Scriver, Christian - Goldpredigten - Sechste Predigt.
Im Namen JEsu! Amen.
Vom hochwürdigen Abendmahl.
Unser HErr, JEsus Christus, in der Nacht, da Er verrathen ward und mit Seinen Jüngern zu Tische saß, nahm Er das Brod, dankete und brach's, Er gab's Seinen Jüngern und sprach: Nehmet hin und esset; das ist Mein Leib, der für euch gegeben wird; Solches thut zu Meinem Gedächtniß.
Deßgleichcn nach dem Abendmahl nahm Er den Kelch, sagte Dank und sprach: Nehmet hin und trinket Alle daraus; das ist der Kelch des Neuen Testaments in Meinem Blut, das für euch vergossen wird zur Vergebung der Sünde; Solches thut, so oft ihr's trinket, zu Meinem Gedächtniß.
Vorbereitung.
Von Kaiser Rudolph II. schreibet A. Boethius, daß er einen Bezoarstein gehabt, der so groß gewesen als ein Gans-Ei, daraus er ein Becherlein habe machen lassen; welches denn fürwahr ein köstliches und hochnützliches Trinkgeschirr muß gewesen sein, weil bekannt ist, was der edle Bezoar wider das Gift und allerlei Herzenskrankheit vermag und ausrichten kann. Aber ein viel theureres und köstlicheres Geschirr ist der Kelch im hochwürdigen Abendmahl, weil uns in demselben der Herr JEsus, wie unter dem Brod Seinen allerheiligsten Leib, also unter dem Wein Sein allerheiligstes Blut zu genießen darreichet, und damit allem Sünden - und Seelengift kräftiglich wehret, wie wir nach Seiner gnädigen Verleihung jetzo mit Mehrem zu vernehmen haben.
Eingang.
Ob das Gold auch zur Arznei diene, davon haben die gelehrten Aerzte und Naturkundigen unterschiedlich gehandelt. Daß das Gold, wie es von Natur ist, sonderliche Kräfte zur Arznei bei sich habe, wollen die Einen leugnen, die Andern aus der Erfahrung behaupten; sie sagen, das Gold könne eine verborgene Kraft haben, die man anders nicht, als in der Wirkung verspüren und begreifen könne. Und wer wollte zweifeln, daß auch das Gold durch die Schwester der Natur, die Kunst, nicht sollte zu bequemer Arznei bereitet werden? Wie denn auch die Naturkundigen große Klage führen über den Mißbrauch des Goldes und andern Edelgesteins und über der Menschen Unverstand, daß, da diese köstlichen Sachen von Gott vornehmlich zur Arznei erschaffen, sie von den üppigen Menschen zu eitler Pracht und Hochmuth, zum Geiz, zur Völlerei, Verrätherei, Hurerei, Unreinigkeit und andrer Schand und Lastern verwendet worden. So sei dieses unser Schluß, daß wir mit den meisten und ältesten Lehrern dafür halten, daß freilich Gott, der Allerhöchste, dem Gold eine sonderliche Kraft, zur Arznei dienlich, eingeschaffen habe, und daß dieselbe, wie die Erfahrung bezeuget, an dem bereiteten und unbereiteten Golde sich verspüren lasse.
Ich wende mich vom leiblichen und vergänglichen zu einem geistlichen, göttlichen und unvergänglichen Golde, von dessen wunderbarer Kraft und Wirkung in der Seelen-Arznei ich niemals genug weder reden noch verheißen kann. Ich meine das hochwürdige Abendmahl, darinnen uns der Herr JEsus wohl den rechten Goldtrunk bereitet und hinterlassen hat, weil Er uns unter dem Brod und Wein Seinen allerheiligsten Leib und Blut zu essen und zu trinken darreichet, auf daß unsrer Seele von aller geistlichen Krankheit geholfen und sie zum ewigen Leben erhalten werde. Und diese unvergleichliche geistliche Goldarznei haben wir nun ferner, vermittelst göttlicher Verleihung zu betrachten. Er, der hochgelobte Erfinder dieser heiligen Seelenarznei, JEsus Christus, gebe Gnade, und lasse unsere Arbeit zu Seinen Ehren und unserer Erbauung wohlgerathen! Amen.
Abhandlung.
Kleopatra, Königin in Egypten, als sie mit Antonius eine Wette angeschlagen, daß sie allein in Einer Mahlzeit Mehr verzehren wollte, als er in vielen, wie theuer er es auch machen möchte, hat, Solches zu beweisen, eine der köstlichsten Perlen, die sie in den Ohren trug, geschwind abgerissen, in Essig vergehen lassen, darauf den Essig hineingeschlürfet und also, wie es die Gelehrten ausrechnen, eine Million Gulden verzehret. Solchen theuren, köstlichen Perlentrunk hatte auch schon vorher zugerichtet ein gewaltiger Schlemmer, Claudius, des Aesopi Sohn, wie Valerius Maximus berichtet. Diese sind's aber kaum werth, daß man ihrer unerhörten Schwelgerei weiter gedenke, zuvoraus, da ihrer Seele mit solchen theuren Tränken Nichts geholfen worden und sie nunmehr zweifelsfrei an dem Ort sind, da sie eben so wenig als der reiche Mann ein einiges Wassertröpflein zu Kühlung ihrer Zunge können erhalten.
Viel theurbarer und auch seliger ist der gläubigen Christen Mahl, da sie wahrhaftiger, doch unbegreiflicher Weise den wahren Leib JEsu Christi unter dem Brod essen, und Sein theures Blut mit dem Wein trinken. Aller Welt köstliche Mahlzeiten, wie prächtig sie auch sein, können Nichts, als den Leib, den Madensack speisen und mästen, wodurch gemeiniglich, wann nicht Maaß dabei ist, dem Teufel ein Braten zugerichtet wird. Aber dieses theure Christenmahl speiset auch die Seele, vertreibet alles Gift derselben, und erhält sie zum ewigen seligen Leben. Und habe ich also mit Wahrheit sagen können, daß wir in dieser himmlischen Mahlzeit haben die rechte Panacee, ein bewährtes gülden Wasser und gesegnete Goldarznei wider Alles, was schädlich ist an Leib und Seel'.
Wann wir nun davon etwas eigentlicher und ordentlicher handeln wollen, so müssen wir Achtung haben 1) auf den Erfinder dieser himmlisch goldenen Arznei: Der ist nun, wie die Worte der Einsetzung melden, unser Herr JEsus Christus. Hier müssen verstummen und die Hand auf den Mund legen Hippokrates, Galenus und alle anderen hochweisen und erfahrenen, alten und neuen Lehrer. Es tritt hie auf ein Doktor, der vom Himmel kommen ist, der Seine Kunst in dem Schooß Gottes, Seines himmlischen Vaters, gelernet hat, der da ist Manus Jehovah, die rechte Hand Gottes, wie man vor Zeiten die glückseligen Aerzte genennet hat; Er ist ein Herr Himmels und der Erden, und kann demnach alle Dinge beseligen, daß sie uns müssen zum Besten und zur Seligkeit dienen; Er heißt JEsus, und damit Er Seinem glorwürdigsten Namen genugthue, so richtet Er Alles dahin, daß Er uns selig mache; Er heißt Christus, das ist, ein Gesalbter, denn Er ist ein promotus Doctor, vom heiligen Geist zu Seinem Amt ausgerüstet; Er ist ein Meister zu helfen (Jes. 63, 1.), der Seiner Kunst so Viel trauet, daß Er alle Patienten zu Sich rufen darf, mit der Versprechung, daß Er sie erquicken, und ihnen für ihre Seelen Rath und Ruhe schaffen wolle (Matth. 11, 26.).
Er weiß Alles, und hat Alles fertig, was zu unserer Seligkeit dienet und nöthig ist. Andere gelehrte Aerzte gebrauchen gemeiniglich der Apotheker Dienst, die Arzneien zu bereiten; dieser große Arzt verfertiget Alles selbst. Und gleichwie die vortrefflichen Aerzte, wann sie ein Arkanum, ein geheimes, doch bewährtes Mittel haben, dessen sie sich in ihrer Praxi glücklich bedienet haben, und merken, daß sie der Welt gute Nacht geben müssen, so Mißgönnen sie solches den Nachkömmlingen nicht, sondern offenbaren es vor ihrem Ende Andern zum Besten; also, da der Herr JEsus sahe, daß die Nacht da war, darinnen Er sollt' verrathen werden, und darauf zum Tod des Kreuzes übergeben, will Er dieß selige Geheimniß, die rechte Art, eine Goldarznei für die betrübten Seelen zu verfertigen, nicht bei Sich behalten, sondern offenbaret, wie es solle damit gehalten werden und diktiret, so zu reden, die Beschreibung und den ganzen Proceß Seinen Evangelisten und nachmals auch dem Apostel Paulo in die Feder, welche auch sammtlich gar eigentlich zusammenstimmen, daraus denn Seine große Liebe und treue Fürsorge, die Er zu und für unsere Seelen gehabt, klärlich zu ersehen ist.
Und diese erste Betrachtung des großen Arztes und Lehrers muß nun gar eben in Acht genommen werden zu dem Ende, damit wir Scheu haben mögen, auch das Geringste bei dieser theuren Arznei zu ändern, zu verkehren, zu meistern und zu grübeln. Es geben sich bei leiblichen Krankheiten oft der Aerzte viel an; und ebenso geht es auch oft in Sachen, welche die Seelenarznei angehen. Da geben sich ihrer Viele für große Doktoren aus, und sagt Einer Dieß, der Andere Das, wie es ihm sein Aberglaube oder allzu kluge Vernunft in den Sinn gibt, und sind ihrer Viele, die sich erkühnen mögen, den großen Doktor Christum JEsum selbst zu meistern, und Seine Worte, nicht wie Er sie geredet hat, sondern wie es ihnen gut dünket, zu deuten und auszulegen. Aber das Allerbeste und Sicherste ist, wenn man bei diesem unfehlbaren Lehrer bleibet, und Seine Worte, wider alles Dünken der Vernunft, in ihren Würden lasset, und sich allein darnach richtet und achtet.
Es ist Nichts thörlicher und gefährlicher, auch in leiblichen Dingen, als nach der Verordnung des Arztes nicht leben. Wenn der Arzt ein Sälblein und Tränklein verschrieben hätte, und der Patient wollte das Sälblein verzehren, mit dem Tränklein sich aber schmieren, das wäre nicht allein lächerlich, sondern auch, nach Beschaffenheit der Sachen, gefährlich und schädlich. Jener verständige Arzt hat Solches wollen zu verstehen geben; denn als er einem Patienten hatte ein Recept verordnet, das ihm sehr wohl bekommen war, ließ es der Kranke wider des Arztes Willen zum andernmal verfertigen, und gebrauchte es, aber mit niedrem Schaden, als Vortheil; offenbaret hernach Dieses dem Arzt, mit Befragen, wie es käme, daß ihm eben selbes Recept zuvor so wohl, jetzt so übel bekommen wäre? Der antwortet: „Daher kommt's, weil ich es nicht verschrieben habe.“ Wollte anzeigen, es wäre thörlich und gefährlich, wenn man ohne eines verständigen Arztes Rath etwas vornehmen wollte. Viel gefährlicher aber ist's, in Sachen, die See!' und Seligkeit betreffend, von der Verordnung des himmlischen Arztes Christi JEsu abzuweichen, und dieselbe aus den Augen zu setzen.
Darum, meine Liebsten, lasset uns in Betrachtung und Benützung der seligen Seelenarznei im hochwürdigen Abendmahl von der Vorschrift dieses großen Arztes im Geringsten nicht weichen, und nicht achten, was die Kuhdoktorin, die erlogene Marktschreierin, Frau Vernunft, dawider einwendet, und mit vielen Scheingründen von den klaren, dürren Worten unsers Erlösers uns abführen will; haben wir doch hie den allergrößten und gelehrtesten unter allen Aerzten, welcher wohl deutlich hat reden wollen und können. Wir haben einen allmächtigen HErrn, der niemals gefehlet hat, und kann leisten, was Er geredet hat; darum lasset uns Ihm die Ehre geben, daß wir Seinen klaren und wahren Worten trauen.
Dünkt es denn der Vernunft ungereimt und albern zu sein, so lasset uns bedenken, daß oftmals die gemeinen Aerzte auch nicht nach dem Gutdünken der unbedachtsamen Vernunft handeln.
Jener Vater brachte zu einem vornehmen Doktor seinen Sohn, der Schaden am Bein in unversehrter Haut hätte bekommen, daß er hinken mußte, und begehrte Rath für solches Gebrechen. Der Doktor verschrieb ein Pflaster, und befahl, solches dem Knaben auf den Rückgrat zu legen. Der Vater lachte, meinend, der Doktor hätte es nicht recht eingenommen, und sprach: „Herr Doktor, am Rücken hat der Knabe keinen Mangel, sondern am Bein;“ aber der Arzt gab ihm zur Antwort: „Mein Manu, habt ihr's besser gewußt als ich, warum seid ihr dann mit eurem Sohn zu mir kommen?“ Fürwahr, alle Diese, denen des Herrn JEsu Wort und Verordnung, daß wir Seinen heiligen Leib mit dem Brod essen, und Sein heiliges Blut in dem Wein trinken sollen, so ganz ungereimt vorkommen, daß sie auf allerlei Glossen denken, dieselben anders zu erklären, als sie lauten, mögen wahrnehmen, ob sie nicht an jenem großen Tage auch werden hören müssen: „Junker Klügling und Fürwitz, hast du es besser gewußt, als Ich, und hast einen bessern Verstand für Meine Worte finden können, als welchen Ich ihnen, vermittelst klaren Ausspruchs gegeben hatte, was bedarfst Du denn Meiner? Gehe hin, da du hin gehörst, mit deiner unzeitigen Klugheit!“
Wir müssen Acht haben 2) auf das Mittel, darinnen der göttliche Arzt uns die selige Seelenarznei bringet. Die Aerzte pflegen gemeiniglich zu den Arzneien ein Wässerlein, Süpplein oder Säftlein zu verordnen, darinnen sie soll eingenommen werden, und pflegen dabei zu beobachten, daß es lieblich, dem Patienten nicht zuwider und zu den Medikamenten nicht selbst unfüglich sei; also hat nun auch der Herr JEsus zu der güldnen Seelenarznei zwei gewisse Mittel verordnet, in und mit welchen wir dieselben nehmen und genießen sollen, und das sind Brod und Wein; damit Er zugleich andeuten wollen, daß, gleich als durch Brod und Wein vornehmlich unser Leib ernähret, gestärket und das Herz erfreuet wird, also auch unsere Seele durch Genießung Seines allerheiligsten Leibes und Blutes gespeiset, erquicket und zum ewigen Leben erhalten werde.
Wie man nun sich hat wohl vorzusehen, daß man auch in diesem Fall nicht anders, als nach Verordnung des himmlischen großen Lehrers, Christi JEsu, verfahre, und nichts Anders im hochwürdigen Abendmahl, als Brod und Wein heilige und anwende, also hat man auch von etlichen neusüchtigen Leuten sich kein Gewissen machen zu lassen, ob bei uns Lutheranern wahres Brod im heiligen Abendmahl gebrauchet werde. Wir gebrauchen noch jetzo dergleichen Brod, als die christliche Kirche vor viel hundert Jahren ohn' einigen Zweifel, als wenn's nicht wahres Brod wäre, im hochwürdigen Abendmahl angewendet hat.
Wobei ich nicht Umgang haben kann, zu erzählen, was neulich ein alter wohlverdienter Prediger in seinem historischen Auszug berichtet hat: Daß, als man vor etlichen vierzig Jahren dem Churfürsten Johann Sigismund zu Brandenburg hart angelegen wegen Veränderung der Ceremonien, sei er sehr schwierig dazu gewesen; und als er einmal in die Hofapotheke kommen, habe er den Apotheker Crispinus, so aus der Schweiz gebürtig war, gefraget:.„Hörst du, was hat man denn draußen für Brod bei euch im Abendmahl?“ Der antwortet: „Gnädigster Churfürst und Herr, man hat auch Oblaten, wie allhier die Lutherischen; allein ist's ein wenig größer und sind keine Crucifixbilder darauf gedruckt.“ Darauf S. Churfürstl. Durchlaucht etwas beweglich gesagt: „Ei! was plaget man mich denn! ist's da Brod, und hie soll's Kleister und Schaum sein!“
Aber wir müssen weiter gehen und besehen 3) das theure Gold selbst, so zu dieser edlen Seelenarznei angewandt wird. Solches ist nun der Leib und das Blut unsers Herrn JEsu Christi zufolge Seiner klaren Worte, da Er spricht: „Nehmet, esset, das ist Mein Leib; nehmet, trinket, das ist Mein Blut!“ Und daran kann Niemand zweifeln, ohne der wider die Wahrheit selbst streiten, und mit jenem Sonderling bejahen will, daß der Schnee schwarz sei, und wehe denen,, die aus dem hellen Tag Nacht, und aus diesem Licht Finsterniß machen wollen, die bei sich selbst weise sind, und halten sich selbst für klug! (Jes. 5, 20. 21.)
Wir und alle Rechtgläubigen haben hie keinen Mangel an Klarheit und Wahrheit; die Worte unsers getreuen Erlösers sind uns nicht zu dunkel. Wir finden. Gottlob! so viel Licht darin, daß wir Seine gänzliche Meinung wohl vernehmen, und bei derselben wider alles Einreden der Vernunft es bewenden lassen; ja gleichwie die lieben Apostel, die sonst fürwitzig genug, und bald mit ihren Fragen und Widersprechungen fertig waren, bei Stiftung dieses unbegreiflichen Mahls allesammt schweigen, und mit Ehrerbietung und stiller Verwunderung das Wundergeschenk, das ihnen ihr HErr und Meister reichet, annehmen. Also wollen wir auch die Hand auf den Mund legen, den Herrn JEsum in Seinen Worten ungemeistert und uns unbekümmert lassen, wie der HErr uns Seinen Leib zu essen, und Sein Blut zu trinken gebe; wir wollen nicht zweifeln; weil Er's gesagt, so wird Er's auch halten; weil Er's gered't, so wird Er's auch thun.
Wir wollen es machen, wie David, der heilige König, welcher, als ihm der Prophet Nathan von Gottes wegen die Verheißung gab, daß der Sohn Gottes aus seinem Geblüt und Stamm ein wahrer Mensch sollte geboren werden, in das Haus des HErrn gieng und sprach: Wer bin ich, HErr, HErr, und was ist mein Haus, daß Du mich bis hieher gebracht hast? (2 Sam. 7, 18.) Also wollen wir sagen: Wer bin ich? Herr JEsu! und was ist mein dürftiger, sündlicher, zerbrechlicher Leib, und mein unreiner Mund, daß Du mich so hoch würdigest, und mir Deinen heiligen Leib zu essen, und Dein Blut zu trinken darreichest? Das ist eine Weise eines Menschen, der Gott der HErr ist! Und ob ich wohl solcher übertrefflichen Gnade ganz unwürdig bin, dennoch, HErr! HErr! Du bist Gott! und Deine Worte werden Wahrheit sein; Du hast solches Gut über Deinen Knecht gered't, Du wirst's auch wohl halten!
So haben wir dann nun, außer fernerem Zweifel, im hochwürdigen Abendmahl den wahren Leib und das wahre Blut Christi und also ein solches theures Gold, das besser ist, als alles Gold der ganzen weiten Welt. Es sagt die himmlische Braut vom Herrn JEsu: Sein Haupt ist das feinste Gold (Hohel. 5, 11.). Wir mögen von dem ganzen allerheiligsten Leib sagen, Er sei das feinste Gold: Dieß ist der Leib, darinnen die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnet (Koloss. 2,9.), ein Tempel der Gottheit, viel köstlicher, als der Tempel Salomonis in Jerusalem, ob derselbe wohl fast inwendig mit Gold überzogen und bedecket war. Dieß ist das eigene Blut Gottes, damit Er Seine Gemeine erworben hat (Apostelg. 20, 28.), das theure Blut des unschuldigen, unbefleckten Lämmleins (1 Petr. 1, 19.), das Blut, damit der ewige Hohepriester in das Allerheiligste ist eingegangen (Hebr. 9, 12.), das menschliche Geschlecht zu versöhnen, welches besser redet, als Abels Blut.
Gleichwie aber das Gold, ehe es zur Arznei gebraucht wird, gemeiniglich erst muß zerrieben und zermalmet werden: also hat der edle Leib des Herrn JEsu müssen leiden und sterben, wie Er unsere Seelenarznei hat werden sollen; und dahin weisen die Worte, die unser Erlöser hinzusetzet: Das ist Mein Leib, der für euch gegeben wird, das ist Mein Blut, das für euch vergossen wird; dieser heilige Leib ist für uns zerbrochen, wie der Apostel Paulus redet (1 Kor. 11, 24.), dieses heilige Blut ist mildiglich vergossen, da man ihm durch Geißel, Stricke, Dornen, Nägel und Spieße, Raum zu rinnen und zu fließen gemacht hat.
Urtheilet nun, alle christliche gottselige Herzen, ob ich nicht recht und wohl gesagt, daß wir im hochwürdigen Abendmahl ein theures Gold haben, das uns zur bewährten Seelenarznei dienen kann? Cajus Caligula, der Schandfleck des römischen Kaiserstuhls, hat einmal seinen Gästen Brod und andere Gerüchte lassen vortragen, von lauterem Gold gemacht, und das zur Ueppigkeit. Der Herr JEsus, der tröstliche Regent der ganzen Welt, setzet uns auch Gold für, aber ein geistliches Gold, Seinen heiligen Leib und Blut, zu unserer Seligkeit.
Das Gold ist das alleredelste unter den Metallen, welches die Chemiker einen kurzen Auszug der Natur nennen, darin Alles enthalten sei, sie heißen es eine Sonne der Finsterniß. „Im Gold,“ sagt Crollius, „ist ein Ausbund aller Meisterstücke und aus demselben kann ein rechter Philosophus eine solche Arznei machen, welche aus dem menschlichen Körper alle unheilsamen Krankheiten und schwere Gebrechen zu vertreiben dienlich ist.“ Dieses aber kann mit mehrem Recht auf unser geistliches, göttliches Gold, den allerheiligsten Leib und das theure Blut des Herrn JEsu gezogen werden; in dem ist alles Licht und alles Heil, und außer dem ist kein Licht und kein Heil; dieß ist das bewährte Mittel, dadurch die Sündenkrankheit, welche sonst weder Kraut noch Pflaster heilen kann, vertrieben wird.
Das Gold ist das schwerste unter den vornehmsten Metallen. Der Leib und das Blut des Herrn JEsu sind so schwer, daß sie auf der göttlichen Gerichtswage die Sünden der ganzen Welt überwägen können. Das Gold ist das feinste und lauterste unter allen Metallen, der Leib und das Blut JEsu sind auch durchaus rein und fein, es hat Nichts von einigem sündlichen Zusatz, Er ist vom heiligen Geist empfangen, in Heiligkeit geboren, in Heiligkeit erwachsen, in Heiligkeit hat Er gelebet, in Heiligkeit ist Er gestorben. Er ist uns durchaus gleich, doch ohne Sünde. Er ist heilig, unschuldig, und von den Sündern abgesondert (Hebr. 7, 26.).
Endlich 4) haben wir auch zu reden von der Kraft und Wirkung dieses theuren Seelengoldes, und die ist zweierlei. Die erste hat ihr Absehen auf den Herrn JEsum selbst, welches Er andeutet mit den Worten: Solches thut zu Meinem Gedächtniß. Gleichwie es bei den Aerzten und Apothekern gebräuchlich ist, daß man ein Medikament benennet von denen, die es zuerst verschrieben haben, damit ihres Dienstes, den sie in Verordnung eines so nützlichen Mittels dem menschlichen Geschlecht haben geleistet, nicht vergessen werde; also erfordert es auch die höchste Billigkeit, daß beim Gebrauch dieser himmlischen Seelenarznei ihres Erfinders und Stifters, des Herrn Christi JEsu, nicht vergessen werde. Und Solches zwar um unseres Besten willen: denn Er hat keinen Schaden davon, wenn wir Seiner vergessen, auch keinen Nutzen, wenn wir Sein gedenken, sondern wir. Denn wenn wir Sein vergessen, so haben wir unser selbst und unsrer Seligkeit vergessen. Das weiß der Herr JEsus wohl, daß wir nemlich Alles in Ihm haben, darum will Er, daß wir Sein nimmermehr vergessen sollen. So oft nun, will Er sagen, ihr dieses Mein theures Mittel zu eurer Seligkeit verordnet, gebrauchen wollet, so gedenket Meiner herzlichen Liebe, die Ich zu euch getragen; gedenket Meines schmerzlichen Leidens, gedenket Meines schmählichen Todes und getröstet euch dessen in allem eurem Kummer!
Ach Herr JEsu! Wer kann doch Dein vergessen? Wer wollte Dein nicht gedenken? Du hast an uns gedacht vor der Zeit, weil Du, ehe wir geworden sind, uns die Seligkeit zu erwerben Dich erboten, und uns von Ewigkeit her zu Deinen Brüdern und Miterben erwählet hast! Du hast an uns gedacht in der Zeit! Dein selbst hast Du vergessen, und aus großer Liebe gegen uns Dich in den bittern Tod des Kreuzes ergeben, uns zu erlösen; und sorgest noch jetzo immer für uns, und vertrittst uns bei Deinem himmlischen Vater! Du wirst an uns gedenken nach der Zeit, Du wirst unsers Staubs im Grabe nicht vergessen,, sondern aus demselben uns auferwecken am Tage Deiner Wiederkunft, Du wirst uns mit Dir einführen in Deines Vaters Reich, daß wir da seien, wo Du bist: darum, Herr JEsu, mein Erlöser! Du einiger Arzt und Trost meiner Seele! Vergeß ich Dein, so werde meiner Rechten vergessen; meine Zunge müsse an meinem Gaumen kleben, wenn ich nicht Dich lasse allezeit meine höchste Freude sein!
Die andere ist nun auf uns gerichtet. Und steht wohl kaum nach ihrer Würde zu beschreiben. Der heilige Ignatius sagt wohl, daß das hochwürdige Abendmahl sei eine solche Arznei, welche alles Böse vertreibe, und das ewige Leben gebe.
Daß ich es aber kürzlich fasse, es widersteht a) dem Zittern und Klopfen des Herzens. Davon wissen die Aerzte Wunder zu erzählen. Aber die geistlichen Aerzte, Seelsorger und Prediger, sollen noch Mehr Wunders von dem geistlichen Herzklopfen, ich will sagen, von dem verletzten, erregten und unruhigen Gewissen zu sagen wissen. Ach! wie setzet das Manchem zu, daß er nicht weiß, wo aus und ein, und findet keine Hilfe bei allen Creaturen.
Aber da ist kein bewährter Mittel, als das hochwürdige Sakrament des wahren Leibs und Bluts unsers Herrn JEsu Christi, und die würdige Genießung desselben, weil in demselben uns gereichet wird ein theures Pfand der Vergebung der Sünden, der Gnade Gottes und des ewigen Lebens: es wird einem Jedweden insonderheit diese edle Arznei gereichet, und anstatt des Herrn JEsu zu ihm gesagt: Nimm hin, iß den wahren Leib, der für dich dahin gegeben! Nimm hin, trink das wahre Blut, das für dich vergossen ist, zur Vergebung deiner Sünden. Und wir haben, wenn wir zum Tisch des HErrn uns nahen, uns keine andern Gedanken zu machen, als, daß der Herr JEsus selbst dastehet, und spricht: Kommet her Alle, die ihr mühselig und beladen seid, Ich will euch erquicken! Bei Mir sollt ihr Ruhe finden für eure Seelen, und daß Er weiter einen Jedweden insonderheit anredet und spricht: Sei getrost, mein Sohn, sei getrost, meine Tochter, dir sind deine Sünden vergeben! Und was kann kräftiger sein, allen Zweifel und Unruhe eines betrübten Herzens zu stillen, als eben Dieses?
Und wenn ehemals Noah es als ein besonderes Trostzeichen hat angenommen, daß sein ausgelassenes Täublein um Vesperzeit wieder zu ihm kam, und hatte ein Oelblättlein abgebrochen, und trug es in seinem Munde (1 Mos. 8,11.); wenn ihn auch der Regenbogen der Gnade Gottes (1 Mos. 9, 13.) und den streitbaren Gideon, sein bethautes Fell des Beistandes vom Himmel haben versichern können (Richt. 6, 37.); wie sollte denn nicht dieses unvergleichliche Zeichen des wahren Leibs und Bluts unsers Erlösers im heil. Abendmahl unser beängstigtes Herz zufrieden stellen? Und man erfährt es auch, Gottlob! täglich, was diese theure Goldarznei für Kraft hat, indem ihrer viel mit traurigem Gemüth und hochbekümmerten Herzen zum Beichtstuhl und heil. Abendmahl kommen, und werden inniglich erfreuet, gestärket und getröstet, zuvoraus stehet man oft Wunder an sterbenden Leuten, welche ein sehnliches Verlangen nach diesem edlen Zehrpfennig haben, und sobald sie denselben mit brünstiger Andacht empfangen, werden sie wohlgemuth, warten des Todes mit Freudigkeit, und sind des ewigen seligen Lebens auf's Allergewisseste versichert.
b) Gleichwie eine wohlbereitete Arznei sich durch alle Adern, durch alles Geblüt im ganzen Leibe zertheilet, und sich also mit dem Menschen wider die Krankheit als wie vereinigt, also diese güldne Seelenarznei: die durchgehet all' unser Blut, als ein neuer Sauerteig, wie Chrysostomus davon redet; sie vereinigt Christum mit uns, und uns mit Christo: und wie dem Herrn Christo JEsu Nichts näher ist, als Sein allerheiligstes Fleisch, und wie uns Nichts näher ist, als was wir essen und trinken, das wir in Saft und Blut bei uns selbst verwandeln: also werden wir auf's Allergenaueste mit dem Herrn JEsu vereiniget, weil wir Sein heiliges Fleisch essen, und Sein heiliges Blut trinken, wiewohl übernatürlicher und unbegreiflicher Weise, darum denn auch dieser Unterschied bei dieser Speise sich findet, daß sie nicht natürlicherweise von uns verwandelt und verzehret wird, sondern vielmehr uns verwandelt und der göttlichen Natur theilhaftig machet, wie der Apostel davon redet, also daß wir wahrhaftige Glieder des geistlichen Leibs Christi werden (2 Petri 1,4. Ephes. 5, 30.).
Eines solchen Christen Herz ist ein Tempel des Herrn JEsu, darinnen er durch den Glauben wohnet, davon man sagen kann: Hie ist der HErr! (Ephes. 3,17. Hesek. 48, 35.) Ein solches Herz tritt mit dem HErrn, den es besitzt, in den Besitz und Gemeinschaft aller Seiner Güter, Seiner Gerechtigkeit, Lebens und Seligkeit: denn, wenn Er Sich selbst ihm geschenket hat, wie sollte Er nicht mit Sich Alles ihm schenken? Er wird im Himmel angesehen, respektiret als ein Freund und Bruder Christi, ja, als Christus selbst. Und wie ehemals die Kinder der Propheten den Elisa ehrten, und vor ihm auf ihr Angesicht fielen, weil der Geist Elia auf ihm ruhte (2 Kön. 2, 15.): also ehren und lieben alle Kinder Gottes, die heiligen Engel, einen solchen Menschen, in welchem Christus wohnet, auf welchem der heilige Geist ruhet. Ein solcher Mensch ist vor Gott, dem himmlischen Vater, um Seines Sohnes willen, welchen er im Herzen trägt, wohl angesehen und kann ganz erhörlich beten. Darum jener gottselige Mann recht saget: Ich gehe darum gern oft zum heil. Abendmahl: denn ich mache mir die Rechnung, Gott könne mir auf's Wenigste denselben Tag Nichts versagen; denn Christus in mir und ich in Christo müssen ja erhöret werden (Herberger).
Endlich: wie ein heilsames Medikament alles Böse aus dem menschlichen Körper verjaget und vertreibet; also vertheidiget uns die himmlische Seelenarznei wider all unsre Feinde, und vertreibt Alles, was uns schädlich ist an unserer Seligkeit; darum denn abermals Chrysostomus dieselbe unsere güldene Wehr und Waffe nennet. Gleichwie die Chemiker ein so kräftiges Pülverlein können bereiten, daß dem, der es eingenommen, in 24 Stunden keine Schlange, oder ein anderer giftiger Wurm Etwas schaden kann, also, wer diese güldene Seelen-Arznei würdiglich genossen hat, der ist sicher vor allen giftigen Stichen der höllischen alten Schlange; er ist sicher vor dem Fluch des Gesetzes; er ist sicher vor dem Gift der Sünde; er ist sicher vor dem Tod selbst, nach den Worten unsres Erlösers: Wer Mein Fleisch isset und trinket Mein Blut, der hat das ewige Leben, und Ich werde ihn auferwecken am jüngsten Tag (Joh. 6, 54.).
Nun ist noch übrig, daß wir auch diesen Unterricht lernen gebrauchen: 1) Zum christlichen Leben. Dieses theure Gold, davon wir bisher geredet haben, soll billig im Gold empfangen und behalten werden, wie Moses das Himmelsbrod in einer güldenen Gölten verwahret hat (2 Mos. 16, 33. Hebr. 9, 4.). Und obwohl anfangs die christliche Kirche in ihrer Armuth gläserne Gefässe, und darauf das Bild des guten Hirten, der Sein verloren Schäflein auf seiner Achsel mit Freuden wieder heim trägt (Luk. 15, 4. 5.), gemalet war, wie aus Tertullian erwiesen wird, so hat sie doch nachher nicht unbillig güldene und übergoldete silberne Gefässe bei Ausspendung dieser goldnen Seelenarznei gebrauchet, damit anzuzeigen, daß auch unsere Gefässe, darinnen wir ein so theures Pfand empfangen wollen, gülden und köstlich sein müssen.
Das aber sind recht güldene Gefässe, welche ein Herz voll Reue und Buße, voll Glaubens und guten Vorsatzes mitbringen, und es ist Nichts, das dieser edlen Arznei so sehr zuwider ist, als ein gottloses und unreines Leben; darum man denn, weil geschehene Dinge nicht mehr zu andern sind, die begangene Sünde herzlich bereuen, und für das Zukünftige sich mit allem Fleiß hüten solle; denn was kann schrecklicher sein, als wenn ein Mensch seinen Leib, darinnen er den Leib Christi empfangen hat, seinen Mund, seine Lippen, welche mit dem Purpur des Bluts Christi geröthet und gefärbet sind, wie die alten Kirchenlehrer davon reden, mit gottlosen Werken oder Worten verunreiniget?
Bei den Heiden blieben nicht ungestraft diejenigen, so auf einigerlei Weise des Kaisers Bildniß verunehrten. Wie wollen denn Diejenigen Gottes Straf entgehen, die den wahren Leib und Blut des Herrn JEsu, so viel au ihnen ist, beschimpfen und verunreinigen? Und was thun dieselben Anderes, welche, wie der Hund das Gespeite wieder frißt (2 Petri 2, 22.), und wie die Schlange, nachdem sie getrunken hat, ihr Gift wieder zu sich nimmt, also nach Genießung dieses unvergleichlichen Mahls zu voriger Sünde, Schand und Lastern sich wieder wenden? Und was kann diese kräftige Arznei bei ihnen für Kraft zur Seligkeit haben? Eben als wenn Einer ein bewährtes Medikament hätte zu sich genommen, und wollte darauf anfangen zu schwelgen und zu quasen, der hatte Niemand, als ihm selbst zu danken, daß die Arznei ihre Wirkung mehr zu seinem Schaden, als zu seinem Nutzen thäte. Also, die das heilige Abendmahl im Unglauben mit beharrlicher vorsetzlicher Bosheit, mit unversöhnlichem, sicherm Herzen, und also unwürdig genießen, die haben es ihnen selbst zu danken, daß sie das Gericht und für das Leben den Tod empfahen; und was ist's Wunder, daß das edle Waizenkörnlein (Joh. 12, 24.), der Herr JEsus, in ihrem Herzen von so viel Unkraut der Bosheit erstickt wird? Darum, ihr meine Liebsten, lebet also, daß man sehe, daß Christus in euch lebe! (Gal. 2, 20.)
2) Zum geduldigen Leiden. Dieses heilige Mahl erwecket in uns ein Andenken des gekreuzigten Herrn JEsu Christi, wie Er als eine edle Weintraube am Kreuz gehangen, in der Kelter des göttlichen Zorns gequetschet worden und den edlen Lebenssaft, Sein heiliges Blut, mildiglich vergossen hat. Wenn wir nun diesen unsern gekreuzigten HErrn, dieses unser mit Dornen gekröntes Haupt, diesen unsern Vorgänger, der durch Sein Leiden ist zu Seiner Herrlichkeit eingegangen, recht ansehen und Ihn in unser Herz bilden, so werden wir es nicht besser, als Er's gehabt, begehren können, zuvoraus, da wir wissen, daß, wie das Leiden unsres Erlösers der ganzen Welt zu gut gekommen ist, also auch uns, die wir Gott lieben, alle Dinge zum Besten müssen dienen.
Ueberdas, so ist ja Das rechtgläubiger Christen Art, daß, wenn sie nur den Herrn JEsum haben, so fragen sie Nichts nach Himmel und Erde (Ps. 73, 25.). Nun aber wird im hochwürdigen Abendmahl der Herr JEsus ihr und sie werden Sein. Er gibt Sich ihnen mit Allem dem, was Er ist und hat. Hast du nun JEsum, du betrübtes Herz, was willst du denn mehr? So hast du wahrlich wohl, was dich zeitlich und ewig erfreuen soll! Du hast an Ihm, an Seinem heiligen Leib und Blut ein Pfand deiner Kindschaft Gottes, der Gnade Gottes, der Vergebung der Sünden und des ewigen Lebens. Du hast die große Ehre, daß du mit dem Herrn JEsu zu Tische gehest und von Ihm selbst wunderbarer Weise gespeiset wirst; was achtest du denn der Welt Verleumdung und unverdiente Schande? Du hast in Ihm den Reichthum aller Seiner Güter, was achtest du denn du, Verlust der zeitlichen Güter? Du hast in diesem himmlischen Freudenmahl auf Erden einen Vorschmack des ewigen Lebens: damit mußt du dir die bittern, herben Kreuztränke versüßen. Denn zu dem Ende speiset dich dein Erlöser so herrlich und tränkt dich so süßiglich, daß du sollst Deines Leids vergessen und all deines Unglücks nicht mehr gedenken. Darum setzt Er dich an Seinen Tisch und schenket dir voll ein vom Wein der Gnade und des Trostes, daß du in Ihm sollst fröhlich und trunken werden, wie Er selbst spricht: Esset, Meine Lieben, und trinket, Meine Freunde, und werdet Alle trunken! (Hokel. 5, 1.) D'rum sorge nicht, mache dich selbst nicht traurig, freue dich in deinem HErrn und Gott und laß Die traurig sein, die den Herrn JEsum nicht haben, noch kennen. Du aber sei fröhlich und schütte dein sorgenvolles Herz in den Schooß deines Herrn JEsu aus und laß Ihn sorgen. Hat Er mit solchem Ernst für das Größte, für deine ewige Wohlfahrt, gesorget, wird Er auch alles Andre, so viel zu deiner zeitlichen Wohlfahrt gehöret, wohl zu beobachten wissen.
3) Zum seligen Sterben. Ach! wer wollte doch den Tod fürchten, der mit diesem Seelenschatz versehen ist (wie Georg Buchholzer, weil. Probst zu Berlin gesagt: „Was sollt' ich mich vor dem Tod fürchten, hab' ich doch den im Herzen, der den Tod verschlungen hat!“).. Ja, ich will sagen: Der Tod fürchtet sich, einen gläubigen Christen anzugehen, der mit dem lebendig machenden Fleisch und Blut seines Erlösers versehen ist! Gleichwie ehemals David, als sein Heer wider Absalon auszog, dem Joab und allen Kriegsleuten befahl, sie sollten ihm ja säuberlich mit dem Knaben Absalon verfahren (2 Sam. 18, 5.); also thut der Herr JEsus dem Tod Befehl, daß er Ihm sanft und säuberlich mit Seinen Christen verfahren und sie mehr einschläfern als tödten soll. - Wie war doch Jakob so wohlgemuth, als er die Zeitung von der Gluckseligkeit des Josephs bekommen und ihn nunmehr in seine Arme gefasset hatte und sprach: Ich will nun gerne sterben, nachdem ich dein Angesicht gesehen habe, daß du noch lebest (1 Mos. 46, 30.). Also können wir sagen: Mein Herr JEsu! ich will gern sterben, weil ich Dich im Glauben gesehen und gefasset habe! Simeon war nicht weniger getrost und hieß seinen Tod eine Auflösung und Friedefahrt, als er das JEsuskind in seinen Armen und mit seinen Augen gesehen hatte (Luk. 2, 25.). Wir haben eben diesen JEsum. Eben Er wird uns im hochwürdigen Abendmahl zu fassen und zu halten dargereicht; ei! was ist denn auch unser Tod Anders, als eine Auflosung von so viel Noth und Sündenbanden, als eine selige und sanfte Friedenfahrt? Wer kann denn fröhlicher und seliger sterben, als ein gläubiger Christ? zuvoraus, weil er weiß, daß vermittelst des heiligen Fleisches und Blutes Christi JEsu in seinem Fleisch, vermoderten Gebeinen und verfaulten Gliedern der Same des Lebens bleibet und er am jüngsten Tag durch Kraft dieser seligen Speise lebendig aus seinem Grabe hervorgehen wird.
Von den alten Egyptern berichten die Gelehrten, daß sie ihre Todten balsamiret und in den leerem Körper allerlei Sachen, die der Verstorbene lieb gehabt, hineingesteckt und mit demselben begraben, Alles auf Hoffnung der Auferstehung der Todten. Nun, die gottseligen Christen, weil sie Niemand lieber haben, als den Herrn Christum, so balsamiren und verwahren sie ihren Leib mit dem heiligen Fleisch und Blut ihres Erlösers und fahren damit sanft und selig dahin und ruhen bis an den lieben jüngsten Tag, da sie zum ewigen Leben von dem Herrn JEsu, welchen sie so herzlich geliebt, werden auferwecket werden.
Ich schließe, und sage Gott, meinem HErrn, von Grund meines Herzens Dank, daß Er mit Seines heiligen Geistes Gnade hat bei uns sein, Kräfte am Leibe und Gemüthe geben und Fried' und Ruhe diese Woche herdurch verleihen wollen, daß wir diese heilige Arbeit unter Seinem Gnadenschutz haben ausrichten und nunmehr zu Ende bringen mögen; will danebst, wie beim Anfang, also jetzt beim Schluß, herzlich wünschen, daß alle meine Worte in eures Herzens Tafeln verzeichnet und von euch zum christlichen Leben, geduldigen Leiden und seligen Sterben wohl gebrauchet werden mögen. Mich soll meines armen Dienstes und angewandten Mühe nimmer gereuen, wenn ich hoffen darf, daß durch diese wohlgemeinte Arbeit viel fromme Herzen in diesen betrübten Zeiten sind unterrichtet, erfreuet und getröstet worden; daran ich denn auch nicht zweifeln will, weil ich weiß die Verheißung meines lieben Gottes, daß der geistliche Regen und Schnee nicht soll leer wieder zu Ihm kommen, sondern das ausrichten, dazu Er's sendet (Jes. 55, 11.); und ich überdieß habe eure Liebe, besondern Fleiß und Andacht aus der ziemlichen Menge, welche sich die ganze Woche hindurch in diesem unserem Gotteshause versammelt hat, guter Maßen verspüren und abnehmen können.
Gott, der Allerhöchste, wolle nun dieß edle Katechismus-Gold, die theure Beilage, gnädiglich bei uns erhalten und dieselbe auf unsere Nachkommen uns lassen vererben; Ihm sei Lob, Preis und Dank jetzt und in Ewigkeit! Amen.