Spurgeon, Charles Haddon - Satan hat acht auf die Heiligen.

Spurgeon, Charles Haddon - Satan hat acht auf die Heiligen.

“Der Herr sprach zum Satan: Hast du nicht acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“
Hiob 1, 8.
„Hast du meinen Knecht Hiob angesehen?“ (Engl. Übers.)

Wie sehr ungewiss ist alles Irdische! Wie töricht würde der Gläubige sein, der seine Schätze anderswo sammeln wollte, als im Himmel! Hiobs Glück versprach so viel Dauerhaftigkeit, wie nur etwas unter dem Mond haben kann. Der Mann hatte um sich her einen großen Haushalt von Zweifelsohne ergebenen und anhänglichen Dienern. Er hatte Reichtümer aufgehäuft von einer Art, die nicht plötzlich im Werte sinkt. Er hatte Rinder und Esel und Schafe. Er brauchte nicht auf Märkte und Messen zu ziehen und mit seinen Gütern zu handeln, um sich Nahrung und Kleidung zu verschaffen, denn er betrieb den Ackerbau in sehr großem Maßstab um seine Wohnstätte herum und baute wahrscheinlich auf seinem eignen Besitztum alles, dessen sein Haushalt bedurfte. Seine Kinder waren zahlreich genug, um eine lange Reihe Nachkommen zu verheißen. Seinem Glück tat nichts zur Befestigung not. Er hatte die Zeit der Flut erreicht: wo gab es da etwas, das eine Ebbe herbeiführen konnte?

Droben, über den Wolken, wohin kein menschliches Auge blicken konnte, dort ging ein Auftritt vor, der nichts Gutes für Hiobs Glück bedeutete. Der Geist des Bösen stand dem unendlichen Geiste alles Guten von Angesicht zu Angesicht gegenüber. Ein außergewöhnliches Gespräch fand zwischen diesen beiden Wesen statt. Als er von seinem Thun Rechenschaft ablegen sollte, prahlte der Böse damit, dass er das Land umher durchzogen hätte, und deutete damit an, dass er kein Hindernis für seinen Willen angetroffen und niemand gefunden hätte, der sich ihm widersetze, wenn er sich frei bewegte und nach eigenem Gefallen handelte. Er war überall umhergezogen wie ein König in seinem eignen Gebiete, ungehindert und ungehemmt. Als der große Gott ihn daran erinnerte, dass es wenigstens einen Ort unter den Menschen gab, wo er nicht Fuß gefasst und wo seine Macht nicht anerkannt ward, nämlich in dem Herzen Hiobs; dass ein Mann war, der dastand wie ein uneinnehmbares Schloss, das durch Lauterkeit beschützt und mit vollkommener Treue als Besitz des Himmelkönigs bewahrt wurde; da forderte der Böse Jehovah heraus, die Treue Hiobs zu prüfen, und sagte Ihm, dass des Patriarchen Lauterkeit ihren Grund in seinem Wohlstande habe, dass er Gott diene und das Böse meide aus schlechten Gründen, weil er dies Verhalten vorteilhaft für sich selber finde. Der Gott des Himmels nahm die Herausforderung des Bösen an und gab ihm Erlaubnis, alle Güter hinwegzunehmen, von denen er behauptete, dass sie die Stützen der Lauterkeit Hiobs seien, alle Außenwerke und Strebepfeiler niederzureißen, und zu sehen, ob der Turm nicht ohne sie in eigner, ihm innewohnender Stärke stehen würde. Infolge davon schwand aller Reichtum Hiobs an einem schwarzen Tage dahin, und nicht einmal ein Kind blieb übrig, ihm Trost zuzuflüstern. Eine zweite Begegnung zwischen dem Herrn und seinem gefallenen Engel fand statt. Hiob war wiederum der Gegenstand des Gespräches; und der Allmächtige, von Satan herausgefordert, erlaubte diesem sogar, sein Gebein und Fleisch anzutasten, bis der Fürst schlimmer daran war als ein Bettler, und der, welcher reich und glücklich gewesen, arm und elend wurde, voll Krankheit von der Fußsohle bis zum Scheitel, und schabte sich mit einem elenden Scherben, um eine geringe Erleichterung seiner Schmerzen zu finden.

Lasst uns hierin die Veränderlichkeit aller irdischen Dinge sehen. „Er hat sie auf den Fluten gegründet,“ ist Davids Beschreibung von dieser Erde; und wenn sie aus den Fluten gegründet ist, könnt ihr euch da wundern, dass sie oft wechselt? Setzt nicht euer Vertrauen auf irgend etwas unter den Sternen: gedenkt daran, dass „Wechsel“ auf der Stirn der Natur geschrieben steht. Sprecht deshalb nicht: „Mein Berg stehet fest; er wird nimmermehr bewegt werden;“ der Blick vom Auge Jehovahs kann deinen Berg in Staub wandeln, das Anrühren seines Fußes kann ihn machen wie den Sinai, dass er wie Wachs schmilzt und ganz in Rauch gehüllt ist. „Suchet, was da droben ist, da Christus ist, sitzend zur Rechten Gottes,“ und lasst euer Herz und euren Schatz sein, „wo weder Motten noch Rost fressen, und wo Diebe nicht nachgraben, noch stehlen.“ Die Worte Bernhards mögen uns hier unterweisen: „Das ist die wahre und größte Freude, die nicht aus dem Geschöpf genommen, sondern vom Schöpfer empfangen wird, die (wenn du sie einmal besitzest) niemand von dir nehmen kann: im Vergleich mit welcher alles andre Vergnügen Qual ist, alle Freude Schmerz ist, Süßes bitter, alle Herrlichkeit niedrig und alles Ergötzliche verächtlich ist.“

Dies ist indes nicht unser Thema heute morgen. Nehmt dieses nur an als bloße Einleitung zu unserer eigentlichen Rede. Der Herr spricht zum Satan: „Hast du nicht acht gehabt auf meinen Knecht Hiob?“ Lasst uns darüber nachdenken, zuerst, in welchem Sinne es von dem bösen Geiste heißen kann, dass er auf das Volk Gottes acht hat; zweitens, lasst uns bemerken, was es ist, auf das er bei ihnen acht hat; und dann drittens, wollen wir uns trösten durch den Gedanken, dass einer, der weit über Satan steht, in einem höheren Sinne auf uns acht hat.

I.

Zuerst also, in welchem Sinne kann von Satan gesagt werden, dass er auf das Volk Gottes acht hat? Gewiss, nicht in der gewöhnlichen, biblischen Bedeutung des Wortes „acht haben.“ „O Herr, habe acht auf mein Elend.“ „Wohl dem, der acht hat auf den Armen.“ (Engl. Übers.) Solches Achthaben schließt einen guten Willen ein und sorgfältige Prüfung dessen, der eine Wohltat empfangen soll zum Zwecke einer weisen Verteilung der Gaben. In diesem Sinne hat Satan nie auf jemanden acht. Wenn er irgend ein Wohlwollen hat, muss es für sich selber sein; all sein Achthaben auf andre Geschöpfe ist sehr übelwollender Art. Kein meteorartiges Aufleuchten von etwas Gutem zuckte durch die schwarze Mitternacht seiner Seele. Er hat auch nicht acht auf uns so, wie wir auf die Werke Gottes acht haben sollen, d. h. um daraus Belehrung über Gottes Weisheit, Liebe und Freundlichkeit zu schöpfen. Er ehrt Gott nicht um deswillen, was er in seinen Werken oder in seinem Volk sieht. Bei ihm heißt es nicht: „Gehe zur Ameise, habe acht auf ihre Wege und sei weise,“ sondern er geht zu dem Christen und hat acht auf seine Wege und wird noch törichter, der Feind Gottes, als er es zuvor schon war. Die Art, wie Satan auf Gottes Heilige acht hat, ist so: Er sieht sie mit Verwunderung an, wenn er den Unterschied zwischen ihnen und sich selber betrachtet. Ein Verräter kann, wenn er die gründliche Schändlichkeit und die Schwärze seines eignen Herzens kennt, nicht umhin, zu staunen, wenn er gezwungen ist, zu glauben, dass ein andrer Mensch treu ist. Die erste Zuflucht eines verräterischen Herzens ist die, anzunehmen, dass alle Menschen gern eben so verräterisch sein möchten und im Grunde wirklich so sind. Der Verräter meint, dass alle Verräter, gleich ihm selber, sein oder sein würden, wenn dies sich besser bezahlte als Treue. Wenn Satan den Christen ansieht und ihn Gott und seiner Wahrheit treu findet, so hat er acht auf ihn, wie wir auf ein Phänomen acht haben würden — vielleicht verachtet er ihn um seiner Torheit willen, aber doch staunt er und wundert sich, wie dieser so handeln kann. „Ich,“ scheint er zu sagen, „ein Fürst, einer von den Großen im Parlamente Gottes, wollte meinen Willen nicht Jehovah unterwerfen: ich hielt es für besser, in der Hölle zu herrschen, als im Himmel zu dienen: ich behielt nicht mein Fürstentum, sondern fiel von meinem Thron: wie ist es, dass diese stehen? Welche Gnade ist es, die diese erhält? Ich war ein Gefäß von Gold und wurde dennoch zerbrochen; diese sind irdene Gefäße, aber ich kann sie nicht zerbrechen. Ich konnte nicht in meiner Herrlichkeit stehen — was kann die unvergleichliche Gnade sein, die sie in ihrer Armut, ihrer Dunkelheit, ihrer Verfolgung aufrecht hält, stets dem Gott treu, der sie nicht segnet und erhöht, wie Er es bei mir getan!“ Es mag sein, dass er sich auch wundert, dass sie glücklich sind. Er fühlt in seinem Innern ein siedendes Meer von Elend. Es ist ein unermesslicher Abgrund von Angst in seiner Seele, und wenn er auf die Gläubigen blickt, so sieht er sie ruhig in ihrem Gemüt, voll Frieden und Glück, und oft ohne äußere Trostesmittel dennoch voll Freude und Herrlichkeit. Er geht auf und nieder durch die Welt und besitzt große Macht, und es mögen ihm viele Söldner dienen, doch hat er nicht das innere Glück, das jene niedere, unbekannte Hüttenbewohnerin besitzt, die auf dem Siechbett liegt und keine Mägde hat, ihr zu dienen. Er bewundert und hasst den Frieden, der in des Gläubigen Seele herrscht.

Seine Beachtung mag noch weiter gehen. Denkt ihr nicht, dass er acht auf sie hat, um, wo möglich, Schwächen und Fehler an ihnen zu entdecken, die ihm zu seinem Tröste dienen? „Sie sind nicht rein,“ sagte er — „diese Blut-Erkauften — diese vor der Gründung der Welt Erwählten — sie sündigen immer noch! Diese von Gott als Kinder Angenommenen, für die sein glorreicher Sohn das Haupt neigte und den Geist aufgab! — sogar sie übertreten!“ Wie muss er über die geheimen Sünden der Kinder Gottes kichern mit solcher Freude, wie er sie zu fühlen vermag, und wenn er in ihnen irgend etwas sehen kann, das mit ihrem Bekenntnis im Widerspruch steht, irgend etwas, was betrügerisch scheint und ihm selber gleicht, so ist er froh. Jede Sünde, die in eines Gläubigen Herzen geboren wird, ruft ihm zu: „Mein Vater! mein Vater!“ und er fühlt etwas wie die Freude der Vaterschaft, wenn er seinen faulen Sprössling erblickt. Er sieht auf den „alten Menschen“ im Christen und bewundert die Zähigkeit, mit der er seinen Besitz behauptet, die Kraft und Heftigkeit, womit er um die Herrschaft ringt, die List und Schlauheit, womit er je dann und wann, in bestimmten Zwischenräumen, bei passenden Gelegenheiten, all seine Stärke aufbietet. Er hat acht auf unser sündiges Fleisch und macht es zu einem von den Büchern, die er fleißig liest. Einer der erfreulichsten Anblicke, das bezweifle ich nicht, worauf des Teufels Auge je ruht, ist die Unbeständigkeit und die Unreinheit, die er in einem wahren Kinde Gottes entdecken kann. In dieser Hinsicht hatte er sehr wenig an Gottes echtem Knechte, Hiob, zu beachten.

Dies ist aber nicht alles, sondern eher nur der Anfangspunkt seines Achthabens. Wir zweifeln nicht, dass er des Herrn Volk, und besonders die Hervorragenden und Trefflicheren unter demselben als die großen Schranken für den Fortschritt seines Reiches betrachtet; und gerade wie der Ingenieur, der eine Eisenbahn anlegen will, seine Augen sehr auf die Hügel und Flüsse richtet und besonders auf den großen Berg, der ihm jahrelange Arbeit verursachen wird, wenn er einen Tunnel durch denselben bohren muss, so hat der Satan, wenn er die verschiedenen Pläne betrachtet, um seine Herrschaft in der Welt fortzuführen, am meisten acht auf solche Männer, wie Hiob. Satan muss viel an Martin Luther gedacht haben. „Ich könnte die ganze Welt unter meine Füße treten,“ sagt er, „wenn dieser Mönch nicht wäre. Er steht mir im Wege. Dieser Starrkopf hasst meinen erstgeborenen Sohn, den Papst, und bläut ihn durch. Wenn ich ihn los werden könnte, so würde ich mich nicht um fünfzigtausend kleinere Heilige kümmern, die mir im Wege ständen.“ Er hat sicher acht auf Gottes Knecht, wenn „seinesgleichen nicht ist,“ wenn er deutlich und von seinen Gefährten geschieden eine hervorragende Stellung einnimmt. Diejenigen unter uns, die zum Predigtamt berufen sind, müssen um dieser Stellung willen erwarten, die besonderen Gegenstände seiner Beachtung zu sein. Wenn jener schreckliche Krieger das Glas ans Auge hält, so sucht er sicher nach denen, die an ihrer Uniform als Offiziere erkannt werden, und er heißt seine Scharfschützen, ja auf diese zielen, „denn,“ sagt er, „wenn der Bannerträger fällt, so wird der Sieg leichter auf unserer Seite gewonnen und unsre Gegner leichter in die Flucht geschlagen werden.“ Wenn ihr freigebiger als andre Heilige seid, wenn ihr mehr in Gottes Nähe lebt als andre, — wie die Vögel die reifsten Früchte anpicken, so könnt ihr auch erwarten, dass Satan am geschäftigsten bei euch sein wird. Wer mag sich um eine Provinz streiten, die mit Steinen und unfruchtbaren Felsen bedeckt zwischen Eismeeren eingefroren ist? Aber zu allen Zeiten ist immer Streit um die fetten Täler, wo die Weizengarben reichlich sind und des Landmanns Arbeit wohl belohnt wird, und so wird der Satan um euch, die ihr Gott am meisten ehrt, ernstlich kämpfen. Er will Gottes Juwelen aus seiner Krone reißen, wenn er kann, und des Erlösers Edelsteine sogar aus seinem Brustschild hinweg nehmen. Er hat also acht auf die Kinder Gottes; da er sie als Hindernisse für seine Herrschaft betrachtet, so ersinnt er Methoden, wie er sie aus dem Wege räumen oder zu seinem eignen Vorteil benutzen kann. Finsternis würde die Erde bedecken, wenn er die Lichter ausblasen könnte; es würde keine Frucht da sein, die bebte wie Libanon, wenn er jene Handvoll Korn auf dem Gipfel der Berge zerstören könnte; daher hat er beständig acht darauf, wie er die Treuen unter den Menschen zum Fallen bringen kann.

Man braucht nicht viel Weisheit, um wahrzunehmen, dass der große Zweck Satans, wenn er acht auf die Kinder Gottes hat, der ist, ihnen Schaden zu tun. Ich denke kaum, dass er hofft, die wirklich erwählten und mit Blut erkauften Erben des Lebens wirklich ins Verderben zu stürzen. Ich stelle mir vor, dass er ein zu guter Theologe dazu ist. Er ist so oft zu schanden geworden, wenn er Gottes Volk angegriffen hat, dass er sich kaum für fähig halten kann, die Erwählten zu verderben, denn ihr erinnert euch wohl, die Wahrsager, die ihm sehr nahe verwandt sind, sprachen zu Haman: „Ist Mardachai vom Samen der Juden, vor dem du zu fallen angehoben hast, so vermagst du nichts an ihm, sondern wirst vor ihm fallen.“ Er weiß gut genug, dass ein königlicher Same in dem Lande ist, gegen den er vergebens kämpft; und ich meine, wenn er ganz gewiss sein könnte, dass eine Seele von Gott erwählt sei, so würde er kaum seine Zeit damit vergeuden, dass er sich bemühte, sie ins Verderben zu bringen, wenn er auch suchte, sie zu quälen und zu schänden.

Es ist indes höchst wahrscheinlich, dass Satan nicht mehr davon weiß, wer die Erwählten Gottes sind, als wir, denn er kann auch nur nach äußeren Handlungen urteilen, obgleich er sich ein genaueres Urteil als wir bilden kann durch seine längere Erfahrung und dadurch, dass er imstande ist, die Menschen im Verborgenen zu sehen, wohin wir nicht eindringen können; doch in Gottes Buch der geheimen Ratschlüsse kann sein schwarzes Auge nie blicken. An ihren Früchten erkennt er sie, und wir erkennen sie in derselben Weise. Da wir indessen uns oft in unsrem Urteil irren, so mag er es auch tun; und es scheint mir, dass seine Politik deshalb dahin geht, sie alle zu verderben — da er nicht weiß, bei wem es ihm gelingen mag. Er geht umher und sucht, welchen er verschlingen möge, und da er nicht weiß, wen er hinunterschlucken darf, so greift er alle Kinder Gottes mit Heftigkeit an.

Jemand sagt: „Wie kann ein Teufel dies tun?“ Er tut es nicht ganz allein. Ich weiß nicht, ob viele von uns je direkt vom Satan versucht worden sind: wir sind vielleicht nicht hervorragend genug, um seiner Mühe wert zu sein; aber er hat ein ganzes Heer von niederen Geistern unter seiner Oberherrschaft und Aufsicht, und wie der Hauptmann es von sich selbst sagte, so hätte er vom Satan sagen können: „Er spricht zu diesem Geiste: tue dies, so tut ers, und zu seinem Knechte: gehe hin, so geht er hin.“ So werden alle Knechte Gottes mehr oder minder die direkten oder indirekten Angriffe Satans zu erleiden haben, und das mit der Absicht, sie ins Verderben zu stürzen; denn er würde, wo es möglich wäre, selbst die Auserwählten verführen. Wo er nicht verderben kann, da ist es unzweifelhaft sein Zweck, zu quälen. Er sieht Gottes Kinder nicht gern glücklich. Ich glaube, der Teufel hat große Freude an einigen Pastoren, deren Predigt die Tendenz hat, Zweifel und Befürchtungen, Kummer und Verzagtheit als Beweise der Gotteskindschaft zu mehren und zu nähren. „Ah,“ sagt der Teufel, „predige nur weiter; du tust meine Arbeit gut, denn ich Mag Gottes Kinder gern traurig sehen. Wenn ich machen kann, dass sie ihre Harfen an die Weiden hängen und mit kummervollen Gesichtern umhergehen, so halte ich dafür, dass ich mein Werk sehr vollständig getan habe.“ Meine lieben Freunde, lasst uns auf der Hut sein vor jenen gut scheinenden Versuchungen, die vorgeben, uns demütig zu machen, in Wahrheit aber darauf abzielen, uns ungläubig zu machen. Unser Gott hat keine Freude an unsrem Argwohn und Misstrauen. Seht, wie Er seine Liebe in der Gabe seines teuren Sohnes Jesu beweiset. Verbannt also alle schlimmen Mutmaßungen und erfreut euch einer unerschütterlichen Zuversicht. Gott will gern mit Freuden verehrt werden. „Kommt herzu, lasst uns dem Herrn frohlocken und jauchzen dem Hort unsres Heils. Lasst uns mit Danken vor sein Angesicht kommen und mit Psalmen Ihm jauchzen.“ „Freut euch des Herrn, ihr Gerechten; die Gerechten sollen Ihn schon preisen.“ „Freut euch in dem Herrn allewege, und abermal sage ich: Freut euch.“ Satan liebt dies nicht. Martin Luther pflegte zu sagen: „Lasst uns Psalmen singen und den Teufel ärgern,“ und ich zweifle nicht daran, dass Martin Luther darin so ziemlich recht hatte; denn jener Liebhaber der Zwietracht hasst harmonisches, freudiges Lobsingen. Geliebter Bruder, der Erzfeind will dich hienieden elend machen, wenn er dich jenseits nicht haben kann; und damit will er zweifelsohne einen Streich auf die Ehre Gottes führen. Er weiß gut genug, dass traurige Christen oft der Treue Gottes Unehre antun, indem sie ihr misstrauen, und er denkt, wenn er uns quälen kann, bis wir nicht mehr an die Beständigkeit und Güte des Herrn glauben, so hat er Gott um sein Lob gebracht. „Wer Lob opfert, der ehret mich,“ sagt Gott; deshalb legt Satan die Axt an die Wurzel unsres Lobes, damit Gott nicht mehr geehrt werde.

Überdies, wenn Satan einen Christen auch nicht ins ewige Verderben bringen kann, wie oft hat er seine Wirksamkeit zu Grunde gerichtet? Mancher Gläubige ist gefallen, er hat nicht den Hals gebrochen — das ist unmöglich — aber er hat irgend einen wichtigen Knochen gebrochen und ist hinkend zu seinem Grabe gegangen. Wir denken mit Schmerzen an einige Männer zurück, die einst in den Reihen der Kirche hervorragten, die „fein liefen,“ aber plötzlich, in einer schweren Versuchung, fielen sie in Sünde, und ihre Namen wurden niemals wieder in der Kirche anders als mit verhaltenem Atem genannt. Jedermann dachte und hoffte, dass sie selig würden, so doch als durchs Feuer, aber sicherlich konnte ihre frühere Wirksamkeit nicht wieder zurückkehren. Es ist sehr leicht, auf der himmlischen Pilgerreise rückwärts zu gehen, aber es ist nicht so leicht, die Schritte wieder umzulenken. Ihr könnt bald vom Wege weichen und euer Licht auslöschen, aber ihr könnt es nicht ganz so rasch wieder anzünden. Freund, Geliebter in dem Herrn, wache gegen die Angriffe des Satans und stehe fest, weil du als ein Pfeiler in dem Hause Gottes uns sehr teuer bist und wir dich nicht entbehren können. Als einen Vater oder als eine Matrone ehren wir dich und o! — wir möchten nicht zu trauern und zu klagen haben — wir wünschen nicht betrübt zu werden dadurch, dass wir den Jubel unserer Gegner hören, wenn sie rufen: „Aha! Aha! so wollten wir es haben,“ denn ach! es sind viele Dinge in unsrem Zion getan, von denen wir nicht wünschen, dass man sie in Gath sage oder sie auf der Gasse zu Askalon verkündige, dass sich nicht freuen die Töchter der Philister, und nicht frohlocken die Töchter der Unbeschnittenen. O, möge Gott uns als einer Gemeinde die Gnade geben, der List Satans und seinen Angriffen zu widerstehen, dass er, wenn er sein Ärgstes getan, keinen Vorteil über uns gewinnet, und nachdem er acht auf uns gehabt und wieder acht, und all unsre Türme und Bollwerke gut gezählt, doch gezwungen ist, sich zurückzuziehen, weil seine Sturmböcke nicht einmal einen Stein aus unsren Mauern herausrütteln können, und seine Schlingen keinen einzigen Soldaten auf den Wällen zu töten vermögen.

Ehe ich diesen Punkt verlasse, möchte ich noch sagen, dass man vielleicht entgegnen wird: „Wie ist es, dass Gott dieses beständige und böswillige Achthaben auf sein Volk von Seiten des Bösen zugibt?“ Eine Antwort ist ohne Zweifel, dass Gott weiß, was zu seiner Ehre dient, und dass Er keine Rechenschaft von seinen Sachen ablegt; dass es, nachdem Er freien Willen verstauet und aus einem geheimnisvollen Grunde die Existenz des Bösen zugelassen hat, mit diesem seinem Thun nicht vereinbar scheint, den Satan zu vernichten, Er gibt im Gegenteil ihm Macht, so dass es ein ehrlicher Kampf Mann gegen Mann zwischen Sünde und Heiligkeit, zwischen Gnade und List ist. Außerdem sei daran erinnert, dass die Versuchungen Satans ohne seine Absicht dem Volk Gottes von Nutzen sind; Fenelon sagt, sie sind die Feile, die viel von dem Rost des Selbstvertrauens abreibt, und ich will hinzufügen, sie sind der furchtbare Ton in dem Ohr des Wachtpostens, der ihn sicher wach halten wird. Ein erfahrungsreicher Theologe bemerkt, dass es keine Versuchung in der Welt gibt, die so schlimm ist, als die: gar nicht versucht zu werden; denn versucht werden, wird dienen, uns wach zu halten: während wir ohne Versuchung, da Fleisch und Blut schwach sind, ob auch der Geist willig ist, doch in Schlummer fallen können. Kinder laufen nicht von ihres Vaters Seite weg, wenn große Hunde sie anbellen. Das Heulen des Teufels mag uns auf unsrem Wachtturm halten und das Mittel zur Bewahrung vor andren Übeln sein. Lasst uns nüchtern sein und wachen, denn unser Widersacher, der Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe und sucht, welchen er verschlinge; und dann gestattet uns, die wir in den Vorderreihen stehen, euch warm eine ernste Bitte ans Herz zu legen, nämlich die: „Brüder, betet für uns,“ damit wir, die wir der Beachtung des Satans besonders ausgesetzt sind, von der göttlichen Macht behütet werden. Lasst uns durch eure Gebete reich gemacht werden, auf dass wir bis ans Ende bewahret bleiben.

II.

Was ist es, worauf Satan acht hat bei der Absicht, dem Volk Gottes zu schaden?

Es kann von ihm nicht gesagt werden wie von Gott, dass er uns ganz und gar kennt, aber da er nun fast sechstausend Jahre mit der armen, gefallenen Menschheit verkehrt, muss er sich in dieser Zeit eine sehr große Erfahrung erworben haben, und da er auf der ganzen Erde gewesen ist und die Höchsten und die Niedrigsten versucht hat, muss er außerordentlich gut wissen, was die Triebfedern menschlichen Handelns sind, und wie er auf sie einzuwirken hat. Der Satan beobachtet und hat acht zuerst vor allem auf unsre besonderen Schwächen. Er sieht uns von oben bis unten an, gerade wie ich einen Rosshändler es mit einem Rosse habe tun sehen; und er findet bald heraus, worin wir fehlerhaft sind. Ich, ein gewöhnlicher Beobachter, mag das Pferd für ein ungemein gutes halten, wenn ich es die Straße auf- und abrennen sehe, aber der Händler sieht, was ich nicht wahrnehmen kann und versteht, das Tier gerade an solchen Teilen und an solchen Punkten zu fassen, dass er bald einen geheimen Fehler entdeckt. Satan versteht uns anzublicken und uns vom Kopf bis zum Fuß zu berechnen, so dass er von diesem Manne sagt: „Seine Schwachheit ist die Lust,“ und von jenem: „Er ist heftiger Natur,“ und von einem andren: „Er ist stolz,“ und von einem vierten: „Er ist träge.“ Das Auge der Bosheit nimmt sehr rasch eine Schwäche wahr, und die Hand der Feindschaft macht sich dieselbe bald zu nutze. Wenn der Erzspion eine schwache Stelle in der Mauer unsres Schlosses findet, so trägt er Sorge, seinen Sturmbock aufzupflanzen und die Belagerung zu beginnen. Du magst selbst vor deinem besten Freunde deine Schwäche verbergen, aber du wirst sie vor deinem schlimmsten Feinde nicht verbergen. Er hat Luchsaugen und ersieht im Augenblick die Fuge in deinem Harnisch. Er geht mit einem Zündholz umher, und ob du auch denkst, dass du alles Pulver deines Herzens zugedeckt habest, so weiß er doch eine Spalte zu finden, durch die er sein Hölzchen stecken kann, und viel Schaden wird er tun, wenn die ewige Barmherzigkeit es, nicht verhindert.

Er trägt auch Sorge, unsre Stimmungen und Seelenzustände zu beobachten. Griffe der Teufel uns an, wenn unser Gemüt in gewissen Stimmungen ist, so würden wir ihm mehr als gewachsen sein: er weiß dies und meidet das Zusammentreffen. Manche Menschen sind empfänglicher für Versuchung, wenn sie traurig und verzagt sind; der Feind wird sie dann angreifen. Andre werden geneigter sein, Feuer zu fangen, wenn sie jubilierend und voll Freude sind; er wird dann seinen Funken in den Zunder werfen. Gewisse Personen können, wenn sie hin- und hergeworfen sind, dahin gebracht werden, fast alles zu sagen; und andre sind, wenn ihre Seele wie vollkommen ruhiges Wasser ist, gerade dann in dem Zustande, dass des Teufels Schiff auf ihnen fahren kann. Wie der Metallarbeiter weiß, dass das eine Metall bei einem solchen Grad von Hitze bearbeitet werden muss und ein andres bei einer andren Temperatur; wie die, welche mit Chemie sich beschäftigen, wissen, dass die eine Flüssigkeit bei einer gewissen Wärme sieden wird, während die andre den Siedepunkt viel früher erreicht, so kennt der Satan genau die Temperatur, bei der er uns für seinen Zweck bearbeiten kann. Kleine Töpfchen kochen, sobald sie aus Feuer gesetzt werden, und ebenso geraten kleine Menschen von rascher Gemütsart bald in Leidenschaft; größere Gefäße erfordern mehr Zeit und Kohlen, ehe sie kochen, aber wenn sie kochen, so ist es in der Tat ein Kochen, das nicht schnell vergessen oder gedämpft wird. Der Feind beobachtet einem Fischer gleich; nimmt einen Köder, der für die Beute passt; und weiß, zu welchen Zeiten und Stunden die Fische am leichtesten anbeißen. Dieser Seelenjäger überfällt uns unversehens, und oft werden wir von einem Fehler ereilt oder in einer Falle gefangen, weil wir nicht in wachsamer Stimmung waren. Jener ausgezeichnete Sammler köstlicher Aussprüche, Thomas Spencer, tat den folgenden, der sehr treffend ist: „Das Chamäleon nimmt, wenn es auf dem Grase liegt, um Fliegen und Heuschrecken zu fangen, die Farbe des Grases an, wie der Polyp die des Felsens, unter dem er lauert, damit die Fische ohne Ahnung der Gefahr ihm kühn nahen.“ In gleicher Weise wandelt sich Satan in die Gestalt, die wir am wenigsten fürchten, und bringt uns solche Gegenstände der Versuchung vor Augen, die unserer Natur am angenehmsten sind, damit er uns umso eher in sein Netz ziehe; er segelt mit jedem Winde und treibt uns in der Richtung, zu der wir selber um der Schwachheit unserer Natur willen geneigt sind. Ist unsre Kenntnis in Glaubenssachen mangelhaft? Er versucht uns zum Irrtum. Ist unser Gewissen zart? Er versucht uns zur Ängstlichkeit und übertriebener Genauigkeit. Hat unser Gewissen gleich der Sonnenbahn etwas Breite? Er versucht uns zu fleischlicher Freiheit. Sind wir kühnen Mutes? Er versucht uns zur Vermessenheit. Sind wir schüchtern und misstrauisch? Er versucht uns zur Verzweiflung. Sind wir biegsamer Natur? Er versucht uns zur Unbeständigkeit. Sind wir steif? Er arbeitet dahin, hartnäckige Ketzer, Schismatiker oder Rebellen aus uns zu machen. Sind wir von strenger Gemütsart? Er versucht uns zur Grausamkeit. Sind wir sanft und mild? Er versucht uns zur Verzärtelung und törichtem Mitleid. Sind wir warm in religiösen Dingen? Er versucht uns zu blindem Eifer und Aberglauben. Sind wir kalt? Er versucht uns zu Laodizäischer Lauheit. So legt er seine Fallen auf die eine oder andre Weise, um uns zu fangen.

Er hat auch acht auf unsre Stellung unter den Menschen. Es gibt einige Personen, die am leichtesten versucht werden, wenn sie allein sind; sie sind dann zu großer Schwermut geneigt und können zu schrecklichen Verbrechen getrieben werden: vielleicht sind die meisten von uns mehr der Sünde ausgesetzt, wenn wir in Gesellschaft sind. In einiger Gesellschaft würde ich nie zur Sünde verleitet werden; in andre könnte ich mich kaum wagen. Viele Menschen sind so voll Leichtsinn, dass diejenigen von uns, welche sich nach derselben Richtung hinneigen, ihnen kaum ins Gesicht sehen können, ohne die uns anklebende Sünde sich regen zu fühlen; und andre sind so düster, dass, wenn sie einen Bruder gleicher Art treffen, sie so ziemlich gewiss unter sich einen schlechten Bericht von dem guten Lande erfinden werden. Satan weiß euch an einem Platze zu überraschen, wo ihr seinen Angriffen bloß liegt; er wird sich auf euch stürzen in einem Nu, wie ein Raubvogel aus der Luft, der auf die Zeit gewartet hat, wo er mit Aussicht auf Erfolg herabschießen kann.

Wie wird er auch auf unsre Lage in der Welt acht haben! Er sieht den einen an und sagt: „Dieser Mann hat Vermögen: es nützt mir nichts., die und die Künste bei ihm zu versuchen; aber hier ist ein andrer, der sehr arm ist, ihn will ich in diesem Netze fangen.“ Dann wiederum sieht er einen Annen an und sagt: „Nun, ich kann ihn nicht zu dieser Torheit verleiten, aber ich will den Reichen da hineinführen.“ Wie der Jäger eine Flinte für wilde Hühner hat, und eine andre für Hirsche und Wild, so hat Satan verschiedene Versuchungen für verschiedene Menschenklassen. Ich nehme nicht an, dass die Versuchung der Königin je Maria, das Küchenmädchen, quälen wird. Ich nehme auf der andren Seite nicht an, dass Marias Versuchung je eine ernstliche für mich sein würde. Vielleicht könntet ihr die meinige bestehen — ich denke nicht, dass ihr es könntet; und ich bilde mir zuweilen ein, ich könnte die eurige ertragen — obgleich ich zweifle, dass ich es könnte. Satan weiß indessen genau, wo er uns zu schlagen hat, und unsre Stellung, unsre Fähigkeiten, unsre Erziehung, unser Name in der Gesellschaft, unser Beruf mögen alles Türen sein, durch die er uns angreift. Ihr, die ihr gar keinen Beruf habt, seid in besonderer Gefahr — mich wundert, dass der Teufel euch nicht geradeswegs niederschluckt. Der Mann, der am wahrscheinlichsten zur Hölle fährt, ist der, der auf der Erde nichts zu tun hat. Ich sage das im Ernst. Ich glaube, dass kein größeres Übel jemandem widerfahren kann, als wenn er an einen Platz gestellt wird, wo er keine Arbeit hat; und wenn ich je in einem solchen Zustande sein sollte, so würde ich mir sofort Arbeit schaffen, aus Furcht, dass sonst der Böse mich, Leib und Seele, davonführen würde. Müßige Leute versuchen den Teufel, sie zu versuchen. Lasst uns etwas zu tun haben, lasst uns unsren Geist beschäftigt halten, denn, wenn nicht, so machen wir Raum für den Teufel. Fleiß wird uns nicht fromm machen, aber der Mangel an Fleiß kann uns lasterhaft machen. Habt immer irgend etwas auf den: Amboss oder im Feuer.

„Mit Arbeit, Buch, gesundem Spiel
Will ich mich stets beschäft'gen,
Denn Satan kann des Bösen viel
Durch müß'ge Hände schaffen.“

So lehrte uns Watts in unserer Kindheit, und so lasst uns in unserer Mannheit glauben. Bücher, Arbeiten oder solche Erholungen, wie sie für die Gesundheit nötig sind, sollten unsre Zeit ausfüllen; denn wenn ich mich in Trägheit hinwerfe, wie ein altes Stück Eisen, so muss ich mich nicht wundern, dass ich von der Sünde rostig werde.

Aber ich bin noch nicht fertig. Wenn Satan seine Nachforschungen anstellt, so beachtet er alle Gegenstände unserer Zuneigung. Ich zweifle nicht, als er um Hiobs Haus herumging, beobachtete er es ebenso sorgfältig, wie die Diebe das Haus eines Juweliers, wo sie einzubrechen beabsichtigen. Sie bringen sehr schlau jede Tür, jedes Fenster, jeden Verschluss in Anschlag; sie verfehlen nicht, das Nachbarhaus anzusehen, denn sie mögen zu dem Schatz durch das angrenzende Gebäude gelangen. So dachte der Teufel, als er herumging und die ganze Stellung Hiobs in Gedanken annotierte: „Da sind die Kamele und die Rinder und die Esel und die Knechte — ja, ich kann diese alle trefflich gebrauchen“. „Dann“, dachte er, „sind da die drei Töchter! Da sind die sieben Söhne und sie wollen ein Fest halten — ich werde wissen, wo ich sie angreifen kann, und wenn ich das Haus gerade umzustoßen vermag, während sie das Fest halten, so wird das des Vaters Herz umso tiefer betrüben, denn er wird sagen: „O, dass sie gestorben, wenn sie im Gebet gewesen, lieber, als während sie aßen und Wein tranken!““ „Ich will sie mit in das Inventar aufnehmen“, sagt der Teufel, „seine Frau — nun, ich werde sie wohl gebrauchen“, und so kam es. Niemand hätte tun können, was Hiobs Weib tat, — keiner der Knechte hätte jenes traurige Wort so beißend sagen können — oder wenn sie es freundlich meinte, hätte niemand es mit so einnehmender Miene sagen können, wie Hiobs eigenes Weib: „Segne Gott und stirb“, wie man es übersetzen kann, oder: „Fluche Gott und stirb.“ Ah, Satan, du hast mit Hiobs Kalbe gepflügt, aber es ist dir nicht gelungen; Hiobs Stärke liegt in seinem Gott, nicht in seinem Haar, sonst hättest du ihn vielleicht scheren können, wie Simson geschoren ward! Vielleicht hatte der Böse auch Hiobs persönliche Empfindlichkeit erforscht, und so die Form körperlichen Leidens erwählt, von der er wusste, dass sein Opfer sie am meisten fürchtete. Er brachte eine Krankheit über ihn, die Hiob bei Armen draußen vor den Toren der Stadt gesehen und vor ihr geschaudert haben mochte. Bruder, Satan weiß ganz ebensoviel von dir. Du hast ein Kind, und Satan weiß, dass du es vergötterst. „Ah,“ sagt er, „da ist eine Stelle, wo ich ihn verwunden kann.“ Sogar die Gefährtin deines Herzens mag ein Köcher sein, in welchem die Pfeile der Hölle aufbewahrt bleiben, bis die rechte Zeit kommt, und dann mag sie sich als der Bogen erweisen, von dem Satan sie abschießt. Sei auf der Hut, sogar vor deinen Nächsten und vor ihr, die an deinem Busen liegt, denn du weißt nicht, wie Satan einen Vorteil über dich gewinnen mag. Unsre Gewohnheiten, unsre Freuden, unsre Leiden, unsre Zurückgezogenheit, unsre öffentliche Stellung, aus allem kann dieser verzweifelte Feind der Kinder Gottes Angriffswaffen machen. Es sind Schlingen überall; auf unsrem Lager und an unsrem Tische, in unsrem Hause und auf der Straße. Es gibt Fallen und Falltüren in Gesellschaft; es gibt Gruben in der Einsamkeit. Wir mögen Versuchungen im Hause Gottes ebensowohl wie in der Welt finden. Fallstricke in hohem Stande und tödliche Gifte in der Niedrigkeit. Wir dürfen nicht erwarten, von Versuchungen frei zu sein, ehe wir über den Jordan hinüber sind, und dann, Gott sei Dank, sind wir außer Schussweite des Feindes. Das letzte Heulen des Höllenhundes wird sich hören lassen, während wir in die kalten Wasser des schwarzen Stromes hinabsteigen, aber wenn wir das Halleluja der Verklärten hören, so werden wir für alle Ewigkeit von dem schwarzen Fürsten befreit sein.

III.

Satan hatte acht, aber es war ein höheres Achthaben da, welches sein Achthaben vereitelte.

In Kriegszeiten machen die Spionierer und Minierer der einen Partei eine Mine, und es ist etwas sehr Gewöhnliches, dass die der andren Partei gegenminieren, indem sie die erste Mine unterminieren. Dies ist gerade das, was Gott bei Satan tut. Satan miniert und denkt, den Zünder anzustecken und Gottes Gebäude in die Luft zu sprengen, aber während der ganzen Zeit unterminiert Gott und sprengt Satans Mine, ehe er Schaden tun kann. Der Teufel ist der größte aller Narren. Er hat mehr Kenntnis, aber weniger Weisheit, als irgend ein andres Geschöpf, er ist listiger denn alle Tiere auf dem Felde, aber es heißt mit Recht List, nicht Weisheit, es ist nur eine andre Form der Narrheit. Die ganze Zeit über, wo Satan Hiob versuchte, wusste er wenig davon, dass er Gottes Zwecke ausführte, denn Gott sah und hatte auf das Ganze acht und hielt den Feind, wie ein Mann ein Pferd am Zügel hält. Der Herr hatte genau acht darauf, wie weit Er Satan gehen lassen wollte. Er erlaubte ihm das erste Mal nicht, Hiobs Fleisch anzutasten — vielleicht war das mehr, als er zu der Zeit hätte ertragen können. Habt ihr nie beachtet, dass ihr, wenn eure leibliche Gesundheit stark und gut ist, Verluste und Leiden und selbst Todesfälle mit einer Art Gleichmut ertragen könnt? Nun, das war der Fall bei Hiob. Wenn die Krankheit zuerst gekommen und das übrige gefolgt wäre, so hätte die Versuchung vielleicht zu schwer für ihn sein können, aber Gott, der weiß, wie weit Er den Feind gehen lassen kann, wird ihm sagen: „So weit und nicht weiter.“ Allmählich wurde er an seine Armut gewöhnt; in der Tat, die Anfechtung hatte ihren Stachel verloren in dem Augenblick, wo Hiob sprach: „Der Herr hat es gegeben und der Herr hat es genommen.“ Dieser Feind war erschlagen — nein, er war begraben, und die Grabrede lautete: „Gelobt sei der Name des Herrn.“ Als die zweite Prüfung kam, hatte die erste den Hiob befähigt, die andre zu tragen. Es mag eine schwerere Prüfung für einen Mann im Besitz großer, weltlicher Reichtümer sein, wenn er plötzlich der körperlichen Kraft, ihrer zu genießen, beraubt wird, als wenn er erst alles verliert und dann die Gesundheit, die zum Genüsse notwendig ist. Wenn er schon alles verloren hat, möchte er fast sagen: „Ich danke Gott, dass ich nun nichts zu genießen habe und dass deshalb das Verlieren der Kraft zum Genüsse nicht so schmerzlich ist.“ Ich habe nicht zu sagen: „Wie wünsche ich, dass ich hinaus auf meine Felder gehen und nach meinen Knechten sehen könnte, denn sie sind alle tot. Ich wünschte nicht meine Kinder zu sehen — sie sind alle tot und dahin — ich bin dankbar, dass sie es sind; besser so, als dass sie ihren armen Vater auf einem Aschhaufen wie diesen sitzen sähen.“ Er hätte beinahe froh sein können, wenn sein Weib auch dahingegangen wäre, denn gewiss, sie war eben kein sehr ausgezeichnetes Gut, das ihm erhalten blieb; und vielleicht, wenn er alle seine Kinder um sich gehabt hätte, so wäre die Prüfung noch härter gewesen, als sie es war. Der Herr, der Berge in der Waagschale wiegt, hatte seines Knechtes Wehe abgemessen.

Hatte nicht der Herr auch acht darauf, wie Er seinen Knecht bei der Prüfung aufrecht halten sollte? Geliebte, ihr wisst nicht, wie gnädig Gott im Verborgenen Öl auf Hiobs Feuer der Frömmigkeit goss, während der Teufel Eimer voll Wasser darauf schüttete. Er sprach bei sich selbst: „Wenn Satan viel tut, will ich mehr tun: wenn er den Mann zum Fluchen versucht, will ich ihn so mit Liebe zu nur erfüllen, dass er mich segnen soll. Ich will ihm helfen; ich will ihn stärken; ja, ich will ihn halten mit der rechten Hand meiner Gerechtigkeit.“ Christ, nimm diese zwei Gedanken und lege sie unter deine Zunge wie „Semmel mit Honig“ — du wirst niemals versucht werden ohne ausdrückliche Erlaubnis von dem Throne, wo Jesus für dich bittet, und auf der andren Seite, wenn Er es gestattet, so wird Er dir bei der Versuchung einen Ausweg bereiten oder dir Gnade geben, sie zu bestehen.

Ferner, der Herr hatte acht darauf, Hiob durch seine Prüfung zu heiligen. Hiob war ein viel besserer Mann am Ende der Erzählung als am Anfang derselben. Er war „schlecht und recht“ zuerst, aber es war ein klein wenig Stolz in ihm. Wir sind arme Geschöpfe, einen solchen Mann wie Hiob zu kritisieren — aber doch, es war in ihm ein Anflug von Selbstgerechtigkeit, denke ich, und seine Freunde brachten dies zu Tage. Eliphas und Zophar sagten so aufreizende Dinge, dass der arme Hiob nicht umhin konnte, starke Ausdrücke betreffs seiner selbst zu gebrauchen, die etwas zu stark waren, wie man meinen sollte; es war ein wenig zu viel Selbstrechtfertigung da. Er war nicht, wie unser einige es sind, auf sehr weniges stolz — er hatte sehr vieles, worauf er stolz sein konnte, wie die Welt es zugab — aber doch war die Tendenz da, sich dadurch gehoben zu fühlen; und obwohl der Teufel es nicht wusste, so hätte vielleicht, wenn er Hiob in Ruhe gelassen, dieser Stolz in Saat schießen und Hiob sündigen können; aber er hatte solche Eile, dass er den bösen Samen nicht reifen lassen wollte, sondern ihn hastig abschnitt, und so war er Gottes Werkzeug, Hiob in einen demütigeren und folglich sicheren und gesegneteren Seelenzustand zu bringen.

Überdies beachtet, wie Satan ein Lakai des Allmächtigen war! Hiob wurde während der ganzen Zeit geeignet gemacht, einen größeren Lohn zu ernten. All sein Wohlstand ist Ihm nicht genug; Gott liebt Hiob so sehr, dass Er beabsichtigt, ihm ein doppelt so großes Vermögen zu verleihen; Er beabsichtigt, ihm seine Kinder wieder zu geben; Er will ihn zu einem berühmteren Mann machen, als er je gewesen; einem Mann, dessen Name durch alle Jahrtausende hindurch klingen soll; einem Mann, von dem alle Generationen reden sollen. Er soll nicht der Mann von Uz sein, sondern der Mann der ganzen Welt. Nicht nur eine Handvoll Leute in der Nachbarschaft sollen von ihm wissen, sondern alle Menschen sollen von Hiobs Geduld in der Stunde der Prüfung hören. Wer soll dies zustandebringen? Wer soll die Posaune des Ruhms verfertigen, durch welche Hiobs Name geblasen werden soll? Der Teufel geht zu der Schmiede und arbeitet mit aller seiner Macht daran, Hiob hoch berühmt zu machen! Törichter Teufel! Er errichtet ein Piédestal, auf das Gott seinen Knecht Hiob stellen will, damit alle Jahrtausende mit Staunen ihn anblicken mögen.

Zum Schluss, Hiobs Trübsale und Hiobs Geduld sind ein bleibender Segen für die Gemeinde Gottes gewesen, und sie haben unglaubliche Schande über Satan verhängt. Wenn ihr den Teufel zornig machen wollt, so haltet ihm die Geschichte Hiobs vor. Wenn ihr euer eigenes Vertrauen gestärkt wünscht, so möge Gott der Heilige Geist euch die Geduld Hiobs vors Ange stellen. O, wie viele Heilige sind in ihren Leiden durch diese Geschichte der Geduld getröstet worden! Wie viele sind aus dem Rachen des Löwen und von den Klauen des Bären errettet worden durch die dunklen Erfahrungen des Patriarchen von Uz!

O Erzfeind, wie bist du in deinem eignen Netz gefangen worden! Du hast einen Stein geworfen, der auf dein eigenes Haupt gefallen ist. Du machtest eine Grube für Hiob und bist selber hineingefallen; du bist in deiner eignen List verstrickt worden. Jehovah hat die „Weisen zu Toren gemacht und die Wahrsager toll.“ Brüder, wir wollen uns im Glauben der Sorge und der Bewahrung Gottes anbefehlen — komme Armut, komme Krankheit, wir werden in allen Dingen durch das Blut Jesu Christi Sieger sein und durch die Kraft seines Geistes am letzten Ende überwinden. Ich wollte zu Gott, wir vertrauten alle auf Jesum. Mögen die, welche Ihm noch nicht vertraut haben, dahin gebracht werden, heute morgen damit zu beginnen, und Gott soll allen Preis von uns allen haben ewiglich. Amen.

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autoren/s/spurgeon/s/spurgeon-satan_hat_acht.txt · Zuletzt geändert: von aj
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