Thomas von Kempen - Buch 2 - Kapitel 2
Von der demüthigen Unterwerfung.
1. Achte es nicht groß, wer für dich oder wider dich sei, sondern sorge dafür, daß Gott in Allem, was du thust, mit dir sei.
Bewahre nur ein gutes Gewissen, so wird dich Gott in seinen Schutz nehmen, denn wem Gott beistehen will, dem vermag keines Menschen Bosheit zu schaden.
Wenn du zu schweigen und zu dulden weißt, so wirst du sicherlich die Hülfe Gottes erfahren.
Er weiß am besten Zeit und Weise, dich zu erretten und darum mußt du dich ihm ganz überlassen.
Gottes Sache ist es, zu helfen und von aller Noth zu befreien.
Oft hilft es sehr zur Bewahrung größerer Demuth, daß Andere unsere Fehler wissen und rügen.
2. Wenn der Mensch seiner Mängel wegen sich demüthiget, dann besänftigt er Andere leicht und stellt, die ihm zürnen, ohne Beschwerde zufrieden.
Den Demüthigen beschützet und errettet Gott, den Demüthigen liebt und tröstet er; zu dem Demüthigen neigt er sich hin; dem Demüthigen gibt er reichlich große Gnade und erhöht ihn nach seiner Erniedrigung zur Herrlichkeit.
Dem Demüthigen offenbart er seine Geheimnisse und locket und ziehet ihn freundlich zu sich.
Der Demüthige, wenn ihn auch Schmach trifft, ist ganz gut in Frieden, denn er stehet in Gott und nicht in der Welt.
Wähne nicht, vorwärts gekommen zu sein, so lange du nicht tief fühlst, daß du nicht geringer bist als Alle.