast und dich der Ruhe hingibst, wie leicht kommen da Versuchungen, das Fleisch mehr zu pflegen, als ihm gut ist, und die Seele mit den Träbern von Zerstreuungen zu nähren, die dem Geistesleben schaden, da soll der Name Gottes dich behüten bei deiner Ruhe und Erholung vor jeder sündhaften Nachgiebigkeit gegen das Fleisch und vor den Versuchungen der Welt, dich behüten bei Tag und Nacht als „der Hüter Israels, der nicht schläft noch schlummert“ (V. 4). Wenn du in Gesellschaft Anderer bist, o wie unzählige Versuchungen zur Leichtfertigkeit und Selbstüberhebung, zur Eitelkeit oder zu Neid und Missgunst tauchen auf! wie leicht haben sich Sinne, Zunge, Herz in tausend Stricken gefangen! Darum soll Gottes Name dich behüten im Umgang mit Andern vor eigenen und vor fremden Sünden.

Und bist du allein, wie flattern auch in die Stille und Einsamkeit die Vögel der Versuchung zu allerlei törichten oder gar unreinen Gedanken der Seele nach! Da soll Gottes Name dich behüten in deiner Einsamkeit und dir zu fühlen geben, dass du nicht allein bist, dass Er dir überall nahe ist und du seine heilige Gegenwart stets zu fürchten hast. Oder nimmst du deine Sorgen und Bekümmernisse in deine Einsamkeit mit und redest mit deinem Schmerz, wie oft will dein Herz sich da allzuweich nachgeben und sein „Vertrauen wegwerfen“ (Hebr. 10,35)! Da soll Gottes Name dich behüten bei deinem einsamen Kummer vor allzugroßer Traurigkeit, vor Verzagtheit und Undankbarkeit; da soll „der Friede Gottes dir Herz und Sinne bewahren in Christo Jesu“ (Phil. 4,7). Und wenn du betest im Kämmerlein, oder Gottes Wort hier in seinem Hause hörest, kannst du auch nur in deinen heiligsten Augenblicken des göttlichen Schutzes entbehren? Ach wie oft flattern deine Gedanken weg auf allerlei Gegenstände, die dich mehr anziehen als Gott und sein Wort! Wie ist auch da Satan geschäftig, uns zu stören und zu zerstreuen, dieweil er, der von Gott Verstoßene und Friedenslose, auch uns keinen Augenblick seliger Gottesgemeinschaft gönnt! Siehe, da muss der Name Gottes dich behüten auch bei deiner Andacht, muss „die feurigen Pfeile des Bösewichts auslöschen“ (Eph. 6,16), muss deine Sinnen und Gedanken gesammelt halten, damit du auch im Umgange mit Gott, bei Gebet und Gottesdienst, nicht in Sünde verfallest. Und wenn du das Wort angenommen und einen guten Vorsatz gefasst hast, o wie schnell wollen sich da die Eindrücke in deinem Herzen verwischen, wie wird es alsbald wieder kalt und zerstreut, oft ehe du nach Hause kommst, siehe da wird Gottes Name in seinem Segen zum Schluss des Gottesdienstes dir noch einmal wie ein heiliges Siegel aufgedrückt, damit Er das gehörte Wort in dir behüte und versiegelt halte.

O wer wollte es Alles ausreden, gegen wie viele Versuchungen und Gefahren die Behütung von Leib und Seele durch Gottes Namen uns Not tut, wie Er uns in jedem Augenblick behüten muss nicht etwa bloß vor der Welt und ihrem Fürsten, sondern vor uns selbst, vor dem Bösen in uns, vor dem Gesetz der Sünde in unsern Gliedern, vor zahllosen Gefahren, die wir gar nicht ahnen, und die wir oft unwissend vermeiden, nur weil Gottes Name auf uns ruht und sein heiliger Schutz uns lenkt! Wer wollte es ausreden, wie viele Mittel die Weisheit und Liebe des Vaters anwendet zu unserer Behütung, wie Er „seinen Engeln befiehlt über uns, dass sie uns behüten auf allen unsern Wegen“ (Ps. 91,11), wie Er unsere Seele behütet durch sein Wort, durch seinen Sohn und dessen ganzes Erlösungswerk, das ja die Welt bewahren soll vor dem ewigen Verderben, durch die dauernde Straft der Fürbitte dieses Hohepriesters: „Vater, erhalte sie in deinem Namen“ (Joh. 17,11); durch seinen Geist, den „guten Geist, der auf ebener Bahn leitet“ (Ps. 143,10), der so gerne im Augenblick der Versuchung sein Erinnerungs- und Warnungs-, aber auch sein Trostamt an uns übt, und uns an Worte der Schrift mahnt, die uns wie ein zweischneidiges Schwert durch die Seele dringen oder wie ein lindernd Öl sich auf das ringende Herz legen und Kraft zur Überwindung geben; durch den Geist der Heiligung, der unsern Geist ganz samt Seele und Leib unsträflich behalten (1 Thess. 5,23), durch seinen Frieden, der unsere Herzen und Sinne in Christo Jesu bewahren kann (Phil. 4;7)? Wer es ausreden, wie Er auch seine Kinder auf Erden, wie Er unzählige Dinge und Begegnisse benützt zu unserer Behütung, ja wie Er oft auch das Übel gebraucht, uns vor noch größerem Übel zu bewahren!

Der HErr behüte dich! Ach sehet doch, liebe Seelen, was enthalten nicht Alles diese wenigen und oft so wenig beachteten Wörtlein! Es ist wirklich in ihnen als in der Knospe schon der ganze Segen enthalten und alles Folgende vorbereitet. Wer sie im Glauben sich aneignet, der ist ja durch sie wie mit einem heiligen Feuer von allen Seiten ummauert gegen das Böse, ist ringsum „beschirmt unter dem Schatten göttlicher Flügel“ (Ps. 17,8), dass er mit David selbst mitten unter seinen Feinden getrost sagen kann: „ich liege und schlafe und erwache, denn der Herr hält mich“ (Ps. 3,2,6); „ich liege und schlafe ganz mit Frieden, denn allein du, Herr, hilfst mir, dass ich sicher wohne!“ (Ps. 4,9).

Nun denn, Geliebte, so lauft in das feste Schloss dieses göttlichen Namens, damit ihr beschirmt bleibt! In den unendlichen Reichtum der Worte: Der Herr segne dich und behüte dich, die auch meine Erkenntnis hoch übersteigen, habe ich wie in ein weit nicht genug ausgebeutetes Gold- oder Diamantbergwerk einen kleinen Stollen für euch graben wollen. So lasset es nicht umsonst getan sein! Gehet ein durch diesen Schacht. Ein Jeglicher grabe darin noch weiter und tiefer, wo es ihm gefällt und sammle aus der Fülle des göttlichen Namens die Edelsteine gerade des Segens und der Behütung, die ihm besonders Not tun! Die ganze Fülle göttlicher Vaterliebe und Güte, göttlicher Kraft und Treue, göttlicher Langmut und Geduld, göttlicher Wahrheit und Heiligkeit öffnet sich bei diesen Segensworten über deinem Haupt, um in vollen Strömen auf dich herabzufließen.

Aber sage, willst du denn auch gesegnet sein?. Hast du ein herzliches Verlangen, aller dieser Gnaden teilhaftig zu werden? O lass es erwachen in deinem Herzen durch das Andenken an die Liebe des Vaters! Sein Wille und heißer Wunsch ist es allezeit, dich zu segnen, ob es auch der deinige nicht immer ist, gesegnet zu werden. „Also sollt ihr sagen zu den Kindern Israel“, befiehlt Gott durch Mose dem Aaron und seinen Söhnen, ohne die Kinder Israel vorher gefragt zu haben, ob sie denn auch gesegnet zu werden wünschen. Und so soll das Israel des alten und das des neuen Bundes fort und fort gesegnet werden, nicht weil es der Wunsch der Menschen, sondern weil es zuerst Gottes Wunsch und Befehl ist, weil Er sein von Liebe überfließendes Herz darin erleichtern will. gedenke dieser Liebe! Auch dich will, ja dich kann der Vater, wenn du vor Ihm erschienen bist, nicht entlassen, ohne dich zu segnen, weil sein Herz zu brünstig gegen dich geworden ist. Wie du ein Kind, das dir eine Zeit lang auf dem Schoße saß, mit dem du redetest und scherztest, nicht entlassen kannst, ohne es zum Schluss noch einmal an dein Herz zu drücken, so geht es ähnlich deinem himmlischen Vater. Wenn da seine Kinder sich versammeln, in Andacht vor Ihm eine Weile zu singen, zu beten und sein Wort zu hören, wenn Er ihnen da zuhört und zusieht, und rings im Kreise wenigstens einige glimmende Glaubensdöchtlein bemerkt, so wird sein Herz mehr und mehr brünstig gegen sie, gegen Alle, o auch gegen die, die noch nicht seine wahren Kinder geworden sind, weil sie in diesem ihrem Zustand nur um so mehr seines Segens und Schutzes bedürfen, und weil es Ihn freut, dass sie wenigstens kamen und vor sein Antlitz traten, und in dieser brünstigen Liebe kann Er dich, wenn Er nur dein Herz offen und gnadendurstig sieht, nicht entlassen, ohne dir zum Schluss das Siegel seiner Gnade und Liebe aufs Herz zu drücken, ohne noch einmal den ganzen Reichtum seiner Gaben und Kräfte in seinem Namen zusammenzufassen und dir Alles in Allem in den Schoß zu schütten, d. h. ohne seinen heiligen Namen auf dich zu legen, um dich damit zu segnen und zu behüten. Wie Er einst unsere gefallenen Stammeltern nicht aus dem Paradies verstoßen konnte, ohne ihnen in herzlicher Erbarmung zur Erleichterung ihres Kampfes und ihrer Trübsal wenigstens noch Röcke von Fellen anzuziehen (1 Mos. 3,21), so kann Er dich, wenn du sein Haus verlässt und wieder hinaustrittst in die Berührung mit der argen Welt, nicht über seine Schwelle gehen lassen, ohne dir die stärkende und schützende Decke seines heiligen Namens mitzugeben.

Lass diese Liebe eines überwallenden Vaterherzens auch dein Herz schmelzen, dass es sich heilsbegierig öffne, die Gabe des väterlichen Segens zu empfahen! Tritt herzu in demütiger Erkenntnis deiner Armut und Blöße, in herzlichem Verlangen, die Kleider des Heils dir anziehen zu lassen; aber lass es dich auch, wenn du bittend vor Gottes Thron stehst, und Er seine milde Hand auftut, nicht etwa bloß, um Tierfelle um dich zu schlagen, sondern um die Majestät seines hochheiligen Namens auf dich zu legen, mit seliger Freude und brünstiger Dankbarkeit erfüllen, und dann gehe hin im Frieden dieses Namens und in der glaubensfreudigen Zuversicht: „der Herr verlässt sein Volk nicht um seines großen Namens willen“ (1 Sam. 12, 22). Amen.

1)
Vergl. z. B. den Katechismus der rheinischen Provinzial-Synode, Frage 47. Schon Luther sagt in der Erklärung dieses Segens (Erlanger Ausg. Bd. XXXVI S. 162 ff): „Dieser Segen ist nicht weit von dem andern gemeinen Segen: es segne euch Gott der Vater und der Sohn und der h. Geist, Amen. Denn dem Vater wird zugeeignet das Werk der Schöpfung, welches dieser unser Segen auch berühret und klarer ausdrückt, da er spricht: der Herr segne dich und behüte dich, das ist, Er gebe dir gnädiglich Leib und Leben, und was dazu gehört. Dem Sohn wird zugeeignet das Werk der Erlösung, welches dieser Segen auch berührt und erklärt, da er spricht: der Herr erleuchte sein Angesicht über dir usw., das ist, Er helfe dir von Sünden und sei dir gnädig und gebe dir seinen Geist. in dem h. Geist wird zugeeignet das Werk der täglichen Heiligung -, welches dieser Segen auch berühret und verkläret, da er spricht: der Herr erhebe sein Angesicht usw., das ist, Er wolle dich stärken, trösten und endlich den Sieg geben.“
2)
Im Hebräischen heißt es: sie sollen, nicht: ihr sollt.
3)
Der jüdische Gelehrte Maimonides (12. Jahrhundert) berichtet: „Der Name Jehova wurde früher nur im Heiligtum und zwar von den geweihten Priestern bei dem priesterlichen Segen und vom Hohepriester am Versöhnungstage ausgesprochen“.
4)
Auf Grund einer unrichtigen Auslegung von 3 Mos. 24,16.
5)
Das deutsche Wort „segnen“ kommt vom lateinischen signum, Zeichen, das Kreuzeszeigen über einen machen unter Gebet und Anwünschung göttlicher Gnade. „Der Herr segne dich“ bedeutet daher ursprünglich: Er bringe dich in die Stellung des Kniebeugenden und so wirklich seine Heilsgaben Empfangenden.
6)
Die Wortform im hebräischen Text enthält Wunsch, Verheißung und Zusage zugleich.
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