Saccus, Siegfried - Predigt auf den Sonntag Sexagesimä

Saccus, Siegfried - Predigt auf den Sonntag Sexagesimä

(Erklärung über die Sonntags-Evangelia. Magdeb. 1589. fol. F. 155.)

Von viererlei Erdreich.

Text: Luc. 8 (v. 4-14).

In diesem Evangelio redet der Herr Christus nicht von dem grossen Haufen der ganzen Welt, sondern allein von Denen, so Gliedmassen der christlichen Kirche sein wollen, und von Denen sagt er, dass sie nicht Alle rechte Christen sein, und kaum der vierte Theil das ewige Leben erlanget. Die Anderen gehen dahin in ihren Sünden, thun keine wahre Busse, haben auch keinen wahren Glauben, leben ärgerlich und fahren zum Teufel. Lehret zugleich, dass die Schuld nicht des heiligen Evangelii sei, dass so wenig Menschen wahre Busse thun, sondern dass es des Teufels und der gottlosen Herzen Schuld sei.

Es theilet sie aber der Herr in viererlei Haufen und vergleicht Etliche einem Beiwege oder Fahrweg, darauf der Same zertreten oder aufgefressen wird; Etliche einem Felsen oder steinichten Acker, darauf der Same nicht unter sich wachsen kann; Etliche einem dornichten Acker, darauf der Same kein Wachsthum über sich haben kann und ersticken muss; die Letzten aber einem guten Acker, darauf der Same unter und über sich freies Wachsthum hat und Frucht bringt.

Von diesem viererlei Erdreich wollen wir auf dies Mal mit Gottes Hilfe reden. Ein Jeder gebe Achtung darauf, auf dass ihr lernet, unter welchen Haufen ein Jeder gehöret, wie denn Christus am Ende vermahnet: Wer Ohren hat zu hören, der höre.

1.

Die erste Art der Zuhörer des Evangelii, die das Evangelium umsonst und ohne Nutzen hören und keine Frucht bringen.

Die erste Art malet der Herr also ab, dass sie gleich sein einem Erdreich, darauf wohl guter Same geworfen wird; weil es aber ein Fusssteig oder Fahrweg ist, so neben oder durch den Acker geht, so kann der gute Same keine Frucht bringen. Denn er wird entweder von den Vögeln unter den Himmeln aufgefressen oder zertreten. Dies legt Christus also aus, dass es Die sind, so das Wort hören. Darnach kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihren Herzen, auf dass sie nicht glauben und selig werden.

Aus dieser Erklärung habt ihr zu vernehmen, welches der erste Haufen der falschen Christen sei, bei denen Gottes Wort keinen Nutzen bringt. Und sagt der Herr: Es sind Die, so das Wort hören. Damit zeigt der Herr an, dass es nicht Heiden, Türken oder Moscoviter sind, sondern die in der äusserlichen Gemeinschaft der christlichen Kirche sind und das Wort haben, wie damals die Juden und jetzt wir Deutschen. Von denselben sagt er, dass sie nicht Alle rechte Christen sein, ob sie gleich das Wort haben und hören.

Darnach merkt weiter, dass der Herr nur sagt: Die das Wort hören, und setzt Nichts mehr hinzu. Drunten vom guten Acker spricht er: Es sind, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld. Hier aber setzt er nur allein das Hören, das ist, es sind wohl nicht öffentliche Türken und Heiden, sondern sie sind in der äusserlichen Gemeinschaft der Heiligen, aber sie kommen nicht weiter, denn allein, dass sie bisweilen zur Kirche und zur Predigt kommen und hören das Wort äusserlich mit den Ohren. Aber dabei bleibt’s, weiter kommen sie nicht. Es gehet aber zu einem Ohr ein, zum andern aus, und ehe sie aus der Kirche gehen, ist’s allbereit vergessen, was sie gehört haben. Sie lassen’s bald in der Kirchenthür fallen.

So gehören derwegen unter diesen Haufen solche Zuhörer, die es nur beim äusserlichen Gehör bleiben lassen, denen es um ihre Seligkeit kein Ernst ist, die da faule, schläfrige, unachtsame Zuhörer sind, die da sichere, fleischliche, epikuräische Herzen haben, die nur zum Schein in die Kirche gehen, nicht dass sie ihr Leben bessern wollen, sondern damit sie nicht für Heiden und Türken gehalten werden. Im Grunde aber halten sie Nichts von Gottes Wort, und ist ihnen eine Religion wie die andere, nur allein, dass sie sich äusserlich zur Religion halten, die in ihrer Stadt und Lande gebräuchlich ist.

Daher gehört nun ein trefflicher, grosser Haufen Derer, so für Christen wollen gehalten sein. Denn da sehet ihr, welch’ eine unmässige Sicherheit unter den Menschen ist, und wie gar träg und faul alle Welt ist, Gottes Wort zu hören und das Leben zu bessern. Da geht alle Welt dahin nicht anders, als wenn kein Gott oder kein Teufel, kein Himmel und keine Hölle wäre, gleich wie zu Sodoma und Gomorrha. Darüber klaget der Herr Christus im Gleichniss vom ungerechten Haushalter, von den tollen Jungfrauen, von den Knechten, so in Abwesenheit ihrer Herren übel Haus halten.

Lutherus sagt: Drei Stücke werden das Evangelium aus Teutschland bringen: Erstens die Undankbarkeit, dass wir Teutschen so bald vergessen haben aller Wohlthaten, so uns Gott durch das liebe Evangelium anzeiget und uns aus der Finsterniss des Papstthums errettet hat. Zweitens die unmässige Sicherheit. Denn da gehet die Welt dahin wie ein ungezäumter, wilder Gaul, als in vollen Sprüngen zur Hölle zu. Drittens die Weltweisheit; denn in der letzten Grundsuppe der Welt kommt’s dahin, und geschieht allbereit, dass nicht wir Prediger die Predigtstühle regieren und von der Lehre urtheilen dürfen, sondern die Weltweisen, welche den Predigern fürschreiben, was sie predigen und wie sie ihre Kanzel regieren sollen. So werden derwegen diese drei Laster, die Undankbarkeit, Sicherheit und Weltweisheit, dem Fasse den Boden ausstossen. Diese Sünde gehört in’s erste Gebot.

Zum Andern wird angezeigt, woher es komme, dass solche grosse Sicherheit unter den Christen funden werde, und sagt der Herr: Da kommt der Teufel und nimmt das Wort von ihren Herzen, damit sie nicht gläuben und selig werden.

Da habt ihr die rechte Ursache, woher alle Sicherheit und epikurisch Wesen kommt. Das malet nun der Herr Christus in diesem Gleichniss für und sagt, dass, gleich wie die Vögel unter dem Himmel häufig auf den Acker fliehen, wo guter Same gesäet wird, also kommt der Teufel auf den Acker der christlichen Kirche, da Gottes Wort, reine und heilsame Lehre ausgesäet wird, schleichet hinauf, wie ein schwarzer Kolkrabe, wie ein Geier oder Harpye, spitzt seine Klauen und greift in’s Herz, oder streckt seinen höllischen Schnabel hinein, reisst das Wort wieder heraus und verschlingt’s. Das ist, er braucht mancherlei Mittel und Wege, damit er die Frucht des göttlichen Wortes hindere, auf dass es in den Herzen nicht haftet und bekleibet, macht die Leute sicher, dass sie es wohl hören und doch nicht darnach thun, oder wirft ihnen Hinderung in den Weg, dass sie das Wort und Sacrament versäumen, schiesst seine giftigen Pfeile in die Herzen, giebt ihnen dieselbigen Gedanken hinein: Ei, was willst du in der Kirche machen? Bleib zu Hause, es ist kalt, kannst wohl daheim lesen, verstehest’s wohl so wohl als dein Pfarrer, kannst deiner Nahrung warten. Was hilft’s, wenn du lange zur Kirche gehest? Das wird dir nicht Viel in die Küche bringen. Oder, so ja Jemand in die Kirche kommt, macht er ihn schläfrig, oder giebt ihm fremde Gedanken ein, dass er weder höret, noch siehet, was gesagt oder gehandelt wird, oder verursacht ihn, mit Anderen zu schwatzen, oder macht ihm einen Ekel vor der Predigt, dass ihm kein Prediger gut satt ist, weiss einen Jeden zu schabernacken; kommt er zu Hause, so muss der Prediger herhalten, sagt’s seinem Weibe und Kindern, macht sie auch zu Epikuräern.

Also ist der Teufel ein schändlicher Vogel, der das Körnlein auffrisst, das ist, der da hindert, dass Gottes Wort in den Herzen nicht wurzelt.

Wie die Harpyen eine jungfräuliche und liebliche Gestalt haben, aber garstige, unfläthig, reissende Vögel sind, also kann sich der Teufel in einen Engel des Lichts verstellen, damit er die Leute in seinen Stricken und Ketten behalte.

Er hat auch seine Instrumente, andere schändliche Vögel, die er auch auf den Acker sendet, die viel guten Samen verschlingen. Da sendet er aus falsche Lehrer, Schwärmer, Rottengeister, kräftige Irrthümer. 2. Tim. 4. Durch diese Kolkraben wird viel tausend Menschen das Wort aus dem Herzen genommen, die an der Bekehrung gehindert werden.

Item, er sendet grosse Haufen Epikuräer, welche auch schändliche Vögel sind, die spotten des Evangelii, verkleinern das Ansehn dess göttlichen Wortes. Ei, sagen sie, bist du nicht ein Narr, dass du dich an die Pfaffen kehrest? Es sind lauter Fabeln. Es wundert mich, dass du nicht verständiger bist. Willst du dich daran kehren, so musst du nimmermehr fröhlich sein, musst ein Mönch werden. Du pflegtest ja auch wohl ein guter Gesell zu sein; was zeihest du dich? Wie die Epikuräer Jes. 28. des Propheten Strafpredigt betrachteten „Zav lazav, Kav lakav“ (Luther: Gebeut hin, gebeut her; harre hie, harre da), also thun alle Epikuräer.

Wenn dann der Teufel das Wort von den Herzen genommen hat, so säet er sein Unkraut darein, epikurische Gedanken, falsche Lehre, Unglauben und allerlei Gottlosigkeit, hoffirt seinen höllischen Koth und Teufelsdreck anstatt des guten Samens, Das müssen denn solche sichere Leute zu Lohn haben. Was er nicht auffressen kann, Das zertritt und zertrampelt er, läuft mit Füssen darüber, fährt mit seinem höllischen Wagen drauf und zermalmt es. Das ist, er macht die Herzen nicht allein sicher, sondern auch hartnäckig, dass sie wider sich predigen lassen als wider eiserne Mauern, fragen aber Nichts darnach, nehmen’s nicht zu Herzen.

Weiter zeigt Christus auch an, warum denn der Teufel sich also bemühet für sich und durch seine Werkzeuge, nämlich darum, auf dass er der Zuhörer Glauben und Seligkeit verhindere. Das ist schrecklich; ist derwegen nicht ein schlecht Thun um sichere Leute. Denn du hörest, dass der Teufel zu ihnen komme, dass er in ihrem Herzen sitze, sie sicher mache, und dass es ihnen die Seligkeit gilt. Darum lasset uns ja nicht faul, träg und sicher sein, sondern wachen und zusehen, dass uns der Teufel nicht auch das Wort aus dem Herzen nehme.

Wenn wir es mit leiblichen Augen sehen könnten, wie Dies zuginge, würden wir nicht so sicher sein. Da würden wir sehen, wie geschäftig der Teufel ist, wo Gottes Wort rein gepredigt wird, wie er unter der Predigt in der Kirche umherstreicht, Einem die Augen zuhält, dem Andern die Ohren verstopfet, wie er seine Teufelsklauen, Schnabel und Rachen aufhält, den Samen des göttlichen Wortes auffängt und die Herzen zuschleusst, dass das liebe Wort darein fallen muss. Wenn wir Dies, sage ich, mit leiblichen Augen sehen könnten, würden uns die Haare zu Berge stehen, und würden uns wohl anders in die Sachen schicken.

Dies siehet man in den Exempeln. Adam und Eva haben Gottes Wort, es ist in ihr Herz gepflanzt. Der Satan findet sich bald bei ihnen ein, giebt grosse Grumpen für, lüget gewaltig, schmückt seine Lügen mit grossem Schein, macht Gottes Wort zweifelhaftig, als hätten sie es nicht recht verstanden, macht sie sicher, nimmt ihnen das Wort vom Herzen und stürzt sie sammt allen Nachkommen in den ewigen Tod. Pharao höret von Mose Gottes Wort, nimmt’s nicht zu Herzen, schlägt’s in den Wind, der Teufel zertrampelt sein herz, verhärtet ihn, dass er sicher wird. Und ob er gleich durch mannichfaltige Wunder und Strafen vermahnet wird, bleibt er doch bei seinem Kopf, bis er zu Trümmern geht. Saul hat Gottes Wort. Der Teufel nimmt’s ihm vom Herzen, macht, dass er Gottes Wort fahren lässet. Weil er aber Gottes Wort verworfen hat, wird er wieder verworfen und vom Teufel zur Verzweiflung getrieben. Judas hört von Christo, dass er Wehe ruft über seinen Verräther, der Teufel fähret in ihn, nimmt’s von seinem herzen, er schlägt’s in den Wind, denkt, es habe keine Gefahr, verräth Christum, verzweifelt und erhenkt sich.

Der reiche Mann hat Mosen und die Propheten, achtet ihrer nicht, der Teufel nimmts von seinem Herzen, geht in Sicherheit dahin, meinet, es habe keine Noth, wird vom Teufel in den Abgrund begraben. Die tollen Jungfrauen werden gewarnt, dass sie mit ihren Lampen fertig sein sollen, sind sicher und unachtsam, versäumen den Bräutigam. Noah predigt von der Sündfluth und Loth zu Sodoma, werden aber ausgelacht und verspottet.

Item, wie eine gemeine Strasse allen Wandersleuten und Fuhrmännern offen stehet, darüber zu gehen und zu fahren: also auch gehet’s mit sicheren Herzen, die stehen allen Opiniones offen, halten in der Wahrheit von keiner Religion, eine gilt ihnen so Viel als die andere, haben nichts Gewisses in Religionssachen, lassen sich von allerlei Winden der Lehre wehen, gläuben in ihrem Herzen nicht, dass ein Gott, dass ein ander Leben, dass eine Auferstehung der Todten sei, sind neutral, bei dem Evangelio evangelisch, bei den Papisten papistisch, thun wie der Polypus, sind in statu dubitationis, wie die Papisten, zweifeln an allen Stücken der Lehre, sind wir vor Zeiten die Sceptici oder Academici, warten auf Beschluss der Concilien, oder sind wie die Pyrrhonii, die von keinem Dinge gewisse Meinung hatten und gleichwohl aller Andern Opiniones anfechten und verspotten können, wissen alle Lehre zu tadeln und zu überklügeln, können’s mit Niemand halten, wenden für, dass die Prediger eigensinnige, stolze Köpfe und auch wohl Narren sind und selbst nicht verstehen, was sie fürgeben. Ist ihnen gleich Viel, was sie für Lehre haben, wenn sie nur Friede und gute Tage dabei haben.

Das ist Eins, was Das für Leute sein, die auf den Weg fallen. Da soll ein Jeder zusehen, dass er nicht unter diesem Haufen sei, damit ihm nicht der Teufel auch das Wort vom Herzen nehme, und er verdammt werde.

2.

Der andere Haufen der Zuhörer, denen Gottes Wort vergeblich und umsonst gepredigt wird.

Die andere Art malet der Herr Christus also ab, dass sie einem steinichten Acker gleich sind, oder einem Felsen. Wenn darauf gleich guter Same geworfen wird, kann er doch nicht Früchte tragen. Er gehet wohl auf, wächst ein wenig. Wann die Sonne darauf sticht, so verscheinet’s, kann nicht fortwachsen, reif werden und Frucht bringen.

Dies legt der Herr Christus also aus, dass es Die sein, die das Wort hören und mit Freuden annehmen, haben aber keine Wurzel, glauben eine Zeit lang. Darnach zur Zeit der Anfechtung fallen sie ab.

Diese gehören zum andern Gebot.

Erstlich spricht der Herr. Es sind, die das Wort hören und mit Freuden annehmen. Denn gleich wie der Same, der auf einen Felsen gefallen ist, anfänglich schön aufgehet und vor dem guten Getreide hervorwächst, als wollte das schönste Korn daraus werden: also geht’s auch mit den Gleissnern und Maulchristen. Denn anfänglich thun sie sich gewaltig herfür, wollen für die eifrigsten und fürnehmsten Christen gehalten sein. Es hat aber keinen Bestand mit ihnen. Denn gleich wie das Korn auf dem Felsen, das wenig Erdreich hat, leichtlich wächst und wiederum leichtlich verscheinet und vergehet: also auch treten sie leichtfertig zum Evangelio und fallen auch wiederum leichtfertig davon ab. Quod cito fit cito perit. Und wie sie im Anfange die Besten gewesen, also werden sie darnach die Schlimmsten, und wie solches Wachsthum bald aus ist und der Ärnte nicht erwartet, also bleiben Diese nicht beständig bis an’s Ende. Darum gehört solches Scheinkorn nicht in die Scheuer, sondern in’s Feuer. Also auch gehören die Mammelucken nicht in’s Reich Gottes, sondern in’s höllische Feuer.

Weiter sagt der Herr: Sie haben keine Wurzel. Damit zeigt er die Ursach an, warum solche Leute keine Frucht bringen, und ist dies die Ursache, dass sie Gottes Wort nur obenhin hören und in ihrem Herzen nicht wurzeln lassen. Es bekleibet zwar, aber es wurzelt nicht. Denn weil es auf einem harten Felsen liegt, hat es kein Wachsthum unter sich, darum kann es auch nicht aushalten bis zur Ärnte, sondern, sobald ein Sonnenschein darauf sticht, so verscheinet’s, fängt wohl fein an zu wachsen, höret aber bald wieder auf. Also sagt Christus: Sie gläuben eine Zeit lang, darnach zur Zeit der Anfechtung fallen sie wieder ab. Das ist, wenn’s gute Zeit ist und man beim Evangelium gute Tage haben kann, so sind sie treffliche, feine Christen, sobald aber der Teufel Ketzerei und Rotten, Tyrannen und Bluthunde erwecket, so purzeln sie dahin wie ein voller Bauer oder wie ein unzeitiges und wurmstichiges Obst.

Es zeigt aber der Herr Christus auch an, woher es komme.

Erstlich ist das menschliche Herz von Natur ein böser, unfruchtbarer, steinichter und felsichter Acker, findet bei sich keine eigenen Kräfte, Saft und Macht, da es Gottes Wort ohne des heiligen Geistes Hilfe annehmen, zunehmen, fortwachsen und dabei beharren könnte. Denn Beide, der Anfang und das Vollbringen, ist ein Werk Gottes, und wir vermögen in diesen hohen Sachen von uns selbst Nichts zu thun. nun kommt der Teufel dazu auf den Acker, verderbt ihn vollends, nimmt die anderen Teufel zu Hilfe, trägt und führet mit seinen Schubkarren, Rüstwägen und Mistbahren bei der Nacht Steine vollauf auf den Acker, grosse Werkstücke, ja ganze Felsen, scharret ein wenig Erdreich darüber. Fällt dann der gute Same darauf, so kann es nicht wurzeln. Gehet’s dann auf, so ist er ein Zauberer und Wettermacher, bringt eine grosse Hitze und Dürrigkeit zu Wege, dass das Korn keine Feuchtigkeit hat und demnach verscheinen muss, oder er lässt anstatt eines guten Regens lauter Milchthau auf’s Getreide fallen, oder lässt grosse Platzregen kommen, schlägt mit Hagel, Blitz und Donner drein, dass es entweder zerschlagen wird oder ersaufen muss.

Also thut der Teufel auch mit dem Evangelio. Ob es gleich an sich lebendig und kräftig ist, so hindert’s doch der Teufel, dass es nicht Frucht bringen kann, sind durch das Wort nicht recht und tief genugsam durchgepflüget, ihre Herzen sind durch das Gesetz noch nicht recht gebrochen, die Steine und Felsen sind noch nicht abgeräumt, die dem Evangelio im Wege liegen, haben noch keine rechte Erkenntniss Christi, wissen noch nicht, wie hoch der Schatz des göttlichen Wortes sei, und dass er mehr ist, als die ganze Welt, ja, als Himmel und Erde, wenn auch die Welt eitel Goldberge wären.

Weil denn kein recht Erkenntniss da ist, so können sie auch nicht darüber leiden. Wenn dann der Teufel ein Ungewitter angerichtet, dass es schneiet, schlosset und wimmelt von Schwärmern, Rottengeistern, Ketzern, Jesuiten und andern falschen Lehrern, so erregt er auch Tyrannen, Verfolger, Bluthunde, Julianer, Docies, Diocletioanos, Antiochios etc. Die kommen mit Feuer, Wasser, Schwert und Stricken, dräuen mit Galgen, Rädern und Rabenstein, wo man ihre falsche Lehre nicht aufnehmen will.

Wenn dann solche Hitze des Kreuzes, solch Donner und Blitz der Verfolgung angeht, so werden viele tausend Menschen vom Evangelio abgeschreckt. Das ist also die Urach, warum so viele Menschen vom Evangelio abtrünnig werden.

Weiter, wie das Korn auf dem Felsen so nicht tief genugsam gewurzelt, keine rechtschaffene, sondern nur Scheinähren bekommt, die wohl der äusserlichen Gestalt nach den guten Kornähren nicht unähnlich, und doch nur taube und ledige Ähren sind, darinnen kein Mehl ist: also auch sind die Heuchler nur Schein- und Maulchristen, die wohl äusserlich den rechten, beständigen Christen nicht unähnlich scheinen, im Herzen aber ist kein rechter, lebendiger Glaube, es ist Alles taub und leer wie leere, taube Ähren, lauter Hülsen, leere Schaalen und Knochen, darinnen kein Kern und kein Mark ist. Item, wie wurmstichig, unreif Obst, das keinen Sturmwind aushalten kann, oder wie die Äpfel beim todten Meere, da Sodoma und Gomorrha gestanden, welchen von Aussen schön anzusehen sind; wenn man sie aber angreift, findet man inwändig Nichts, denn Staub und Asche. Item, wie die getünchten Gräber, die auswändig schön zugerichtet sind; inwändig aber ein Scorpion, Padden oder ander Ungeziefer, wie die Pharisäer Otterngezüchte genannt werden. Item, wie der Goldschaum, welcher die Farbe behält, aber kein recht Gold darunter ist, und die Probe nicht ausstehen kann; wenn’s in’s Feuer kommt, verschwindet’s und geht in Rauch dahin. Item, wie die Gäste, die kein hochzeitlich Kleid anhaben.

Da sieht man auch an den Exempeln, da Christus predigt, Wunderwerke thut und vielen Menschen von Krankheiten hilft, durch Wunderwerke in der Wüste speiset, läuft ihm das Volk häufig zu, wie im heutigen Evangelio, wollten ihn zum Könige machen. Da er zu Jerusalem einzeucht, singen sie mit Freuden Hosiannah dem Sohne Davids. Da er aber gefangen wird, wendet sich der Gesang und schreien ja so sehr: Kreuzige, kreuzige ihn, als sie zuvor geschrieen haben: Hosiannah in der Höhe. Joh. 4. und 6. lassen sich die Samaritaner und Sichemiten leicht bekehren; aber wie bald gehen sie dahin? Judas ist ein grosser Eiferer, wird gehalten als der fürnehmste Apostel, hat keinen Bestand. Da die Juden seinen Präceptor nachtrachten, wird er sein Verräther, nimmt Geld, giebt ihm einen Kuss und lässt ihn würgen. Also im alten Testament. Da Nebukadnezar das güldene Bild will angebetet haben, fällt alles Volk ab, ausgenommen Drei: Sadrach, Mesach, Abednego; denn Niemand wollte gern in den feurigen Ofen. Da Darius verbeut, dass Niemand Gott anrufen solle innerhalb etlicher Zeit, bleibt allein Daniel beständig, Jedermann will des Königs Gnade behalten und nicht gern unter die Löwen geworfen sein. Julianus liess sich im Anfang an, dass man meinte, er sollte ein sonderer Schutz der Kirche gewesen sein, wird ein schändlicher Heide, verfolgt die Kirche auf’s gräulichste. Summa, die Welt ist voller Mammelucken. Die Hofschranzen am Hofe Constantini gläubten wie der Kaiser. So lange er sich zum Evangelio bekannte, waren sie grosse Eiferer. Da sie aber der Kaiser versuchte und sich stellte, als wollte er heidnisch werden, und befahl, dass sie die heidnischen Götter anbeten sollten, oder sollten seinen Hof räumen, da fiel’s mit Haufen dahin, und beteten die heidnischen Abgötter an, Wenige ausgenommen, die beständig blieben.

Im Anfange des Evangelii ist das Volk häufig zur Predigt und zum heiligen Abendmahl gelaufen, und man hat nicht genugsam predigen können; denn die Seelen waren hungrig und durstig wie ein dürres Land. Und war kein Prediger so gering und einfältig, er ward in grossen Ehren gehalten. Jetzt ist man sogar überdrüssig worden, dass Niemand mehr Lust hat, Gottes Wort zu hören, und sind die Leute so ekel, dass kein Prediger so fleissig, so gelehrt, so bereit und so eifrig sein kann, den man würdig achtet zu hören. So fallen jetzt wiederum nicht allein viele einzelne Personen dahin, entweder zum Papstthum, oder zu anderen Secten, sondern ganze Städte, Länder und Königreiche. Und wie sie im Anfange häufig zum Evangelio getreten, also fallen sie wiederum häufig davon. Denn sie haben keine Wurzeln, können auch und wollen nicht leiden, dass ihnen der Sonnenschein auf den Kopf stechen soll. Wie St. Paulus Gal. 11. wie ein Engel Gottes anfänglich aufgenommen, also ist er hernach auf’s äusserste verachtet worden; also geht es noch.

Das ist nun der andere Haufen der falschen Christen, welche unbeständige Wetterfahnen, Windfangen und Mammelucken sind, die nicht beim Worte verharren, sondern wieder abfallen.

Wider dies Laster sollen die Prediger vor und in Zeit der Verfolgung herzlich vermahnen, dass sie ja nicht von der einmal erkannten Wahrheit abfallen, und ihnen zu Gemüth führen, wie die Verleugnung Christi so eine schreckliche Sünde sei. Denn sie werden meineidig an unserm Herrn Christo, halten den Eid nicht, den sie in der Taufe geschworen, verleugnen ihre Taufe, stossen von sich den heiligen Geist, Glauben und Seligkeit und werden aus Tempeln Gottes Teufelswohnungen. Sie sollen ihnen auch vorhalten die schrecklichen Strafen; so über die Heuchler und Abtrünnigen gehen. Wie schrecklich wird Franciscus de Spira gestraft, da er die einmal erkannte Wahrheit wider sein Gewissen verleugnet hatte, dass er nur nicht anders wünschte, denn dass er der Angst seines Gewissens los würde und je eher je lieber in den Abgrund der Hölle käme.

3.

Die dritte Art der Zuhörer, denen Gottes Wort ohne Frucht und vergeblich gepredigt wird.

Die dritte Art malet der Herr Christus ab also, dass sie einem Acker gleich sei, der mit Dornsträuchen und allerlei Hecken bewachsen ist. Wenn darunter gleich ein guter Same fällt, kann er doch nicht wachsen, sondern wird gleich erstickt.

Christus deutet’s auf die Zuhörer, die das Wort hören, unter den Sorgen, Reichthum und Wollust dieses Lebens hingehen, ersticken und keine Frucht bringen.

Hieher gehören alle Menschen, die durch zeitliche Ehre und Herrlichkeit, durch Geld, Gut, Reichthum, Geiz, Wucher und fleischliche Wollust an ihrer Seligkeit gehindert werden, die um des Zeitlichen willen das Ewige fahren lassen und auf das Zeitliche also erpicht sind, dass sie viel lieber Gott, sein Wort und ihre Seligkeit fahren lassen, ehe sie von ihrem Geiz, Wucher, zeitlicher Ehre und Herrlichkeit und von fleischlichen Lüsten abstehen wollen.

Dieser Menschen sind leider auch viele, nicht allein unter der Papisten Mastschweinen, sondern auch unter den Christen, gehen wohl in die Kirche, hören das Wort, wollen für Christen gehalten sein. Das Herz aber ist von Disteln und Dornen so eingenommen und bewachsen, dass da Gottes Wort nicht fortkommen kann.

Sie meinen wohl, sie können fromme Christen sein und selig werden, wenn sie gleich in ihren Sünden beharren. Es kann aber nicht sein, Gott und Mammon können sich in einer Herberge nicht vertragen. Glaube und Gottlosigkeit können nicht in einerlei Herzen hausen.

Wie nun der Teufel das Wort von der Menschen Herzen nimmt, sie sicher, wüste und wild macht, sie auch von Gottes Wort abreisst und zu Mammelucken macht, also thut er auch mit dem dritten Haufen, treibt sie zu Geiz, Wucher, Hoffahrt, Unzucht und zu anderen Sünden, säet allerlei Disteln und Dornen in die Herzen, dass Gottes Wort nicht darinnen wachsen kann. Diese Sünden gehen wider die andere Tafel.

Solches Alles wird in diesem Gleichniss abgemalet. Erstlich, wie der gute Same unter den Dornen keine Frucht bringt, also kann Gottes Wort Denen nicht Frucht bringen, die all ihr Datum auf’s Zeitliche setzen.

Obwohl der Same unter den Dornen bekleibet und, was das Erdreich anlanget, etlichermaassen zwischen den Dornen wurzeln kann, so hat es doch keinen freien Wuchs über sich. Denn Beides muss da sein, dass der Same unter sich wurzeln könne und über sich einen freien Wuchs habe. Wo Das nicht geschieht, da muss das Körnlein, so bekleibet und aufgegangen war, ersticken und kann nicht fortkommen. Also auch, wo die Menschen in’s Zeitliche gerathen, können sie für den Sorgen zeitlicher Dinge zu den ewigen nicht kommen.

In diesem Stück scheinet der dritte Haufe, als käme er weiter, denn die Ersten und Anderen. Der erste Same kommt nicht in’s Erdreich, bleibt oben liegen oder wird gefressen, bekleibet gar nicht. Der andere Same kommt in’s Erdreich, bekleibt, fängt an zu wurzeln, wird durch den Felsen gehindert, kann nicht unter sich wachsen und wurzeln und wird durch die Hitze ausgedorret. Der dritte Same kommt in’s Erdreich, bekleibt, wurzelt unter sich, und es mangelt nicht an Erdreich, dass er unter sich wurzeln könnte. Die Dornen aber hindern, dass er nicht über sich wachsen kann, sondern ersticken ihn. Also auch diese Letzten, hören das Wort, es trifft das Herz, dass sie verstehen, was recht ist. Die Sorgen aber für das zeitliche Leben, Reichthum, Geld, Gut, Gewalt, Ehre, Herrlichkeit, Wollust, gute Tage stehen um sie her wie ein starkes Dornengeheck, dass sie darunter ersticken müssen.

Item, wie die Dornen den Acker einnehmen, also nehmen die Sorgen der zeitlichen Nahrung, Geiz, Wucher, Reichthum, Gewalt, Wollust und Dergleichen das Herz ein, wie Christus sagt: Wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz, Matth. 6. Wann sie in die Kirche gehen sollen, können sie für Geiz nicht so viel Zeit abbrechen, dass sie Gottes Wort hörten, gleichwie der reiche Schlampamper Mosen und die Propheten hat, nimmt sich aber nicht der Weile, dass er sie hören und ihnen gehorchen sollte, hat so Viel mit seinem Gut, Schlemmen, Temmen, Gastgeboten, Fressen und Saufen zu thun, dass er der Kirche nicht warten kann. Unterdess ist er ein Israelit, aus dem Geschlechte Abraham’s, ein Gliedmaass des Volkes Gottes, beschnitten und gedenkt auch selig zu werden. Anderswo entschuldigen sich die Reichen, dass sie nicht Zeit haben, das grosse Abendmahl zu besuchen, item, zur königlichen Hochzeit zu kommen.

Wenn sie auch gleich zur Kirche kommen, hören sie doch Wenig von der Predigt. Denn das Herz ist mit den Dornen also eingenommen, dass es nicht fort kann. Da denken sie auf die Nahrung, wie es daheim im Hause, in der Scheune, in den Fuhrwerken, auf dem Acker, im Weingarten, auf der Schäferei, in Küchen und Keller zugehe, wie sie einen Vortheil hier oder dort schaffen, Geld auf Wucher austhun, Dies oder Jenes fürnehmen wollen, damit sie viele Güter zusammenschlagen mögen; item, wie sie zu Ehren und Dignitäten kommen mögen. Für den Gedanken können sie weder hören noch sehen.

Item, wie die Dornen den Wuchs des guten Samens hindern und aufhalten, also auch wird der Glaube, das Erkenntniss Gottes und das Bekenntniss des Glaubens gehindert. 1. Cor. 1. Nicht viel Weise nach dem Fleisch, nicht viel Gewaltige, nicht viel Edle sind berufen. Joh. 7. sagen die Juden, dass man nicht viel Oberste unter dem Volk, viel Pharisäer und andere Herren finde, die an Christum glauben. Act. 16 hätten die Herren der Wahrsagerinn wohl leiden können, dass Paulus gepredigt hätte; weil es aber ihrem Geiz nicht zuträglich, werden sie entrüstet. Act. 19. Demetrius, da er merket, St. Pauli Predigt wollte ihm sein Handwerk verderben, kann er’s nicht leiden. Wenn man in Zeit der Verfolgung bekennen und Etwas verlieren soll, lassen sie lieber Christum, als Geld fahren. Matth. 19. kann der reiche Jüngling Das nicht über’s Herz bringen, dass er seine Güter soll fahren lassen. Die Gergesener wollten um Christi willen auch nicht ihrer Säue entrathen, geschweige denn was Anderes

Item, wie die Dornen stachlicht sind, stechen und verwunden, wer sie angreift, also thun auch die unmässigen Sorgen für’s zeitliche Leben, Geiz, Wucher, Gewalt, Herrlichkeit, Wollust. Denn sie verletzen, stechen, verwunden und würden die Seele, hindern die Seligkeit, wie man siehet am reichen Manne. Denn wer sein Himmelreich und Paradies auf Erden hat, wie der reiche Mann, Der muss dort seine Hölle haben. Gemeiniglich verachten und verspotten sie Gottes Wort, wie hie zu sehen ist Lucä 16. Wenn man ihren Geiz, Wucher, Völlerei und Dergleichen strafet, so ist’s ihnen lächerlich.

Darnach schaden solche Sorgen auch dem Zeitlichen; denn sie machen auch das zeitliche Leben sauer und bitter, machen, dass sie vor ihrem Geiz weder essen noch trinken können, können nicht schlafen, keine Rast noch Ruhe haben. Denn der Mammon will unverdrossene Diener haben, plagt den Menschen innerlich und äusserlich, frisst ihm das Herz aus dem Leibe. Und wenn man lange gescharret und gekratzt hat, so wird das Gut zu einem Strick und Seelengift. Darum sagt Paulus 1. Tim. 6: Die da reich werden wollen, fallen in Versuchung und Stricke und viele thörichte und schädliche Lüste, welche versenken den Menschen in’s Verderben und Verdammnisse. Denn Geiz ist eine Wurzel alles Übels, welches hat Etliche gelüstet, und sind vom Glauben irre gegangen und machen ihnen selbst viele Schmerzen. Also ist Judas geizig, und werden ihm die dreissig Silberlinge zum Stricke, daran er ersticken muss, und senken ihn in’s Verderben. Der reiche Jüngling ist geizig, und wird ihm sein Geiz zum Nadelöhr, dass er dafür, wie ein gross Kameel, nicht hindurch kommen kann, und verschleusst ihm die Thür des Himmels.

Also ein ehrgeiziger Mensch, der zu grossen Dignitäten will erhoben sein, fällt dem Teufel in sein Dorngeheck, in sein Netz und Stricke, dass er darin ersticken muss.

Fleischliche Wollust, Fressen, Saufen, Bankettiren, Unzucht, Hurerei und dergleichen Sünden sind nicht allein wie stachelichte Dornensträuche, sondern wie giftige Schlangen, Scorpionen, Löwenzähne und scharfe Henkersschwerter. Darum sagt Sirach Cap. 11: Fleuch vor der Sünde wie vor einer Schlange: denn so du ihr zu nahe kommst, so sticht sie dich. Ihre Zähne sind wie Löwenzähne und tödten den Menschen. Eine jegliche Sünde ist wie ein scharf Schwert und verwundet, dass Niemand heilen kann.

Item, was unter den Dornen steht, steht im Kühlen und Schatten, und kann die Sonne so hart nicht darauf stechen als auf den Felsen. Aber es ist ihnen schädlicher, als wenn sie auf dem Acker frei ständten und Beide, der Sonnen Hitze und andere Gewitter, ausstehen müssten. Also auch, die Alles haben, was ihr Herz begehret, die leiden keine Noth, sitzen in ihren Gütern, Ehren, Herrlichkeit, Wollust und wissen von keinem Kreuz. Die guten Tage thun ihnen wohl, werden darüber sicher und vermeinen, sie sind dazu geboren, dass sie auf Erden gute Tage haben sollen. Und wo sie Geld, Gut, Ehre, Herrlichkeit zu erlangen wissen, sparen sie keinen Fleiss, sollten sie auch Gott, sein Wort und Seligkeit darüber in die Schanze schlagen, machen sich auch kein Gewissen darüber, wie Eteocles apud Euripidem sagt: Wenn man ein Königreich erlangen könne, sei es unverboten, ein Schelmstück zu begehen. In andern Dingen aber soll man redlich handeln. Kommt dann der Teufel zu ihnen und erbeut sich, wie Matth. 4: Das Alles will ich dir geben, so du vor mir niederfällst und mich anbetest, so haben sie nicht gross Bedenken, fallen hin und beten den Teufel an, nur dass sie gute Tage haben mögen. Also beut er Manchem eine fette Präbende an, sonderliche Dignitates, so er das Evangelium verleugnen und zum Papstthum treten wolle. Da wischt Mancher das Maul, dreht sich vom Evangelio aus, thut, was der Teufel von ihm haben will. Solcher Bauchknechte sind dermassen viele, die um des Zeitlichen willen ihre Seligkeit ungescheut verscherzen.

Unter den Dornen pflegen sich auch die wilden Thiere, Schlangen, Scorpionen und dergleichen Ungeziefer zu verbergen, welche dem Getreide wenig Nutzen bringen. Also auch zeitlich gut und Wollust, darunter sich oft der Teufel verkreucht und die Seelen verschlingt. Und an sich selbst gehören die Dornen in’s Feuer. (Homil. 34. in Johan.): Ihr habt oft gehört, dass Christus die Sorge dieses Lebens Dornen nennt und billig. Denn wie die Dornen unfruchtbar sind, also auch Reichthum. Und wie die Dornen stechen, also auch die Begierden. Und wie sie leicht mit Feuer angezündet werden, und ihnen die Ackerleute feind sind, also weltliche Händel. Und letztlich unter den Dornen verbergen sich wilde Thiere, Schlangen und Scorpionen; also auch unter übel gewonnenen Gütern.

Den Vögeln unter dem Himmel und Dornen sind nicht ungleich die Hirsche, Hindinnen, Hasen und ander Wild, item, die Hamster und Feldmäuse, die das Korn, so allbereit beklieben, aufgegangen, Wurzeln gesetzt hat und weiter wachsen könnte, abfressen, dass es nicht fortkommen und reif werden kann.

Das ist also der dritte Haufen, derer sehr Viel sein. Die ersticken unter den zeitlichen und stachlichten Dornen, fressen den ewigen Tod an ihrem Gelde, Gut, Herrlichkeit, Gewalt und Wollust, und wäre ihnen viel besser, dass sie es nicht hätten, sind gleich wie Einer, der in einem tiefen Sumpf, Schlamm oder Moder bis an den Hals gewatet und nicht wiederum zurück kann, sondern darunter ersticken muss. Item, wie Judasstricke, Teufelsnetze, Schlangen, Scorpionen, Löwenzähne und Henkersschwerter, wie gesagt ist. Also gehen viele Tausend dahin, bei denen Gottes Wort keinen Nutzen schaffet.

Frage: Kann denn Niemand selig werden, der da reich oder gewaltig ist, oder der gute Tage hat? Antwort: Reichthum und Gewalt verdammen Niemand an sich selbst. Dafür aber warnt der Herr, dass man die Dornen nicht soll wachsen und überhand nehmen lassen, sondern durch das scharfe Schwert des göttlichen Wortes abschneiden und mit der scharfen Hacke des Gesetzes ausroden, damit sie nicht das Wachsthum des Glaubens hindern mögen, davon zur andern Zeit weiter geredet wird.

Ist denn alle Sorge und Wollust verboten? Antwort: Die Sorgen sind zweierlei. Etliche sind heilig und von Gott verordnet in einem jeglichen Stande. Die soll man nicht unterlassen. Unordentliche und unmässige Sorgen, wie bei Heiden und Ungläubigen gefunden werden, die sind verboten, davon auch zur andern Zeit geredet wird.

Also ist die Fröhlichkeit und Wollust zweierlei, heidnisch und christlich. So man nun wohl fröhlich sein in Ehren, mit Gott und gutem Gewissen. Heidnische und epikurische Säulust aber ist verboten.

Das sind also dreierlei Zuhörer, bei denen Gottes Wort keinen Nutzen schaffet. Erstlich sichere und epikurische Herzen, denen es kein Ernst ist. Zum Andern, die sich eine Zeit lang eifrig stellen, aber nicht beständig bleiben, sind zarte Christen, die Nichts leiden wollen. Zum Dritten fleischliche Herzen, die nur auf’s Zeitliche verpicht sind und das Ewige versäumen. In diesen dreierlei Leuten ist der Teufel kräftig, das Wort zu hindern.

4.

Die vierte Art der Zuhörer: die da Frucht bringen.

Die vierte Art wird verglichen einem guten Acker, darauf der Same gesäet wird, geht auf und trägt hundertfältige Frucht. Das legt Christus also aus, dass es Die sein, die das Wort hören und behalten in einem feinen, guten Herzen und bringen Frucht in Geduld.

Hieher gehören die rechten, wahren Christen, die bussfertigen und gläubigen, denen es ein Ernst um ihre Seligkeit ist, die lebendige Gliedmaassen der Kirche sein und die Seligkeit erlangen. Es ist ihnen ein Ernst, Lust und Freude, kommt nicht allein in die Ohren, sondern auch in die Herzen, lassen sich strafen und trösten. Sagt man ihnen aus dem Gesetz ihre Sünde, so bekennen sie dieselbe und stehen davon ab, thun wahre Busse; tröstet man sie aus dem Evangelio, so gläuben sie der Verheissung der Gnaden. Das Wort geht nicht ohne Frucht ab, es wirket die Erkenntniss Gottes und wahren Glauben, sie haben Verlangen zur Wahrheit, wie ein dürres Land nach einem frischen Regen, Ps. 143, lassen sich gern finden in der Werkstatt des heiligen Geistes, gehen nicht leer aus der Kirche, gedenken dem göttlichen Worte nach, haben ihre Lust in Betrachtung der Geheimnisse Gottes. Es ist ihnen lieber, als alles Silber, Gold, Edelgestein und die ganze Welt, wie der Prophet sagt. Wenn ich dich habe, so frage ich nicht nach Himmel und Erde.

Von Diesen redet der Herr anders, als von dem vorigen Haufen. Denn erstlich sagt er, dass sie das Wort hören. Zum Andern, dass sie es nicht allein hören, sondern auch behalten in einem feinen, guten, das ist, in einem gläubigen und bussfertigen Herzen. Zum Dritten, dass sie Frucht bringen. Zum Vierten, dass sie Solches thun in Geduld. So sind’s derwegen solche Leute, die Gottes Wort haben, hören, behalten, Frucht bringen und darüber Alles zusetzen, so sie Etwas leiden sollen.

Haben Solches die Menschen aus ihren eigenen Kräften, dass sie Gottes Wort annehmen, zunehmen und dabei beharren können? Antwort: Nein, alle Menschen sind von Natur ein böser, beiwegiger, steinichter und dornichter Acker. Denn alle Menschen sind von Natur Kinder des Zorns. Durch das Wort aber werden sie ein guter Acker. Erstlich sind sie durch das Blut Christi theuer erkauft, 1. Petr. 1., und sind zum Ackerbau Gottes gemacht, 1. Cor. 3., und sind die Ackerleute dazu bestellt, die ihn bejäten müssen. Darnach lässt er seinen Pflug herdurchgehen und bricht das harte Erdreich, lässt die grossen Klumpen zerschlagen, reutet die Steine vom Acker hinweg, lässt die Felsen aushauen und die Dornen ausroden, dass sein Weizenkörnlein einen freien Wuchs unter sich und über sich habe. Das ist, er bringt sie zur Erkenntniss ihrer Sünden, welche in den Herzen wie Dornen und Säudisteln häufig gewachsen und wie grosse Felsen liegen.

Wenn Das geschehen, säet er das Wort der Gnaden hinein, begeusst die Herzen mit seinem theuern Blut als mit einem fruchtbaren Platzregen, Jesa. 55., oder wie mit einem feinen Thau, Ps. 72., giebt den heiligen Geist, der ihnen Saft und Kraft giebt, sie erleuchtet, stärket, tröstet, erhält und vor allem Ärgerniss behütet, giebt ihnen Beständigkeit, Herz und Muth, ist in aller Gefährlichkeit ihr Advocat und Beistand.

Da folgen die Früchte, ein neues Leben, Liebe Gottes und des Nächsten.

Der böse Acker hat’s zum Theil von sich, zum Theil vom Teufel, dass er keine Frucht tragen kann. Der gute Acker hat’s Alles aus Gnaden, und gehört die Ehre allein Gott dem Herrn.

Dies Alles malet der Herr Christus in diesem Gleichniss. Denn wie der Same auf gutem lande in die Erde kommt, bekleibet, aufgeht, zunimmt, fortwächst, reif wird und Früchte trägt: also geht es auch mit Gottes Wort, wenn es in gute Herzen kommt. Denn in guten Herzen bekleibet das Wort, es geht auf, wächst nach aller Lust daher, und ob es gleich Anstösse hat, so wurzelt es doch in die Herzen, wird reif und bringt gute Früchte. Diese fangen an zu glauben, nehmen zu ihm Glauben und beharren dabei bis an’s Ende, bekennen das Evangelium und den Namen Christi öffentlich und wagen Alles daran, lassen dem Fleisch nicht seinen Zaum, befleissigen sich eines ehrbaren Wandels. Dieser sind gar Wenige; darum sagt Christus, dass nur der vierte Theil ein gut Land sei.

Dass aber gesagt wird von den ungleichen Früchten, dass das eine zehnfache, das andere zwanzig-, dreissig-, etliches hundertfache Frucht trägt, bedeutet die ungleichen Stände. Denn darnach Gott Einem Gaben und Ämter giebt, darnach soll er sich befleissigen, dass er sein Pfund wohl anlege.

Also haben wir gehört von dem viererlei Erdreich, unter welchem dreierlei böse und nur das letzte gut ist; damit der Herr gewaltiglich darthut, dass nicht alle Zuhörer des Worts bekehrt und selig werden. Item, dass es nicht des Evangelii, sondern des Teufels und der gottlosen Herzen Schuld sei, dass Gottes Wort bei ihnen keine Frucht bringt. Er widerlegt damit die Lästerer, die alle Schuld auf’s Evangelium schieben.

Beschluss.

An diesem Gleichniss hängt der Herr eine ernste Vermahnung und ruft: Wer Ohren hat zu hören, der höre! Als wollte er sagen: Der Zuhörer sind viele, haben allzumal leibliche und fleischliche Ohren, äusserlich zu hören. Weniger aber sind, die rechte geistliche Ohren haben, und die das Wort mit Nutzen und seliglich hören. Darum spricht er: So sehet nun darauf, wie ihr zuhöret. Es ist nicht genug, will er sagen, äusserlich mit den Ohren hören, sondern man muss darauf sehen, dass man auch innerlich mit dem Herzen und rechtschaffen höre.

Wollen wir nun rechte Christen sein, so sollen wir diese treuherzige Vermahnung des Herrn zu Herzen nehmen und zusehen, ob wir rechte oder falsche Zuhörer sein.

Denn ein Jeglicher hat sein Merkmal, daran man ihn kennen kann: 1. Etliche hören’s und thun nicht darnach. 2. Etliche hören’s, nehmen’s an und beharren nicht. 3. Etliche hören’s und leben zugleich in Sünden wider ihr Gewissen. 4. Etliche hören’s, nehmen’s an, thun darnach und beharren dabei.

Welche nun unter die ersten drei Haufen gehören, Die sind keine rechte Christen. Die Letzten aber sind die Besten.

Also lasset uns zusehen, dass wir unter dem letzten Haufen mögen befunden werden. Denn Die allein erlangen das Reich Gottes.

Das sei genug auf dies Mal. Der liebe Gott verleihe uns seine Gnade, dass wir mögen unter dem letzten Haufen gefunden und selig werden. Amen.

Quelle: Beste, Wilhelm - Die bedeutendsten Kanzelredner der lutherschen Kirche des Reformationszeitalters

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