Besser, Wilhelm Friedrich - Die Briefe St. Johannis in Bibelstunden für die Gemeinde ausgelegt - 1. Unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo.

Besser, Wilhelm Friedrich - Die Briefe St. Johannis in Bibelstunden für die Gemeinde ausgelegt - 1. Unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo.

Cap. 1, 1 - 4.

Herr Jesu, unsre Freude laß völlig seyn durch den Glauben an Dein Wort. Amen.

Das Evangelium des heiligen Johannes hat mit der Freude des Bekenntnisses: „Wir sahen Seine Herrlichkeit“ uns erfüllen wollen, und wenn anders unsre vorigen Bibelstunden nicht vergeblich an uns gewesen sind, so tragen wir das Bild des eingebornen Sohnes, des ewigen und fleischgewordenen Wortes, als das Bild der Herrlichkeit Gottes, lebendig in der Seele. Es hält uns noch fest; es reizt uns, stets von neuem an dieser Herrlichkeit uns zu ergötzen; wir sind noch voll vom Evangelium Johannis und wünschen, daß sein wundersüßer Ton in uns nimmer verklinge. Wohlan, so bringen wir Herzen mit, welche taugen zum Hören der Stimme desselben Apostels, wie sie in seinen Briefen laut wird. Denn diese Briefe sind geschrieben, um den Eindruck des Evangeliums in den Herzen der Leser zu befestigen und die Bäche des ewigen Lebens, welche im Evangelium fließen, recht reichlich in den Wandel der Gemeinde zu leiten, auf daß sie mit Ueberwinder-Kraft den hereinbrechenden Irrlehren widerstehen und der sie bereits beschleichenden Trägheit sich erwehren möge. „Wider beide Uebel handelt allhier der Apostel“, sagt Luther im Eingange seiner (größeren) Auslegung des ersten Briefs, „und treibt uns zur Bewahrung des Worts und zur Liebe untereinander an. Der Teufel ist immer geschäftig, darum ist der Gebrauch des göttlichen Worts, die Ermunterung zu selbigem, die Uebung darinnen allzeit vonnöthen. Es ist ein lebendiges und kräftiges Wort, wir aber schnarchen und sind faul; es ist ein Wort des Lebens, wir aber sind täglich im Tode. Und weil wir niemals ohne Sünden und Gefahr des Todes sind, so sollen wir auch niemals von der Wiederkäuung des Worts ablassen. Und also ist diese Epistel ermahnungsweise geschrieben.“

Bei der Auslegung des Evangeliums haben an vielen Stellen Aussprüche der Briefe uns Hülfe geleistet; jetzt werden wir finden, daß die Briefe ganz von der im Evangelium strahlenden Herrlichkeit durchleuchtet sind, etwa wie ein Krystallwürfel die Strahlen der Sonne auffängt und zu einem Strahlenbilde sammelt. Und zwar geht es hier recht nach dem Liedesworte: „Ach bleib mit Deinem Glanze bei uns, Du werthes Licht, Dein Wahrheit uns umschanze, damit wir irren nicht!“ Die Irrlehrer-Art, deren Regung der heilige Paulus schon im 2ten Thessalonicherbriefe geschäftig sieht und die er in seinem letzten Briefe, dem zweiten an Timotheus, bekämpft, indem er darin seinem Nachfolger Johannes gleichsam die apostolische Abschiedshand reicht, sie war nun mit Macht auf den Plan getreten zur Verwüstung der Kirche (Cap. 2, 18. vergl. mit 2 Thessal. 2, 7.): gegen ihre Lügen die Kirche mit dem Wort der Wahrheit zu umschanzen, das war der dem heiligen Johannes vorbehaltene Dienst in der „letzten Stunde“, und Evangelium und Briefe miteinander geben davon Zeugniß, daß er dieses Dienstes treu gewartet hat, damit wir wissen möchten, wo unsre Zuflucht ist, wenn auch für uns das böse Stündlein schlägt - und es hat geschlagen. Noch währt die letzte Weltstunde, und dem Ende aller Dinge sind wir um vieles näher gekommen; der Antichrist ist offenbar geworden, Irrlehrer in allerlei Gestalt haben den Weinberg der Kirche zerwühlt und treiben trotzig ihr teuflisches Wesen in der altgewordenen Welt; das Häuflein der Christen ist wieder fast so klein, wie es war, als Johannes seine Briefe schrieb: wir bedürfen in unsrer Noth apostolischer Hülfe - Halleluja, sie ist vorhanden! Johannes ist auch unser Apostel und Prophet, er ist der apostolischen Kirche Apostel bis ans Ende ihrer Ritterschaft, so wahrhaftig sein Name: Johannes funkeln wird als Edelstein auf den Gründen der neuen, ewigen Stadt. - Das Verhalten seiner beiderlei Schriften, des Evangeliums und der Briefe, zueinander mögen wir auch so bezeichnen: das Evangelium ist der Vordersatz, die Briefe sind der Folgesatz (ähnlich wie in unsern sonntäglichen Perikopenpaaren Evangelium und Epistel mit einander verbunden zu seyn pflegen). Weil das Leben erschienen ist und als wahrhaftiges Licht leuchtet, darum ziemet es uns, in Lebens- und Lichtgemeinschaft mit Ihm zu wandeln. Der Epiphanie der Herrlichkeit Jesu entspreche die Epiphanie der Herrlichkeit Seiner Gemeinde! „Wenn Jehovah man genennet, wird nichts Höhers mehr erkennet, als die Herrlichkeit der Braut.“ Wir sahen Seine Herrlichkeit, so sehe Er nun unsre Herrlichkeit, denn „gleichwie Er ist, so sind auch wir in dieser Welt“ (Cap. 4, 17.). In Summa: unser Leben sey ein Leben in der Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo.

Dies sey vorausgeschickt und damit der gerade Weg gewiesen zum fruchtbaren Gebrauche der Briefe des heiligen Johannes. Je fleißiger du Erbauung suchst in Johannis Evangelium und in den heiligen Gedankenaufschwung desselben dich einlebst, desto gesalbter wirst du werden zum Verstehen der Briefe; und wiederum, je treulicher du der Briefe Ermahnung hörst und lernst, desto herrlicher und köstlicher wird dir das Evangelium werden und du wirst desto größere Lust und Liebe dazu finden. In diesem Sinne wollen wir nun in unsern apostolischen Text eingehen. War dieser Brief für die Ephesinischen Empfänger des Evangeliums etwa auch nicht ein „Zueignungs - und Begleitschreiben“, so sey er's doch für uns. Die Gnade des Heiligen Geistes sey mit uns, der Thürhüter thue unserm Anklopfen die Schrift auf. Amen.

Der heilige Johannes, durchleuchtet von der Herrlichkeit des erhöheten Menschensohnes, rein durch Sein Gnadenwort und tägliches Vergeben, entzündet von dem Feuer Seiner göttlichen Liebe zu nacheifernder Liebe gegen die Brüder und Alle, die verloren sind ohne Ihn; anbetend Seine göttliche Majestät und leutselige Freundlichkeit, umschauend auf der Erde, diesem Felde voller Todten, die da meinen, sie leben; vor Augen den brüllenden Löwen, der umher würgt mit Lügen und Mord; aus schmerzlicher Erfahrung und göttlicher Offenbarung wohlbekannt mit der Tiefe, Kraft und Masse des sündlichen Verderbens, welches im Fleische wohnt, und erwägend die Ewigkeit der Verdammniß der für die ewige Seligkeit geschaffenen unsterblichen Seelen: - in die Ewigkeit hinaus wendet er unsern Blick, damit das Anschauen dessen, der ewig und allmächtig ist, unsre Seelen bewege Ihm zuzutrauen, daß Er aus dem ewigen Tode helfen, daß Er allein erretten kann; zugleich aber hinunter in die Tiefe Seiner Erniedrigung, zur Zeit Seiner Erscheinung auf Erden, wo die Apostel Ihn gesehen und mit ihren Händen betastet haben in Seiner Knechtsgestalt, die Er angenommen. Seine Heilandswilligkeit zu bethätigen und zu bezeugen, und zwar mit einem menschlich handgreiflichen Zeugniß, auf daß kein Zweifel ein blödes Gewissen abhalten möchte zu Ihm seine Zuflucht zu nehmen, jetzt im Glauben, um einst Ihn auch zu schauen in reiner Seligkeit mit Johanne und Allen, die durch das apostolische Wort Gemeinschaft haben mit dem Vater und untereinander. So hebt er seinen Adlersflug, wie im Anfang des Evangeliums, von neuem an von der Gotteshöhe der Ewigkeit, wo unser Heil entspringt, uns mit sich zu nehmen in Jesu Christo hin zur Ewigkeit, wo unser Heil sich vollendet.

V. 1. Das da war von Anfang, das wir gehört haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschaut haben, und unsre Hände betastet haben: vom Worte des Lebens - (verkündigen wir euch, V. 3.). Der Gegenstand seiner evangelischen Verkündigung steht in überschwänglicher Herrlichkeit vor einer anbetenden Seele: recht hell will er denselben uns vor Augen stellen, zur Mitfreude recht nahe bringen. Das Wort des Lebens: das ewige Wort, welches im Anfang war und in Ihm war Leben, lauter Leben (Ev. Cap. 1, 4), und welches Fleisch ward, damit Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit des Lebens, erscheinen und von Jüngeraugen gesehen werden möchte: dies ist ja der Inhalt der johanneischen Verkündigung. Das, was der Apostel zu verkündigen hat, ist jenes von Ewigkeit Seyende und in der Zeit Erschienene, wovon ein Herz voll ist, das Wunderbare, dessen Name in dem Wunderbaren, in Gottes und Marien Sohne, offenbar geworden.1) Vergl. Luc. 1, 35. Anstatt: Der da war, schreibt er: Das da war von Anfang, das wir gehöret haben, damit recht deutlich erkannt werde, wie nahe Christus und die Predigt von Christo mit und bei einander sind, so nahe, wie Sonnenglanz und Sonnengluth. Die in der Fülle der Zeit erschienene Sonne strahlte schon rückwärts in die Vergangenheit, da die Gläubigen Ihn hatten im Wort der Verheißung, und sie strahlt hinein in die Zukunft, wir haben. Ihn wieder im Wort des Evangeli. Von Christo redend, darf man mithin zugleich im Maskulinum und im Neutrum reden: was wir hörten, das war Er; was wir sahen, das war Er; was wir (Christen) jetzt noch reden und hören, das ist Er, oder darinnen und darunter ist Er. Rede ich von einem Menschen, so ist der nicht bei der Rede, das Geredete ist etwas Anderes, als die beredete Person, obgleich meine Rede wahr seyn mag; rede ich aber, und zwar richtig, von Christo, so ist Christus wahrhaftig bei meiner Rede, und ist, was ich rede. Vergl. Ev. 8, 25. Von Anfang war das Wort des Lebens; nicht einen Anfang hat Es genommen, sondern Es ist der lebendige Anfänger aller Dinge. Dem heiligen Johannes, den die Jesusliebe im Suchen in der Schrift unterwiesen hat, war das erste Schriftwort (1 Mos. 1, 1.) tief ins Herz gedrückt. Und der Christum erkannte, wie Er von Anfang war als das ewige, schöpferische Wort; der Ihn mit Augen seliger Freude sah als das im Fleische gekommene Wort, in der Mitte der Zeiten: der ist auch gewürdigt worden im Geist Ihn zu schauen, wie am Ende Er kommen wird, wenn Sein Name: „das Wort Gottes“ leuchten wird in richterlicher, die Welt verzehrender Herrlichkeit (Offenb. 19, 13.). Dasselbige Wort, das von Anfang war, der eingeborne Sohn, ist Fleisch geworden, und die Apostel sahen Seine Herrlichkeit. Hiebei verweilt Johannes mit großem Zeugenernste. Es ist ihm ein inniges Anliegen, die Selbigkeit des Menschen Jesus Christus mit dem uranfänglichen Worte des Lebens zu bezeugen und die Phantasten Lügen zu strafen, welche Jesum von Nazareth und das Wort des Lebens auseinanderreißen und auf einem Wege neben Bethlehem und Golgatha vorbei des göttlichen Lebens habhaft werden wollten. Auch im Evang. Cap. 19, 25. und 21, 24. beruft sich Johannes mit sonderlichem Nachdruck aus das Sehen und Hören (vergl. zugleich Offenb. 22, 8.); als gewisser, unverwerflicher Zeuge tritt er für die Wahrhaftigkeit seiner Verkündigung ein: Das wir gehöret haben, das wir gesehen haben mit unsern Augen, das wir beschauten und unsre Hände betasteten. Er häuft die Ausdrücke, denn er kann dem Bedürfnisse seiner Liebe kaum genug thun, die Offenbarungsfreudigkeit des Sohnes Gottes, Seine willige Herablassung ins Fleisch zum Wohnen unter uns voller Gnade und Wahrheit zu preisen. Vom Hören zum Sehen, vom Sehen zum Beschauen, vom Beschauen zum Betasten steigt Stufe um Stufe aufwärts seine immerjunge Erinnerung an jene Gnadenzeit, da die Jünger aus dem Munde Jesu Worte des ewigen Lebens gehört, mit ihren Augen Ihn und Seine Werke väterlicher Kraft gesehen, und durch solch Hören und Sehen gezogen beschauten mit dem weilenden Blicke der Liebe Seine Herrlichkeit und betasteten mit ihren Händen den Leib des Lebens, der gestorben am Kreuze hing und der auferstanden und aufgefahren ist gen Himmel (Evang. Cap. 20, 27; Luc. 24. 39.).

„O, unbegreifliche Weisheit Gottes, die sich so tief herablässet, um uns zu sich zu erheben, daß sie sich von allen menschlichen Sinnen begreifen, besehen, betasten und von ihrer Creatur hat behandeln lassen, damit sie uns dagegen zu Liebhabern der unsichtbaren Güter mache, bis sie sich uns auch im Himmel zu genießen gebe.“ Spener. Was wir hoffend und aufs Zukünftige hinschauend singen: ,Dieser meiner Augen Licht wird Ihn, meinen Heiland, kennen,“ das war in Johannes gegenwärtige Freude kraft lebendigster Erinnerung, und aus dem ihm sammt seinen Mitaposteln Widerfahrenen baut eben unsre Hoffnung sich auf. Den wahrhaftigen Gott und das ewige Leben hoffen wir zu sehen und mit anbetenden Händen anzurühren, wenn wir die Kniee umfassen werden, die Maria Magdalena festzuhalten begehrte; im Arm und Schooße Dessen, der da war von Anfang, hoffen wir ewig selig zu ruhen, wenn wir an die Brust uns schmiegen werden, an der Johannes gelegen. Wie hoch hat doch der HErr Ohren. Augen und Hände der Menschen geehrt, daß sie taugen sollen zu Zeugnißorganen bei dem menschlichen Zeugniß von dem ewigen wahren Gut! Die Sinne des Menschen, von Gott erschaffen, bleiben kraft der göttlichen Schöpfungsthat dieselben zu allen Zeiten; was man vor tausend Jahren hart nannte, nennt man noch jetzt hart, und nicht weich. Ist also die Menschwerdung des eingebornen Sohnes bezeugt von vernünftigen Menschen, die Ihn mit Augen gesehen und wieder gesehen und mit Händen betastet haben, nun, so habe ich Recht und Pflicht, solch Zeugniß anzunehmen; will ich nicht glauben, so bin ich unvernünftig, wie die Doketen (Scheinler), die einen Logos (Wort) erdichteten, welcher nicht im Fleische erschienen sey, sondern nur den Schein des Fleisches angenommen habe. Gesegnet sey uns die Hand des Apostels, und wir wollen sie einst küssen im Himmel, die theure Hand, welche den HErrn Jesum betastet und hernach dies geschrieben hat, was wir jetzt lesen. - Johannis Verkündigung von dem, das da war von Anfang und das die Apostel gehöret und gesehen haben, ist eine Verkündigung vom Worte des Lebens. Er blickt, wie gesagt, zurück auf die Wesensbezeichnung des Wortes im Evang. Cap. 1, 4: „In Ihm war das Leben.“ Das geschriebene und gepredigte Wort Gottes ist auch ein Wort des Lebens, denn es zeugt vom Leben und führt zum Leben; aber dem persönlichen Worte, dem Sohne Gottes, den Johannes verkündigt, eignet der Name: das Wort des Lebens in der Fülle des Sinnes, wonach dieses Wortes Wesen Leben ist. „Ich bin das Leben,“ spricht Christus, dem der lebendige Vater gegeben hat das Leben zu haben in Sich selber (Evang. Cap. 5, 26; 14, 6; 11, 25; vergl. in unserm Br. Cap, 5, 20.), und wie Er als Gottessohn ewiglich selber das Leben ist, so ward Er durch Seine Menschwerdung uns zum Leben gemacht, und spricht: „Ich bin das Brot des Lebens“ (Evang. Cap, 6, 35.); wer Ihm nachfolgt, der wird das Licht des Lebens haben (Evang. Cap. 8, 12.). Welchen Inhalt hat nun der edle Name: Leben? Das Leben ist nicht ein Gedankending, nicht ein menschliches Wort für etwas, was in allem Lebendigen sich regt, noch eine vor allem wirklich Lebendigen vorhandene Idee; sondern das Leben ist eine Person, nämlich Gott, Seiner selbst vollkommen bewußt und mächtig, auch ohne das Daseyn irgend einer lebendigen Creatur; als das Leben schließt aber das göttliche Wesen eine Mehrheit von Personen in sich, weil persönliches Leben durch Liebesverkehr zwischen Ich und Du und Wir sich bethätigen will. Der Sohn heißt das Leben als Gott, aber in besonderer Beziehung auf die Menschen: Er ist unser Leben (Cap. 4, 9.); wo bei uns Leben seyn soll, da muß es „göttlicher Natur theilhaftig“ seyn (2 Petr. 1, 5.). Das Bild Gottes, wozu wir im Anfang geschaffen wurden durch das ewige Wort, ist ein Bild des Lebens; der Gnadenstand, in welchen wir versetzt worden kraft der Erlösung durch das Blut Jesu Christi, ist ein Stand des Lebens; die Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll als an den Miterben Christi, unsers erstgebornen Bruders, ist eine Herrlichkeit des Lebens. In der Gemeinschaft mit dem lebendigen Vater und Seinem lebendigen Sohne Jesu Christo sind auch wir lebendig d. h. wir wissen, daß Gott uns liebt, und Ihn wieder zu lieben ist unsre Freude, wir stehen mit Gott in dem persönlichen Umgange der lieben Kinder mit ihrem lieben Vater. - Wie sollte doch dieser Name Jesu Christi: das Wort des Lebens bloße Kopfchristen beschämen! Ist in Christo lauter Leben, so mögen wir nur dann Gemeinschaft mit Ihm haben, wenn wir als Herzchristen dieses Lebens und seiner Freude im Glauben inne geworden sind, wie hier Johannes aus freudenreicher Erfahrung des Lebens redet. Die Kraft solcher Erfahrung allein ist's auch, wodurch die apostolische Verkündigung von Christo als wahrhaftig und gewiß unserm Geiste sich erweist (Evang, Cap, 7, 17.). Indem nun der Apostel das Wort des Lebens als seiner Predigt herrlichen Inhalt nennt, tritt die gnadenvolle Offenbarung desselben im Gegensatz zu der antichristischen Lüge, daß nicht in Jesu von Nazareth das Leben erschienen sey (Cap. 4, 2.), so lebendig vor die Augen seines Gemüths, daß er die angefangene Rede durchbricht, um von neuem mit Freudenmunde zu verkündigen, was er gesehen hat, von dem Worte des Lebens, das da war von Anfang:

V. 2. Und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen, und zeugen, und verkündigen euch das ewige Leben, welches war bei dem Vater, und ist uns erschienen. Ganz so wie dort, wo die Verkündigung: „Und das Wort ward Fleisch und wohnete unter uns - „ ihm das freudige Bekenntniß entlockt: „und wir sahen Seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater,“ noch ehe er den Verkündigungssatz ganz ausgesprochen hat (Evang. Cap. 1, 14.). Dieser evangelische Spruch kehrt auch dem Inhalt nach hier wieder (vergl. außerdem Cap. 3, 5. 8. und 4, 9). Denn das Leben erschien, da das Wort Fleisch ward, Gott im Fleische Sich offenbarte (1 Tim. 3, 16), die Fülle der Gottheit dem Menschensohne, dessen Fleisch Geist und Leben ist (Evang. Cap. 6, 63.), leibhaftig einwohnte (Col. 2, 9), und die Herrlichkeit des lebendigen Gottes in dem Angesichte Jesu Christi sich zu erkennen gab (2 Cor. 4, 6). Um die große Freude der evangelischen Thatsache: Das Leben erschien! recht aus dem Grunde zu empfinden, vergegenwärtigen wir uns das viertausendjährige Adventsverlangen der in Sünde und Tod gefangenen Welt. Das Leben wird erscheinen! - in dieser Hoffnung sind Adam und Eva, durch welche das Leben verloren war, selig entschlafen; diese Hoffnung war das feste Tau, an welchem alle Patriarchen im Glauben sich hielten und das sie auch im Sterben nicht losließen, unter dem Schatten dieses Hoffnungstaus liegen ihre Gräber. Das Leben wird erscheinen! - war Noahs Glaube, wodurch die Planken der Arche zusammengehalten und an den Felsenklippen vorübergeführt wurden in der großen Fluth; in diesem Glauben frohlockte Abraham, dem es Gott offenbarte, daß das Leben in Fleisch und Blut von Abrahams Fleisch und Blut erscheinen werde; dieser Glaube war die Seele des Volkes Israel, ein Danken und ein Bitten, eines Daseyns eigentlicher Bestand, Davids Trost und Freudenpsalm, der Propheten Gesicht und Offenbarung, der gefangenen Juden Aufenthalt und Grund zur Rückkehr, und endlich der Stillen im Lande, die da warteten auf den Trost Israels, herzliche Sehnsucht, bis Johannis Finger auf ihn hinwies, in dem Israels Hoffnung sich erfüllte. „Was der alten Väter Schaar höchster Wunsch und Sehnen war, und was sie geprophezeit, ist erfüllt nach Herrlichkeit.“ Selig sind die Augen, die da sehen, das die Apostel sahen! Wir haben gesehen, fährt Johannes fort - doch nicht allein ihnen selbst, sondern zugleich der ganzen Welt war der Apostel Sehen zum Segen vermeint, darum folgt sogleich: - und wir zeugen, wir sind die verordneten Augenzeugen (Ev. 15, 27; 19. 35; vergl. Cap. 4, 14.), und als solche verkündigen wir euch das ewige Leben, welches war bei dem Vater und ist uns erschienen. Noch einmal hebt sein Zeugniß das uranfängliche Wesen, die ewige Gottheit des fleischgewordenen Wortes hervor. Das erschienene Leben, welches die zuersterwählten Zeugen gesehen haben und verkündigen, es ist das ewige Leben; nicht eine ewige Lebens - Eigenschaft und Kraft in Gott, sondern das ewige Leben, welches war bei dem Vater (das Wort war bei Gott, zu dem Vater hingewandt in Sohnesliebe, Ev. Cap. 1, 1.), und - o preiswürdige Liebe! - ist uns erschienen, uns, die wir Fleisch sind, auf daß wir es hören und sehen, schauen und betasten möchten. So oft wir diese Verkündigung hören, sollte unser Gemüth tief sich beugen vor der Liebe des Vaters und des Sohnes, denn - „Liebe hat Ihn hergetrieben, Liebe bracht Ihn aus dem Schooß.“ Man spürt es, wie der heilige Apostel erfüllt ist von der Liebe, die das Erscheinen des ewigen Lebens zu Wege gebracht hat. Seine Seele schwingt sich auf zu Dem, der von Anfang und zwar beim Vater in ewigen Freuden war, um Ihn dann anbetend zu begleiten auf dem Liebesgange vom Himmel zur Erde, vom Reichthum zur Armuth, von Gottesherrlichkeit zur Knechtsgestalt im Fleisch, auf Seinem ganzen Liebeslaufe in den Tagen Seiner Niedrigkeit und Seines Leidens, bis wieder hin zu Seiner Verklärung mit der Klarheit, die Er von Anfang hatte beim Vater (vergl. Evang. 16, 28.). Dies Alles ist umschlossen in der Verkündigung, daß das ewige Leben uns erschienen oder offenbar worden ist. Schön vergleicht ein neuerer Ausleger das Textwort: „Das Leben ist erschienen“ mit dem Jesuskinde auf dem die heilige Nacht darstellenden Bilde von Correggio; wie dort von dem Kinde alles Licht ausgeht, das die Nacht erhellt und Maria und Joseph bestrahlt, so habe hier in unserm Teile der vom heiligen Geiste unterwiesene Apostel die Worte also gestellt, daß Alles hinweise auf das Eine: das Leben ist erschienen, und Alles davon Glanz und Licht bekomme. - Zurückkehrend zu der in V. 1, angefangenen Satzweise, fährt nun Johannes fort:

V. 3. Was wir gesehen und gehört haben, verkündigen wir euch, auf daß auch ihr Gemeinschaft mit uns habet; und unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo. Für die ganze Kirche haben die Apostel das Wort des Lebens gesehen und gehört, und ihre Verkündigung ist das göttlich geordnete Mittel, durch welches wir in dieselbige selige Gemeinschaft mit dem ewigen Leben versetzt und darinnen bewahrt werden. Der HErr, welcher gesagt hat: „Selig sind die Augen, die da sehen, das ihr sehet“ (Luc. 10, 23.), hat auch gesagt: „Selig sind, die nicht sehen, und doch glauben“ (Evang. Cap. 20, 29.), und hat in dieser Haushaltung des Nichtsehens und Glaubens an das Wort der Apostel uns gewiesen. Daran soll der Glaube haften, denn in diesem Worte will Christus den Seinen gegenwärtig seyn. Er bittet im hohenpriesterlichen Gebete für die durch der Apostel Wort an Ihn Gläubigen, daß sie Alle Eins seyen, sammt den Aposteln Eine Gemeinde, deren Einheit gegründet ist in der Gemeinschaft mit Ihm, dem Einen Christus. Eindringlich schreibt deshalb Johannes: auch ihr, wie alle rechten Christen, sollt Gemeinschaft haben mit uns. Es gibt keine Gemeinschaft mit dem Haupte der Gemeinde, die nicht durch die Gelenke der Apostel vermittelt wäre. Wer eingefügt wird in den Bau der Kirche, der wird getragen von dem Grunde der Apostel und Propheten, und mit diesem Grunde zugleich von dem Ecksteine, Jesu Christo (Ephes. 2, 20.). Die Gemeinden, an welche Johannes zunächst schrieb, hatten mit Lügnern zu kämpfen, die da sagten, sie seyen Apostel (Offenb. 2, 2.), und die eine Gemeinschaft ihnen antrugen, worin erst das eigentliche Leben völliger Freiheit zu finden wäre. Diesen Verführern und ihren Fabeln setzt Johannes, als wahrhaftiger Apostel, gesehene und gehörte Geschichte des Heils entgegen, gerade so, wie sein Mitapostel Petrus (2 Petr. 1, 16.), und wehrt den Sektirern, welche die Gläubigen an sich ziehen wollten, durch die Macht dieses Wörtleins: mit uns! Und wir ergreifen dies Wort und stellen es erstlich den heutigen Irrgeistern entgegen, welche die Christenheit überreden wollen, daß mit den angeblichen neuen Aposteln Gemeinschaft haben müsse, wer am Tage der Wiederkunft Christi in Seiner Gemeinschaft erfunden werden wolle; wir stellen es zum andern auch den Flattergeistern entgegen, welche die Gemeinschaft mit der Kirche, die in der Apostel Lehre beständig bleibt, gering achten und uns beschuldigen, wir sähen verkehrter Weise auf das Sichtbare, indem wir die Kirche als die Heilsstiftung ehren, wo die unsichtbaren Güter des ewigen Lebens ausgetheilt und empfangen werden. Es soll uns nicht ärgern noch kümmern, daß sie verächtlich reden von unserm „lutherischen“ Namen; denn wir sehen, „daß die Tyrannen nicht damit umgehen, daß sie nur den Luther umbringen, sondern die Lehre wollen sie vertilgen, und von der Lehre wegen tasten sie dich billig an, und fragen dich, ob du lutherisch seyst. Hie mußt du wahrlich nicht mit Rohrworten reden, sondern frei Christum bekennen, es habe ihn Luther, Claus oder Georg gepredigt. Die Person laß fahren, aber die Lehre mußt du bekennen.“2) Daß wir nur erkannt werden als rechte, leibliche, aus Einem Geist geborne und ernährte Brüder der zwölf Apostel, das Eine begehren wir; wo ein Johannes bleibt, da wollen wir auch bleiben, so bleiben wir wohl; denn die Gemeinschaft, in welcher wir mit ihm und seinen Mitaposteln und mit allen je zur apostolischen Gemeinde Hinzugethanen Eins sind, das ist die Gemeinschaft rechter Art: Unsre Gemeinschaft aber ist die Gemeinschaft mit dem Vater, und mit Seinem Sohne Jesu Christo. Den Namen Jesus Christus fügt der Apostel hinzu zum Zeugniß, daß der ewige Sohn und der im Fleische Erschienene derselbige Eine HErr sey (vergl. Cap. 4, 2.). Wer ohne das apostolische Wort, dessen Inhalt Jesus Christus heißt, zur Erkenntniß und Genießung Gottes gelangen will, jagt eitel Schatten nach, Jesus Christus ist das Leben, und ist auch der Weg zum Leben: Niemand kommt zum Vater denn durch Ihn (Evang. 14, 6.). In Gemeinschaft mit Jesu Christo, aber auch nur in ihr, hast du wahrhaftig Gemeinschaft mit dem Vater, mit dem lebendigen Gotte. „Ich in Meinem Vater, und ihr in Mir, und Ich in euch“ (Ev. 14, 20.): so drückt der HErr das Geheimniß der heiligen Gemeinschaft aus, welche des Christen Freudenstand ist und deren begehrungswerthe Herrlichkeit den Grundgedanken unsers ganzen Briefes ausmacht. „Daraus gehet er gar hin,“ sagt Bengel, „daß der Gläubigen heilige und selige Gemeinschaft mit Gott und Jesu Christo befestigt werde.“ Ist dem so, wer wollte dann dieses Briefes nicht froh werden? Ein leises Seufzen nach etwas, das ihnen fehlt, ein geheimer Zug zu dem „unbekannten Gotte“ regt sich doch im tiefsten Grunde aller Seelen, die ihn nicht muthwillig erstickt haben, selbst mitten in der Gottentfremdung, welche die Sünde angerichtet hat, und Niemand ist jemals wahrhast vergnügt und zufrieden gestellt worden ohne Rückkehr zur Gemeinschaft mit dem Leben seines Lebens. Die Welt und ihre Lust, Alles was außer Gott des Lebens sich rühmt und Leben verspricht, es berauscht und erlustigt den Menschen wohl eine Weile, aber es erfreut ihn nicht und macht ihn nicht satt: Gott hat es Seiner erbarmenden Liebe einzig vorbehalten, die leere Stelle im Herzen der abtrünnigen Sünder, der verlorenen Söhne des Vaterhauses, auszufüllen. Jesus soll ins Herz kommen. In Ihm ist die Gemeinschaft mit Gott eröffnet, nach der uns verlangt, ja! noch ehe uns danach verlangte, denn erst durch die gehörte Verkündigung, daß das Leben erlösungswillig, voller Gnade erschienen ist, wird die von Unwissenheit verschüttete Kohle gottsuchenden Verlangens zur hell brennenden Flamme der Liebe zum Leben in uns angefacht. Und wie völlig, wie überschwänglich über Bitten und Verstehen gibt Gott Sich an uns arme, ins Fleisch und in den Tod versunkene Sünder hin! Die Gemeinschaft mit Gott, zu welcher Jesus Christus uns bringt, ist die Gemeinschaft mit dem Vater, mit Seinem Vater und durch Ihn auch unserm Vater; die Gemeinschaft ist's, deren Wesen in der Kindschaft Gottes besteht (Cap, 3, 1.).“,Wie viele Ihn ausnahmen, denen gab Er Macht Gottes Kinder zu werden, als die an Seinen Namen glauben“ (Evang. 1, 2.). „Aus unendlicher Liebe ist der Sohn Gottes geworden, was wir sind, aus daß Er uns Macht gebe zu werden, was Er ist; theilhaftig ist Er worden unsrer Natur, daß wir Genossen der göttlichen Natur würden.“ Irenäus. Durch den Glauben an den eingebornen Sohn Gottes, der leibhaftig unser Bruder worden ist, haben wir Freudigkeit und Zugang mit aller Zuversicht zu Gott als unserm rechten Vater (Ephes. 3, 12.), und desselbigen Lebens, welches in dem Sohne Gottes von Natur wohnt und im Fleische erschienen ist, aus Gnaden theilhaftig geworden (2 Petr. 1, 4.), finden wir - wie Ignatius seine Erfahrung der Gemeinschaft mit Gott ausdrückt - ein Wasser des Lebens in uns, dessen Wellenschlag unaufhörlich ruft: Abba, lieber Vater! „Ich habe durch göttliche Gnade dieses gelernt, daß ich von derjenigen Person, die von Maria geboren ist, meine Augen nicht anderswohin abwende, noch einen andern Gott suche oder erkenne. Man muß die Augen unverwandt aus diejenige Person richten, die von der Jungfrau Maria geboren ist. Wo Christus ist, daselbst ist der Vater.“ L. Siehe, welch einer Seligkeit hat Gott uns werth geachtet, und Er trägt sie uns an. Er umgibt und umfängt uns damit, indem Er durch die heilige Taufe der Gemeinde uns hinzuthut, die Seine Wohnung ist, die mit Johanne spricht: „Unsre Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit dem Sohne.“ Die Kirche ist gleich einem Wagen, welchen Gott über das Schlachtfeld dieser Welt fährt, die Verwundeten auszuladen und zur vollkommenen Genesung zu bringen. Bin ich aus diesen Wagen ausgeladen, so kann ich freilich noch unterwegs sterben, wenn ich die Arzeney, nämlich Wort und Sacrament, durch Unglauben mir zum Gift mache, kann auch wieder vom Wagen hinabgeworfen werden, wenn mich nach Gottes Wort der Bann der Kirche trifft: aber der Wagen selber ist unverwüstlich, er bleibt nicht stecken im Schlamm der Welt, der dicke Staub, den seine Räder auswirbeln, verbirgt ihn wohl, aber verschlingt ihn nicht, noch soll ihn der Teufel zerbrechen, und die daraus bleiben, um an Leib und Seele in Gottes Kur ganz zu genesen, die sollen versetzt werden aus den Triumphwagen Gottes im Himmel, ewig selig zu seyn in der Gemeinschaft mit allen Heiligen, deren Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo. - Das Evangelium Johannis hat uns die Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo köstlich gemacht. Auch noch ehe wir gelesen haben, was Johannes in seinem Briefe schreibt, werden wir in Erinnerung an das Evangelium, dessen Kern er so eben uns vorgelegt hat, aus Erfahrung Ja sagen zu der Versicherung: V. 4. Und dieses schreiben wir euch, auf daß eure Freude völlig sey. „Solches habe Ich zu euch geredet,“ sagt der Heiland im Evang. Cap, 15, 11., „aus daß Meine Freude in euch bleibe, und eure Freude völlig werde.“ Von derselben Liebesabsicht, welche dem HErrn alle Seine Worte, auch die Rede vom Weinstock und den Reben, eingab, findet der Jünger sich durchdrungen beim Schreiben seines apostolischen Zeugnisses und seiner apostolischen Ermahnung: er schreibt als Gehülfe unsrer Freude. In der Gemeinschaft mit dem Vater und mit Seinem Sohne Jesu Christo haben wir Freude, denn die Sohnes - Freude, welche Jesu heilige Seele allzeit erfüllt, wird zur Kindes-Freude Seiner Gläubigen. Wonach der Grundtrieb unsers Gemüths sich sehnt und was wir umsonst suchen bei Allem, was von der Welt ist, in Christo wird es gefunden. Augustin bekennt: „Es gibt eine Freude, welche den Gottlosen versagt ist, aber denen gegeben, die Dich von Herzen lieb haben, deren Freude Du selbst bist; und das eben ist Leben und Seligkeit, sich mit Dir, an Dir und in Dir zu freuen. Das ist's, und anders nichts. Welche meinen, es gäbe noch ein anderes Leben, die jagen nach anderen Freuden, aber das sind nicht die wahrhaftigen. Seligkeit ist die Freude an der Wahrheit, nämlich die Freude an Dir, der Du die Wahrheit bist, mein Gott, mein Licht, mein Heil.“ Johannes redet mit seinen lieben Kindlein und Brüdern, die durch den Glauben zur Freude schon gelangt waren; daß ihre Freude völlig werde und bleibe, ist seiner Liebe Gesuch, sein Gruß und Segenswunsch (vergl. 1 Petr. 1, 2; 2 Petr. 1, 2.), worin der übliche Freudengruß (vergl. Apostelg. 15, 23; Jak. 1, 1.) durchklingt. Er sah die Gemeinden, die gegenwärtigen und zukünftigen, von Feinden ihrer Christenfreude bedroht, und damit die Quelle der Wahrheit und des Lebens ihnen nicht trübe gemacht werden möchte, darum schrieb er ihnen, und in seinem schriftlichen Wort reden alle Apostel mit („wir schreiben euch“). Das geschriebene Wort erhält großen Nachdruck bei Johannes, dem letzten Apostel; dessen Prophetenblicke die zukünftigen Geschicke der Kirche enthüllt wurden, und der die Ausgabe hatte, den Kanon heiliger Schrift abzuschließen. Die Römischen, und die in ihren Wegen einhergehen, widersprechen dem apostolischen Spruche: Dieses schreiben wir euch, aus daß eure Freude völlig sey, indem sie dem Schriftworte die kräftige Klarheit, zu völliger Freude zu führen, absprechen und die Bibel als einen Brunnen darstellen, wozu der Eimer uns fehle und dessen Wasser nur destillirt genießbar und heilsam sey. Aber wir verwerfen die Menschensatzungen, welche die Freude eines aus Gottes Wort seines Heils gewissen und in Gottes Wort festen Herzens uns kränken wollen. Laßt uns reichlich dankbar seyn für die Gnade, durch welche der Leuchter der Kirche noch steht, deren einiges Licht aus der heiligen Schrift herstrahlt. Lutheraner sind solche Christen, deren Freude völlig wird, weil sie sich freuen im Gehorsam der völligen Wahrheit des göttlichen Worts. Durch die Bibelstunden hin, in denen wir mit diesem Briefe des heil. Johannes uns beschäftigen werden, begleite uns das süße Wort: Solches schreiben wir euch, aus daß eure Freude völlig sey. Solches schreiben wir euch: selig sind, denen solch euch gehört. Gehört es auch dir, lieber Leser? Gewiß, wenn anders du Gemeinschaft mit Johanne hast, so daß das Wort seines Zeugnisses das Bekenntniß deines Glaubens geworden ist. Darin eben wird die Freude der Christen gestärkt, daß sie solche Leute sind, an welche der Apostel solchen Brief schreibt (vergl. Cap, 2, 12 ff.).

Gebet

HErr Jesu Christe, Du Leben und Freude der Sünder, sey uns gnädig! Wie Johannes und seine Mitjünger Dich gehört und gesehen haben, das Wort des Lebens da Du im Fleische Deine Herrlichkeit verbargest vor Deinen Feinden, aber offenbartest Deinen Freunden: also laß uns sehen Deine der Welt verborgene Herrlichkeit, die Du als unvergänglichen Lebenssamen ins apostolische Wort, in den schlechten, geringen Buchstaben der Schrift gefaßt hast. Es sey unser die Seligkeit Deiner Einfältigen, o HErr, die sich nicht ärgern an Dir, sondern Dich erkennen und ausnehmen in diesen Windeln des geschriebenen Worts und in der schallenden Menschenstimme Deiner Boten, die Dich verkündigen. Laß uns sinnend und betend warten an Deinem Worte, aus daß es mit Geist und Leben uns durchdringe, unsern Gang gewiß und unsre Freude völlig mache. Hilf uns beständig bleiben in der Apostel Lehre und laß uns erfunden werden als lebendige Glieder Deiner heiligen apostolischen Gemeinde, deren Gemeinschaft ist mit dem Vater, bei welchem Du warest von Anfang und hast durch Deine Herkunft ins Fleisch, durch Deinen Eingang in des Vaters Herrlichkeit uns Macht erworben, zu seyn wo Du bist. O HErr, wir preisen die Wundermacht Deiner Liebe: Du gibst Dein ewiges Leben in unser erstorbenes Wesen hinein, damit wir erneuert zum Leben hinwiederum Dir und dem Vater uns ergeben könnten. Hosianna, es müsse Dir gelingen an uns Armen: in Deiner Gemeinschaft mach uns ewig reich und selig. Amen.

Mel. Fröhlich soll mein Herze springen.

Süßes Heil, laß Dich umfangen.
Laß mich Dir,
Meine Zier,
Unverrückt anhangen.
Du bist meines Lebens Leben:
Nun kann ich
Mich durch Dich
Wohl zufrieden geben.

1)
„Er war von Anfang, und neu ist. Er erschienen, erfunden im Fleisch, nun allezeit jüngst geboren in den Herzen der Heiligen; Er ist der Ewige, und heute wird. Er Sohn genennet, an welchem die Kirche ihren Reichthum hat“ - so klingt die apostolische Verkündigung in dem schönen Briefe an Diognet (aus dem 2ten Jahrhundert) nach.
2)
Luther's Meinung von beider Gestalt des Sacraments zu nehmen
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