Calvin, Jean - An Louis du Tillet in Angouleme.

Nr. 23 (C. R. – 127)

Calvin, Jean - An Louis du Tillet in Angouleme.

Louis du Tillet, Domherr von Angouleme, Pfarrer von Claix, Calvins Freund und Gönner in Frankreich, hatte ihn in der Verfolgung geschützt, sich ihm bei der Flucht ins Ausland angeschlossen, dann aber in Genf ihn verlassen und war nach Frankreich und in die katholische zurückgekehrt. Er unterstützte Calvin finanziell. Der erwähnte Jean ist Louis du Tillets Bruder. Am Schluss wird der 1538 geschlossene 10-jährige Waffenstillstand zwischen Karl V. und Franz I. erwähnt. Die „beiden in hiesiger Stadt“ sind Butzer und Capito in Straßburg, wo Calvin damals zu Besuch war. Anton Firn, Pfarrer in Straßburg.

Calvins Lage und Absichten.

Lieber Herr, ich hoffe, Sie haben es nicht übel genommen, dass Jean ohne einen Brief von mir zu Ihnen gekommen ist. Denn es war mir schwer zu schreiben: ich hatte Ihnen soviel mitzuteilen, dass ich doch nur einen Teil davon Ihnen hätte nahe bringen können. Andererseits war es aber auch wieder schwierig für mich, Ihnen nur die Hälfte sagen zu können, ohne Erklärung des Ganzen. Die Erklärung war freilich nicht unmöglich, aber ich fürchtete, dass sie Ihnen nicht angenehm gewesen wäre. So zog ich es vor, es ganz zu lassen, und die Aufgabe Jean zu überlassen, der, denke ich, ihr treulich nachgekommen ist. Außer dem etwa, dass er Ihnen die Quelle und Ursache des Unglücks, die nur wenigen bekannt ist, nicht entdecken konnte. Ich bin von den beiden in hiesiger Stadt so sehr eingeladen worden, dass ich ihretwegen hierher gereist bin. Wir haben außer unserer Angelegenheit noch verschiedene andere Dinge besprochen. Was uns angeht, so wurde beschlossen, es wäre gut, nochmals eine Versammlung zu veranstalten, zu der Zürich, Bern, Basel, hiesige Stadt, Biel und jemand von besagtem Ort zusammenkämen, um nach genauer Prüfung die Erklärung abzugeben, ob wir unser Amt treu und pflichtgemäß verwaltet hätten, damit dieses Zeugnis wie ein gesetzmäßiges Urteil dazu diene, den Bösen das Maul zu stopfen, und zur Beschämung der Leute, die eine solche Tat zu unternehmen wagten. Mit demselben Mittel hoffen sie auch, die Spaltungen zu verhindern, die entstehen könnten und schon begonnen haben. Wie ich die Sache ansehe, so kommt´s mir vor, die Schwierigkeit sei zu groß für menschliche Hilfe. Doch kann ich nichts anderes tun, als den Ausgang dem großen Arzt anheim zu stellen, der allein hier vorsorgen und Heilung schaffen kann. Die Berner bemühen sich oder besser beharren drauf, so gut es geht, die Leute glauben zu machen, es stehe alles wohl. Aber es ist niemand, der nicht vom Gegenteil überzeugt wäre. Gott schicke nach seinem gerechten Urteil ein solches Wohlsein auf das Haupt und die Sippschaft derer, die so unwahr ihren Spott treiben mit der Zerrüttung seiner Kirche, und lasse es ihnen zur Besserung dienen, damit sie lernen, größern Eifer zu haben in so wichtigen Dingen. Ich werde mich nach Basel zurückziehen und abwarten, was der Herr mit mir vorhat. Es liegt nicht an den Straßburgern, dass ich nicht ihr Gast bleibe. Aber sie haben Last genug auch ohne mich, und ich kann wohl noch einige Zeit leben mit Hilfe des Geldes, das Sie mir zurückließen, und zum Teil auch meiner Bücher. Unterdessen wird der Herr uns aufrichten. Ich fürchte mich am meisten davor, wieder in die Stellung zurückkehren zu müssen, von der ich jetzt befreit bin, wenn ich bedenke, in welche Nöte ich verwickelt war, als ich dort war. Denn wie ich damals den Ruf Gottes vernahm, der mich festhielt, und an dem ich mich tröstete, so fürchte ich jetzt im Gegenteil, ihn zu versuchen, wenn ich eine solche Last wieder auf mich nähme, die ich als mir zu schwer erfahren habe. Ich habe noch andere Gründe, die ich Ihnen nur mündlich erklären könnte, durch die ich aber freilich die Leute nicht zufrieden stellen kann, mit denen ich jetzt zu tun habe. Doch hoffe ich, unser Herr wird mich führen in dieser so schwer entscheidbaren Beratung, und ich will umso mehr auf das schauen, was er mir zeigt, als mein eigenes Urteil, das mich übermäßig auf die andere Seite zieht, mir verdächtig sein muss. Es regt sich gegenwärtig etwas, das große Folgen haben kann, nicht ohne Mitwissen des Königs und des Kaisers, wovon Herr Firn Ihnen wohl berichten wird, weshalb ich es lasse. Es ist möglich, dass man nur etwas probiert, ohne die Absicht zu haben, weiterzugehen. Nun, man wird in zwei Monaten wissen, was dran ist. Mich Ihrer Gewogenheit demütig empfohlen haltend, bitte ich den Herrn, Sie so in seinem Wege zu führen, dass Sie heilig und unbefleckt seien auf seinen Tag.

Straßburg, 10. Juli.

Ihr untertäniger Diener und guter Freund

Charles d´ Espeville.

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