Calvin, Jean - An Francois Daniel in Orleans.

Nr. 11 (C. R. – 34)

Calvin, Jean - An Francois Daniel in Orleans.

Als Calvin im Jahr 1536 durch Genf reiste, wurde er von Guillaume Farel genötigt, dort zu bleiben und am Reformationswerk mitzuarbeiten. Die im Brief erwähnte Lausanner Disputation leitete die Reformation in der kurz vorher von Bern eroberten Waadt ein. Das genannte Büchlein ist wohl die Institutio.

Von der Ankunft in Genf. Die Lausanner Disputation und ihre Folgen.

Damit du nicht nach deiner alten Gewohnheit lange und laute Klage wider meine Faulheit erhebst, weil nun schon ein Vierteljahr vorbei ist, seit du einen Brief von mir bekommen hast, so vernimm, wie sich alles verhält. Während ich in Genf einige Tage von den Brüdern festgehalten wurde, die mir das Versprechen, wieder dorthin zu kommen, erpressten, während ich dann meinen Verwandten d´Artois nach Basel begleitete und auf der Reise selbst viele Gemeinden berührte, die mich baten, einige Zeit bei ihnen zu bleiben, ging über alledem die Lyoner August-Messe vorbei, die zur Briefbeförderung die beste Gelegenheit gewesen wäre. Als ich dann wieder nach Genf und zugleich wieder etwas zu mir selbst kam, da befiel mich eine starke Erkältung, die sich so heftig aufs obere Zahnfleisch warf, dass trotz zweimaligem Aderlass, zweimal wiederholtem Pillenschlucken, und vielen Umschlägen am neunten Tag erst eine Besserung eintrat. Freilich, wenn das auch erst ganz vorbei war, als schon die Schreibgelegenheit versäumt war, so hätte ich dann doch noch Muße genug gehabt zum Schreiben, und der Weg unseres Briefverkehrs wäre auch nicht ganz versperrt gewesen. Weil ich aber immer wieder an eine französische Ausgabe meines Büchleins dachte, und meine Hoffnung darauf fast sicher wurde, so hätte ich lieber gesehen, wenn ein Brief mit einer solchen Beilage statt eines leeren an dich hätte gehen können. Ehe aber noch diese Hoffnung bei näherer Überlegung zunichte wurde, waren auch schon die Tage der Lausanner Disputation da, an der ich teilnehmen musste. Zugleich stand auch die November-Messe bevor, und da ich sie für eine günstigere Schreibgelegenheit hielt, beschoss ich endlich, sie lieber abzuwarten. Soviel, um deinen Beschwerden entgegen zu treten. Das Gerücht von der eben erwähnten Disputation ist, wie ich höre, schon so weit und breit herumgekommen, dass ich nicht zweifle, es sei ein Hauch davon wenigstens auch zu Eurer Stadt gedrungen. Veranstaltet war sie durch Beschluss des Berner Rates, der durch feierliches Edikt gebot, jeder solle frei und straflos vorbringen, was auf den Religionszwiespalt Bezug habe. Sie hielten das für die beste Art, die Unwissenheit der Leute, die der wahren Religion entgegen zu arbeiten suchen, öffentlich zur Schau zu stellen und so zu besiegen, und sie aus dem neuen Gebiet, das sie dem Herzog von Savoyen abgenommen haben, zu verbannen. Schon an vielen Orten hats begonnen, dass Bilder und Altäre fallen mussten, und bald, hoffe ich, wird auch ausgefegt, was jetzt noch übrig ist. Der Herr lasse den Götzendienst doch auch in allen Herzen zusammenstürzen. Den Verlauf der Disputation schreibe ich dir nicht, weil ich ihn doch nicht mit kurzen Worten zusammenfassen kann und glaube, dass er auch einmal im Druck erscheinen wird. Morgen werde ich, so Gott will, nach Bern reisen (weshalb, sollst du in einem andern Brief erfahren) und ich fürchte, ich werde noch bis Basel weiter müssen. Wenns geht, versuche ich mich dieser Beschwerlichkeit zu entziehen, besonders da meine Gesundheit gebrochen und die Witterung in dieser Jahreszeit so gefährlich ist. Wenn doch die faulen Bäuche, die bei Euch im Schatten so süß schwatzen, so reich an Mut wie an Worten wären, sie flögen wahrhaftig hierher, um freiwillig einen Teil der Arbeit auf sich zu nehmen, die wir in so kleiner Zahl nicht bewältigen können. Du machst dir keinen Begriff davon, welcher Mangel an Pfarrern herrscht im Verhältnis zu den vielen Gemeinden, die der Hirten bedürfen. Dass sich wenigstens die Mutigsten unter Euch die Not der Kirche ansähen und sich entschlössen, sich um Hilfskräfte zu bemühen. Der Herr behüte dich.

Lausanne, 13. Oktober.

Grüße bitte deine Mutter und Schwester, auch deine Frau getreulich von mir, auch, wenn es dir gut scheint, deinen Vetter und alle Anderen.

Dein Martianus Lucanius.

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