Spurgeon, Charles Haddon - Wer sollte getauft werden?
„Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein.“
Apg. 8,37
Es ist nicht meine Gewohnheit, sogenannte „Taufpredigten“ zu halten. Ich erwähne selbst die Taufe in meinen Predigten selten, denn ich finde, dass viele meiner Zuhörer die biblische Lehre von der Taufe auch ohne meine besondere Hilfe herausfinden. Unter denen die sich mit unserer Gemeinschaft verbunden haben, befinden sich viele, die die Wahrheit durch eigenes Forschen entdeckt haben. Das ist eine Methode, zur Wahrheit zu gelangen, die ich der Unterweisung, die ich geben könnte, weit vorziehe, denn da, wo Menschen so von Gott selbst unterwiesen werden, weiß ich, dass ihr Glaube „nicht beruht auf Menschen Weisheit, sondern auf Gottes Kraft“. Wo ich auch sein mag, überall bin ich bestrebt, als vor den Augen Gottes so auf die Menschen einzuwirken, dass ich sie zu Christus führe und es dem Geist Gottes überlasse, das Weitere von dem zu nehmen, das Christi ist, und es ihnen zu offenbaren.
Doch ich darf hinsichtlich der Taufe der Gläubigen nicht gänzlich schweigen. Wenn ich mein Amt redlich ausrichten und das ganze Evangelium predigen will, wie es im Neuen Testament enthalten ist, dann muss ich die Wahrheit mit Bezug auf die große Vorschrift unseres Herrn Jesu Christi verkündigen, welcher Er selbst eine so wichtige Stellung anwies, als Er sie mit dem Glauben und dem Seligwerden verband: „Wer da glaubt und getauft wird, der wird selig werden.“ Doch lasst mich euch versichern, lieben Freunde, dass ich dieses Thema nicht im streitsüchtigen Geist erwählte, sondern nur, weil ich fühle, dass es „die Last des Herrn“ ist, die auf mir liegt, und insofern die Taufe ein Teil des Wortes Gottes ist, muss ich darüber predigen. In der vortrefflichen und geschätzten Presbyterianerkirche ist es üblich, dass vor der Feier des Abendmahls eine Predigt zur Vorbereitung der Abendmahlsgenossen gehalten werde. Das hauptsächliche Thema des Predigers ist dann etwa: „Welches sind die rechtmäßigen Empfänger des Abendmahls? Wer darf hinzutreten und teilnehmen an dem symbolischen Brot und Wein, und wer darf nicht daran teilnehmen?“
Wie nun der Abendmahlstisch eingehegt wird, so sollte das auch bei dem Taufwasser und bei allen großen und herrlichen Lehren geschehen, die das Wesentliche unseres Glaubens ausmachen, und ich glaube, dass der einzige Zaun, welcher notwendig und biblisch ist, der in unserem Text aufgestellte ist: „Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein.“ Wenn mich jemand fragt: „Darf ich mich zu den Erwählten zählen?“, so antworte ich: „Gott hat ein auserwähltes Volk; aber du hast kein Recht, dich für einen Erwählten zu halten, wenn du nicht von ganzem Herzen glaubst.“ Dann ist da die Lehre von der kräftigen Berufung, und wenn mich jemand fragt, ob er kräftig berufen ist, so antworte ich: „Glaubst du von ganzem Herzen, dann hast du gewiss Anteil an dieser herrlichen Lehre von der Gnade Gottes.“ Und was nun die Lehre von der Erlösung durch Christi Blut betrifft, die die Grundlage und das Fundament aller unserer Hoffnungen bildet, so habe ich kein Recht, es irgend einem Menschen zu sagen, dass er erlöst ist, bis ich ihn veranlassen kann, eine völlige und befriedigende Antwort auf die Frage zu geben: „Glaubst du von ganzem Herzen an den Herrn Jesum Christum?“ Es ist mir klar, dass die Lehren des Evangeliums keine wahrhaft tröstliche Botschaft für einen Menschen enthalten, bis er von ganzem Herzen an Christum glaubt.
Ebenso ist es mit den Verheißungen Gottes. Sie bilden einen reich mit geistlichen Speisen bedeckten Tisch; aber wer nicht von ganzem Herzen an Christum glaubt, hat kein Recht, sich auf „die teuren und allergrößten Verheißungen“ zu verlassen, welche Gott zur Tröstung Seines Volkes verzeichnet hat. Ich weiß, dass es köstliche und gnadenvolle Einladungen gibt, die an den Sünder ergehen, und ich danke Gott dafür, da
Das ist für mich nicht nur ein überzeugender Beweisgrund, sondern soweit ich es verstehe, ist das ganze Evangelium Christi an verständige Persönlichkeiten gerichtet. Ich kann nicht einsehen, dass ich irgend etwas ausrichten könnte, wenn ich berufen würde, einer unbewussten Person zu predigen. Das Evangelium wendet sich an das Verständnis und an die Herzen der Menschen; wenn sich aber ihre ganzen geistigen Fähigkeiten in einem schlummernden Zustand befinden, sehe ich nicht ein, was ich als Prediger in einem solchen Fall tun könnte oder welche Beziehungen das Evangelium zu solchen Wesen haben kann. Es setzt mich in Erstaunen, dass ein unbewusster Säugling an einer Verordnung teilnimmt; welche nach der deutlichen Lehre der Heiligen Schrift die bewusste Einwilligung und das vollständige Herzensvertrauen bei dem Empfänger erfordert. Nur sehr wenige würden beweisen wollen, dass Säuglinge das Mahl des Herrn empfangen sollten; aber es ist nicht mehr biblische Bürgschaft dafür vorhanden, sie zu der einen Verordnung zu bringen, als sie da ist, sie zu der anderen zu bringen.
Der Katechismus der englischen Kirche hat durchaus recht, wenn er sagt, dass von den Personen, die getauft werden sollen, Buße und Glaube gefordert werden müsse; aber ihre Praxis stimmt mit der biblischen Lehre nicht überein. Wenn die Paten des Kindes es zum Taufstein bringen, versprechen sie in seinem Namen, dass es Buße tun und glauben und dem Teufel und allen seinen Werken entsagen solle. Das ist mehr, als das Kind jemals versprechen könnte, mehr, als ich zu tun versprechen könnte, oder wenn ich wirklich so sagte, so wäre ich ein Lügner wider Gott und wider meine eigene Seele, da es mir ganz unmöglich wäre, solches Versprechen zu halten. Die Theorie der Kirche ist, dass dies Versprechen der Buße und des Glaubens gleich dem im Umlauf befindlichen Papiergeld sei; es ist wahr, dass es nicht die gangbare Münze der Buße und des Glaubens ist; trotzdem ist es gültig - das Versprechen, dass das Kind Buße tun und glauben werde, ist genügend -, das erscheint mir als eine seltsame Erdichtung, die ein vernünftiges Geschöpf nicht annehmen kann. Ich will den Fall so darstellen: Nehmt an, es gäbe einen König, der absolute Herrschaft über seine Untertanen hat, und nehmt an, es gäbe eine gewisse Tat auszuführen, es handelte sich etwa um die Ergänzung einer zerbrochenen Fensterscheibe. Nehmt ferner an, dass zwei Handwerker da waren, denen beiden der König befiehlt: „Geht an die Arbeit und setzt eine neue Fensterscheibe ein.“ Der eine von ihnen sagt: „Ich will nicht“; der andere sagt: „Ich will,“ doch er hängt sofort Spinngewebe über die zerbrochene Stelle. Es ist mir klar, dass in dem Ungehorsam in beiden Fällen kein großer Unterschied ist, und es ist fast dasselbe bei denen, die sich ganz bestimmt weigern, zu tun, was sie als die klaren Befehle des Wortes Gottes hinsichtlich der Taufe erkennen, und bei denen, welche diesen Befehlen praktisch ungehorsam sind, indem sie an die Stelle der Untertauchung der Gläubigen die Besprengung der Säuglinge stellen und dann die Erfindung der Patenschaft einführen, um ihrer Abänderung der göttlichen Anordnung den Schein der Gültigkeit zu geben. Meines Erachtens ist es ein vergeblicher Versuch, der Unterwerfung unter ein einfaches und klares Gebot auszuweichen, und ist darum schlimmer, als ein offener Ungehorsam sein könnte. Ich kann mich in die Lage eines Menschen versetzen, der in seinem Gewissen nicht fühlt, dass es sich hier um eine Vorschrift handelt, die auf die Gläubigen beschränkt ist; aber ich kann die Konsequenz eines Menschen nicht verstehen, der da sagt, dass Buße und Glaube vor der Taufe erforderlich ist, und der dann den unbewussten Säugling in seine Arme nimmt, einige Tropfen Wasser auf seine Stirn sprengt und dann erklärt, dass er ein Kind Gottes und ein Erbe des Himmelreiches geworden ist. Das erscheint mir nicht nur als der Gipfel der Ungereimtheit, sondern auch als eine schreckliche Sünde in den Augen des allerhöchsten Gottes. Ich wiederhole, was ich bereits gesagt habe, dass die Einzäunung beider Anordnungen Christi durch die im Text ausgesprochene Bedingung zustande kommt: „Glaubst du von ganzem Herzen, so mag es wohl sein.“ Ich kann kein Kind von der Taufe zurückhalten, das von ganzem Herzen an Jesus glaubt; andererseits aber könnte ich als ein Diener des Herrn selbst um eines ehrwürdigen Greises willen und ihm zu gefallen meines Königs Gesetze nicht abändern, sondern würde vielmehr zu ihm sagen: „Tritt zurück, bis du dich in dem passenden Zustand befindest, den Befehlen meines Herrn gehorchen zu können. Du bist nicht berechtigt, an den Vorrechten teilzunehmen, die der Familie Gottes gehören. Solange du nicht an Jesus glaubst und dich als eines Seiner Kinder erweisest, kann ich nicht gestatten, dass du an der einen oder an der anderen Vorschrift teilnimmst.“
Nun gehe ich dazu über, die Lehre des Textes praktisch auszuüben, indem ich mich kurz und liebevoll an unsere lieben Freunde wende, welche nun getauft zu werden wünschen. Die Befolgung dieser Anordnung wird in vielen unter uns Erinnerungen an frühere gleiche Fälle wachrufen. Sie erinnert mich an einen Fluss in Cambridgeshire, an dessen Ufern eine große Schar von Zuschauern stand, und an einen Jüngling, der an der Hand eines Mannes mitten in das fließende Wasser stieg und sich selbst, Geist, Seele und Leib dem Dienste seines Meisters übergab. Sie erinnert mich an die Stunde, da ich dem Könige aller Könige meine Treue und Anhänglichkeit öffentlich bekannte, und vielleicht werden andere, welche so „Christum angezogen“ haben, durch die Ansprache erfreut und erfrischt und angeregt, die ich jetzt an unsere Taufkandidaten richten will.
I.
In Erläuterung des Textes wollen wir ihn fast Wort für Wort durchgehen, und beachtet, liebe Freunde, zunächst die Wichtigkeit des persönlichen Glaubens: „Glaubst du von ganzem Herzen, so“ kannst du getauft werden.
Glaubt ihr für euch selbst an Christus? Es ist nutzlos, zu sagen, dass ihr die Söhne frommer Eltern, die Töchter gottseliger Väter und Mütter seid; wenn ihr selbst nicht an Jesus glaubt, so werdet ihr ebenso gewiss wie die gottlosen Nachkömmlinge gottloser Männer und Frauen zur Hölle gekehrt werden. Der Glaube eurer Eltern mag von Gott als das Mittel gesegnet worden sein, durch welches ihr zu Christus geführt wurdet; wenn ihr aber nicht zu Ihm gebracht worden seid, so kann euch aller Glaube anderer nicht zu eurer Seligkeit verhelfen. Und wenn ihr Abraham zum Vater und Sara zur Mutter hättet, so könntet ihr ohne euren persönlichen Glauben an den Herrn Jesum Christum doch nicht gerettet werden. Wir, die wir von Kind auf mit zur Predigt genommen worden sind, sind so sehr geneigt, uns einzubilden, dass es eine Art Familienheiligkeit gebe, welche uns allen zustatten kommt, und anzunehmen, dass auch wir selig werden müssen, weil unsere Eltern Christen gewesen sind. Doch dem ist nicht so; es nützt uns nichts, einer sogenannten „christlichen Familie“ anzugehören, wenn ihr, die ihr derselben angehört, nicht selber Christen seid. „So wird nun ein jeglicher für sich selbst Gott Rechenschaft geben.“ Keines anderen Herzens Buße kann die Stelle eurer Traurigkeit über eure Sünden einnehmen. Ihr selbst müsst dahin gebracht werden, das Bedürfnis eines Heilandes zu empfinden; ihr selbst müsst durch den Heiligen Geist in den Stand gesetzt werden, euer Vertrauen auf Jesum zu setzen, sonst werdet ihr ebenso gewiss verloren gehen, als wenn ihr von Eltern geboren wärt, welche den Herrn weder gekannt noch geliebt haben.
Persönliche Religion ist ein wesentliches Vorerfordernis für die Aufnahme in die Gemeinde Christi oder zu den Verordnungen, die Er eingesetzt hat. Es macht mich schaudern, wenn ich sehe, wie Menschen, die keine Christen sind, die Verheißungen für sich in Anspruch nehmen, die für Gläubige bestimmt sind. „Glaubst du von ganzem Herzen“, so magst du Honig aus den Verheißungen saugen; wenn du aber nicht glaubst, so werden dir deine frommen Eltern am letzten großen Tage keinen Vorteil gewähren und jetzt ebensowenig, denn der Zorn Gottes bleibt auf dir, weil du nicht glaubst an Seinen Sohn Jesum Christum, den Er als den einen und alleinigen Heiland der Sünder in die Welt gesandt hat.
Legt denn die Hand aufs Herz, meine lieben Brüder und Schwestern, und forscht und seht, ob ihr wirklich persönlich für euch glaubt. Nehmt an, der Kämmerer hätte geantwortet: „Ich selbst glaube nicht an Jesum, aber mein Vater und meine Mutter haben es getan,“ so würde Philippus erwidert haben: „Deren Glaube kann dir nichts nützen; nur wenn du „von ganzem Herzen“ glaubst, magst du getauft werden.“ Religion ist eine persönliche Sache, die Verordnungen Christi müssen von Gläubigen je nach ihrer persönlichen Stellung in Ihm beobachtet werden. Glaubst du an den Sohn Gottes? Wenn das nicht der Fall ist, können wir dich nicht in Seinen Namen taufen und dich nicht zur Gemeinschaft mit Seinem Volk zulassen.
II.
Beachtet sodann das große Vorerfordernis zur Taufe: „Glaubst du von ganzem Herzen, so“ magst du getauft werden.
Dies ist also die Frage, die ein jeder unter euch zu beantworten hat: Glaubst du an den Herrn Jesum Christum? „Nun,“ sagt der eine, „ich versuche, dem Meister zu dienen, so gut ich nur kann.“ Es freut mich, das zu hören, und wenn dein Dienst das Resultat des Glaubens an Christum ist, so preise ich Gott dafür; wenn er aber nicht auf Glauben basiert und nicht die Frucht des Glaubens ist, so ist er wertlos. Alles Dienen ungläubiger Menschen ist nur übertünchte Sünde. Es mag wie eine Tugend aussehen, aber es ist nicht echte Münze, sondern nur eine schlechte Nachahmung. Ich richte wieder die Frage an euch: „Glaubt ihr an den Herrn Jesum Christum?“
„Nun,“ sagt ein anderer, „ich nehme alle Lehren von der Gnade an, die mit der Vorherbestimmung beginnen und mit der Beharrlichkeit bis ans Ende aufhören; ich bin so orthodox, wie nur ein Gläubiger es sein kann.“ Das ist nicht genau, was ich von dir zu wissen wünschte. Der Glaube an Christum ist nicht die Annahme einer trockenen, toten Orthodoxie, nicht die Annahme eines Glaubensbekenntnisses oder irgendwelcher Form. Glauben heißt vertrauen, und in dem neutestamentlichen Sinne des Wortes glaubt kein Mensch wirklich, bis er dahin gebracht ist, Christo allein zu vertrauen und sich zu verlassen nicht auf das, was er sieht, noch auf das, was er ist, sondern auf das, was in Gottes Wort geoffenbart ist, nicht auf das, was er ist oder sein kann oder sein wird, noch auf das, was er tut oder tun kann, noch auf das, was er fühlt oder nicht fühlt, sondern sich zu verlassen einzig und allein auf das, was Christus getan hat, tut und noch tun wird. Nun, liebe Brüder und Schwestern, glaubt ihr so von ganzem Herzen an den Herrn Jesum Christum? Wenngleich ihr als Taufkandidaten gekleidet seid, bitte ich euch doch dringend, euch von dem Taufbassin zurückzuziehen, wenn ihr nicht an Christum glaubt.
Es sollte euer Bestreben sein, in eurer Taufe Gott zu gefallen; „aber ohne Glauben ist es unmöglich, Gott zu gefallen“. Wie kann das, was Ihm nicht gefällt, als die Beobachtung einer Seiner Verordnungen angesehen werden? Wenn du aber von ganzem Herzen glaubst, so magst du sie beobachten, und deine Befolgung wird Ihm angenehm sein. Wenn Christus der feste Pfeiler deiner Hoffnung, die einzige Stütze deines Vertrauens ist, wenn dein Glaube wirklich und wahrhaftig sagt: „Ich verlasse mich hinsichtlich meines Heiles auf nichts anderes als auf Jesum allein“, so komm und sei willkommen. „Komm herein, du Gesegneter des Herrn; warum stehst du draußen?“ Vor einigen Jahren kam ein Mann zu mir und wünschte getauft zu werden. Ich richtete die Frage an ihn: „Warum wünschen Sie das?“ Er antwortete: „Weil ich ein Christ werden möchte.“ „Aber,“ fragte ich, „denken Sie denn, dass die Taufe Sie zu einem Christen machen werde?“ „Jawohl,“ sagte er. „Dann“, erwiderte ich, „sind Sie aber sehr im Irrtum. Wir taufen niemand als solche, welche bekennen, durch den Glauben an Jesus bereits gerettet zu sein.“ Der Mann schien über diese Idee äußerst verdutzt, denn er hatte irgendwie den Gedanken in seinen Kopf aufgenommen, dass in der Verordnung selbst etwas Wirksames liegen müsse, und als ich versuchte, ihm zu erklären, dass die Heilige Schrift für einen solchen Gedanken gar keinen Anhalt biete und dass wir darum niemand taufen würden, welcher sich nicht bereits gerettet glaube, ging der Mann ganz verblüfft hinweg. Doch ich hoffe, dass er auch mit dem Entschluss wegging, sich ernste Fragen vorzulegen wie: „Wie kommt es, dass ich kein Christ bin? Wie geht es zu, dass ich kein Nachfolger Christi bin und dass der Prediger sich darum weigerte, mich zu taufen, und dass er in mich drang, zuerst nach dem Reiche Gottes und nach Seiner Gerechtigkeit zu trachten und mich danach, aber nicht vorher, taufen zu lassen?“ Gott verhüte, dass irgend jemand unter euch, teure Freunde, auch nur einen Augenblick annehme, dass in dem Wasser in jenem Bassin irgendwelche seligmachende Kraft liege! Was könnte es euch nützen, selbst wenn ihr im Jordanfluss getauft würdet? Und wenn das Taufwasser aus dem Garten Eden geflossen käme, so würde es doch die Flecken der Sünde nicht wegwaschen können; nichts anderes vermag das als Jesu Blut allein. Wer darin versenkt worden ist, kann auch in das Taufwasser versenkt werden; wer da glaubt, der möge sich taufen lassen. Wenn du nicht glaubst, so tritt zurück; wenn du aber glaubst, so komm und bekenne deinen Glauben, wie dein Herr es verordnet hat. Wenn du nicht glaubst, so hüte dich wohl, dass du deine eigene Seele nicht dadurch verdirbst, dass du dich mit einer Anordnung befassest, die in deinem gegenwärtigen Zustand nicht für dich da ist.
III.
Und nun beachtet drittens die hier erwähnte Art des Glaubens: „Glaubst du von ganzem Herzen?“
Zwischen Glauben und Glauben ist ein sehr großer Unterschied. Eine Art des Glaubens ist der Kopfglaube, eine andere der Glaube des Herzens. Manche Leute haben alle ihre Religion in ihrem Kopf; gleich armen, dürftigen und elenden Studenten beschränken sie ihre Religion auf ihren Kopf und lassen sie sich nähren von trockenen Gedanken und müßigen Spekulationen; aber der Glaube des wahren Christen nimmt die gute Stube des Herzens für sich ein. Er hat seine Zitadelle in dem innersten Teile seines Wesens und ist in seiner innersten Seele zu Hause.
Einen Kopfglauben hat selbst der Teufel; er glaubt und zittert. Er ist so orthodox wie viele sehr gelehrte Theologen; soweit es die bloße Aufstellung der Theologie betrifft, traue ich dem Teufel zu, dass er ein Glaubensbekenntnis entwerfen könnte. Ich glaube, dass er über Gottes Worte besser unterrichtet ist als die meisten unter uns. Wenngleich er außerordentlich gewandt ist, sie zu seinen eigenen Zwecken falsch anzuwenden, kann er sie doch auch ganz korrekt zitieren, wenn es ihm so passt. Doch der Teufel hasst viel von dem, was er mit seinem Kopfe glaubt. Da ist zum Beispiel die Lehre von der Erwählung. „Ich kann die Wahrheit dieser Lehre nicht leugnen,“ sagt er, „aber ich hasse sie, denn ich weiß, dass ich zu den Erwählten nicht gehöre.“ Dasselbe ist der Fall bei der Erlösung; der Teufel sagt: „Ich hasse diese Lehre. Ich weiß, dass Christus Sein Volk mit Seinem Blute erlöst hat, aber ich gehöre nicht zu ihnen. Das Kreuz Christi ist herrlich, und ich kann nicht umhin, seine Kraft anzuerkennen, denn ich habe sie oft empfunden und werde sie mehr und mehr empfinden, aber ich hasse das Kreuz, denn es erdrückt mich und entreißt mir ganze Scharen meiner Untertanen. Ich weiß, dass Jesus der Sohn Gottes ist; ich wünschte, Er wäre es nicht, und wenn ich könnte, möchte ich Ihn von Seinem Thron herunterreißen und aus Seinem Reiche verbannen.“ So seht ihr, dass der Teufel mit seinem Kopf vieles glaubt, das er von Herzen hasst.
Der Glaube an Christum ist niemals echt, wenn er nicht der Glaube des Herzens ist, wenn ihm nicht das Herz ebenso wie der Kopf seine Zustimmung gibt, wenn die Wahrheit nicht nur geglaubt, sondern auch geliebt wird. Glaubt ihr die Wahrheit von Herzen, liebe Freunde? Seid ihr nicht nur von ihr überzeugt, sondern ist sie auch eure Wonne und Freude? Wisst ihr, dass ihr Sünder seid, und trauert ihr über diese betrübende Tatsache? Kennt ihr diese Wahrheit aus Erfahrung? Kennt ihr Christum auch als euren Heiland? Habt ihr Ihn als einen Besitz von unendlicher Wichtigkeit für euch in euer Herz aufgenommen? Wisst ihr Seine Gegenwart zu schätzen und freut ihr euch, Ihn stets bei euch zu haben? Wisst ihr, dass Jesu Blut die Sünden tilgt? Habt ihr erfahren, dass eure Sünden getilgt worden sind? Glaubt ihr in euren Herzen, dass der Heilige Geist Der ist, der da heiligt? Glaubt ihr diese Wahrheit von Herzen und betet ihr deshalb: „Herr, erneuere und heilige mich durch Deinen guten Geist am inwendigen Menschen!“? Wenn nicht, dann berechtigt euch der Glaube, den ihr haben mögt, nicht zur Taufe, noch viel weniger zum Himmel, und tretet darum zurück. Wenn allein dein Kopf voll ist von dem, was gesund und recht und wahr ist, und wenn dein Herz leer ist vom Glauben an Christum und von der Liebe zu Gott und zu Seiner Wahrheit, so tritt von dem Taufbassin zurück, denn du darfst da nicht eindringen, wo allein Christi Nachfolger hingehören. Philippus sagte zu dem Kämmerer: Glaubst du von ganzem Herzen, so magst du getauft werden. Ich fürchte, dass manche in jenem Bassin getauft worden sind, welche nicht von ganzem Herzen glaubten. Sie sagten das zwar, aber ich bezweifle, dass es von allen auch wirklich wahr war. Und, Geliebte, wenn wir uns ehrlich selbst prüfen, werden manche unter uns ernste Ursache haben, uns zu fragen, ob wir irgendwelches Recht an die Verordnung der Taufe der Gläubigen haben. Freund, glaubst du von ganzem Herzen an Christus? Christus will dein ganzes Herz oder überhaupt nichts haben; Er wird nie damit zufrieden sein, einen Teil davon zu haben und dem Teufel das übrige zu lassen. Ihr Taufkandidaten, könnt ihr von Herzen sagen, dass ihr alles für Christum aufgebt? Könnt ihr alles - Leben, Leib, Seele, Gesundheit, Habe oder Gabe -, könnt ihr Christo alles übergeben? Wenn ihr es nicht könnt, so glaubt ihr nicht von ganzem Herzen an Ihn, dann ist etwas da, das ihr zurückhaltet. Wenn ihr von ganzem Herzen glaubt, dann werdet ihr das ganze Herz übergeben.
Beachtet noch eine andere Seite des Textes. Habt ihr außer dem Vertrauen auf Christum noch irgendwelches andere Vertrauen? Ist da hinsichtlich des Heiles in euren Herzen noch ein wenig Selbstvertrauen oder etwas Vertrauen auf eure guten Werke oder auf irgendwelche Zeremonien, die ihr beobachten könnt? Dann muss ich euch sagen: Tretet vom Taufbassin zurück, bis ihr von ganzem Herzen an Christum glaubt und zu Ihm sagen könnt:
„Mein ganzes Vertrauen auf Dich ist gerichtet,
Von Dir ich allein meine Hilfe bezieh'.“
Wenn ihr das vertrauensvoll sagen könnt, so kommt und seid willkommen, wenn nicht, so tretet zurück. Hier kann ich Trost für mich finden, denn was ich sonst auch nicht sagen kann - ich kann in Wahrheit sagen, dass ich von ganzem Herzen an Jesum glaube; ich habe nichts anderes, darauf ich irgendwelches Vertrauen setze. Andere mögen sich auf ihre guten Werke verlassen, ich habe keine, darauf ich mich verlassen könnte. Manche mögen sich auf ihre Gebete verlassen, ich habe darüber zu weinen, dass die meinen so wenige sind und dass diese so schwach sind. Manche mögen sich auf Zeremonien verlassen, ich habe oft erlebt, wie nutzlos selbst die besten derselben sind, meine Stütze muss einzig und allein Christus sein. Meine eigene Kraft ist vollkommene Schwachheit; ich kann mich weder auf sie noch auf irgend etwas anderes verlassen, als auf Christum allein. Könnt ihr dasselbe sagen, liebe Brüder und Schwestern? Dann mögt ihr ohne Furcht hinabsteigen in das Wasser; aber wenn ihr nicht von ganzem Herzen glaubt, so tretet vom Taufbassin zurück.
Indem ich meine Rede schließe, möchte ich allen meinen Zuhörern sehr herzlich diese Frage vorlegen und es dem Heiligen Geist anheimstellen, sie eurem Herzen nahezubringen: Geht aus dieser Stelle nicht deutlich hervor, dass der Glaube vor der Taufe notwendig ist und dass, wenn der Kämmerer nicht an Jesum geglaubt hätte, Philippus ihn nicht getauft haben würde? „Als mit den Klugen rede ich; richtet ihr, was ich sage.“ Die ihr Ungläubige seid, wagt es nicht, anzunehmen, dass ihr in eurem gegenwärtigen Zustand nach biblischer Weise getauft werden könnt; wenn ihr aber zu den Gläubigen gehört und noch nicht getauft worden seid, so lasst mich an euer Gewissen die Frage richten, ob ihr meint, in der Vernachlässigung dieser Verordnung Christi richtig gehandelt zu haben. Dies ist eine Sache, die ernstlich durchdacht werden sollte; sie liegt zwischen eurem Heiland und eurer Seele. Ich bitte den Herrn, dass Er euch zu einer rechten Entscheidung bringe. Möchte Er uns berichtigen, wenn wir im Unrecht sind, und möchte Er euch zurechtbringen, wenn ihr unrecht seid! Das Gebet eines gewissen Gelehrten war ein sehr weises Gebet, und ich möchte es euch empfehlen. Bei einem großen Wortkampf, in welchen er verflochten war, bemerkte man, dass er häufig Notizen machte, und einer sagte zu ihm: „Darf ich mir Ihre niedergeschriebenen Notizen ansehen?“ „Gewiss,“ erwiderte er. Als man auf sein Papier blickte, fand sichs, dass sämtliche Notizen in den Worten bestanden: „Mehr Licht, Herr, mehr Licht! „Ich denke, das ist eine Bitte, welche sich für viele unserer Brüder und gewiss auch für uns eignet. Wir sollten flehen: „Mehr Licht, Herr, mehr Licht!“ Amen.