Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 146

Spurgeon, Charles Haddon - Psalm 146

- Halleluja! Lobe den Herrn, meine Seele! - Ich will den Herrn loben, solange ich lebe, und meinem Gott lobsingen, solange ich hier bin. - Verlasset euch nicht auf Fürsten; sie sind Menschen, die können ja nicht helfen. - Denn des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zur Erde werden; alsdann sind verloren alle seine Anschläge. - Wohl dem, des Hilfe der Gott Jakobs ist; des Hoffnung auf dem Herrn, seinem Gott, steht; - der Himmel, Erde, Meer und alles, was darinnen ist, gemacht hat; der Glauben hält ewiglich; - der Recht schafft denen, so Gewalt leiden; der die Hungrigen speist. Der Herr löst die Gefangenen. - Der Herr macht die Blinden sehend. Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind. Der Herr liebt die Gerechten. - Der Herr behütet die Fremdlinge und erhält Waisen und Witwen und kehrt zurück den Weg der Gottlosen. - Der Herr ist König ewiglich, dein Gott, Zion, für und für. Halleluja!

Dieser Psalm ist einer der „Halleluja-Psalmen“. Der Ton liegt sehr hoch; hellklingende Zimbeln führen die Melodie.

Einteilung

Nach D. Alexander besteht dieses Lied aus zwei gleichen Teilen. Im ersten Abschnitt wird das Glück der Menschen geschildert, die ihr Vertrauen auf Gott setzen und sich nicht auf Menschen verlassen (Verse 1-5); im zweiten Abschnitt werden die Gründe für dieses feste Gottvertrauen im einzelnen angegeben (Verse 6-10).

Auslegung

V. 1 „Halleluja! Lobe den Herrn!“ Es ist traurig, wie sehr dieses herrliche Wort entwertet worden ist. Die ehrfurchtslose Verwendung dieses Wortes ist ein Missbrauch des Namens Gottes. Schwere Verantwortung lastet auf den Menschen, die diesen Missbrauch dulden und sogar mitmachen. Wir wollen mit heiliger Ehrfurcht das Wort Halleluja aussprechen. Wir wollen uns selbst und andere damit zur Anbetung Gottes aufrufen. Die Menschen müssen zum Lob Gottes aufgerufen werden. „Lobe den Herrn, meine Seele.“ Der Psalmist tut selber, was er anderen predigt. Er ist der Vorsänger des Chores, den er zusammengerufen hat. Es ist eine armselige Sache, wenn man andere ermahnt und nicht sich selbst. Wer sagt: „Lobe den Herrn!“, muss auch sagen: „Lobe den Herrn, meine Seele!“ Wenn wir Gott loben, wollen wir unser ganzes inneres Wesen dazu wachrufen. Wir haben nur eine Seele; wenn sie vom ewigen Zorn errettet ist, ist es ihre Pflicht, ihren Heiland zu loben. Kommt, Herz, Gemüt, Verstand, vereinigt euch zu fröhlicher Anbetung! Auf, liebe Brüder, lasst uns singen! „Lobe den Herrn!“

V. 2 „Ich will den Herrn loben, solange ich lebe.“ Ich werde nicht für immer hier leben. Dieses sterbliche Leben wird durch den Tod ein Ende finden. Aber so lange, wie ich lebe, will ich den Herrn, meinen Gott, loben! Ich weiß nicht, wie lang oder kurz mein Leben sein wird. Aber jede Stunde meines Lebens soll dem Lob Gottes gehören. Solange ich lebe, will ich lieben. Solange ich lebe, will ich loben. Ich will meine Zeit nicht nutzlos vertun, sondern mich dem heiligen Dienst weihen, der bis in Ewigkeit bleibt. Unser Leben ist ein Geschenk der Gnade Gottes, deshalb soll es zu seiner Ehre da sein. „Und meinem Gott lobsingen, solange ich hier bin.“ Wenn ich nicht mehr auf der Erde bin, habe ich ein höheres Leben im Himmel. Dort werde ich den Herrn noch besser loben können. Jetzt muss ich noch manchmal seufzen und loben; dann werde ich nur noch singen und loben. Der herrliche Herr ist mein Gott. Er ist mein Gott geworden durch das Blut Jesu Christi. Ohne Gott kann ich nicht leben. Deshalb will ich nur zu seiner Ehre singen und ihn herzlich loben.

V. 3 „Verlasset euch nicht auf Fürsten.“ Wenn David diesen Psalm geschrieben hat, kommt diese Warnung von einem Fürsten. Auf jeden Fall werden wir hier durch den Geist des lebendigen Gottes gewarnt. Die Menschen vertrauen nur zu leicht den Großen dieser Welt und vergessen dabei den einen Großen dort oben. Daraus entstehen viele Enttäuschungen.

Fürsten sind nur Menschen; und sie sind Menschen, die noch größere Nöte und Schwierigkeiten haben als andere Menschen. Warum sollten wir von ihnen Hilfe erwarten? Sie leben in größerer Gefahr, sind mit größeren Sorgen belastet und werden leichter als andere Menschen irregeleitet. Es ist deshalb töricht, Hoffnung und Vertrauen auf Fürsten zu setzen. „Sie sind Menschen, die können ja nicht helfen.“ Du wirst enttäuscht, auch wenn du dir den besten Menschen aussuchst und glaubst, dass du ihm vertrauen kannst. Man kann keinem Menschen vertrauen, nicht einem einzigen. Adam fiel; stütze dich nicht auf seine Söhne. Ohne Gott ist der Mensch ein hilfloses Geschöpf, deshalb erwarte vom Menschen allein keine Hilfe.

Alle Menschen sind wie Fürsten: Sie scheinen mehr als sie sind, sie versprechen mehr als sie halten, sie helfen sich eher selbst als anderen. Wie viele haben sich enttäuscht von Menschen abgewendet, denen sie früher vertrauten! Aber noch niemand ist vom Herrn enttäuscht worden. Er ist eine wirkliche Hilfe in der Not. Bei den Menschen finden wir keine Hilfe, wenn wir niedergeschlagen sind, wenn uns Gewissensnöte quälen oder wenn die Stunde des Todes da ist.

V. 4 „Denn des Menschen Geist muss davon, und er muss wieder zur Erde werden.“ Sein Geist verlässt den Körper, und der Körper sinkt ins Grab. Sein Geist geht den einen Weg, sein Leib den anderen. Der Mensch ist von der Erde genommen und kehrt zur Erde zurück. Es gibt einen Geist im Menschen; und wenn der Geist geht, muss auch der Mensch gehen. Der Geist kehrt zurück zu Gott, der ihn gab. Das Fleisch kehrt zurück zur Erde, von der es genommen ist. Der Mensch ist ein armseliges Geschöpf. „Alsdann sind verloren alle seine Anschläge.“ (Elberfelder Übersetzung: „An selbigem Tage gehen seine Pläne zu Grunde.“) Was er sich auch vorgenommen, alles endet im Nichts. Jetzt kann er nicht mehr planen, und was er geplant hat, kann er nicht mehr verwirklichen. Er ist vergangen. Die Menschen vergessen ihn und seine Pläne. Ein anderer kommt und macht die Gedanken und Pläne seines Vorgängers lächerlich. Es ist umsonst, sich auf Fürsten oder andere Menschen zu verlassen; in einem einzigen Augenblick sind sie dahin, und dann wird nichts aus ihren Plänen, auf die wir gehofft haben. Der Tod beendet ihre Pläne, indem er ihrem Leben ein Ende macht; und unsere Hoffnungen sind zerstört, weil ihre Pläne zerstört sind. Aller Ehrgeiz, alle Pläne, alle Erwartungen und Versprechungen verflüchtigen sich zu nichts, wenn der Lebensodem den Körper des Menschen verlässt. Das sind die begrenzten Möglichkeiten des Menschen: Sein Odem, sein Leib, seine Pläne. Was wird daraus, wenn er stirbt? Sein Odem verlässt ihn, sein Leib wird zu Erde, und seine Pläne vergehen. Auf solch ein Wesen soll man sich verlassen?

V. 5 „Wohl dem, des Hilfe der Gott Jakobs ist.“ (Elberfelder Übersetzung: „Glückselig der, dessen Hilfe der Gott Jakobs ist.“) Das ist das volle Glück. Hier ist echte und wirkliche Freude. Der Gott Jakobs ist der Gott des Bundes. Er ist der Gott, der Gebete erhört. Er ist der Gott des leidgeprüften Gläubigen. Er ist der einzige, lebendige und wahre Gott. Der Gott Jakobs ist der Herr, der Mose erschien, der die Stämme Jakobs aus Ägypten herausführte und durch die Wüste leitete. Wer diesem Gott vertraut, ist wirklich glücklich; dieser Gott beschämt und enttäuscht niemanden. Der Herr stirbt nicht, und seine Pläne gehen nicht unter. Seine Gnade besteht von Ewigkeit zu Ewigkeit! Halleluja! „Des Hoffnung auf dem Herrn, seinem Gott, steht.“ Wer sein ganzes Vertrauen dem Herrn schenkt, kann da glücklich sein, wo andere verzagen und verzweifeln. Er wird in der Stunde, wo andere in tiefste Todesangst geraten, am glücklichsten sein. Wir haben hier ein Wort, das wir persönlich erprobt und erfahren haben. Durch das Vertrauen auf den Herrn kennen wir das wahre Glück, das unbeschreiblich und unvergleichlich ist. Wie herrlich ist es, dass wir Gott als unsere gegenwärtige Hilfe und als unsere ewige Hoffnung kennen!

V. 6 „Der Himmel, Erde, Meer und alles, was darinnen ist, gemacht hat.“ Er, der den Himmel gemacht hat, kann auch für uns einen Himmel machen. Er kann uns für den Himmel zubereiten. Er, der die Erde gemacht hat, kann uns auch auf der Erde bewahren und uns helfen, die Dinge dieser Erde richtig zu gebrauchen. Er, der das Meer gemacht hat, kann uns auch über die großen Tiefen eines leidgeprüften Lebens hinüberhelfen und seine Erlösten sicher ans Ufer bringen. Der Gott, der immer noch die Welt erhält, kann auch uns erhalten für sein ewiges Reich und seine Herrlichkeit. Die Schöpfung ist der stehende Beweis für die Macht und Weisheit des großen Gottes, dem wir vertrauen. Wir freuen uns darüber, dass er nicht nur den Himmel geschaffen hat, sondern auch das Meer.

Gott schuf nicht nur helle und klare Dinge, sondern auch tiefe und dunkle. Oberall und in allem ist der Herr. Er regiert in Sturm und Gewitter genauso wie in der großen Ruhe und Klarheit des Firmaments. „Der Glaube hält ewiglich.“ (Elberfelder Übersetzung: „Der Wahrheit hält auf ewig.“) Das ist die zweite, starke Begründung dafür, dass der Herr seine Verheißungen unbedingt hält. Er ist seinem Wesen nach die Wahrheit. Er hält seinen Bund, er hält sein Wort, er steht treu zu seinem Sohn. Er hält die Wahrheit. Niemand kann ihn irgendeiner Falschheit oder Täuschung bezichtigen.

V. 7 „Der Recht schafft denen, so Gewalt leiden.“ (Elberfelder Übersetzung: „Der Recht schafft den Bedrückten.') Er ist ein schneller und unparteiischer Anwalt der Gerechtigkeit. Unser König übertrifft alle irdischen Könige, weil er nicht auf Rang und Reichtum sieht oder von irgendwelchen Meinungen und Erwägungen abhängig ist. Er ist der Freund der Unterdrückten, der Rächer der Verfolgten und der Helfer der Hilflosen. Wir können unsere Sache einem solchen Richter getrost anvertrauen. Werden wir schlecht behandelt? Gewährt man uns nicht unser Recht? Werden wir verleumdet? Wir können uns damit trösten, dass unser König auf dem Thron nicht nur an unsere Sache denkt, sondern auch seine Gerechtigkeit ausübt und uns Recht schafft! „Der die Hungrigen speist.“ Was für ein herrlicher König bist du, Herr! Du teilst nicht nur Gerechtigkeit aus, sondern auch Brot. Alle Nahrung kommt von Gott. Wir erfahren diese Wahrheit ganz besonders dann, wenn wir in Hunger geraten und Gott uns versorgt. Jeder Hungernde möge dieses Wort im Glauben erfassen und sich vor dem Thron der Gnade darauf berufen! Gott findet seine Klienten unter den ärmsten Menschen: Die Unterdrückten und Hungernden finden ihre Hilfe in dem Gott Jakobs. „Der Herr löst die Gefangenen.“ Damit wird der dreifache Segen vollständig: Gerechtigkeit, Brot, Freiheit. Der Herr will nicht, dass Menschen in Gefängnissen schmachten. Er holte Joseph aus dem Gefängnis und Israel aus der Sklaverei in Ägypten heraus. Jesus ist der große Befreier in geistlicher, sozialer und nationaler Hinsicht. Je mehr der Glaube an den Herrn sich unter den Menschen ausbreitet, desto mehr wächst die Freiheit. Sittliche, geistige und geistliche Fesseln werden gelöst; die Sklaverei des Irrtums, der Sünde und des Todes hört auf. Lasst uns den Herrn loben, der so gütig zu allen Gefangenen ist! Die Erlösten sollen am fröhlichsten singen!

V. 8 „Der Herr macht die Blinden sehend.“ Jesus hat oft Blinde geheilt. Damit hat er bewiesen, dass er der Herr ist. Der das Auge schuf, kann es öffnen. Wenn er es tut, dient es zu seiner besonderen Ehre. Wie blind sind die inneren Augen der Menschen! Wie finster ist ihre sittliche Nacht! Nur der allmächtige Gott selbst kann diese traurige Wirkung des Sündenfalles aufheben. Dieses Wunder der Gnade ist unzählige Male geschehen; jeder kann es an sich erfahren. „Der Herr richtet auf, die niedergeschlagen sind.“ Auch das hat Jesus getan. Das ist das besondere Werk Gottes. Der Herr tröstet die Einsamen, Enttäuschten, Verzagten und Verzweifelten. Wenn du niedergeschlagen bist, wende dich gleich an den Herrn; er richtet dich wieder auf. „Der Herr liebt die Gerechten.“ Er schenkt ihnen seine Liebe in Wohlgefallen, Gemeinschaft und Belohnung. Lasst uns nie aufhören, ihn zu loben! Seine unendliche Liebe hat uns zu dem gemacht, was wir sind.

V. 9 „Der Herr behütet die Fremdlinge.“ Viele Herrscher haben die Fremdlinge gejagt, deportiert oder wie Gesetzlose behandelt. Der Herr aber erlässt in seinem Machtbereich besondere Gesetze zum besonderen Schutz der Fremdlinge. Unser Gott und König will für niemand ein Fremdling sein. Er hat ein besonderes Auge auf alle, die einsam und bedrängt sind. „Und erhält Waisen und Witwen.“ Der Herr hat tiefes Mit. leid mit ihnen. Er steht ihnen bei und hilft ihnen in ihrer schweren Lage. Das mosaische Gesetz traf besondere Vorsorge für solche Menschen. Wenn ein Kind seinen irdischen Vater verliert, wird der Schöpfer selbst sein Vater. Wenn die gläubige Frau ihren Mann verliert, darf sie sich ganz der Fürsorge Gottes anvertrauen. „Und kehrt zurück den Weg der Gottlosen.“ Die Gottlosen verfehlen ihr Ziel. Sie kommen dahin, wohin sie nicht kommen wollten. Der Weg eines gottlosen Menschen ist ein verkehrter Weg. Alles geht dem schief, der auf einer schiefen Bahn ist.

V. 10 „Der Herr ist König ewiglich.“ Der Herr ist König, und sein Königreich hat kein Ende. Er stirbt nicht und tritt nicht ab. Niemand kann ihm seine Krone rauben. Sein Thron ist nie in Gefahr. Der Herr lebt ewig, und er herrscht ewig. „Dein Gott, Zion, für und für.“ Es ist Zions Gott, der für immer regiert. Er ist der Gott eines Volkes, das ihn anbetet. Es gibt für immer ein Zion, und Zion wird für immer einen König haben. Der Herr regiert in großer Macht. Was sollen wir in der Gegenwart eines so großen Königs tun? Wir wollen seinen Palast mit Lobliedern betreten: „Halleluja!“ Sind wir bereit zu diesem Loblied? Der Psalm endet hier, aber nicht das Lob des Herrn. Sein Lob erklingt von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.

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