Scriver, Christian - Gottholds zufällige Andachten. - 82. Der Wahnwitzige.

Scriver, Christian - Gottholds zufällige Andachten. - 82. Der Wahnwitzige.

Es ward von einem Menschen geredet, der seiner Vernunft nicht mächtig und M allerlei seltsamen Einfällen geneigt war; darüber fielen, wie es pflegt, mancherlei Urtheile und Gedanken, und waren die meisten unzeitige Richter, die in ihres Nächsten Auge auch den geringsten Splitter, in ihrem aber einen großen Balken nicht finden konnten. Gotthold sagte hierauf: Haltet es gänzlich dafür, daß uns Gott manchmal auf anderer Leute Rücken schlägt; er stäupt oft das Hündlein, daß sich das Kind bessern soll. Meint ihr, daß eben dieser Mensch unter den Sündern der größeste sei, so habt ihr euch selbst noch nicht recht erkannt und gelernt, mit dem Apostel sagen: Ich bin unter allen Sündern der vornehmste. 1. Timoth. 1, 15. Dieser muß mir und euch zum Exempel dienen, damit wir bedenken, was wir wohl verdient und Gottes überschwengliche Gnade bisher von uns abgewandt. Gedenket an den Feigenbaum, welchen ein einziges Wort des Sohnes Gottes verdorren machte, auf daß, weil er am Wege stand, er allen Vorübergehenden predigen möchte von dem Fluch, den sie verdient, und von Gottes Güte und Langmuth, welche ihrer verschont. Matth. 21, 18. ff. Wenn man an eine Glocke schlägt, so empfängt sie allein zwar den Schlag, aber der Schall füllt vieler Ohren; so soll es sein, und dahin ists gemeint mit den Strafen des gerechten und doch barmherzigen Gottes. Er schlägt den einen, auf daß er viele schrecken und zur Buße treiben möge; ihr könnets nicht wissen, wie hoch dieses Menschen Sünde vor Gott geachtet oder nicht geachtet sei, und wie weit er in diesem seinem Gericht das Absehen darauf gehabt. Ich aber weiß es gewiß, daß dieses Exempel zur Ehre Gottes und unserer Besserung uns vorgestellt werde. Drum laßt uns bekümmert sein um ihn mit allerlei Liebesdiensten und herzlichem Mitleiden, um uns mit fleißiger Untersuchung unserer Sünde, mit schmerzlicher Bereuung derselben und demüthiger Abbitte. Wo nicht, so hat der gerechte Gott eben das Recht zu uns, als zu ihm. Mein Gott, wenn du mit uns rechten willst, wer kann dir ans Tausend eins antworten? Hiob 9, 3. Du bist und bleibst gerecht, wir müssen uns schämen. Dan. 9, 7. Drum, ach Herr! strafe mich nicht in deinem Zorn und züchtige mich nicht in deinem Grimm. Ps. 6, 2.

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