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Stiller, Erich - Psalm 11.

Stiller, Erich - Psalm 11.

Dieser Psalm ist ein schönes Bekenntnis des Glaubens, den David allen Nachstellungen, Verleumdungen und Gewalttätigkeiten seiner Feinde entgegensetzt. Wir finden in diesem Psalme

Einen Trost wider die Gottlosen, welche feindlich gegen uns auftreten.

Dass es solche Gottlose gibt, hatte David oft und schmerzlich erfahren, das sehen wir schon aus dem Anfang des Psalmes, wenn er spricht: Ich traue auf den Herrn. Wie jagt ihr denn zu meiner Seele, sie soll fliegen wie ein Vogel auf eure Berge? Denn siebe, die Gottlosen spannen den Bogen und legen ihre Pfeile auf die Sehnen, damit heimlich zu schießen die Frommen. Sie reißen den Grund um; was sollte der Gerechte ausrichten? Der königliche Sänger stand fest im Glauben an Gott, und verließ sich allein auf ihn und sein heiliges Wort. Das konnten seine Feinde nicht ruhig mitansehen; darum suchten sie ihn von Gott und seinem Worte abwendig zu machen. Sie muteten ihm zu, seine Seele solle tun wie ein Vogel, der nicht immer in seinem Neste sitzen bleibt, sondern von einem Baume auf den andern fliegt, er solle seine sichere Wohnung verlassen, und mit ihnen Gemeinschaft machen. Sie spannten ihre Bogen, und legten ihre Pfeile auf die Sehnen; sie lauerten auf ihn, wie sie seine Seele in die Hölle verderben möchten; sie rissen den Grund um, dass Gott der Frommen Schutz und Schirm sei, und sagten spottweise, was wird dieser arme, flüchtige David, der so viel von seiner Gerechtigkeit in Gott und von seiner Liebe zu Gott redet, ausrichten? Es wird endlich so übel mit ihm ablaufen, dass man seiner lachen muss!

Auf ähnliche Weise verhalten sich heute noch die Kinder dieser Welt. Wenn wir nicht auf die Berge der Gottlosen gehen, nicht mit ihnen Gemeinschaft haben wollen, so werden sie unsere Feinde, welche uns nachstellen wie ein Jäger dem Wilde, und ein Vogelsteller dem Vogel; sie spannen ihre Bogen und legen ihre giftigen Pfeile darauf, sie verleumden und lästern uns, und suchen uns Schaden und Leid zu tun an Leib und Seele, an Ehre und Gut.

O sprecht in solcher Lage mit David: Ich traue auf den Herrn! Lasst euch weder durch Drohungen noch durch Verheißungen, weder durch Gewalt noch List von dem Glauben abbringen, dass Gott alle Haare auf eurem Haupte gezählt hat; dass ohne Gottes Willen kein Sperling vom Dache fällt; dass der Grund feststeht: Gott kennt die Seinen, und was die Gerechten begehren, wird ihnen gegeben; der Gerechte wird ewig bestehen!

Es ist wohl schmerzlich, wenn man sich von Gottlosen umringt steht, die ihre Bogen spannen und tödliches Geschoss auf uns gerichtet haben, und man kann da leicht zu der Frage kommen: Was soll der Gerechte ausrichten? Allein Gott hat immer weise Absichten bei allem, was er tut, und geschehen lässt, und gewiss auch dann, wenn er uns mit Menschen in Verbindung bringt, die feindlich gegen uns gesinnt sind! Oft hat Gott sicherlich die Bekehrung unserer Feinde selbst im Auge. Wie er Jesum Christum gesandt hat in die Finsternis, dass er sie erleuchte, und zu dem verkehrten Geschlechte, dass er es bekehre, so setzt er oft jetzt noch seine Lichter dahin, wo Finsternis ist, und seine frömmsten Seelen, wo die Gottlosen und Boshaften am häufigsten wohnen. Er tut dies, dass im Lichte der Wahrheit die Lüge erkannt und durch ein christliches Vorbild für das Reich Gottes gewirkt werde. Christus hat in den Tagen seines Fleisches nicht bloß auf seine Jünger acht gehabt, nein, er ging auch mit Sündern um, und aß mit ihnen; er ließ sich durch ihre Bosheit nicht überwinden, sondern trachtete vielmehr dieselbe durch seine Güte und Demut, durch seine Sanftmut und Freundlichkeit aus ihren Herzen zu tilgen; - und er hat auch diesen Sinn bis an das Ende behalten, denn noch am Kreuze, umringt von spottenden und lästernden Feinden, rief er: Vater, vergib ihnen, sie wissen nicht, was sie tun!

Christus hat dir, mein lieber Christ, ein Vorbild gelassen. Folge ihm nach im Verhalten gegen feindselig gesinnte Menschen, mit denen du in Verbindung stehst! Dein Haus soll eine kleine Kirche, ein wahres Heiligtum sein, in dem Gott gedient und dem Nächsten den Weg zum Himmel gezeigt, in dem für ungetreue Nachbarn und für alle Feinde gebetet, und Gott um Abwendung seiner Strafgerichte angerufen wird. Dein Haus soll eine Quelle sein, aus der die ganze Straße gefeuchtet wird, und eine Leuchte, welche denen, die im Finstern wandeln, einen hellen Schein gibt. Was Lot zu Sodom, was Jakob im Hause Labans, und Joseph im Hause Potiphars war, das sollst auch du an deinem Orte sein, - ein Apfelbaum unter den wilden Bäumen, eine Rose unter den Dornen, ein Schaf mitten unter den Wölfen, ein brennendes und scheinendes Licht mitten unter dem unartigen und verkehrten Geschlechte. Setze deiner Feinde Bosheit deine Güte, ihrem Zorn deine Sanftmut, ihrem Hass deine Liebe, ihrer Falschheit deine Redlichkeit, ihrem Fluche dein Gebet und deinen Segen, ihren Lügen und Lästern deinen gottseligen Wandel entgegen, - und du wirst Wunder sehen!

Trauernde Personen haben es zwar in der Gewohnheit, dass sie, wie eine welke Blume, das Haupt senken; allein die Kinder Gottes müssen sich gewöhnen, ihre Augen getrost aufzuheben. Der Herr ist in seinem heiligen Tempel, des Herrn Stahl ist im Himmel, seine Augenlieder prüfen die Menschenkinder. Der Herr schaut von seiner himmlischen Höhe, er sieht vom Himmel auf die Erde, dass er das Seufzen der Gefangenen höre, und losmache die Kinder des Todes! Die Augen Gottes sind von oben auf seine Kinder gerichtet, und diese sollen von unten zu ihrem himmlischen Vater emporblicken. Die Seufzer gehen hinauf, und der Trost herunter! Gott gibt den Frommen, umringt von Feinden, das Zeugnis in das Herz, dass sie seine Kinder sind, und dass er sie nicht verlassen werde.

Der Herr prüft die Gerechten, aber seine Seele hasst den Gottlosen und die gerne freveln. Er wird regnen lassen über die Gottlosen Blitz, Feuer und Schwefel und wird ihnen ein Wetter zum Lohne geben! Es gehe immerhin so, wie der Gottlose es wünscht oder sich einbildet; er treibe immerhin Spott mit Gott und seinem heiligen Worte, er laure immerhin auf die Frommen, er verlache ihre Seufzer und ihre Tränen, er beuge und breche ihr Recht, er lüge und trüge, er lästere und schade, aber er vergesse nicht, dass Gott ihn um dies alles vor Gericht führen wird und er empfangen muss nach seinen Werken. Er hat seinen Willen gehabt; Gott muss auch seinen Willen haben! Gott prüft durch Leiden die Gerechten; aber er straft auch die, welche Unrecht tun. Der Herr spricht zu den Gottlosen: Siehe, meine Knechte sollen essen, ihr aber sollt hungern; meine Knechte sollen trinken, ihr aber sollt dürsten; meine Knechte sollen vor gutem Mute jauchzen, ihr aber sollt vor Herzeleid schreien und im Jammer heulen; meine Knechte sollen fröhlich sein, ihr aber sollt zu Schanden werden.

Wohlan denn! scheint es auch, als ob die Gottlosen den Grund umrissen, auf dem das ganze Wesen eines Kindes Gottes besteht, so wollen wir doch nicht weichen und wanken in der festen Zuversicht, er sei unser Gott und Vater! Ist es auch im Leben manchmal ungleich, der Tod gleicht alles aus! So gewiss ein himmlisches, seliges Leben für die Frommen bereitet ist, so gewiss ist auch ein höllisches Jammerleben für die Ungläubigen und Unbußfertigen! Ein jeder eilt seinem Orte zu, der Fromme auf dem schmalen Bußwege, die andern auf dem breiten Sündenwege; keiner wird seinen Ausgang verfehlen; es wird und muss Christi Wort in Erfüllung gehen: die Ungerechten werden in die ewige Pein gehen, die Gerechten aber in das ewige Leben! Es wird und muss dies. Wort in Erfüllung gehen: denn der Herr ist gerecht und hat Gerechtigkeit lieb! Amen.

Ach Gott vom Himmel sieh' darein,
Und lass dich das erbarmen.
Wie wenig sind der Heil'gen dein,
Verlassen sind wir Armen!
Dein Wort lässt man nicht haben wahr,
Der Glaub' ist auch verloschen gar
Bei vielen Menschenkindern!

Amen

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autoren/s/stiller_erich/psalter/stiller_psalter_011.txt · Zuletzt geändert: von aj
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